T 0613/12 (Kraftstoff aus Pflanzenöl/WALDLAND) of 6.12.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T061312.20131206
Datum der Entscheidung: 06 Dezember 2013
Aktenzeichen: T 0613/12
Anmeldenummer: 07866263.2
IPC-Klasse: C11B 3/00
C10G 31/09
C11B 1/06
C11B 3/04
C10G 3/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung eines Kraftstoffs aus Pflanzenöl
Name des Anmelders: Waldland-Vermarktungsgesellschaft mbH
Gruber, Georg
Kaiser, Thomas
Dotzer, Alois
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 52(1)
Schlagwörter: Patentansprüche - Stützung durch die Beschreibung (ja - nach Änderung)
Erfinderische Tätigkeit (ja)- durch den Stand der Technik nicht nahegelegtes Verfahren
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelder richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 07866263.2 zurückzuweisen.

II. Die Prüfungsabteilung hat ihre Entscheidung insbesondere damit begründet, dass Anspruch 1 gemäß dem damals vorliegenden Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ nicht erfülle, da er gewisse – laut Beschreibung wesentliche – Merkmale der Erfindung nicht enthalte.

Besagter Anspruch 1 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung durch die Kammer hervorgehoben):

"1. Verfahren zur Herstellung eines Kraftstoffs aus Pflanzenöl für den Betrieb von dieselmotorischen Brennkraftmaschinen, bei dem die Ölfrüchte gepresst werden und das aus der Presse ablaufende Öl gefiltert wird, dadurch gekennzeichnet, dass das ablaufende Pflanzenöl mit den enthaltenen Trubstoffen in einem ersten Schritt vor der Filterung mit einem Tonmineral versetzt und in einem zweiten Schritt gefiltert wird."

Die Prüfungsabteilung hat einerseits angemerkt, dass laut der ursprünglichen Beschreibung der Anmeldung (Seite 3, Zeilen 1 bis 7, 10 bis 13 und 19 bis 22 und Seite 4, Zeilen 1 bis 6) "eine Versetzung von Tonmineral in dem aus der Presse ablaufenden Pflanzenöl niedrige Phosphor-, Magnesium- und Calciumgehalt ermöglicht, weil die noch im Öl enthaltenden Trubstoffe durch ihr Absetzen auf dem Filter für die eigentliche Filterwirkung verantwortlich sind und das Pflanzenöl bei der Filterung mit hohem Druck an den gleichmäßig verteilten und im Filterkuchen eingebunden Tonmineral-Partikeln vorbei gedrückt wird und der Tonmineral mit seiner gesamten Oberfläche wirken wird [sic]".

Andererseits betonte die Prüfungsabteilung, dass sich laut der ursprünglichen Beschreibung (Seite 6, Zeilen 1 bis 9) das erfindungsgemäße Verfahren nur bei einem Trubstoffanteil zwischen 2 und 30 Gewichtsprozent "mit Erfolg" durchführen lasse, da "bei einem geringeren Trubstoffanteil eine innige Vermischung der Trubstoffe mit dem zugegebenen Tonmineral nicht mehr gewährleistet ist so dass der Aufbau des Filterkuchens ungleichmäßig ist und bei einem Anteil von über 30 Gewichtsprozent die Zugabe von Tonmineral enorm erhöht werden müsste, um im Filterkuchen eine wirksame prozentuale Verteilung zu erreichen."

Daraus schloss die Prüfungsabteilung: "Da Anspruch 1 das obengenannte Merkmal nicht enthält, sind die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ nicht erfüllt".

III. In ihrer Beschwerdebegründung führten die Beschwerdeführer aus, dass besagter Anspruch 1 durchaus alle wesentlichen Merkmale der Erfindung enthalte. Zudem sei das erfindungsgemäße Verfahren neu und erfinderisch gegenüber der im Prüfungsverfahren herangezogenen Entgegenhaltung D2: EP 1 741 767 A1.

IV. In der Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK vom 14. August 2013 teilte die Kammer den Beschwerdeführern ihre vorläufige Meinung mit, wonach der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unter anderem die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ nicht erfülle.

