T 0520/12 () of 10.4.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T052012.20130410
Datum der Entscheidung: 10 April 2013
Aktenzeichen: T 0520/12
Anmeldenummer: 07100357.8
IPC-Klasse: B61D 27/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Steuerung eines Lüfters
Name des Anmelders: Siemens Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Klarheit (Anspruch 1, Hauptantrag) - nein
Zulassung in das Verfahren (Hilfsantrag) - nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die am 29. September 2011 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 07100357.8 zurückgewiesen wurde.

Die Prüfungsabteilung hat festgestellt, dass der Gegenstand des seinerzeit vorliegenden Anspruchs 1 nicht erfinderisch ist.

II. Als Reaktion auf die Mitteilung der Kammer gemäß Regel 100 (2) EPÜ vom 12. November 2012 hat die Beschwerde führerin mit Schreiben vom 3. Januar 2013 einen Anspruchssatz gemäß eines neuen Antrags vorgelegt.

III. Am 10. April 2013 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche gemäß Hauptantrag, eingereicht mit Schreiben vom 3. Januar 2013, oder gemäß Hilfsantrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2013, zu erteilen.

IV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Verfahren zur Steuerung eines Lüfters, der sich in einem Fahrzeug befindet, dadurch gekennzeichnet, dass die Drehzahl des Lüfters durch Signale verkleinert und wieder vergrößert wird, die von einem Ortungssystem für die Position des Fahrzeuges ausgehen, dadurch gekennzeichnet, dass die Drehzahl des Lüfters, wenn ein Schwellwert der Temperatur überschritten wird, um eine Stufe angehoben wird und, wenn der Schwellwert der Temperatur wieder unterschritten wird, wieder um die Stufe abgesenkt wird und durch die Signale der Schwellwert der Temperatur um eine Temperaturspanne erhöht wird, um die Drehzahl des Lüfters zu verkleinern, und dass später durch die Signale der Schwellwert der Temperatur wieder um die Temperaturspanne verringert wird, um die Drehzahl des Lüfters wieder auf ihren früheren Wert zu vergrößern."

V. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 gemäß Hauptantrag im Fettdruck, Hervorhebung durch die Kammer):

Verfahren zur Steuerung eines Lüfters, der sich in einem Fahrzeug befindet, wobei die Drehzahl des Lüfters durch Signale verkleinert und wieder vergrößert wird, die von einem Ortungssystem für die Position des Fahrzeuges ausgehen und zum Erkennen eines Bahnhofsbereichs dienen, dadurch gekennzeichnet, dass die Drehzahl des Lüfters, wenn ein Schwellwert der Temperatur einer zu kühlenden Komponente überschritten wird, um eine Stufe angehoben wird und, wenn der Schwellwert der Temperatur wieder unterschritten wird, wieder um die Stufe abgesenkt wird und durch die Signale der Schwellwert der Temperatur um eine Temperaturspanne erhöht wird, um die Drehzahl des Lüfters zu verkleinern, und dass später durch die Signale der Schwellwert der Temperatur wieder um die Temperaturspanne verringert wird, um die Drehzahl des Lüfters wieder auf ihren früheren Wert zu vergrößern, wobei als Ortungssystem für die Steuerung des Lüfters ein vorhandenes Ortungssystem für die Ansteuerung einer Fahrgastinformationseinrichtung dient, durch welches eine automatische Lautsprecherdurchsage ausgelöst wird, die die Fahrgäste auf die nächste Haltestelle oder den nächsten Bahnhof hinweist.

VI. Die Beschwerde führerin brachte im Wesentlichen die folgenden Argumente vor:

Der Anspruch 1 des Hauptantrags sei klar. Weiterhin seien alle wesentlichen Merkmale der Erfindung angegeben, um diese auszuführen. Im Prinzip stelle die Erfindung auf ein Steuerungsverfahren für einen Lüfter ab, der an beliebiger Stelle im Fahrzeug eine Komponente kühle. Dabei sei der Lüfter temperatur gesteuert. Weiterhin habe ein Signal aus einem Ortungssystem Einfluss auf diese Steuerung, derart, dass das Signal einen Schwellwert einer beliebigen Temperatur verschiebe. Wenn dieser Temperaturschwellwert überschritten werde, verändere der Lüfter seine Drehzahl stufenweise.

Dabei müsse auch nicht weiter spezifiziert werden, um welche Art Signal es sich handele. Es sei aus der Beschreibung hinreichend klar, dass das Signal des Ortungssystems für die Position ein Positionssignal sein könne, welches zum Erkennen eines Bahnhofsbereichs diene. Dies sei aber als ein Beispiel genannt und habe keine einschränkende Wirkung. Letztlich sei für den Fachmann klar, dass ein beliebiges Signal des Ortungssystems den Temperaturschwellwert, der den Lüfter steuert, verändern könne.

Somit sei der Anspruch 1 des Hauptantrags für den Fachmann verständlich formuliert und nutze die zulässige Verallgemeinerung von Merkmalen gegenüber den in der Beschreibung dargestellten Ausführungs beispielen.

Der Hilfsantrag müsse in das Verfahren zugelassen werden. Mit den Änderungen in Anspruch 1 dieses Antrags gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sei auf die Beanstandungen der Kammer reagiert worden. Der Anspruch 1 sei durch diese Änderungen nun klar, denn es sei nun definiert, dass das Signal des Ortungssystems zum Erkennen eines Bahnhofsbereichs diene und weiter, dass das Ortungssystem für die Ansteuerung einer Fahrgast informations einrichtung dient, durch welches eine automatische Lautsprecherdurchsage ausgelöst wird, die die Fahrgäste auf die nächste Haltestelle oder den nächsten Bahnhof hinweist. Diese Merkmale seien wörtlich aus der Beschreibung genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag erfüllt nicht die Voraussetzungen des Artikels 84 EPÜ 1973, da das Merkmal des Oberbegriffs, dass "die Drehzahl des Lüfters durch Signale verkleinert und vergrößert wird, die von einem Ortungssystem für die Position des Fahrzeugs ausgehen" unklar ist.

