T 0715/12 () of 5.12.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T071512.20141205
Datum der Entscheidung: 05 Dezember 2014
Aktenzeichen: T 0715/12
Anmeldenummer: 03011402.9
IPC-Klasse: B25J 19/00
H02G 3/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 346 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zum Führen und Zurückholen eines Schlauches eines Industrieroboters
Name des Anmelders: KUKA Roboter GmbH
Name des Einsprechenden: Leoni Protec Cable Systems GmbH
ABB AB
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
-
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - allgemeines Fachwissen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Zwei Einsprüche richteten sich gegen das Patent Nr. 1 369 211 mit dem Antrag, das Patent im gesamten Umfang zu widerrufen. Beide stützten sich auf die in Artikel 100 (a) EPÜ angegebenen Gründe mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass diese der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß dem vorliegenden Hauptantrag nicht entgegenstünden.

Die Einsprechende I (einzige Beschwerdeführerin) hat gegen diese Zwischenentscheidung Beschwerde eingelegt. Sie beantragte deren Aufhebung und den Widerruf des Patents.

II. Mit Bescheid vom 20. August 2014, dem eine vorläufige Stellungnahme beigefügt war, hat die Kammer zur mündlichen Verhandlung geladen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte dort die Zurückweisung der Beschwerde, oder, hilfsweise, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis des Hilfsantrags, der während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer als einziger Hilfsantrag eingereicht wurde.

Die Verfahrensbeteiligte (Einsprechende II) hat im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt.

III. Die Kammer hat den folgenden in der angefochtenen Entscheidung angesprochenen Stand der Technik berücksichtigt:

T1A: Patent Abstract zu JP 2002 067828

T1B: JP 2002 067828 (japanische Originalschrift)

T1C: Maschinelle Übersetzung ins Englische der T1B

T1D: Übersetzung des Absatzes [0029] der T1B ins

Deutsche

T2: DE 2 011 2491 U

T3: DE 3 434 899 A1

T4: DE 94 06 405 U1

T5: EP 0 950 477 A2

T6: WO 98/19090 A

Weiterhin nimmt sie auf die mit der Beschwerdebegründung eingereichte Schrift T7 (EN ISO 8373) Bezug.

IV. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende unhabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt (die im Einspruchsverfahren eingefügten Änderungen sind in Fettschrift hervorgehoben):

Vorrichtung zum Führen und Zurückholen mindestens eines Schlauches (1.6) eines Industrieroboters, mit einer Rinne (2.4) mit seitlicher Längsöffnung (2.3) und mit einer den Schlauch (1.6) umgebenden Spannfeder (1.8), wobei die Breite der seitlichen Öffnung (2.3) der Rinne (2.4) geringer als die Abmessung der den Schlauch umgebenden Spannfeder (1.8) ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Rinne (2.4) einen kreisförmigen Querschnitt aufweist.

V. Anspruch 1 des Hilfsantrags enthält, in Vergleich mit Anspruch 1 des Hauptantrags, die folgenden zusätzlichen Merkmale:

weiter gekennzeichnet durch eine trompetenartige Halterung (2.6) für den Schlauch (1.6), die als aufklappbare Schelle ausgebildet ist, und ein Einsatzteil (2.7) mit einer Ringnut (2.7.1) , in welche die Spannfeder (1.8) über eine Ausnehmung (2.7.2) übertritt und in die eine Endwindung (1.8.2) eingerastet ist, wobei das Einsatzteil (2.7) in einem Mittelbereich (2.6.1) der Schelle (2.6) durch diese nach Schließen derselben zumindest in axialer Richtung formschlüssig gehalten ist.

VI. Der angefochtenen Entscheidung ist sinngemäß Folgendes zu entnehmen:

a) Das Merkmal, dass die Rinne einen kreisförmigen Querschnitt aufweist, gilt als einziger Unterschied gegenüber dem Inhalt der Offenbarung der T1B;

b) Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags wurde als basierend auf erfinderischer Tätigkeit bewertet, obwohl kreisförmige Querschnitte als üblich in der Robotertechnik (siehe T4 und T6) angesehen wurden. Grund dafür war, dass der Fachmann keinen Hinweis in Richtung einer Anwendung der in T1B beschriebenen Vorrichtung in der Robotertechnik finden kann, weil T1B nicht direkt und unmittelbar die Problematik in der Robotertechnik der Beschädigung der Leitungen von Nachbarrobotern durch Störkanten und des Schlauchverschleißes betraf.

