European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T059112.20180308 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 März 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0591/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04763628.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01R 31/28 G01R 19/25 G01R 23/165 G01R 27/28 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | MESS- ODER TESTGERÄT MIT AUSTAUSCHBAREN FUNKTIONSEINHEITEN | ||||||||
Name des Anmelders: | Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hauptantrag (ja) Neuheit - (ja) Zurückverweisung an die erste Instanz - (ja) Neubesetzung der Prüfungsabteilung - (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die am 28. Oktober 2011 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 04 763 628 zurückgewiesen wurde.
II. In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Prüfungsabteilung die Auffassung, dass infolge der Änderungen in den Ansprüchen der Haupt- und Hilfsanträge Merkmalskombinationen entstanden sind, die weder den ursprünglichen Ansprüchen noch der ursprünglichen Beschreibung direkt und zweifelsfrei entnehmbar seien im Gegensatz zu Artikel 123(2) EPÜ.
Darüber hinaus seien die Ansprüche aller Anträge mehrdeutig und verstößen somit gegen die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973.
Die Prüfungsabteilung vertrat weiter die Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags und der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Hilfsanträge 2 und 3 gegenüber dem Dokument D1 (EP-A-689 306) nicht neu sei.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 der vorliegenden Hilfsanträge 1, 4, 5, und 6 wurde im Hinblick auf Dokument D1, was die Hilfsanträge 1 und 5 betrifft, oder im Hinblick auf Dokument D3 (US-A-6 112 067), was Hilfsanträge 4 und 6 betrifft, als nicht erfinderisch angesehen.
III. Mit Schreiben vom 18. November 2011 wurde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr entrichtet. Die schriftliche Begründung wurde am 28. Februar 2012 eingereicht.
Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des Hauptantrags und der Hilfsanträge I bis III, IIIa, IV oder IVa, d.h. gemäß den der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hilfsanträgen 1 bis 6. Im Folgenden wird auf die von der Prüfungsabteilung eingeführte Bezeichnung der Anträge Bezug genommen.
Hilfsweise wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt für den Fall, dass die Beschwerdekammer die Erteilung eines Patents nicht beabsichtigen sollte.
IV. Am 22. September 2017 wurde die Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung geladen.
In einer Stellungnahme vom 22. November 2017 gemäß Artikel 15(1) VOBK hat die Beschwerdekammer die Beschwerdeführerin über ihre vorläufige unverbindliche Einschätzung des Falles unterrichtet und insbesondere auf mögliche Verstöße der anhängigen Anträge gegen die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973 hingewiesen.
Der Oberbegriff des Anspruchs 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 6 wurde als unklar angesehen, weil aus dem Wortlaut, wonach "die Funktionseigenschaften der Funktionseinheiten eine unterschiedliche Genauigkeit und/oder eine unterschiedliche Güte und/oder einen unterschiedlichen Funktionsumfang aufweisen", keine eindeutige technische Einschränkung erkennbar wäre. Es erschien insbesondere fraglich, wie bei Funktionseinheiten, die unterschiedliche Funktionen erfüllen, die Genauigkeit und Güte zu vergleichen wären. Aus der weiteren Angabe, dass die Funktionseinheiten austauschbar sind und/oder zugefügt oder weggelassen werden können, stellte sich die Frage, ob ein Mess- oder Testgerät unter Schutz gestellt wurde oder ein solches Mess- oder Testgerät mit einer festen Anzahl angeschlossener Funktionseinheiten, oder ein System bestehend aus einem solchen Mess- oder Testgerät mit einer Anzahl innerhalb des Geräts angeschlossener Funktionseinheiten und zusätzlichen nicht angeschlossenen Funktionseinheiten.
Die unter den Punkten 5.1 bis 5.4 in der Entscheidung zur Zurückweisung der Anmeldung erhobenen Einwände der fehlenden Klarheit wurden jedoch im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Ausführungen nicht weiter verfolgt.
Was die Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit betraf, wurde insbesondere auf die Relevanz von Dokument D1 hingewiesen. Nach vorläufiger Einschätzung der Kammer waren alle Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags aus der D1 bekannt. In dieser Hinsicht erschien die Analyse der Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung durchaus überzeugend.
