T 0572/12 () of 27.1.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T057212.20140127
Datum der Entscheidung: 27 Januar 2014
Aktenzeichen: T 0572/12
Anmeldenummer: 06013732.0
IPC-Klasse: B23Q 5/10
H02P 25/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 376 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Synchronmotor zum Antrieb eines Bearbeitungswerkzeugs
Name des Anmelders: Homag Holzbearbeitungssysteme AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 84
Schlagwörter: Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hauptantrag (nein)
Patentansprüche - Klarheit nach Änderung (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 30. September 2011 zur Post gegebenen Entscheidung der Prüfungsabteilung wurde die Europäische Patentanmeldung Nr. 06 013 732.0 zurückgewiesen.

II. Am 27. Oktober 2011 legte die Anmelderin (Beschwerdeführerin) Beschwerde gegen diese Entscheidung ein und entrichtete gleichzeitig die entsprechende Gebühr. Die Beschwerdebegründung, begleitet von fünf Anspruchsätzen entsprechend einem Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 4, wurde am 10. Februar 2012 eingereicht.

III. Zusammen mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführerin die vorläufige Meinung der Kammer mitgeteilt. Danach erschien eine Patenterteilung auf Grundlage der vorgelegten Anträge nicht möglich, weil der Gegenstand des Anspruchs 1 sämtlicher Anträge die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ nicht erfüllte.

IV. Mit Schreiben vom 13. Januar 2014 reichte die Beschwerdeführerin geänderte Unterlagen entsprechend Hilfsanträgen 5 bis 8 ein und am 24. Januar 2014 Hilfsantrag 9 und die zwei Artikel

DA1: Sensorlesss Control of the BLDC Motors From Near-Zero to High Speeds, T.-H. Kim et al., IEEE Transactions on Power Electronics Vol. 19, 2004, 1635 - 1645,

DA2: Extended-Range PMSM Sensorless Speed Drive Based on Stochastic Filtering, S. Bolognani et al, IEEE Transaction on Power Electronics Vol. 16, 2001, 110 -117.

V. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 27. Januar 2014 statt in deren Verlauf die Beschwerdeführerin die zuvor eingereichten Hilfsanträge 7 bis 9 durch geänderte Hilfsanträge 7 und 8 ersetzte.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Unterlagen oder auf der Grundlage der Hilfsanträge 1 - 4 vom 10. Februar 2012, oder auf der Grundlage der Hilfsanträge 5 oder 6 vom 13. Januar 2014 oder auf der Grundlage der Hilfsanträge 7 oder 8 vom 27. Januar 2014 zu erteilen.

VII. Der ursprünglich eingereichte Anspruch 1 (Hauptantrag) hat folgenden Wortlaut:

"Werkzeugmaschine zur Bearbeitung von Werkstücken mit einem Motor zum Antrieb eines Bearbeitungswerkzeugs, dadurch gekennzeichnet, dass der Motor ein Synchronmotor ist, der einen rückführungsfreien Regelkreis aufweist."

In Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 wurde folgendes Merkmal am Ende des Anspruchs hinzugefügt:

", wobei der Regelkreis einen Drehzahlgeber umfasst, der die Drehzahl des Synchronmotors vorgibt."

In Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 wurde das in Hilfsantrag 1 hinzugefügte Merkmal folgendermaßen geändert (Hervorhebung durch die Kammer):

"wobei der Regelkreis einen Drehzahlgeber umfasst, der in rückführungsfreier Ansteuerung die Drehzahl des Synchronmotors vorgibt."

In Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 wurde in dem in Hilfsantrag 1 hinzugefügten Merkmal der Begriff "Drehzahl" in "Solldrehzahl" geändert.

In Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 wurde in dem in Hilfsantrag 1 hinzugefügten Merkmal der Begriff "Drehzahlgeber" in "Drehzahlsteller" geändert.

In Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 wurde im Vergleich zum Hauptantrag die Merkmale im kennzeichnenden Teil ersetzt durch:

"der Motor ein Synchronmotor ist, der durch eine rückführungsfreie Ansteuerung, die einen Drehzahlvorgeber umfasst, der die Drehzahl des Synchronmotors vorgibt, betrieben wird."

