T 0454/12 () of 1.7.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T045412.20150701
Datum der Entscheidung: 01 Juli 2015
Aktenzeichen: T 0454/12
Anmeldenummer: 05743575.2
IPC-Klasse: B42D 15/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Sicherheitselement und Verfahren zu seiner Herstellung
Name des Anmelders: Giesecke & Devrient GmbH
Name des Einsprechenden: De La Rue International Limited
Securency International Pty Ltd.
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, dass das europäische Patent Nr. 1 744 903 in der Fassung des Hilfsantrages 1 den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genüge, haben die Patentinhaberin und die Einsprechende 1 Beschwerde eingelegt.

II. Zwei Einsprüche stützten sich auf die in Artikel 100 a) EPÜ 1973 genannten Einspruchsgründe der fehlenden Neuheit, Artikel 54 EPÜ 1973 und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ 1973. Der Einspruch der Einsprechenden 2 stützte sich zusätzlich auf den in Artikel 100 b) EPÜ genannten Einspruchsgrund.

III. Antragslage

Die Beschwerdeführerin I (Einsprechende 1) hatte im schriftlichen Verfahren die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents beantragt.

Die Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und, als Hauptantrag, das europäische Patent aufrechtzuerhalten mit den erteilten Ansprüchen 1 bis 44 oder, als Hilfsantrag 1, auf Grundlage der Ansprüche 1 bis 44 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2011, oder, als Hilfsantrag 2, auf Grundlage der mit Schreiben vom 1. Juni 2015 eingereichten Unterlagen.

Die Verfahrensbeteiligte (Einsprechende 2) hat sich zur Sache im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

IV. Am 1. Juli 2015 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer mit der Beschwerdeführerin II statt. Wie jeweils angekündigt waren die Beschwerdeführerin I und die Verfahrensbeteiligte nicht anwesend.

V. Auf folgende Druckschriften wird Bezug genommen:

E1 : US 6,570,648 B1;

E5B: DE 39 42 663 A1;

E17: EP 1 156 934 B1;

E18: EP 0 601 483 B1.

VI. Anspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt, wobei die Merkmalsgliederung a bis h von der Kammer hinzugefügt worden ist:

"Sicherheitselement (40) zur Absicherung von Wertgegenständen,

a) mit einer zumindest bereichsweise vorliegenden ersten optisch aktiven Schicht (42)

b) aus cholesterischem flüssigkristallinem Material und

c) einer zumindest bereichsweise vorliegenden zweiten optisch aktiven Schicht (44),

d) wobei die erste und die zweite Schicht (42, 44) in einem Überlappungsbereich (48) übereinander angeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet, dass

e) die erste optisch aktive Schicht (42) Licht in einem ersten Wellenlängenbereich mit einer ersten zirkularen Polarisationsrichtung selektiv reflektiert,

f) die zweite optisch aktive Schicht (44) entweder selbst oder im Überlappungsbereich (48) in Zusammenwirkung mit der ersten optisch aktiven Schicht (42) Licht in einem zweiten Wellenlängen­bereich mit einer zweiten zirkularen Polarisationsrichtung selektiv reflektiert,

g) dass die erste optisch aktive Schicht (42) in eine erste Betrachtungsrichtung nur Licht aus dem nicht sichtbaren Teil des Spektrums reflektiert und in eine zweite Betrachtungsrichtung sichtbares Licht einer ersten Farbe reflektiert und

h) dass die erste (42) und/oder die zweite (44) optisch aktive Schicht in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegt."

VII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 entspricht der gemäß der Einspruchsentscheidung aufrechtzuerhaltenden Fassung und unter­scheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags nur dadurch, dass das Merkmal h durch folgenden Text ersetzt ist:

"h) dass nur eine der ersten und zweiten optisch aktiven Schicht in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegt."

VIII. Die Beschwerdeführerin I hat im schriftlichen Verfahren im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Hauptantrag

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei aus den in der angefochtenen Entscheidung genannten Gründen gegenüber der Druckschrift E1 nicht neu.