Mit einem Schreiben vom 22. Januar 2018 reichte die Beschwerdeführerin neue zusätzliche Hilfsanträge 7 und 8 ein (Hilfsanträge V und VI), um die zum ersten Mal geäußerten Bedenken der Kammer im Hinblick auf die Klarheit der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anträge auszuräumen.
V. In einem Schreiben vom 7. März 2018 beantragte die Beschwerdeführerin als letztrangigen Hilfsantrag die Aussetzung des Beschwerdeverfahren, bis das Bundesverfassungsgericht der Bundesrepublik Deutschland über die vom Bundesverfassungsgericht angenommenen Verfassungsbeschwerden entschieden hat, die beim Bundesverfassungsgericht unter den Aktenzeichen 2 BvR 2435/13, 2 BvR 421/13 und 2 BvR 2480/13 anhängig sind.
VI. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 8. März 2018 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin statt.
Die abschließenden Anträge der Beschwerdeführerin waren:
Die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage des Hauptantrags eingereicht während der mündlichen Verhandlung, oder hilfsweise auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 6, gestellt mit Schriftsatz vom 28. Februar 2012, oder eines der Hilfsanträge 7 oder 8, eingereicht mit Schriftsatz vom 22. Januar 2018. Als letztrangigen Hilfsantrag beantragte die Beschwerdeführerin die Aussetzung des Beschwerdeverfahrens.
VII. Der Patentanspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"1. System mit einem Mess- oder Testgerät (1) mit mehreren Funktionseinheiten (21, 22, 23, 24), die innerhalb des Mess- oder Testgeräts miteinander verschaltbar sind, wobei die Funktionseigenschaften (FE1, FE2, FE3, FE4) der Funktionseinheiten (21, 22, 23, 24) eine unterschiedliche Genauigkeit und/oder eine unterschiedliche Güte und/oder einen unterschiedlichen Funktionsumfang aufweisen,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Mess- oder Testgerät (1) ein Spektrumanalysator (20) oder ein Netzwerkanalysator (200) oder ein Signalgenerator (100) ist,
dass mehrere Funktionseinheiten (21, 22, 23, 24),
welche innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, unabhängig voneinander gegen Funktionseinheiten des Systems, welche nicht innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, austauschbar sind, und
dass Funktionseinheiten (21, 22, 23, 24) des Systems, welche nicht innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, dem Mess- oder Testgerät zugefügt werden können, und
dass Funktionseinheiten (21, 22, 23, 24) des Systems, welche innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, weggelassen werden können,
wobei das Mess- oder Testgerät (1) mit den Funktionseinheiten (21, 22, 23, 24) konfigurierbar ist, und
dass das Mess- oder Testgerät (1) mit unterschiedlicher, von den Funktionseigenschaften (FE1, FE2, FE3, FE4) der Funktionseinheiten (21, 22, 23, 24) abhängiger Performance konfigurierbar ist."
Die Ansprüche 2 bis 15 des Hauptantrags sind abhängige Ansprüche.
Der Inhalt der Hilfsanträge 1 bis 8 ist für die vorliegende Entscheidung ohne Relevanz und wird somit hier nicht wiedergegeben.
Entscheidungsgründe
1. In dieser Entscheidung werden zitierte Artikel und Regeln mit dem Zusatz "1973" versehen, wenn auf Vorschriften des EPÜ Bezug genommen wird, die bis zum 13. Dezember 2007 gegolten haben. Im Übrigen werden Artikel und Regeln ohne Zusatz zitiert.
2. Die Beschwerde ist zulässig.
3. Hauptantrag - Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973)
3.1 Der Fachmann würde im Kontext der vorliegenden Anmeldung den Begriff "Performance" in Zusammenhang mit den Eigenschaften der Funktionseinheiten ohne weiteres als die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Einheit im Hinblick auf diese Eigenschaft verstehen. Diese Auslegung entspricht der normalen Bedeutung dieses aus der englischen Sprache stammenden Ausdrucks. Das Merkmal, wonach abhängig von der Performance der Funktionseigenschaften der Funktionseinheiten das Mess- oder Testgerät konfigurierbar ist, ist für den Fachmann - mit der Bereitschaft es zu verstehen - technisch durchaus nachvollziehbar: das Mess- oder Testgerät wird entsprechend der Leistungsfähigkeiten ("Performance") der im Gerät verschalteten Funktionseinheiten konfiguriert.