Im Vergleich zum Hilfsantrag 5 wurde in Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 der Begriff "Drehzahl" durch "Solldrehzahl" ersetzt.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 hat folgenden Wortlaut:

"Werkzeugmaschine zur Bearbeitung von Werkstücken, wobei die Werkzeugmaschine einen Synchronmotor zum Antrieb eines Bearbeitungswerkzeugs, [sic] und der Synchronmotor einen Regelkreis zur Drehzahländerung während der Bearbeitung aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass der Regelkreis dahingehend rückführungsfrei ist, dass auf die Rückführung des Drehzahlsignals verzichtet wird, und der Regelkreis einen Drehzahlvorgeber umfasst, der die Drehzahl des Synchronmotors vorgibt."

In Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 wurde im Vergleich zum Hilfsantrag 7 im Oberbegriff noch folgende Änderung vorgenommen (Hervorhebung durch die Kammer):

"Werkzeugmaschine zur Bearbeitung von Werkstücken aus Holzwerkstoffen, wobei die Werkzeugmaschine ..."

VIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin, soweit sie für diese Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden.

a) Die Bedeutung des Begriffs "rückführungsfrei" ergebe sich zum einen aus der chronologischen Lektüre der Beschreibung. Diese könne nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern als eigenes Wörterbuch für die Anmeldung dienen. Aus der Beschreibung ergebe sich eindeutig, dass die Drehzahl nicht rückgeführt werden solle. Entsprechend der Bedeutung des Begriffs Regelkreis, wie sie sich aus der IEC-Norm 60050-351, ergibt, würde der Fachmann unter "rückführungsfrei" den Verzicht auf die Rückführung der Regelgröße selbst verstehen. Werde etwas anderes gemessen als die Regelgröße selbst, handele es sich folglich nicht um eine Rückführung, also nicht um einen Regelkreis im herkömmlichen Sinn, auch nicht um eine einfache Steuerung, sondern um eine Art kombiniertes System, was in sich Merkmale eines Regelkreises und einer Steuerung vereint.

b) Der Begriff "rückführungsfreier Regelkreis" werde vom Fachmann mit dem Willen, den vermeintlichen Widerspruch aufzulösen, im Lichte der Beschreibung als "rückführungsfreie Ansteuerung" verstanden werden. Darunter verstünde der Fachmann, in Anlehnung an die Ausdrücke "geschlossener Regelkreis" und "offener Regelkreis" oder ihren englischen Begriffspaarungen "open loop" und "closed loop", einen "offenen Regelkreis".

c) Durch die Aufnahme der Merkmale in den Hilfsanträgen 1 und 2 werde präzisiert, dass sich der Begriff "rückführungsfrei" auf den Verzicht der Rückführung des Drehzahlsignals beziehe.

d) Die Änderungen gemäß der Hilfsanträge 3 und 4 seien im wesentlichen Klarstellungen in Hinsicht auf die von der Einspruchsabteilung erhobenen Klarheits-Einwände gegenüber dem Begriff "Drehzahlgeber".

e) Mit den Änderungen entsprechend den Hilfsanträgen 5 und 6 sei der Einwand gegenüber dem Ausdruck "rückführungsfreier Regelkreis" behoben und der Begriff "rückführungsfrei" sei durch die zusätzliche Definition des "Drehzahlvorgebers" und seiner Funktion (Vorgabe der (Soll-)Drehzahl des Synchronmotors) und Ansteuerung in seiner Bedeutung eingeschränkt auf den Verzicht der Rückführung des Drehzahlsignals selbst. Dies schließe allerdings nicht aus, dass auch Signale anderer Sensoren rückgeführt werden können.

f) In Hilfsanträgen 7 und 8 werde explizit der Verzicht auf die Rückführung des Drehzahlsignals im Regelkreis definiert, so dass der Begriff "rückführungsfrei" klargestellt sei. Außerdem schränkte im Hilfsantrag 8 die Angabe der Eignung der Werkzeugmaschine zur Bearbeitung von Holzwerkstoffen diese auf hochtourig laufende Maschinen, bei denen nur kleine Arbeitsmomente abgenommen werden, ein.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Hauptantrag

2. Der ursprünglich eingereichte Anspruch 1 erfüllt nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ, da er nicht deutlich gefasst ist.

2.1 In seinem kennzeichnenden Teil definiert Anspruch 1, dass der Motor der Werkzeugmaschine, der zum Antrieb des Bearbeitungswerkzeugs dient, ein Synchronmotor ist, der einen rückführungsfreien Regelkreis aufweist.