Hilfsantrag 1

Das Beispiel 3.48 der Druckschrift E1 bilde den nächst­liegenden Stand der Technik, wobei ein Sicherheitselement dadurch hergestellt werde, dass zwei flüssigkristalline Schichten mit unterschiedlichen Farbeigenschaften und gegensätzlichen zirkularen Polarisationsrichtungen mittels Siebdruck aufgetragen würden (Spalte 27, Zeilen 35 bis 45). Beispiel 3.48 verweise dabei auf Beispiel 3.35 bei dem zwei flüssigkristalline Schichten jeweils auf einen eigenen Film mittels Siebdruck aufgetragen würden. Hierbei sei die Alternative eine Schicht vollflächig und die andere Schicht nur in Form von Zeichen oder Mustern aufzutragen (Merkmal h des Anspruchs 1) lediglich eine Frage des Designs, die im Rahmen des üblichen Handeln des Fachmanns liege.

Zudem offenbare die Druckschrift E17 (Absätze [0042] und [0045]) ein Sicherheitselement mit einer dunkelfarbig gedruckten Kodierung oder alphanumerischen Information 16 und einer darüberliegenden Schicht aus optisch variablem Material 15, die aus einen flüssigkristallinem Polymer bestehen könne. Am Ende des Absatzes [0045] werde darauf hingewiesen, dass optisch variable Materialen auch zur Herstellung des Druckbildes 16 verwendet werden könnten. Dieser Absatz offenbare somit eine erste optisch variable Schicht in Form von Zeichen oder Mustern und eine zweite darüberliegende optisch variable Abdeckschicht (vgl. Merkmal h des Anspruchs 1). Die Druckschrift E17 offenbare somit die Merkmale a bis d und h des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1.

Somit würde der Fachmann das Beispiel der Druckschrift E1 entsprechend der Lehre der Druckschrift E17 dahingehend ändern, das Merkmal h aufzunehmen, um somit ohne erfinderisch tätig zu werden unmittelbar zum Erfindungsgegenstand zu gelangen.

Der Fachmann würde auch das Sicherheitselement gemäß der Druckschrift E17 dahingehend ändern, die Merkmale e, f und g der Druckschrift E1 aufzunehmen (In der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin I (Seite 4, letzter Absatz) wurde diesbezüglich die Druckschrift E2 genannt. Aus dem Zusammenhang ergibt sich jedoch eindeutig, dass die Druckschrift E1 gemeint ist).

Somit beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

IX. Die Beschwerdeführerin II hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Hauptantrag

Weil Sicherheitsmerkmale immer einen Umriss hätten, welcher als Zeichen oder Muster bewertet werden könne, erkenne der Fachmann, dass das Merkmal h ("dass die erste (42) und/oder die zweite (44) optisch aktive Schicht in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegt") des Anspruchs 1, bei dieser Auslegung "keinerlei Bedeutung" habe. Somit sei der Fachmann genötigt, eine technisch sinnvollere Auslegung zu suchen. Diese bestehe darin, dass gemäß Merkmal h eine Schicht Zeichen oder Muster "innerhalb" der Form des Sicherheitselements bilden müsste. Diese Auslegung gehe darauf zurück, dass der in den Merkmalen a und c verwendete Begriff "bereichsweise" als Bezugsgröße das gemäß Anspruch 1 nur aus den zwei Schichten der Merkmale a und c bestehende Sicherheitselement selbst betreffen kann. Diese Auslegung werde auch von der Beschreibung gestützt.

Das Beispiel 3.15 der Druckschrift E1 verweise über Beispiele 3.9 und 3.8 auf das in der Druckschrift E5B offenbarte Transferverfahren. Mit diesem Verfahren werde nur der Umriss des Sicherheitselements in Form von Zeichen und/oder Mustern aufgebracht. Somit sei nicht offenbart, dass eine Schicht Zeichen oder Muster innerhalb der Form des Sicherheitselements bilde. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich somit vom Stand der Technik durch Merkmal h nämlich dadurch, dass eine Schicht Zeichen oder Muster innerhalb der Form des Sicherheitselements bilden müsste.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei gegenüber Beispiel 3.15 der Druckschrift E1 neu.

Hilfsantrag 1

Druckschrift E1, Beispiel 3.38

Beispiel 3.38 verweise auf Beispiel 3.35. Die im Siebdruck gemäß Beispiel 3.35 aufgetragenen gemahlenen Pigmente könnten nicht die für die Ausbildung der optischen Eigenschaften erforderliche einheitliche Orientierung aufweisen (Druckschrift E18, Spalte 4, Zeilen 25 bis 29). Merkmal g sei somit nicht offenbart. Der Fachmann könnte somit nicht ohne erfinderisch tätig zu werden zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 gelangen.

Druckschrift E17

Die Aussage am Ende des Absatzes [0045] der Druckschrift E17 sei nur eine Anregung zur Verwendung einer Mischung mehrerer optisch aktiver Materialien in der gleichen (optisch aktiven) Schicht 15. Somit offenbare die Druckschrift E17 nicht das Merkmal c des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1. Zudem seien die Merkmale b, g und die lichtpolarisierenden Eigenschaften ebenfalls nicht offenbart. Selbst bei einer Kombination des Beispiels 3.38 mit der Lehre der Druckschrift E17 gelange der Fachmann nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 sei somit durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag

1.1 Auslegung des Merkmals h des Anspruchs 1

Es wurde seitens der Beschwerdeführerin II argumentiert, dass das Merkmal h ("dass die erste (42) und/oder die zweite (44) optisch aktive Schicht in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegt") des Anspruchs 1 so breit gefasst sei, dass es "keinerlei Bedeutung" habe, weil jedes Sicherheits­merkmal darunter falle und sein Umriss als Zeichen oder Muster bewertet werden könne. Daraus wurde die Notwendigkeit einer engeren, technisch sinnvollen Auslegung auf Basis der Beschreibung abgeleitet, nämlich, dass das Merkmal h so zu verstehen sei, dass die Zeichen und/oder Muster innerhalb des Umrisses des Sicherheitselements gebildet sein müssen, dass also der Umriss der gesamten Fläche des Sicherheitselements nicht als Zeichen oder Muster bildend angesehen werden dürfe.

Die Kammer kann diesem Argument aus folgenden Gründen nicht folgen. Das Merkmal h ergibt einen technischen Sinn, nämlich, dass die erste und/oder die zweite optisch aktive Schicht in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegen müsse. Es hat somit eine technische Bedeutung. Deshalb hat der Fachmann keinen zwingenden Anlass, nach einer anderen Auslegung zu suchen, wie es beispielsweise bei einem Merkmal, welches keinen technischen Sinn ergäbe, der Fall wäre. Allein die Breite eines einzelnen beanspruchten Merkmals ist kein Anlass, nach einer engeren Auslegung dafür zu suchen, weil gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 erster Satz, die Patentansprüche den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird. Sofern ein engerer Schutzbereich beabsichtig wird, muss sich dieser nach Artikel 84 EPÜ 1973 erster Satz im Anspruchswortlaut wiederfinden. Das ist im vorliegenden Merkmal h nicht der Fall, weil sein Wortlaut weder eine Einschränkung enthält, dass die Zeichen und/oder Muster zwingend innerhalb der Form des Sicherheitselements vorliegen müssen, also dass der Umriss des Sicherheitselements außer Acht zu lassen sei.

1.2 Fehlende Neuheit (Artikel 54 EPÜ 1973)

1.2.1 Das Beispiel 3.15 (Spalte 21, Zeilen 10 bis 17) der Druckschrift E1 offenbart das Herstellen eines Sicherheitsmerkmals durch übereinander Anordnen zweier flüssig­kristalliner Materialen mit unterschiedlichen Farben und Orientierungen, deren helische Strukturen somit zwangsläufig entgegengesetzte zirkulare Polarisations­richtungen bewirken (vgl. Merkmale a bis f des Anspruchs 1). Für die hierbei zu verwendenden Materialien wird auf Beispiel 2.9 (Spalte 18, Zeilen 21 bis 38) verwiesen, welches wiederum auf Beispiele 2.1 bis 2.6 (Spalte 16, Zeile 38 bis Spalte 17, Zeile 38) verweist, wobei laut Beispielen 2.3 und 2.5 das flüssigkristalline Material in eine erste Betrachtungs­richtung nur Licht aus dem nicht sichtbaren Teil des Spektrums reflektiert (IR in Beispiel 2.3 und UV in Beispiel 2.5) und in eine zweite Betrachtungs­richtung sichtbares Licht einer ersten Farbe reflektiert (vgl. Merkmal g des erteilten Anspruchs 1). Für das Herstellungs­verfahren wird auf Beispiel 3.9 (Spalte 20, Zeilen 19 bis 29) verwiesen, welches wiederum auf Beispiel 3.8 (Spalte 20, Zeilen 3 bis 19) verweist. Beispiel 3.8 verweist auf Druckschrift E5B und auf das darin beschriebene Transferverfahren mittels Heißkleber. In der Druckschrift E5B wird das Transferprinzip in Spalte 7, Zeile 49 bis Spalte 8, Zeile 52 dahingehend beschrieben, dass "die Kontur 113 des transferierten Sicherheitselements stets der Kontur des Prägestempels entspricht" (Spalte 8, Zeilen 43 bis 50). Dieser beliebige äußere Umriss kann in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegen (Spalte 7, Zeilen 49 bis 56; vgl. Merkmal h).

1.2.2 Die in den Beispielen 3.8 und 3.9 erwähnte Ganzflächen­beschichtung ("whole area coating") bezieht sich auf die Herstellung des Transferbands, welches vollflächig beschichtet wird, von dem aber nachfolgend mit dem Prägestempel nur der dem Prägestempel entsprechende Bereich so zu sagen "bereichsweise" transferiert wird, so dass letztendlich die erste und die zweite optisch aktive Schicht in Form von Zeichen ("ein Firmenlogo, ein alpha­numerisches Zeichen, eine Zifferung, Guillochen­muster usw.", Druckschrift E5B, Spalte 7, Zeilen 51 bis 55) und/oder Mustern vorliegen.

1.2.3 Es wurde seitens der Beschwerdeführerin II wie folgt vorgetragen: "Bei der oben beschriebenen Übertragung der Schichtenfolge auf das Substrat nehmen die vollflächig vorliegenden Flüssigkristallschichten zwangsläufig die gesamte Fläche des übertragenen Transferelements ein. Sie weisen daher kein Muster nach Anspruchsmerkmal (h) innerhalb des Transferelements auf, sondern liegen vollflächig vor". Die Kammer sieht aber das Merkmal h als vorweggenommen an, weil bei der Druckschrift E5B der übertragene Bereich der Schichten in Form von "ein[em] Firmenlogo, ein[em] alpha­numerische[n] Zeichen, eine[r] Zifferung, [einem] Guillochen­muster usw." (Druckschrift E5B, Spalte 7, Zeilen 51 bis 55) vorliegt und wie bereits erläutert (siehe Punkt 1.11.1 oben) dem Anspruch 1 nicht die Anforderung zu entnehmen ist, dass die Zeichen und/oder Muster nur innerhalb des Sicherheitselements vorzuliegen haben.

1.2.4 Somit ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu (Artikel 54 EPÜ 1973).

2. Hilfsantrag 1 - erfinderische Tätigkeit

2.1 Die Beschwerdeführerin I hat unter anderem auf Basis des Beispiels 3.35 der Druckschrift E1 die erfinderische Tätigkeit in Frage gestellt. Beispiel 3.35 verweist wiederum auf das Herstellungsverfahren des Beispiels 1B der Druckschrift E18. Somit kann es für die Beschwerdeführerin I nicht überraschend gewesen sein, dass sich die Beschwerdeführerin II auf diese Druckschrift bezieht, auch wenn sich dies erst während der Diskussionen in der Beschwerdeverhandlung ergeben hat. Da der Umfang dieser Schrift zudem noch überschaubar ist, hat die Kammer keinen Anlass gesehen die Druckschrift E18 nicht zum Verfahren zuzulassen.

2.2 Seitens der Beschwerdeführerin I wurde vorgetragen, dass das Beispiel 3.48 der Druckschrift E1 den nächst­liegenden Stand der Technik bilde.

Der Druckschrift E1 lag die Aufgabe zu Grunde, die Fälschungssicherheit für maschinenlesbare Sicherheitsmarkierungen zu erhöhen (Spalte 1, Zeilen 12 bis 15 und 65 bis 67).

Beispiel 3.48 ("Producing a Security Marking Consisting of Two Different Pigments, Applied by the Screen Printing Process and Comprising Liquid-crystalline Materials of Different Color and Different Handedness of the Helical Structure") bezieht sich auf eine Sicherheitsmarkierung, die aus zwei verschiedenen Pigmenten besteht, die mittels Siebdruck aufgetragen werden. Beispiel 3.48 verweist auf Beispiel 3.35 in dem offenbart wird, dass die benötigten Pigmente gemäß dem Verfahren des Beispiels 1B der Druckschrift E18 hergestellt werden. Gemäß diesem Beispiel (Spalte 7, Zeile 40 bis Spalte 8, Zeile 23) wird das flüssigkristalline Material gemahlen bis eine pulverförmige Fraktion entsteht (Spalte 8, Zeilen 8 bis 19).