3.2 Der Wortlaut des Anspruchs 1 des Hauptantrags stellt nun klar, dass ein System mit einem Mess- oder Testgerät beansprucht wird, das mehrere Funktionseinheiten enthält, die innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, und mehrere zusätzliche Funktionseinheiten, die nicht innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind. Dabei können Funktionseinheiten, die innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, weggelassen werden oder gegen Funktionseinheiten, die nicht innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, ausgetauscht werden. Andererseits können auch Funktionseinheiten, die nicht innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, dem Mess- oder Testgerät zugefügt werden.
Mit den im Anspruch 1 des Hauptantrags neu eingeführten Merkmalen wurden die von der Prüfungsabteilung bemängelten Widersprüche ausgeräumt.
3.3 Aus der Präambel des Hauptanspruchs ergibt sich, dass ein System mit einem Mess- oder Testgerät beansprucht wird. Aus dem kennzeichnenden Teil ergeben sich die zusätzlichen funktionellen Einschränkungen, dass das Mess- oder Testgerät ein Spektrumanalysator oder ein Netzwerkanalysator oder ein Signalgenerator ist. Aus dieser Formulierung folgt implizit, dass die Funktionseinheiten, die innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, im Zusammenspiel die entsprechende Funktion erfüllen müssen. Die Möglichkeit, die Funktionseinheiten innerhalb des Mess- oder Testgeräts auszutauschen oder wegzulassen, soll den Typ des Mess- oder Testgeräts nicht beeinflussen. Das gleiche gilt, wenn Funktionseinheiten, die nicht innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, hinzugefügt werden. Die Tatsache, dass je nach Art des Mess- und Testgeräts die beanspruchten Systeme unterschiedliche Funktionseinheiten enthalten und dass keine Funktionseinheit bei den drei erwähnten Typen gemein ist, stellt als solche kein Problem der Klarheit dar.
3.4 Aus dem Merkmal, wonach "die Funktionseigenschaften der Funktionseinheiten eine unterschiedliche Genauigkeit und/oder eine unterschiedliche Güte und/oder einen unterschiedlichen Funktionsumfang aufweisen" ergeben sich Alternativen, wie sich die Funktionseinheiten unterscheiden können. Der ursprüngliche Einwand der Kammer, wonach es je nach Art der Funktionseinheit schwierig oder gar unmöglich wäre, diese drei Parameter zu erkennen bzw. zu messen, wurde nicht weiterverfolgt. Der Fachmann würde erkennen, dass die Formulierung des Anspruchs de facto drei Alternativen entspricht und keinesfalls verlangt, dass jede Funktionseinheit im beanspruchten System von den drei erwähnten Eigenschaften charakterisiert wird. Für eine Funktionseinheit könnte z.B. die "Genauigkeit" als einzige Eigenschaft eine Bedeutung haben, wobei die Güte keine Relevanz oder sogar keine anerkannte Bedeutung hätte.
3.5 Die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973 im Hinblick auf die Klarheit der Ansprüche sind somit erfüllt.
4. Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ
4.1 Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 in der ursprünglichen Anmeldung hauptsächlich dadurch, dass nun ein System beansprucht ist mit Funktionseinheiten, die innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, und mit Funktionseinheiten, die nicht innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind. Eine Stütze für diese Änderung ist z.B. den Absätzen auf Seite 3, Z. 5-18; S. 4, Z. 11-21 zu entnehmen. Aus Gründen der Klarheit wurde der Wortlaut weiter angepasst. Somit wurde klargestellt, dass eine im Mess- oder Testgerät vorhandene Funktionseinheit nicht hinzugefügt oder eine nicht innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltete Funktionseinheit nicht weggelassen werden könnte.