2.2 Zum einen ist der Ausdruck "rückführungsfreier Regelkreis" in sich widersprüchlich, da nach fachmännischem Verständnis ein Regelkreis immer eine Rückführung aufweist, was sich allein schon aus den Begriffen "regeln" (im Unterschied zu "steuern") und "Kreis" ergibt. Darüber hinaus ist aber der Begriff "rückführungsfrei" im Zusammenhang mit dem Merkmal "Synchronmotor" unklar. Da der zweite Mangel von übergeordneter Bedeutung für die vorliegende Entscheidung ist, wird zuerst auf diesen eingegangen und im Anschluß kurz zu den Argumenten der Beschwerdeführerin hinsichtlich des zuerst genannten Widerspruchs Stellung genommen.

2.3 Wie auch in der Anmeldung beschrieben werden Synchronmotoren üblicherweise mit Regelkreisen betrieben, in denen mittels eines geeigneten Gebersystems die Istwerte bestimmter zu regelnder Größen des Synchronmotors erfasst und mit Sollwerten verglichen werden ("Rückführung"), um bei Abweichungen gegebenenfalls eine Änderung der entsprechenden Stellgröße vorzunehmen. Die Geber sind gewöhnlich im Synchronmotor angeordnet. Erfasst werden üblicherweise die Istdrehzahl des Rotors und die (Phasen-)Lage des Rotors, bzw. seines Erreger-Magnetfelds relativ zum Statordrehfeld. Letztere muss einerseits beim Starten des Synchronmotors bekannt sein und andererseits im Betrieb überwacht werden, um das Auftreten zu großer Polradwinkel, die z.B. bei transienten großen Änderungen des Arbeitsmoments an der mit dem Rotor gekoppelten Arbeitspindel auftreten und zum Stillstand des Motors führen können, zu vermeiden. Drehzahl und Phasenlage können von getrennten Gebern oder, bei entsprechender Signalverarbeitung, auch über einen einzigen Geber erfasst werden (siehe auch die Mitteilung der Kammer zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung, Punkt 1.3). Außerdem ist dem Fachmann bekannt, dass die Geber als Signal keine Drehzahl an sich an das Vergleichsglied des Regelkreises liefern, sondern ein zeitlich variierendes Strom- oder Spannungssignal, aus dem die Drehzahl (und gegebenenfalls die Rotorphasenlage) bestimmt werden kann.

Es ist unbestritten, dass es zum Zeitpunkt der Anmeldung dem Fachmann auch bekannt war, Synchronmotoren ohne im Motor angeordnete (konventionelle) Gebersysteme zu betreiben. Verfahren zum Anfahren und zum drehzahlgeregelten Betrieb solcher "sensorloser" Synchronmotoren werden z.B. auch in den beiden von der Beschwerdeführerin vorgelegten Artikeln DA1 und DA2 beschrieben. Beide enthalten kurze Zusammenfassungen und Verweise zu bekannten Verfahren zum drehzahlgeregelten Betrieb von sensorlosen Synchronmotoren und beschreiben jeweils eigene Ansätze zur Lösung spezifischer Probleme der bekannten referierten Verfahren, um den Motor vom Start bis zu hohen Drehzahlen geregelt betreiben zu können. Gemeinsam ist den darin zitierten Verfahren, dass andere Größen, die die nach geeigneter Anregung induzierten elektromagnetischen Wechselwirkungen der Rotor- und Statorfelder charakterisieren, durch Strom- und/oder Spannungssensoren erfasst werden. Aus den erfassten Strom-/Spannungswerten bzw. deren zeitlichen Änderungen wird auch hier ein Ist-Zustand des Motors abgeleitet, mit einem Sollzustand verglichen und eine entsprechende Stellgröße geändert, die die Rotorlage und -drehzahl beeinflusst, bzw. regelt, siehe z.B. DA1, Seite 1618, rechte Spalte, Abschnitt "D Current Control", wo ausdrücklich auf die Verwendung von PI- oder Hysterese-Reglern, d.h. von Komponenten, die Teil eines Regelkreises und nicht einer Steuerung sind, hingewiesen wird.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Inhalt der wissenschaftlichen Fachaufsätze DA1 und DA2 als zum allgemeinen Fachwissen gehörend angesehen werden kann. Unter der Annahme zugunsten der Beschwerdeführerin, dass ihr Inhalt das allgemeine Fachwissen in Bezug auf "sensorlose" Synchronmotoren wiedergibt, lässt sich das allgemeine Fachwissen über den Betrieb von Synchronmotoren dahingehend zusammenfassen, dass ihr Betrieb - ob mit konventionellen Gebersystemen ausgestattet oder, wie z.B. aus DA1 und DA2 bekannt, "sensorlos" - eine Regelung oder einen Regelkreis im regelungstechnischen Sinne erfordert, bei der immer eine Rückführung einer Ist-Größe erfolgt.