2.1 Gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 müssen die Patentansprüche den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird. Sie müssen deutlich und knapp gefasst sein und von der Beschreibung gestützt werden.

2.2 Gemäß der angeblichen Aufgabe der vorliegenden Erfindung (siehe Seite 1, letzter Absatz der ursprünglichen Anmeldeunterlagen) soll die Drehzahl des Lüfters im Bereich einer Haltestelle oder eines Bahnhofs zur Reduzierung der Lärmemission verringert werden. Dies werde gemäß den Ausführungen der Beschwerde führerin durch die Signale erreicht.

Die Kammer indes ist der Auffassung, dass aus dem Anspruchs wortlaut nicht hervorgeht, dass das Signal, welches von einem "Ortungssystem für die Position ausgeht", ein Signal ist, das mit der Position des Fahrzeugs in Verbindung steht. Von einem derartigen Ortungssystem für die Position aber kann eine Vielzahl von Signalen ausgehen - etwa, ob es eingeschaltet ist, die Tages- oder Uhrzeit - die nichts mit der Position des Fahrzeugs selbst zu tun haben. Insbesondere gibt das Signal nicht an, ob sich das Fahrzeug im Bereich einer Haltestelle oder eines Bahnhofs befindet oder nicht.

2.3 Zur Lösung der der Anmeldung zugrundeliegenden Aufgabe ist jedoch eine Verbindung zwischen dem Signal und der Position des Fahrzeugs erforderlich. Der Anspruch 1 definiert das Signal nicht näher und schließt somit auch Signale ein, die mit der Position des Fahrzeugs nichts zu tun haben (siehe 2.2, oben). Diese breite Definition des Anspruchs 1 ist durch die Beschreibung nicht gestützt. Sie ist auch an sich unklar, weil es - wenn die Signale nicht zwingend mit der Position des Fahrzeugs in Verbindung stehen - auch nicht klar ist, welche der Signale, die von einem Ortungssystem ausgehen unter den Wortlaut des Anspruchs 1 fallen, und damit für die beabsichtigte Steuerung gemäß Anspruch 1 benötigt werden.

2.4 Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass das Merkmal des Oberbegriffs, dass "die Drehzahl des Lüfters durch Signale verkleinert und vergrößert wird, die von einem Ortungssystem für die Position des Fahrzeugs ausgehen" nicht den Gegenstand angibt, für den Schutz begehrt wird.

3. Der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Hilfsantrag wird nicht in das Verfahren zugelassen.

3.1 Gemäß Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK, ABl. EPA 1/2007, 536 ff.) steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung der Beschwerdebegründung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt.

3.2 Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich vom dem des Hauptantrags unter anderem durch das aus der Beschreibung eingefügte Merkmal, dass das Signal "zum Erkennen eines Bahnhofsbereich" dient.

3.2.1 Die Beschwerde führerin erklärt, dass dieses Merkmal im letzten Absatz der Seite 4 in der ursprünglich eingereichten Beschreibung zu finden sei.

Die Kammer stellt fest, dass diese Passage in der Beschreibung und damit das Merkmal, dass die Signale zum Erkennen des Bahnhofsbereichs dienen, sich auf ein bestimmtes Ausführungs beispiel beziehen, nämlich auf die Variante, bei der die Änderung der Lüfterdrehzahl durch ein Umschalten der Kennlinien geschieht.

Somit stellt sich im Zusammenhang mit diesem Merkmal die Frage, ob es als ursprünglich offenbart angesehen werden kann.

3.3 Das ebenfalls aus der Beschreibung in den Wortlaut des Anspruchs 1 aufgenommene Merkmal, dass das Ortungssystem für die Ansteuerung einer Fahrgastinformations einrichtung dient, "durch welches eine automatische Lautsprecherdurchsage ausgelöst wird, die die Fahrgäste auf die nächste Haltestelle oder den nächsten Bahnhof hinweist", sei gemäß den Einlassungen der Beschwerde führerin auf der Seite 2, Absatz 4 der ursprünglich eingereichten Beschreibung offenbart.

3.3.1 In diesem Zusammenhang stellt die Kammer fest, dass in diesem Absatz für das Ortungssystem nicht nur offenbart ist, dass es eine automatische Lautsprecherdurchsage auslöst, die die Fahrgäste auf die nächste Haltestelle oder den nächsten Bahnhof hinweist, sondern auch, dass eine Durchsage zur Information der Fahrgäste ausgelöst wird, wenn das Fahrzeug die Haltestelle oder den Bahnhof verlässt.

Somit besteht auch für dieses Merkmal ein weiterer Prüfungsbedarf, nämlich ob womöglich die Aufnahme dieses Merkmals eine unzulässige Erweiterung darstellt.

3.4 Somit wirft der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Hilfsantrag durch die vorgenommenen Änderungen Fragen in einer Komplexität auf, die ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht mehr in einer der Kammer zumutbaren Weise beantwortet werden konnten, vgl. auch Art. 13(3) VOBK.

4. Da kein gewährbarer Antrag vorlag, war die Beschwerde ohne Erfolg.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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