Anspruch 1 enthält die weitere Einschränkung, wonach das Mess- oder Testgerät ein Spektrumanalysator oder ein Netzwerkanalysator oder ein Signalgenerator ist. Die drei eingeführten Alternativen ergeben sich aus den Ausführungsbeispielen der Figuren 2, 3 und 4.
Im Hinblick auf die S. 1, Z. 11-24 geschilderte Aufgabe ergibt sich eindeutig, dass diese Aufgabe unabhängig vom Typ des Mess- oder Testgeräts besteht. Der Fachmann würde auch erkennen, dass die spezifischen Funktionseinheiten im jeweiligen Mess- oder Testgerät keine Auswirkung haben auf die definierte Aufgabe oder deren Lösung. Somit ist auch die Zwischenverallgemeinerung des Anspruchs, die aus dem Weglassen der spezifischen Funktionseinheiten der Figuren 2, 3 und 4 entsteht, durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt.
4.2 Die abhängigen Ansprüche 2 bis 15 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 6 bis 18.
4.3 Die Ansprüche des Hauptantrags erfüllen somit die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
5. Hauptantrag - Neuheit
In dieser Entscheidung wurden folgende Dokumente berücksichtigt:
D1: EP-A-689 306;
D2: US-A-2002/0147554;
D3: US-A-6 112 067;
D4: DE-A-25 44 329;
D5: US-A-5 059 892;
D6: WO-A-02/095426;
D7: US-A-4 758 963;
D8: US-A-6 496 134;
D9: EP-A-710 910;
D10: US-A-6 134 674;
D11: US-A-2003/0001896;
D12: US-A-6 418 391;
D13: US-A-5 155 836.
5.1 Das Dokument D1 beschreibt ein System mit einem Testgerät (tester 10) mit mehreren Funktionseinheiten (test elements 14, 12), die innerhalb des Testgeräts verschaltbar sind. Jede der in der D1 offenbarten Funktionseinheiten besteht eigentlich aus einer Mehrzahl von Funktionseinheiten (vgl. Sp. 6, Z. 15-30; Sp. 9, Z. 5-8). Konkret sind die Funktionseinheiten 12, welche spezifisch zu den jeweiligen zu prüfenden Radioarten sind, mit den festinstallierten Funktionseinheiten 14, die im Gegensatz zu den Funktionseinheiten 12 für alle Radioarten geeignet sind, verschaltbar (vgl. Sp. 3, Z. 33-48). Die Funktionseinheiten 12 sind an die jeweiligen zu untersuchenden Radioapparate angepasst und weisen einen unterschiedlichen Funktionsumfang oder "Performance" auf (vgl. Sp. 6, Z. 15-30).
Je nach Ausführung erfüllt das Testgerät der D1 die Funktion eines Spektrumanalysators, oder eines Netzwerkanalysators oder eines Signalgenerators (vgl. Sp. 10, Z. 7-28).
Wenn die festinstallierten Funktionseinheiten 14 für den Test reichen, kann die Funktionseinheit 12 weggelassen werden.
Um eine spezifische Radioart zu untersuchen, kann eine nicht innerhalb des Testgeräts verschaltete Funktionseinheit 12 jedoch dem Testgerät für spezifische Aufgaben zugefügt werden.
Eine im Testgerät verschaltete Funktionseinheit 12 kann auch für andere spezifische Aufgaben ausgetauscht werden.
Das Testgerät der D1 ist mit den optional zugefügten Funktionseinheiten konfigurierbar. Es kann auch mit unterschiedlichen, von den Funktionseigenschaften der Funktionseinheiten abhängiger Performance konfiguriert werden (vgl. Sp. 17, Z. 50-58; Sp. 18, Z. 19-50).
5.2 In dem System der D1 ist ein voneinander unabhängiges Austauschen der einzelnen innerhalb des Testgeräts verschalteten Funktionseinheiten nicht möglich. Das Austauschen des Moduls 12 bedeutet nämlich ein Austauschen aller in diesem Modul vorhandenen Funktionseinheiten.
Das Vorhandensein eines Moduls 12 im System ermöglicht zwar sein Weglassen oder sein Austauschen gegen ein anderes Modul dieser Art, verbietet aber das Hinzufügen von Funktionseinheiten, die nicht innerhalb des Testgeräts verschaltet sind.