Vor dem Hintergrund dieses Fachwissens ist für den Fachmann daher der im Anspruch 1 verwendete Ausdruck "rückführungsfrei" im Zusammenhang mit einem "Synchronmotor" unklar. Es bleibt insbesondere durch den Ausdruck "rückführungsfrei" unbestimmt, welche strukturellen Merkmale eine Werkzeugmaschine nach Anspruch 1 neben einem Synchronmotor zum Antrieb eines Bearbeitungswerkzeugs und eines nicht näher definierten "Regelkreises" aufweisen soll.

Unabhängig davon, dass Artikel 84 EPÜ verlangt, dass ein Anspruch an sich klar sein muss, enthält die Beschreibung keine Angabe, die eine eindeutige Auslegung des Begriffs zuließe (auch wenn eine entsprechende Angabe in der Beschreibung per se nicht geeignet gewesen wäre, den Einwand gegen den Anspruch zu beheben, siehe unten 2.4.1, letzter Absatz).

Die Beschreibung erläutert im Übergang der Seiten 1 und 2 die Nachteile der Sensorik in Synchronmotoren bei ihrer Verwendung in Werkzeugmaschinen im Vergleich zu Asynchronmotoren erwähnt (höhere Kosten, komplizierterer Aufbau) und gibt als zu lösende Aufgabe an, eine Werkzeugmaschine mit einem Motor zu entwickeln, der die Vorteile des Synchronmotors besitzt und seine Nachteile vermeidet. Im Anschluss an die Formulierung der Aufgabe und die Darstellung der erfindungsgemäßen Lösung, die sich im wesentlichen auf einen Verweis auf Anspruch 1 und die explizite Wiedergabe seines Kennzeichens beschränkt, wird die der Erfindung zugrundeliegende Erkenntnis beschrieben, wonach bei der Bearbeitung von Holz- und Kunstwerkstoffen im allgemeinen keine Bearbeitungskräfte auftreten, die zum Stillstand bzw. Festfressen des Werkzeugs führen könnten. Folglich könne bei diesen Anwendungen ein Synchronmotor mit einem rückführungsfreien Regelkreis eingesetzt werden. Die erzielten Vorteile werden im Übergang von Seiten 2 und 3 dargestellt und betont, dass trotz "rückführungsfreier Ansteuerung" die Drehzahl und Bearbeitungsqualität nicht beeinträchtigt seien und der Verzicht auf die Rückführung im Regelkreis einen konstruktiv einfacheren Aufbau des Synchronmotors erlaube. Aus dem Zusammenhang dieser Abschnitte ist nicht eindeutig zu entnehmen, welche strukturellen Merkmale eines Regelkreises mit Rückführung beim erwähnten Stand der Technik zur Lösung der gestellten Aufgabe wegfallen sollten. Es wird nicht erläutert, worin der "Verzicht auf die Rückführung im Regelkreis" strukturell besteht. Obwohl der Fachmann hier beim Lesen mit Blick auf die vorher gemachten Aussagen zu den Nachteilen "eine[r] Sensorik" (Seite 2) verstehen könnte, dass mit "Verzicht auf die Rückführung" der Wegfall "eine[r] Sensorik", also ein dementsprechend "sensorloses" System gemeint sein kann, bleibt letztendlich doch unklar ob alle Geber, nur ein Teil der Geber oder eventuell nur der Wegfall einer Signalleitung beabsichtigt ist, bzw. welche strukturellen Merkmale die Werkzeugmaschine eigentlich aufweisen soll. Auch die Beschreibung des einzigen Ausführungsbeispiels im unteren Abschnitt der Seite 4 gibt keinen Aufschluss darüber, da im wesentlichen der Inhalt des Anspruchs 1 wiedergegeben wird ohne eine konkrete Realisierung der Werkzeugmaschine zu offenbaren.