V. Die Beschwerdeführer reichten mit Schreiben vom 20. November 2013 zwei geänderte Anspruchssätze als Haupt- bzw. Hilfsantrag ein, sowie geänderte Beschreibungsseiten 1 bis 3 und 3a. Mit dem selben Schreiben reichten sie unter anderem folgende Dokumente ein:

Anlage 1: Broschüre "Pflanzenöl als Kraftstoff in der Landwirtschaft", herausgegeben vom FNR, August 2006; und

Anlage 3: Handbuch der Lebensmitteltechnologie, M. Bokisch, 1993, Seiten 336, 337, 342 bis 344, 508, 509, 515, 521 und 522.

VI. In der am 6. Dezember 2013 abgehaltenen mündlichen Verhandlung zogen die Beschwerdeführer ihre früheren Anträge zurück und reichten einen geänderten Anspruchssatz sowie eine geänderte Beschreibungsseite 3 ein.

VII. Die Beschwerdeführer beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 14, wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht, und einer Beschreibung mit den Seiten 1, 2 und 3a, eingereicht mit Schreiben vom 20. November 2013, Seite 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, und Seiten 4 bis 10 und Figur 1 der PCT-Veröffentlichung WO-2008/080600 A2.

VIII. Anspruch 1 gemäß dem (einzigen) Antrag der Beschwerdeführer lautet wie folgt (Änderungen gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung durch die Kammer hervorgehoben):

"1. Verfahren zur Herstellung eines Kraftstoffs aus Pflanzenöl für den Betrieb von dieselmotorischen Brennkraftmaschinen, bei dem die Ölfrüchte gepresst werden und das ablaufende Öl gefiltert wird, dadurch gekennzeichnet, dass das ablaufende Pflanzenöl mit den enthaltenen Trubstoffen in einem ersten Schritt vor der Filterung mit einem Tonmineral versetzt und in einem zweiten Schritt gefiltert wird, wobei das zu filternde Pflanzenöl so lange in Kreislauf durch die Filter gepumpt wird, bis sich auf dem Filter aus den Trubstoffen ein Filterkuchen aufgebaut hat, in dem Tonmineral eingebunden ist, und anschließend das Trubstoffe enthaltende und mit Tonmineral versetzte Pflanzenöl gefiltert wird."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 14 betreffen besondere Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1.

IX. Bezüglich ihres geltenden Antrags führten die Beschwerdeführer inter alia Folgendes aus:

- es sei am Prioritätsdatum der Anmeldung bei der Herstellung von Kraftstoff aus Pflanzenöl in dezentralen Ölmühlen, auch mit kuchenbildender Filtration, nicht möglich gewesen, größere Mengen an Phosphor-, Calcium- und Magnesium zu entfernen, ohne im Anschluss an die Filtration weitere, aufwendige Reinigungsschritte durchzuführen, wobei letztere aus Kostengründen nur in industriellen Anlagen, aber nicht in dezentralen Ölmühlen, in Betracht gezogen worden seien;

- daher sei die der Erfindung zugrundeliegende technische Aufgabe darin zu sehen, ein für dezentrale Ölmühlen geeignetes Verfahren zur Herstellung eines Kraftstoffs aus kalt gepresstem Pflanzenöl bereitzustellen, wobei dieses Verfahren eine Reduzierung des Gehalts an Phosphor, Calcium und Magnesium in dem hergestellten Kraftstoff ermöglichen solle;

- die in der ursprünglich eingereichten Fassung der Beschreibung (als WO 2008/080600 A2 veröffentlicht) als Teil der technischen Aufgabe der Erfindung erwähnte Obergrenze vom 0,5 ppm für die jeweiligen Gehalte an Phosphor, Calcium und Magnesium in dem hergestellten Kraftstoff (Seite 3, Zeilen 2 bis 4), sei durch das beanspruchte Verfahren wohl erreichbar; jedoch sei diese Obergrenze nicht als zwingendes Ziel der Erfindung zu betrachten, da die gewünschte Qualität des hergestellten Kraftstoffs von seinem vorbestimmten Einsatz, zum Beispiel von seiner Kompatibilität mit dem verwendeten Motortyp, abhänge; die Darstellung der der Erfindung zugrundeliegenden technischen Aufgabe auf Seite 3 der Beschreibung sei daher dementsprechend geändert worden;