Das Hinzufügen von Funktionseinheiten, die nicht innerhalb des Testgeräts verschaltet sind, ist nur dann möglich, wenn kein Modul 12 eingesetzt ist. In diesem Zustand ist jedoch ein Austauschen oder Weglassen der Funktionseinheit(en) 14 nicht vorgesehen.
Die Hinweise in den Absätzen Sp. 8, Z. 49 - Sp. 9, Z. 1; Sp. 18, Z. 41-50 der D1, wonach jedes Testelement eingebunden ("engaged"), gelöst ("disengaged"), verändert ("modified") oder kontrolliert ("controlled") werden kann, weisen nicht auf ein physisches Einsetzen oder Entfernen hin, sondern auf eine entsprechende Programmierung des Testgeräts.
Demzufolge unterscheidet sich das beanspruchte System von dem System der D1 dadurch, dass sämtliche der drei angegebenen Alternativen realisiert sind, nämlich dass mehrere Funktionseinheiten, welche innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, unabhängig voneinander gegen Funktionseinheiten des Systems, welche nicht innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, ausgetauscht werden können, und dass Funktionseinheiten des Systems, welche nicht innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, dem Mess- oder Testgerät zugefügt werden können, und dass Funktionseinheiten des Systems, welche innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, weggelassen werden können.
5.3 Aus D3 ist ein Spektrumanalysator bekannt mit mehreren Funktionseinheiten, die innerhalb des Mess- oder Testgeräts miteinander verschaltbar sind (siehe Abbildungen 13 bis 15). Die Funktionseinheiten, die im Testgerät verschaltet sind, erfüllen unterschiedliche Funktionen (vgl. Figur 13). Der Spektrumanalysator der D3 ist mit den im System verschalteten Funktionseinheiten konfigurierbar (vgl. Sp. 3, Z. 63-67; Sp. 4, Z. 5-36).
In D3 wird jedoch kein System im Sinne der vorliegenden Anmeldung beschrieben, d.h. ein System mit im Mess- oder Testgerät verschalteten Funktionseinheiten und mit im Mess- oder Testgerät nicht verschalteten Funktionseinheiten, wobei sich die jeweiligen im Mess- oder Testgerät verschalteten Funktionseinheiten und jene außerhalb des Gerätes sich von irgendeiner anderen Funktionseinheit durch zumindest ihre Genauigkeit, Güte oder Funktionsumfang unterscheidet.
Darüber hinaus - auch wenn das Mess- oder Testgerät der D3 konfigurierbar ist - ergibt sich nicht aus D3, dass das Mess- oder Testgerät an Funktionseinheiten mit unterschiedlichen Funktionseigenschaften angepasst werden kann. Im Fall einer Reparatur werden die Funktionseinheiten innerhalb des Spektrumanalysators notwendigerweise durch identische Funktionseinheiten ersetzt.
5.4 Im Laufe der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer wurde der auf Seite 1, Z. 11-19 der vorliegenden Anmeldung zitierte Stand der Technik von der Beschwerdeführerin als interner Stand der Technik bezeichnet. Laut Beschwerdeführerin bezieht sich der Inhalt dieses Absatzes nicht auf die im vorherigen Absatz erwähnte Druckschrift DE-A-101 24 371.
Der im obengenannten Absatz erwähnte Stand der Technik ist somit kein Stand der Technik im Sinne des Artikels 54(1),(2) EPÜ 1973.
5.5 Aus dem Dokument D6 ist ein Signalgenerator bekannt. D6 beansprucht als Priorität die deutsche Anmeldung DE-A-101 24 371, worauf auf Seite 1 der vorliegenden Anmeldung explizit Bezug genommen wurde. D6 beschreibt einen Signalgenerator, wie er in Figur 3 der vorliegenden Anmeldung beschrieben ist. Der in D6 offenbarte Signalgenerator weist über ein Blockdiagramm ansteuerbare Funktionseinheiten auf.