2.4 Die Beschwerdeführerin hat keinen Nachweis darüber erbracht, dass der Begriff "rückführungsfrei" in dem beanspruchten Zusammenhang mit Synchronmotoren zum allgemeinen Fachwissen am Anmeldetag gehörte und dabei eine anerkannte Bedeutung hatte.

Sie hat im wesentlichen zwei Argumentationslinien verfolgt, die die Kammer nicht überzeugten.

2.4.1 Zum einen argumentierte sie, dass der Begriff für den Fachmann klar sei und sich seine Bedeutung bei korrekter, d.h. "chronologischer" Lektüre der Anmeldung eindeutig aus ihr ergebe. Sie hat, um diesem Argument Nachdruck zu verleihen, darauf hingewiesen, dass entsprechend der Rechtsprechung der Beschwerdekammern die Patentanmeldung als ihr eigenes Wörterbuch dienen könne.

Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt, da die Beschwerdeführerin keine Passage in der Beschreibung nennen konnte, in der eine explizite Definition des Begriffs "rückführungsfrei" im Zusammenhang mit dem Betrieb von Synchronmotoren zu finden wäre. Die Passagen der Beschreibung, die die Beschwerdeführerin insbesondere angeführt hat, ergeben auch bei "chronologischer" Lektüre keine eindeutige Bedeutung für den Begriff, wie die Kammer oben erläutert hat.

Mangels einer entsprechenden Definition kann die vorliegende Anmeldung schlicht nicht als ihr eigenes Wörterbuch für den bemängelten Ausdruck "rückführungsfrei" im Zusammenhang mit einem Synchronmotor dienen.

Die Kammer ist darüber hinaus der Auffassung, dass dieser Einwand unter Artikel 84 EPÜ auch nicht allein durch eine möglicherweise in der Beschreibung vorhandene Definition ausgeräumt gewesen wäre. Der Artikel gibt die Erfordernisse für die Ansprüche an und enthält keine Angaben darüber, dass die geforderte Deutlichkeit auch durch eine entsprechende Auslegung der verwendeten Begriffe im Lichte der Beschreibung als erfüllt angesehen werden kann. Ein Anspruch muss für sich genommen deutlich gefasst sein. Seine technische Bedeutung muss sich dem Fachmann auf dem jeweiligen Fachgebiet allein unter Heranziehung seines allgemeinen Fachwissens erschließen, wobei alle verwendeten Begriffe mit ihrer normalen Bedeutung in diesem Gebiet gelesen werden. Enthält die Beschreibung eine Definition eines im Anspruch verwendeten Begriffs, die sich nicht aus dem Fachwissen ergibt oder nicht dem fachüblichen Verständnis entspricht, so ist es im Prüfungsverfahren nach Auffassung der Kammer erforderlich, eine entsprechende Änderung des Anspruchs vorzunehmen, um einen diesbezüglich erhobenen Einwand unter Artikel 84 EPÜ auszuräumen. Ist dies nicht möglich, weil z.B. die Beschreibung den beanstandeten Ausdruck nicht klarer erscheinen ließe oder weil eine hierzu erforderliche Änderung im Hinblick auf die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ schwierig oder unmöglich erscheint, kann dies kein Grund sein, einen nach normalem fachmännischen Verständnis undeutlich formulierten Anspruch zu gewähren. Dies wäre mit Blick auf die erforderliche Rechtssicherheit in sich an das Erteilungsverfahren möglicherweise anschließenden Verfahren (Einspruchsverfahren, nationale Patentstreitigkeiten) nicht hinnehmbar.