Aus Druckschrift E18, Spalte 4, Zeilen 25 bis 29 ergibt sich, wie vorgetragen, dass, wenn solche pulverförmigen Pigmente zusammen mit einem für Siebdruck geeignetes Bindemittel mittels Siebdruck auf einen Polyesterfilm aufgetragen werden (Beispiel 3.35), die derart aufgetragenen Pigmente nicht zwingend einheitlich orientiert sind. Für die Ausbildung der optischen Eigenschaften ist es aber zwingend erforderlich, dass die aufgetragenen Pigmente einheitlich orientiert sind. Somit ist die im Siebdruck aufgetragene Schicht keine im Sinne des Anspruchs 1 optisch aktive Schicht, die in eine erste Betrachtungsrichtung nur Licht aus dem nicht sichtbaren Teil des Spektrums reflektiert und in eine zweite Betrachtungsrichtung sichtbares Licht einer ersten Farbe reflektiert (Merkmal g).

Im Beispiel 3.48 (unter Verweis auf Beispiel 3.35) bleibt offen, ob es sich bei dem Siebdruck jeweils um einen vollflächigen oder nur um einen bereichsweisen Druck z.B. in Form von Zeichen oder Mustern handelt. Somit enthält die Druckschrift E1 keine Aussage darüber, ob, wie im Anspruch 1 gefordert, nur eine der ersten und zweiten optisch aktiven Schicht in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegt (Merkmal h).

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich somit von dem Beispiel 3.48 der Druckschrift E1 durch die Merkmale g und h.

2.3 Beispiel 3.48 der Druckschrift E1 in Kombination mit allgemeinen Fachwissen

Selbst wenn es sich bei den zwei von einander unabhängigen Unterschieden gemäß der Merkmale g und h nur um zwei jeweils dem Fachmann an sich bekannte gestalterische Maßnahmen handelt, so gibt es für den Fachmann, der lediglich eine Alternative zum Sicherheitselement gemäß Beispiel 3.48 sucht, keinen Anlass dieses Beispiel gemäß der Merkmale g und h in Kombination abzuändern.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 wird somit ausgehend vom Beispiel 3.48 der Druckschrift E1 in Kombination mit allgemeinen Fachwissen nicht nahegelegt.

2.4 Druckschrift E17

Die Beschwerdeführerinnen sind sich nicht einig bezüglich des Satzes "Auch die Verwendung mehrerer optisch variabler Materialien ist möglich" am Ende des Absatzes [0045] der Druckschrift E17.

Die Beschwerdeführerin II sieht darin nur eine Anregung zur Verwendung einer Mischung mehrerer optisch aktiver Materialien in der gleichen (optisch aktiven) Schicht 15.

Da der erste Satz des Absatzes [0045] sich mit der Erzeugung des Druckbildes 16 auseinander setzt, sieht die Beschwerdeführerin I im strittigen Satz einen Hinweis für den Fachmann, das Druckbild 16 ebenfalls aus einem optisch variablen Material herzustellen. Diese Auslegung hat die Kammer nicht überzeugt, weil sie im Widerspruch zu der in der Druckschrift E17 offenbarten Erfindung steht, weil gemäß dieser Auslegung die zur Lösung notwendigen maschinenlesbaren Merkmalsstoffe (Absatz [0006]) im Ausführungsbeispiel der Figur 5 fehlen würden.

Sofern die Druckschrift E17 Schichten mit unterschiedlichen zirkularen Polarisationsrichtungen offenbart (Merkmale e und f), sind diese passerhaltig nebeneinander anzuordnen (Absatz [0025]) und haben visuell gleich auszusehen (Absätze [0059] und [0060]). Keines der Ausführungsbeispiele der Druckschrift E17 offenbart überlappende cholesterische flüssigkristalline Schichten (Merkmal d).

Merkmal g (dass eine optisch aktive Schicht, in eine erste Betrachtungsrichtung nur Licht aus dem nicht sichtbaren Teil des Spektrums reflektiert und in eine zweite Betrachtungsrichtung sichtbares Licht einer ersten Farbe reflektiert) wird in der Druckschrift E17 ebenfalls nicht offenbart.

Ein Fachmann, der entweder von dem Beispiel 3.38 (Druckschrift E1) oder von der Druckschrift E17 ausgeht und diese aus welchen Gründen auch immer mit der jeweils anderen Offenbarung kombinieren würde, kann schon deshalb nicht zum Anspruchsgegenstand gelangen, weil keine dieser Offenbarungen das Merkmal g enthalten.

2.5 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

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