In Dokument D6 werden keine Angaben über ein System im Sinne der vorliegenden Anmeldung gemacht, d.h. ein System mit im Mess- oder Testgerät verschalteten Funktionseinheiten und mit außerhalb des Mess- oder Testgeräts nicht verschalteten Funktionseinheiten, wobei sich die Funktionseinheiten im Mess- oder Testgerät von denen außerhalb des Mess- oder Testgeräts zumindest durch eine Funktionseigenschaft unterscheiden.
5.6 Aus D2 ist ein rekonfigurierbares Oszilloskop bekannt (vgl. Absätze [0027] - [0030]). Das beschriebene Oszilloskop erfüllt die Funktion eines Spektrumanalysators (vgl. Absatz [0030]). Das Mess- oder Testgerät der D2 ist mit den Funktionseinheiten, die innerhalb des Geräts verschaltet sind, konfigurierbar.
Der D2 ist jedoch nicht zu entnehmen, ob Funktionseinheiten des Oszilloskops, welche nicht innerhalb des Oszilloskops verschaltet sind, dem Mess- oder Testgerät zugefügt werden können und ob Funktionseinheiten des Systems, welche innerhalb des Mess- oder Testgeräts verschaltet sind, weggelassen werden können.
5.7 Ein solches Merkmal ist auch der D4 nicht zu entnehmen.
5.8 Die anderen im Verfahren befindlichen Dokumente sind weniger relevant.
5.9 Demzufolge genügt der Hauptantrag den Erfordernissen des Artikels 54(1),(2) EPÜ 1973 im Hinblick auf die im Verfahren befindlichen Dokumente D1 bis D13.
6. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Entscheidung über die erfinderische Tätigkeit wurde nicht stattgegeben.
Artikel 111(1) EPÜ 1973 lautet: "Nach der Prüfung, ob die Beschwerde begründet ist, entscheidet die Beschwerdekammer über die Beschwerde. Die Beschwerdekammer wird entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück". Die der Kammer eingeräumte Fähigkeit im Rahmen der Zuständigkeit der Prüfungsabteilung tätig zu werden, setzt voraus, dass die Kammer die weitere Prüfung der Patentanmeldung tatsächlich durchführen kann. In dieser Hinsicht stellt die Kammer fest, dass die Änderungen im Anspruch 1 wesentlicher Natur sind. Ob die neu entstandene Kombination von Merkmalen im Anspruch 1 recherchiert wurde, lässt sich nicht bestimmen. Darüber hinaus kann die Beschwerdeführerin von der Kammer nicht erwarten, dass sie sich mit den Konsequenzen von substantiellen Änderungen, die erst während der mündlichen Verhandlung vorgenommen wurden, auseinandersetzt. Dies gilt umso mehr, da unklar ist, ob der im Hinblick auf die vorgenommenen Änderungen relevante Stand der Technik ermittelt wurde.
Aus diesen Gründen entscheidet sich die Kammer für die zweite im Artikel 111(1) vorgesehene Alternative, d.h. für die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Prüfungsabteilung.
7. Dem Antrag der Beschwerdeführerin, die Angelegenheit an die Prüfungsabteilung in einer anderen Besetzung zurück zu verweisen, wurde nicht stattgegeben.
Die Beschwerdeführerin wies darauf hin, dass die Prüfungsabteilung besonders streng bei der Prüfung ihrer Anmeldungen gewesen war. Diese strenge Haltung würde besonders dadurch deutlich, dass die Kammer viele der Einwände der Prüfungsabteilung nicht weiter verfolgt hatte.
Die Kammer kann sich dieser Auffassung jedoch nicht anschließen. Die Tatsache, dass eine Kammer die Auffassung einer Prüfungsabteilung nicht teilt, ist nicht unüblich und gehört zur Natur des Beschwerdeverfahrens.
Die Beschwerdeführerin konnte nicht überzeugend darlegen, warum sie mit einem fairen Verfahren nicht rechnen könne, wenn die Prüfungsabteilung erneut in derselben Besetzung über den Fall entscheiden sollte.
Reine Mutmaßungen über die Haltung der Prüfungsabteilung reichen nicht aus, um einen solchen Antrag zu gewähren.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur Fortsetzung des Verfahrens auf Grundlage des Hauptantrags, eingereicht während der mündlichen Verhandlung am 8. März 2018, zurückverwiesen.