2.4.2 Unter Verweis auf die IEC-Norm 60050-351 zur Definition des Begriffs "Regelung" hat die Beschwerdeführerin außerdem vorgetragen, dass der Fachmann auf dem Gebiet der Steuer- und Regelungstechnik den Begriff "rückführungsfrei" nur dahingehend verstehen würde, als dass auf die Erfassung der Regelgröße selbst und dementsprechend auf ihre Rückführung verzichtet würde. Werde etwas anderes als die Regelgröße selbst gemessen, handele es sich strikt genommen nicht um ein System mit Rückführung, also weder um einen Regelkreis im herkömmlichen Sinne und auch nicht um Steuerung, sondern um einen "Zwitter", der Elemente einer Steuerung und eines Regelkreises aufweise. Die Beschwerdeführerin hat allerdings keinen Nachweis für diese Behauptungen erbracht. Allein der Hinweis auf die IEC-Norm und eine daraus hervorgehende Definition des Begriffs "Regelkreis", ist kein Nachweis dafür, dass der Fachmann den Begriff "rückführungsfrei" ausschließlich in Bezug auf den Verzicht der Messung der Regelgröße selbst versteht. Außerdem erwähnt der Anspruch selbst keine Regelgröße. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass das Signal, das ein konventioneller Drehzahlgeber an das Vergleichsglied eines Regelkreises liefert, im allgemeinen auch keine Drehzahl per se ist, sondern ein (zeitlich sich änderndes) elektrisches Signal, was mit der Drehzahl korreliert ist, bzw. aus dem die Drehzahl mittels geeigneter Auswerteelektronik abgeleitet werden kann. Auch die technischen Implementierungen der z.B. aus DA1 und DA2 bekannten Verfahren, bei denen eine andere physikalische Größe (induzierte Ströme/Spannungen) als die Regelgröße selbst gemessen wird, weisen eine Rückführung auf und es gibt keinen Hinweis darauf, zumindest wurde kein Nachweis von der Beschwerdeführerin vorgelegt, dass diese Systeme vom Fachmann als "rückführungsfrei" bezeichnet würden.

2.5 Hinsichtlich des in sich widersprüchlichen Ausdrucks "rückführungsfreier Regelkreis" hat die Beschwerdeführerin insbesondere vorgetragen, dass der Fachmann diesen Begriff als einen "offenen Regelkreises", äquivalent zu den englischen Ausdrücken "open loop" im Gegensatz zu "closed loop", bzw. als "rückführungsfreie Ansteuerung" verstehen würde, was auch durch die Beschreibung gestützt sei. Die Beschwerdeführerin hat aber auch hier keinen Nachweis für die Äquivalenz der zitierten Ausdrücke bzw. dahingehend erbracht, dass der beanstandete Ausdruck für den Fachmann auf dem Gebiet der Steuer- und Regelungstechnik die genannte Bedeutung besitzt. Der Ausdruck "rückführungsfreie Ansteuerung" wird in der Beschreibung an einer einzigen Stelle (Seite 3, zweite Zeile) benutzt, ohne dass, wie oben bereits erläutert, dabei deutlich gemacht werden würde, welche strukturellen Merkmale eine solche "Ansteuerung" aufweisen soll. Im verbleibenden Teil der Anmeldung werden dann wieder durchgehend die Ausdrücke "Regelkreis" bzw. "rückführungsfreie[r] Regelkreis" verwendet werden. Welche strukturellen Merkmale der "Regelkreis" besitzt und ob es sich dabei tatsächlich nur um eine einfache Steuerung handelt, bleibt, wie bereits dargestellt, völlig offen.

2.6 Da der ursprünglich eingereichte Anspruch 1 zumindest aus den zuvor genannten Gründen die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ nicht erfüllt, kann eine Patenterteilung auf dieser Grundlage nicht erfolgen, so dass der Hauptantrag der Beschwerdeführerin nicht gewährbar ist.

Hilfsanträge 1 bis 4

3. Der Ausdruck "rückführungsfreie[r] Regelkreis" ist weiterhin in jedem geänderten Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 enthalten. Die Änderungen am jeweiligen Anspruch 1 sind nicht geeignet die obigen Einwände unter Artikel 84 EPÜ auszuräumen.

3.1 Die Änderung am Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags besteht in der Aufnahme der Merkmale des abhängigen Anspruchs 2, wonach der Regelkreis einen Drehzahlgeber umfasst, der die Drehzahl des Synchronmotors vorgibt.