VII. Das für die vorliegende Entscheidung wesentliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Das Unterscheidungsmerkmal, dass die Rinne einen kreisförmigen Querschnitt aufweist, wird, unter Berücksichtigung fachmännischen Wissens, als naheliegend bewertet.

Es müsse als naheliegend angesehen werden, die Kontur eines führenden Elements, wie z. B. die Rinne des Anspruchs 1, an dem Querschnitt des geführten Elements (ein Schlauch) anzupassen, weil dadurch eine besonders kompakte Ausführung erreicht werde, die gleichzeitig auch Materialeinsparungen ermögliche.

Eine Anwendbarkeit der bekannten Vorrichtung in der Robotertechnik sei ohnehin gegeben, weil Absatz [0029] der T1B die Eignung der Vorrichtung für allgemeine Industriemaschinen bestätige und Industrieroboter (siehe dazu T7) auch Industriemaschinen seien.

Eine ähnliche Argumentationslinie gelte auch, unter weiterer Berücksichtigung der Dokumenten T3 bzw. T4, hinsichtlich des Hilfsantrags.

Grund dafür sei, dass T3 bzw. T4 die dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags hinzugefügten Merkmale offenbaren.

Der Fachmann erkenne, dass diese Schlauchhalterungen als externe Widerlager dienen könnten, mit dem Vorteil, dass die Position, und somit die zurückgezogene Schlauchlänge, angepasst werden könne.

Wenn also der Fachmann die Vorrichtung der T1B für Anwendungen in der Robotertechnik anpassen möchte, brauche er lediglich die Standardroboterbauteile anzuwenden, die in der T3 bzw. in der T4 gezeigt werden.

VIII. Das für die vorliegende Entscheidung wesentliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Die in T1B gezeigte Vorrichtung sei kein geeigneter Startpunkt, anhand dessen die erfinderische Tätigkeit objektiv festgestellt werden könne, weil sie die Problematik in der Robotertechnik (Beschädigung der Leitungen von Nachbarrobotern durch Störkanten, Schlauchverschleiß) nicht betreffe.

Diese bekannte Vorrichtung sei speziell entwickelt worden, um bei langsamen Kabelbewegungen zu funktionieren, so dass der Fachmann sie nie in einem sich rasch bewegenden Industrieroboter einsetzte.

Die in T1B gezeigte kastenförmige Kontur sei ein wesentliches Merkmal dieser Vorrichtung sei, weil dadurch nicht nur die Montage in einem Fahrzeugtür erleichtert, sondern auch eine Torsionskontrolle des Schlauchs ermöglicht werde.

Die einzige naheliegende Lösung, um diese Vorrichtung kompakter zu gestalten, sei die rechteckförmige Rinne abzuschrägen.

Eine ähnliche Argumentationslinie gelte auch hinsichtlich des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags, weil die Roboterbauteile, die in T3 bzw. T4 gezeigt werden, nicht direkt und unmittelbar in die Schlauchführungsvorrichtung der T1B eingebaut werden könnten.

IX. Die Kammer hat in ihrer Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung ihre vorläufige Auffassung u.a. zum Offenbarungsgehalt der T1B, sowie betreffend die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Hauptantrags und der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträgen I-VIII, ausgehend von der Anlage nach T1B, zum Ausdruck gebracht.

X. Am 5. Dezember 2014 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer, und, wie angekündigt, in Abwesenheit der Einsprechende II (Regel 115 (2) EPÜ und Artikel 15 (3) VOBK), statt, an deren Ende die Entscheidung verkündet worden ist.