- dank der Versetzung des Trubstoffe enthaltenden ablaufenden Pflanzenöls mit Tonmineral in einem ersten Schritt vor der Filterung enthalte der für die eigentliche Filterwirkung verantwortliche, aus den Trubstoffen aufgebaute Filterkuchen auch eingebundenes Tonmineral; durch einen derartigen Filterungsschritt sei es möglich, in dem gefilterten Pflanzenöl sehr niedrige Gehalte, von 0,5 ppm oder weniger, an Phosphor, Magnesium und Calcium zu erreichen, wie die Beispiele auf Seite 9 der Beschreibung zeigten;

- da der geänderte Anspruch 1 alle für die Ausführung der Erfindung wesentlichen Merkmale enthalte, entspreche er den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ.

Im Bezug auf die erfinderische Tätigkeit führten die Beschwerdeführer aus:

- es sei aus dem Stand der Technik nicht bekannt gewesen, kalt gepresstes, Trubstoffe enthaltendes Pflanzenöl vor einer kuchenbildenden Filtration mit Tonmineral zu versetzen;

- obwohl Tonmineralien bereits zur Behandlung vom vorgereinigten Pflanzenöl in industriellen Anlagen eingesetzt worden seien, sei es nicht zu erwarten gewesen, dass durch das Einbinden von Tonmineral in den gebildeten Filterkuchen eine sehr intensive Entfernung von Phosphor, Magnesium und Calcium erreicht werden könne;

- daher beruhe der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ

1.1 Der Wortlaut des geänderten Anspruchs 1 stützt sich auf folgende Teile der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (als WO 2008/080600 A2 veröffentlicht): Anspruch 1 in Kombination mit dem Absatz auf Seite 3, Zeilen 9 bis 20.

1.2 Der Wortlaut der abhängigen Ansprüche 2 bis 14 ist identisch mit dem Wortlaut der Ansprüche 2 bis 14 in der ursprünglich eingereichten Fassung. Der ursprüngliche Anspruch 15 wurde gestrichen.

1.3 Die Änderungen in der Beschreibung umfassen die neuaufgenommene Würdigung des Stands der Technik (vorliegende Seite 1, zweiter Absatz; vorliegende Seite 3, zweiter und dritter Absatz).

1.4 Ferner wurde die Angabe der technischen Aufgabe in der Beschreibung derart umformuliert (vorliegende Seite 3, letzter Absatz), dass sie nicht mehr zwingend das Erreichen einer Konzentration von maximal 0,5 ppm für die Gehalte an Phosphor, Calcium und Magnesium beinhaltet.

Diese Änderung findet ihre Stütze unter anderem im ursprünglichen Anspruch 1 (enthält keine Konzentrations-Obergrenzen für Phosphor, Calcium und Magnesium) und in den Beispielen (siehe Tabelle auf Seite 9 der Beschreibung: "erfindungsgemäß" kann der Calcium-Gehalt des filtrierten Öls 1,24 bzw. 1,19 ppm betragen).

Schon alleine aus diesen Teilen der ursprünglichen Anmeldung ist ersichtlich, dass das Erreichen bzw. Unterschreiten gewisser Maximalwerte für den Gehalt an Phosphor, Calcium oder Magnesium im filtrierten Pflanzenöl nicht zwingend ist und kein wesentliches Merkmal der offenbarten Erfindung darstellt. Für die Kammer ist demnach die umformulierte Aufgabe eindeutig aus der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung herleitbar.

1.5 Daher sind die in den Ansprüchen und der Beschreibung vorgenommenen Änderungen unter Artikel 123(2) EPÜ nicht zu beanstanden.

2. Klarheit der Ansprüche und deren Stützung durch die Beschreibung (Artikel 84 EPÜ)

2.1 Es ist eine implizite Erfordernis des Artikels 84 EPÜ, dass ein unabhängiger Patentanspruch alle wesentlichen Merkmale der Erfindung angeben muss, d.h. alle Merkmale, die gemäß der Anmeldung zur Lösung der technischen Aufgabe, um die es in der Anmeldung geht, erforderlich sind.

2.2 Die Beschwerdeführer haben in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Erfindung ein für dezentrale Ölmühlen geeignetes Verfahren zur Herstellung eines Kraftstoffs aus kalt gepresstem Pflanzenöl betreffe, welches Verfahren die Herstellung von Kraftstoff mit einem reduzierten Gehalt an Phosphor, Calcium und Magnesium ermöglicht. Dank der Versetzung des Trubstoffe enthaltenden, aus der Presse ablaufenden Pflanzenöls mit Tonmineral in einem ersten Schritt vor der Filterung enthalte der für die eigentliche Filterwirkung verantwortliche, aus den Trubstoffen aufgebaute Filterkuchen auch eingebundenes Tonmineral. Ein derartiger Filterungsschritt ermögliche es daher, den Gehalt des Pflanzenöls an Phosphor, Magnesium und Calcium deutlich zu reduzieren, gegebenenfalls auf 0,5 ppm oder weniger. Die Erzielung eines bestimmten, besonders geringen Gehalts an Phosphor, Calcium und Magnesium in dem gefilterten Pflanzenöl sei jedoch nicht ein zwingendes Ziel der Erfindung.

2.3 Für die Kammer stehen die Ausführungen der Beschwerdeführer im Einklang mit den folgenden Angaben in der vorliegenden, geänderten Beschreibung (siehe Seite 3 eingereicht in der mündlichen Verhandlung, Zeilen 26 bis 29, und Seite 3a eingereicht mit Schreiben vom 20. November 2013, Zeilen 1 bis 13):

"Die Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung eines Kraftstoffs aus Pflanzenöl so auszugestalten, dass auch dezentrale Ölmühlen bei der Herstellung von kalt gepresstem Pflanzenöl dazu in der Lage sind, den Gehalt an Phosphor, Calcium und Magnesium zu reduzieren.

Gelöst wird die Aufgabe gemäß der Erfindung durch ein Verfahren zur Herstellung eines Kraftstoffs aus Pflanzenöl mit den Merkmalen von Anspruch 1. Durch das Versetzen des Pflanzenöls mit Tonmineral in einem ersten Schritt noch vor der Filterung sind noch alle Trubstoffe von der Pressung in dem Öl enthalten. Bei der Filterung setzen sich diese Trubstoffe auf dem Filter ab und sind so für die eigentliche Filterwirkung verantwortlich. Um hier einen Filterkuchen entsprechender Stärke zu erreichen, wird das zu filternde Pflanzenöl so lange im Kreislauf durch die Filter gepumpt, bis der Filterkuchen auf dem Filter die gewünschte Filterwirkung zeigt. Erst dann beginnt der eigentliche Filtriervorgang, nach dem das gefilterte Pflanzenöl als Kraftstoff verwendet werden kann.

Es hat sich nun gezeigt, dass das beigemischte Tonmineral die größte Wirkung zeigt, wenn es in den Filterkuchen eingebunden ist."

2.4 Der vorliegende Anspruch 1 spezifiziert dementsprechend, dass "das zu filternde Pflanzenöl so lange im Kreislauf durch die Filter gepumpt wird, bis sich auf dem Filter aus den Trubstoffen ein Filterkuchen aufgebaut hat, in dem Tonmineral eingebunden ist, und anschließend das Trubstoffe enthaltende und mit Tonmineral versetzte Pflanzenöl gefiltert wird".

Daher enthält der Wortlaut des Anspruchs 1 offensichtlich alle Merkmale, die gemäß der Angaben in der Beschreibung der Anmeldung zur Lösung der (zulässig umformulierten) Aufgabe, erforderlich sind.

2.5 Für die Kammer betreffen alle anderen, in der Beschreibung angegebenen, spezielleren Merkmale wie, zum Beispiel, der in der angefochtenen Entscheidung angesprochene Trubstoffanteil des gepressten Pflanzenöls (siehe Seite 6, Zeilen 1 bis 9), offensichtlich nur gewisse Möglichkeiten zur Optimierung des Verfahrens. So ist, zum Beispiel, laut dieser Beschreibungspassage bei einem Trubstoffgehalt von weniger als 2 Gew.-% eine innige Vermischung des Tonminerals mit den Trubstoffen und ein gleichmäßiger Aufbau des Filterkuchens "nicht mehr gewährleistet". Für die Kammer bedeutet das lediglich, dass bei dieser Vorgangsweise die Entfernung von Phosphor, Calcium und Magnesium durch den Tonmineral enthaltenden Filterkuchen unter Umständen nur in einem geringeren, also nicht optimalen Ausmaß, stattfinden kann.

Allerdings schreiben weder der vorliegende Anspruch 1 noch die daran angepasste Beschreibung die Erzielung bzw. das Unterschreiten eines bestimmten Maximal-Gehalts an Phosphor, Magnesium und Calcium im gefilterten Pflanzenöl vor. Daher kann das Merkmal betreffend den Trubstoffanteil des zu filtrierenden Öls zwar als unter gewissen Umständen wünschenswert betrachtet werden, aber es ist sicherlich nicht als im Allgemeinen wesentlich für die Ausführung der Erfindung zu betrachten.

2.6 Aufgrund der in den Anmeldungsunterlagen vorgenommenen Änderungen besteht kein Widerspruch mehr zwischen der Beschreibung und den Ansprüchen. Nicht zuletzt deshalb erachtet die Kammer die Ansprüche für klar und durch die Beschreibung gestützt.

Anspruch 1 und die davon abhängigen Ansprüchen 2 bis 14 entsprechen demnach den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ.

3. Neuheit

3.1 Die Kammer hat sich vergewissert, dass ein Verfahren mit allen Merkmalen von Anspruch 1, bei dem ein aus der Pressung ablaufendes, Trubstoffe enthaltendes Pflanzenöl vor der kuchenbildender Filtration mit Tonmineral versetzt wird, aus dem vorliegenden zitierten Stand der Technik nicht bekannt war.

3.2 Daher ist der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 14 neu (Artikel 52(1) und 54 EPÜ).

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Kraftstoffs aus kalt gepresstem Pflanzenöl (siehe Anspruch 1). In der Anmeldung wird zudem die Erwünschtheit von niedrigen Gehalten an Phosphor, Calcium und Magnesium in dem hergestellten Kraftstoff – im Hinblick auf das Verhindern von Verkrustungen innerhalb des Motors – ausdrücklich betont (ursprüngliche Beschreibungsseite 2, letzter Absatz).

4.2 Für die Kammer stellen die in Dokument Anlage 1 offenbarten Verfahren zur Gewinnung von Kraftstoff aus Pflanzenöl den nächstliegenden Stand der Technik dar. Dem haben die Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zugestimmt.

Anlage 1 beschreibt die dem Fachmann zum Prioritätsdatum der vorliegenden Anmeldung bekannten Verfahren zur Herstellung von Kraftstoff aus kalt gepresstem Rapsöl in dezentralen Ölmühlen. Dieses Dokument beschreibt unter anderem, wie das Trubstoffe enthaltende, gepresste Pflanzenöl einer kuchenbildenden Filtration unterworfen wird und erklärt, dass der Gehalt an Phosphor, Calcium und Magnesium durch die Betriebsweise der Ölpresse beeinflusst werden kann. Diesbezüglich sei insbesondere auf folgende Abschnitte der Anlage 1 verwiesen: Seite 29, linke Spalte, Zeilen 1 bis 12; Seite 30, rechte Spalte, Zeilen 12 bis 15; Seite 31, linke Spalte, Zeilen 13 bis 20.

4.3 Ausgehend von einem derartigen Verfahren gemäß Anlage 1 ist die Aufgabe laut den Beschwerdeführern in der Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung eines Kraftstoffs aus Pflanzenöl zu sehen, welches auch in dezentralen Ölmühlen bei der Herstellung von kalt gepressten Pflanzenöl ausgeführt werden kann und eine Reduzierung des Gehalts an Phosphor, Calcium und Magnesium ermöglicht (siehe auch vorliegende Beschreibungsseite 3, letzter Absatz).

4.4 Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Anmeldung das Verfahren mit den Merkmalen des nunmehr geltenden Anspruchs 1 vor, welches insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass "das ablaufende Pflanzenöl mit den enthaltenen Trubstoffen in einem ersten Schritt vor der Filterung mit einem Tonmineral versetzt und in einem zweiten Schritt gefiltert wird, wobei das zu filternde Pflanzenöl so lange in Kreislauf durch die Filter gepumpt wird, bis sich auf dem Filter aus den Trubstoffen ein Filterkuchen aufgebaut hat, in dem Tonmineral eingebunden ist, und anschließend das Trubstoffe enthaltende und mit Tonmineral versetzte Pflanzenöl gefiltert wird" (Hervorhebungen durch die Kammer).

4.5 Die Kammer stellt im Hinblick auf die in der Anmeldung enthaltenen Versuchsergebnisse fest, dass die besagte Aufgabe durch das Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 glaubhaft über dessen gesamte Breite gelöst wird.

4.5.1 Insbesondere ist den Beispielen der Anmeldung zu entnehmen, dass das beanspruchte Verfahren eine intensive Entfernung von Phosphor, Calcium und Magnesium aus dem ablaufenden Pflanzenöl ermöglicht (siehe Seite 9, Zeilen 11 bis 23). Der in dem Pflanzenöl dadurch erreichbare Gehalt an Phosphor, Calcium und Magnesium kann unter Umständen weit weniger als 0,5 ppm betragen, d.h. sogar niedriger als der sonst üblicherweise am Prioritätstag in dezentralen Ölmühlen und in industriellen Anlagen erhaltene Gehalt (siehe ursprüngliche Beschreibungsseite 1, Zeilen 14 bis 28).

4.5.2 Es ist für die Kammer zudem plausibel, dass dieses Verfahren im Rahmen der Ölgewinnung in dezentralen Ölmühlen in relativ einfacher Weise, auch durch Nachrüstung bestehender Anlagen, realisiert werden kann, und dass das Verfahren auch zur Kraftstoffgewinnung aus anderen Öle als Rapsöl geeignet ist, und auch dabei eine deutliche Verringerung des Gehalts an Phosphor, Calcium und Magnesium erreicht werden kann.

4.6 Es bleibt demnach zu entscheiden, ob es für den Fachmann am Prioritätsdatum naheliegend gewesen wäre, das ablaufende, Trubstoffe enthaltende gepresste Pflanzenöl vor der kuchenbildenden Filtration mit Tonmineral zu versetzen, um derart eine Reduzierung des Gehalts an Phosphor, Calcium und Magnesium zu erreichen.

4.6.1 Es ist unbestritten, dass aus dem Stand der Technik bereits bekannt war, Roh-Pflanzenöl in industriellen Anlagen von Phosphatiden und Spuren von Metallen im Rahmen eines sogenannten "Entschleimungs"- bzw. "Bleich"-Schritts durch Zugabe von Tonmineralien und anschließende Filtration zu reinigen. Diesbezüglich sei verwiesen auf das Dokument Anlage 3, Kapitel 5.2.5, Absatz 5.2.5.4 und Abbildung 5.74 auf Seiten 342 bis 344, sowie Kapitel 7.3 und Abbildung 7.29 auf Seiten 508 und 515; und das Dokument D2, Absätze 44 und 47).

4.6.2 Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass der vorliegende Stand der Technik weder offenbart noch anregt, einem Trubstoffe enthaltenden, aus der Pressung ablaufenden Pflanzenöl vor einer kuchenbildenden Filtration ein Tonmineral zuzusetzen. Auch war es für den Fachmann nicht vorhersehbar, dass durch die dabei erfolgende Einbindung des Tonminerals in den aus den Trubstoffen aufgebauten Filterkuchen, die Filtration des Pflanzenöls eine besonders intensive Reduktion des Gehalts an Phosphor, Calcium und Magnesium bewirken kann.

4.6.3 Ausgehend von dem in Anlage 1 beschriebenen Verfahren hatte der mit der Lösung der technischen Aufgabe befasste Fachmann demnach keine Veranlassung, das in Anlage 1 beschriebene Verfahren durch das Vorsehen einer Tonmineral-Zugabe vor der kuchenbildenden Filtration zu modifizieren. In Unkenntnis der Erfindung konnte er demnach nicht in naheliegender Weise zu einem Verfahren gemäß Anspruch 1 gelangen.

4.7 Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 14 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 52(1) und 56 EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zurückverwiesen an die erste

Instanz mit der Anweisung ein Patent zu erteilen auf folgender Grundlage:

- Patentansprüche 1 bis 14, wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

- Beschreibung Seiten 1, 2 und 3a, wie eingereicht mit Schreiben vom 20. November 2013, Seite 3, wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung, und Seiten 4 bis 10 und Figur 1, wie in der PCT-Veröffentlichung WO-2008/080600 A2.

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