Abgesehen davon, dass die Änderung den Begriff "rückführungsfrei" nicht klarstellt, wird der Widerspruch im zusammengesetzten Ausdruck "rückführungsfreier Regelkreis" noch verstärkt, da ein "Drehzahlgeber" im eigentlichen Sinne auf dem betreffenden Fachgebiet einen Geber, also Sensor bezeichnet, und damit auf das Vorhandensein einer Rückführung hinweist. Auch wenn das Merkmal "Drehzahlgeber" im Sinne der nachfolgenden Formulierung im Anspruch "...die Drehzahl...vorgibt" als "Drehzahlsteller" interpretiert werden würde, wäre weder der Begriff "rückführungsfrei" an sich noch der zusammengesetzte in sich widersprüchliche Begriff klargestellt, da ein Drehzahlsteller unabhängig vom Vorhandensein einer Rückführung der Drehzahl sowohl in einer Steuerung als auch in einem Regelkreis Verwendung findet. Dass eine Drehzahl vorgeben wird sagt demzufolge nichts darüber aus, ob eine Rückführung eines der Drehzahl entsprechenden oder irgend eines anderen Signals zur Regelung des Synchronmotors vorhanden ist oder nicht.

Die Kammer kann daher, entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin, in der Aufnahme der mit der Drehzahl zusammenhängenden Merkmale keine Klarstellung der beanstandeten Begriffe erkennen.

3.2 Im Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 wurde zusätzlich zu dem im Hilfsantrag 1 hinzugefügten Merkmal definiert, dass der Drehzahlgeber "in rückführungsfreier Ansteuerung die Drehzahl des Synchronmotors vorgibt". Damit wird zum einen nicht klargestellt, was unter dem Begriff "rückführungsfrei" an sich im beanspruchten Zusammenhang zu verstehen ist, d.h. welche strukturellen Merkmale damit impliziert werden und welche ausgeschlossen sein sollen. Außerdem wird nun zusätzlich zum "rückführungsfreien Regelkreis" das Merkmal "rückführungsfreie[r] Ansteuerung" des Drehzahlgebers definiert. Die Kammer kann sich der Meinung der Beschwerdeführerin nicht anschließen, dass damit eine Verdeutlichung des in sich widersprüchlichen Ausdrucks erreicht werden würde.

3.3 Verglichen mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 wurde im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 der Begriff "Drehzahl" in "Solldrehzahl" und in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 der Begriff "Drehzahlgeber" in "Drehzahlsteller" geändert. Diese Änderungen definieren weder den Ausdruck "rückführungsfrei" noch den beanstandeten in sich widersprüchlichen Ausdruck näher, was von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten wurde. Sie können daher die erhobenen Einwände nicht ausräumen.

3.4 Die Hilfsanträge 1 bis 4 sind folglich zumindest aus diesen Gründen nicht gewährbar.

Hilfsanträge 5 und 6

4. Im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 5 und 6 ist der Ausdruck "rückführungsfrei[r] Regelkreis" nicht mehr enthalten. Stattdessen wird in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 definiert, dass der Synchronmotor "durch eine rückführungsfreie Ansteuerung, die einen Drehzahlvorgeber umfasst, der die Drehzahl des Synchronmotors vorgibt, betrieben wird.". In Hilfsantrag 6 wurde in dem vorstehendem Wortlaut außerdem das Merkmal "Drehzahl" durch "Solldrehzahl" ersetzt.

4.1 Da der in allen vorherigen Anträgen beanstandete Begriff "rückführungsfrei" im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Synchronmotors weiterhin im Anspruch 1 beider Hilfsanträge definiert ist, ohne dass seine Bedeutung durch die weiteren Merkmale im Anspruch klarer wird, ist der entsprechende Einwand unter Artikel 84 EPÜ nicht behoben.

4.2 Die Beschwerdeführerin verwies in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Hilfsanträge 5 und 6 auf ihre schriftlich vorgetragenen Argumente. In ihren schriftlichen Ausführungen zu diesen Hilfsanträgen (13. Januar 2014, Seite 3, zweiter Absatz und Seite 8) findet sich in Bezug auf die von der Kammer zuvor bemängelte unklare Bedeutung des Ausdrucks "rückführungsfrei" im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Synchronmotors im wesentlichen das Argument, dass die rückführungsfreie Ansteuerung, durch welche der Synchronmotor betrieben werde, noch durch den "Drehzahlvorgeber" spezifiziert sei, so dass damit auch klar sei, "welcher Aspekt des Betriebs des Synchronmotors rückführungsfrei angesteuert" werde, dass nämlich die Erfassung der Drehzahl durch einen Drehzahlsensor ausbleiben soll. Diesem Argument kann die Kammer nicht zustimmen. Der Anspruch definiert zwar einen "Drehzahlvorgeber", welcher eine (Soll-)Drehzahl des Synchronmotors vorgibt. Damit wird aber nach Ansicht der Kammer nicht eindeutig definiert, dass "rückführungsfrei" nur in Bezug auf die Erfassung der Regelgröße "Drehzahl" durch einen eigens dafür eingesetzten Drehzahlgeber ausgeschlossen wird. Wie die Beschwerdeführerin nämlich weiter argumentiert (ibid.) ist nicht ausgeschlossen, dass Signale anderer Sensoren rückgeführt werden, so dass unklar bleibt, ob aus solchen Signalen anderer Sensoren (siehe DA1, DA2) mit der Drehzahl korrelierte Parameter eine Rückführung darstellen oder nicht, solche Systeme also als "rückführungsfrei" im Sinne des Anspruchs zu verstehen sind oder nicht.