Entscheidungsgründe

1. Inhalt der Offenbarung der T1B

T1B (siehe Abbildungen 1-4) offenbart:

eine Vorrichtung zum Führen und Zurückholen mindestens eines Schlauches (22, als "protecting tube" im Abstract T1A bezeichnet) einer Industriemaschine (siehe Absatz [29] der T1B, dessen Übersetzung als T1C eingereicht wurde), mit einer Rinne (10) mit seitlicher Längsöffnung (sichtbar in Figur 4) und mit einer den Schlauch (22) umgebenden Spannfeder (30, als "coil spring" in T1A bezeichnet), wobei die Breite der seitlichen Öffnung der Rinne (siehe Referenz 15 in Figur 4) geringer als die Abmessung der den Schlauch umgebenden Spannfeder (30) ist und wobei die Rinne (10) einen rechteckförmigen Querschnitt aufweist.

Die Kammer ist der Auffassung, dass diese Vorrichtung, die für allgemeine Industriemaschinen geeignet ist (siehe das Ende von Absatz [0029] der T1C), auch bei Industrieroboter eingesetzt werden kann.

Grund dafür ist, dass der Begriff ,,Industrieroboter" sehr breit ist (siehe T7, Punkte 2.1 und 2.6) und nicht nur Roboterarme, wie sie in T2 oder T6 beschrieben sind, sondern alle möglichen Maschinen, die aus einem Manipulator und einer Steuerung bestehen, umfasst.

2. Hauptantrag

2.1 Anspruch 1 des Hauptantrags betrifft eine Vorrichtung, die zum Führen und Zurückholen mindestens eines Schlauchs eines Industrieroboters geeignet ist.

2.2 Unterschied

Als Unterschied gilt somit, dass die Rinne (15 in T1B, siehe Figur 4) einen kreisförmigen Querschnitt aufweist.

2.3 Wirkung

Wie die Beschwerdeführerin bemerkt hat, gibt die Beschreibung des Streitpatents (siehe insbesondere Absatz [009]) nicht explizit an, welche Wirkung dieses Merkmal haben sollte.

Es ist aber für den Fachmann offensichtlich, dass die äußere Fläche der Rinne ihren Minimalwert erreicht, wenn die Rinne (bei gleichbleibender Querschnittsfläche für den Schlauch) kreisförmig gestaltet wird.

Eine kreisförmige Rinne erreicht somit, z. B. gegenüber einer rechteckförmigen, den Vorteil, dass die daraus resultierende Vorrichtung einen geringeren Platzbedarf und keine störenden Ecken oder Kanten aufweist (d.h. so wenig sperrig wie möglich ist).

2.4 Aufgabe

Die zu lösende Aufgabe wird somit wie folgt formuliert: die aus T1B bekannte Vorrichtung zum Führen und Zurückholen mindestens eines Schlauchs so zu ändern, dass ihr Platzbedarf minimiert wird und ihre Funktionalität erhalten bleibt.

Diese Aufgabe ist aus Absatz [007] des Streitpatents ableitbar, weil dort steht, dass der Erfindung die Aufgabe zugrunde liegt, eine Vorrichtung zum Führen und zum Längenausgleich eines Schlauches eines Industrieroboters in kompakter und einfacher Ausgestaltung zu schaffen, die ein weitgehendes genaues Führen und Zurückholen des Schlauches in kleinen Raum ermöglicht.

2.5 Eignung als Startpunkt zur Diskussion der erfinderischen Tätigkeit

2.5.1 Die Beschwerdegegnerin macht geltend, dass, obwohl ein Einsatz der Vorrichtung der T1B bei Industrierobotern möglich ist, dieser Stand der Technik kein geeignetes Startpunkt sei, um die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags bewerten zu können.

Grund dafür sei, dass diese Schrift nicht die Robotertechnik, sondern eher die Fahrzeugtechnik betreffe.

Die Kammer kann sich dieser Argumentationslinie nicht anschließen, weil die aus der Wirkung abgeleitete, zu lösende Aufgabe keinen Bezug zur Robotertechnik enthält. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass Anspruch 1 des Hauptantrags so breit formuliert ist, dass die beanspruchte Vorrichtung nicht unbedingt Teil eines Roboters sein muss, sondern nur die Eignung dafür aufweisen sollte, in der Robotertechnik angewendet zu werden.

Die Kammer betrachtet somit T1B als einen geeigneten Startpunkt, um die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags objektiv zu bewerten.

2.5.2 Die Beschwerdegegnerin weist auf Absatz [0011] der T1C hin ("for a long time") und macht geltend, dass die Vorrichtung der T1B speziell entwickelt worden sei, bei langsamen Kabelbewegungen zu funktionieren, so dass der Fachmann sie nie in einem sich rasch bewegenden Industrieroboter einsetzte.

Die Kammer kann sich, aus den folgenden Gründen, auch dieser Argumentationslinie nicht anschließen.

Der in Anspruch 1 des Hauptantrags verwendete Begriff "Industrieroboter" kennzeichnet eine Maschine, die aus einem Manipulator und einer Steuerung besteht (siehe T7) ohne Einschränkungen bezüglich Geschwindigkeit oder Häufigkeit der durchgeführten Bewegungen.

2.6 Naheliegen unter Berücksichtigung des fachmännischen Wissens und Handelns

2.6.1 Es stellt sich somit die Frage, ob ausgehend von T1B der Fachmann, der eine möglichst kompakte Ausführung dieser Vorrichtung erreichen möchte, eine kreisförmige Rinne auswählte.

Die Auffassung der Kammer ist, dass eine kreisförmige Rinne, d.h. eine Rinne, die in ihrer Querschnittsform der Außenkontur des zu führenden Schlauchs folgt, die erste Wahl eines Fachmanns wäre, wenn er die Sperrigkeit der in der Abbildung 4 der T1B gezeigten Vorrichtung verringern möchte.

2.6.2 Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass es keine Veranlassung gäbe, den eckförmigen Querschnitt der Rinne der T1 abzuändern, dies vor allem, weil dieser Querschnitt in Kombination mit dem Flansch (24) eine verdrehsichere Führung des Schlauches ermögliche.

Der Fachmann bevorzugte somit, eine kompaktere Ausführung anhand einer einfachen Abschrägung der Ecken der Außenkontur zu erreichen, so dass ein Querschnitt der Rinne, der immer noch eckig ist, zusammen mit den damit verbundenen Vorteilen der verdrehsicheren Führung, noch vorhanden ist.

Dieser Argumentation kann durch die Kammer nicht zugestimmt werden.

An erster Stelle möchte die Kammer darauf hinweisen, dass diese verdrehsichere Führung durch den Flansch in T1B nirgends als solche erwähnt ist, sondern sich lediglich aus einer Interpretation der Zeichnungen der T1B ergibt.

Sie ist ohnehin der Überzeugung, dass der Fachmann, der sich als Ziel setzt, die Sperrigkeit zu minimieren, in diesem Fall den Nachteil eines eventuellen Drehens des Schlauches in Kauf nähme, in Austausch mit dem Vorteil einer möglichst kompakten Ausführung der Vorrichtung.

2.6.3 Ähnliches gilt für die Argumentationslinie der Beschwerdegegnerin, dass die in T1B gezeigte kastenförmige Kontur unerlässlich sei, weil sie die Montage in einer Fahrzeugtür erleichterte.

Auch hierzu meint die Kammer, der Fachmann nähme den eventuellen Nachteil einer abgerundeten Fläche in Kauf, weil die Beschreibung diese Vorteile eines kastenförmigen Konturs nicht erwähnt, so dass die kastenförmige Kontur von ihm weder als wesentlich noch als unerlässlich erkannt wird.

2.6.4 Die Argumentationslinie der Beschwerdegegnerin, dass eine Abschrägung der Ecken die einfachste und somit die einzige naheliegende Lösung der gestellten Aufgabe ist, so dass alle weiteren Lösungen außerhalb der Fähigkeiten des Fachmanns lägen, kann die Kammer auch nicht akzeptieren.

Grund dafür ist, dass der Aufgabe-Lösung Ansatz, so wie er in der Rechtsprechung der Beschwerdekammer konstant angewendet wird, nicht ausschließt, dass es mehrere naheliegende Lösungen ein und dergleichen Aufgabe geben kann.

2.6.5 Der Argumentation der Beschwerdegegnerin, dass der Fachmann eine rechteckförmige (innere) Rinne mit einer kreisförmigen äußeren Kontur der Schutzhülle in einem einzigen Bauteil kombinieren wurde, wird auch nicht gefolgt, weil (siehe die Übersetzung T1C, Absatz [0020]) die Schutzhülle aus einem Kunststoffteil ("resin shaping") besteht und es bei solchen Kunststoffteilen üblich ist die Dicke so gleichmäßig wie möglich zu halten, um Einknickstellen zu vermeiden (siehe Abb. 4 in T1B).

2.6.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags wird somit unter Berücksichtigung des fachmännischen Wissens und Handelns, als nicht erfinderisch gegenüber T1B betrachtet (Art. 52 und 56 EPÜ).

3. Hilfsantrag

3.1 T1B als Startpunkt-Unterschiede

Nach Auffassung der Parteien und der Kammer ist erneut von der Entgegenhaltung T1B als nächstkommendem Stand der Technik auszugehen. Als Unterschiede gelten unstreitig nicht nur die kreisförmige Kontur der Rinne, sondern auch alle die Merkmale, die dem Anspruch 1 des Hilfsantrags im Vergleich zum Hauptantrag hinzugefügt wurden.

3.2 Wirkung und (Teil-)Aufgabe

Diese hinzugefügten Merkmale bewirken laut dem Streitpatent (siehe Seite 3, Zeile 30), dass die Feder an einem seiner Enden formschlüssig und zuverlässig gehalten wird, so dass sie in axialer Richtung gespannt werden kann.

Die Kammer sieht keine gemeinsamen Aspekte zwischen dieser Wirkung und der des kreisförmigen Querschnitts der Rinne (kompaktere Ausführung), so dass dafür eine davon getrennte Teilaufgabe formuliert werden kann:

das Widerlager der bekannten Vorrichtung so zu ändern, dass eine verbesserte axiale Halterung der Endwindung erreicht wird.

3.3 Lösung

Diese Teilaufgabe wird gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags dadurch gelöst, dass die Vorrichtung die folgenden Merkmale aufweist:

eine trompetenartige Halterung für den Schlauch, die als aufklappbare Schelle ausgebildet ist, und ein Einsatzteil mit einer Ringnut, in welche die Spannfeder über eine Ausnehmung übertritt und in die eine Endwindung eingerastet ist, wobei das Einsatzteil in einem Mittelbereich der Schelle durch diese nach Schließen derselben zumindest in axialer Richtung formschlüssig gehalten ist.

Die Vorteile dieser Lösung liegen darin, dass die Montage des Widerlagers besonders einfach wird, weil aufgrund der aufklappbaren Schelle nur eine minimale axiale Kompression der Feder benötigt wird.

Wie die nachfolgende Diskussion zeigen wird, gilt diese Lösung als erfinderisch, obwohl T3 und T4 ähnliche Roboterbauteile zeigen, die zur Schlauchführung eingesetzt werden.

Grund dafür ist an erster Stelle, dass eine Vorrichtung nach T1B, nach Anwendung der Lehren der T3 und T4, nicht alle die Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags enthalten würde.

3.4 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass diese hinzugefügten Merkmale sich aus T3 und T4 unmittelbar ergeben für die Lösung der Aufgabe, eine zuverlässige Schlauchführung zu gewährleisten.

Sie sieht in der T4 (Figur 3), eine trompetenartige Halterung (7) für den Schlauch (2), und ein Einsatzteil mit einer Ringnut (8), in welche die Spannfeder über eine Ausnehmung übertritt und in die eine Endwindung (5) eingerastet ist.

Eine weitere trompetenartige Halterung, die als aufklappbare Schelle ausgebildet ist, sieht sie in der T3 (Abbildung 2), zusammen mit einem Einsatzteil (19 in T3), das in einem Mittelbereich der Schelle durch diese nach Schließen derselben zumindest in axialer Richtung formschlüssig gehalten wird.

Der Fachmann brauche somit, um diese Teilaufgabe (zuverlässige Schlauchführung) zu lösen, lediglich diese Bauteile in der bekannten Vorrichtung (siehe Figuren 1 und 4 der T1B) zu montieren.

Die Beschwerdeführerin macht auch geltend, dass diese Schlauchsführungselemente ohnehin Standardbauteile sind, die dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens zur Verfügung stehen.

3.5 Die Kammer ist der Auffassung, dass es nicht möglich ist, mit den in T3 und T4 gezeigten Bauteilen die in T1B gezeigte Vorrichtung so zu ändern, dass sie dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags entspricht.

Ein Einsatzteil mit einer Ringnut, in welche die Spannfeder über eine Ausnehmung übertritt und in die eine Endwindung eingerastet ist, wird nämlich weder in der T3, noch in der T4 offenbart.

T3 zeigt keine Spannfeder, somit auch keine Ringnut, in welche die Spannfeder über eine Ausnehmung übertritt und in die eine Endwindung sich einrasten kann.

Diese Halterung der T3 ist nicht in der Lage, ohne weitere eingreifende Änderungen, mit der Endwindung einer Spannfeder formschlüssig verbunden zu werden.

T4, Figur 3, zeigt zwei unterschiedliche Federaufnahmen (8). Die untere Federaufnahme (8) weist nur Haken auf, und kann somit nicht als Ringnut bezeichnet werden. Bei der oberen Federaufnahme (8) kann die Endwindung der Spannfeder nicht über eine Ausnehmung übertreten und sich dadurch einrasten. Im übrigen kann die Feder auch nicht in axialer Richtung formschlüssig gehalten werden.

Die trompetenartige Halterung der T4 ist auch nicht als aufklappbare Schelle ausgebildet.

Eine Anwendung der Lehren der T4 und/oder der T3 auf die Vorrichtung von T1B ist somit nicht in der Lage, die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags in Frage zu stellen.

Dasselbe gilt für die Anwendung auf die Vorrichtung von T1B, der laut der Argumentation der Beschwerdeführerin allgemein bekannten "Standardbauteilen", so wie sie in T3 und T4 gezeigt werden.

3.6 Die Beschwerdeführerin argumentiert auch, dass diese hinzugefügten Merkmale die Wirkung haben, einen zuverlässigen Widerlager außerhalb der Rinne zu schaffen (im Vergleich mit Element 12 der T1B), so dass die Aufgabe dadurch gelöst wird den Schlauchabschnitt, auf der die Feder einwirkt, einfach zu verlängern.

3.7 Die Kammer kann sich auch dieser Argumentationslinie nicht anschließen, weil auch dann nur die Lehren der T3 und T4 zur Verfügung stehen und es somit immer noch Unterscheidungsmerkmale im Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags gibt.

Sie ist zusätzlich der Auffassung, dass wenn das feste Widerlager (12) der T1B durch Elemente, die außerhalb der Rinne montiert werden, ersetzt wird, weitere Änderungen nötig werden, um die Funktionalität der Schlauchführungsvorrichtung nicht zu verlieren. Grund dafür ist, dass wenn der neue Widerlager sich frei gegenüber der Rinne bewegen kann, die Feder nicht mehr in Kompression vorgespannt werden kann, und der Schlauch nicht mehr einwandfrei zurückgezogen werden kann.

3.8 Die Kammer kann somit der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht folgen, dass der Stand der Technik dem Fachmann einen Hinweis auf die im Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags enthaltene Lösung zur verbesserten axialen Halterung der Endwindung gebe.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche 1 bis 4, eingereicht als 1. Hilfsantrag während der mündlichen Verhandlung (Anspruch 1 mit handschriftlicher Änderung);

Beschreibung Spalten 1-5 eingereicht während der mündlichen Verhandlung (mit handschriftlichen Änderungen);

Figuren 1 bis 3, 4a und 4b der Patentschrift (erneut eingereicht während der mündlichen Verhandlung).

Quick Navigation