4.3 Eine Patenterteilung auf Grundlage dieser Ansprüche ist wenigstens aus diesem Grund nicht gewährbar.

Hilfsanträge 7 und 8

5. Anspruch 1 des siebten Hilfsantrags wurde dahingehend geändert, dass der in sich widersprüchliche Ausdruck "rückführungsfreie[r] Regelkreis" durch die Definition folgender Merkmale ersetzt wird: "der Synchronmotor [weist] einen Regelkreis zur Drehzahländerung während der Bearbeitung auf" und "der Regelkreis [ist] dahingehend rückführungsfrei, dass auf die Rückführung des Drehzahlsignals verzichtet wird". In Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 wird noch zusätzlich definiert, dass mit der Werkzeugmaschine Werkstücke aus Holzwerkstoffen bearbeitbar sein sollen. Auch diese Änderungen sind nicht geeignet, den Einwand unter Artikel 84 EPÜ auszuräumen.

5.1 Die Änderungen am Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 führen immer noch nicht dazu, dass die strukturellen Merkmale der beanspruchten Werkzeugmaschine deutlich definiert werden. Auch durch das Merkmal "dass auf die Rückführung des Drehzahlsignals verzichtet wird" wird wieder nicht definiert, welche strukturellen Merkmale der Regelkreis aufweisen soll, sondern allenfalls was nicht da ist. Es bleibt weiter offen, ob der Synchronmotor konventionelle Geber aufweisen darf und nur ein der Drehzahl entsprechendes Signal eines konventionellen Gebers im Regelkreis nicht verarbeitet wird (weil z.B. keine entsprechenden Signalleitungen vorgesehen werden), oder ob die Verwendung eines konventionellen Drehzahlgebers ausgeschlossen ist und ein der Drehzahl entsprechender Parameter zur Drehzahlregelung aber aus anderen Signalen, z.B. mittels Strom-/Spannungssensoren entsprechend z.B. DA1/DA2, ermittelt und verwendet werden kann.

5.2 Die zusätzliche Änderung im Anspruch 1 des Hilfsantrags 8, d.h. die Angabe der Eignung der Maschine zur Holzwerkstoffbearbeitung, ist offensichtlich nicht geeignet diesen Mangel zu beheben. Im Gegenteil fügt sie einen Klarheitsmangel hinzu, da die Angabe der Eignung nicht erlaubt festzustellen, welche strukturellen Merkmale sie impliziert. Die Kammer kann der Beschwerdeführerin insbesondere nicht zustimmen, dass der Fachmann die beanspruchte Werkzeugmaschine als industrielle Werkzeugmaschine zur Holzbearbeitung eindeutig von jeder anderen, z.B. zur Metallbearbeitung oder im nicht-industriellen Sektor verwendeten Maschine unterscheiden könne. Allein die Bezeichnung "Holzwerkstoff" sagt nichts über die Art der Bearbeitung, die Eigenschaften des zu bearbeitenden Materials des Werkstücks und vor allem über seine Abmessungen aus, erst recht nichts über eine Anwendung im industriellen oder Heimwerkerbereich. Es ergeben sich also keine eindeutigen Einschränkungen im Sinne struktureller Merkmale für die beanspruchte Werkzeugmaschine.

5.3 Da die unabhängigen Ansprüche der Hilfsanträge 7 und 8 die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ nicht erfüllen, kann dem Antrag auf Erteilung eines Patents auf dieser Grundlage auch nicht entsprochen werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation