T 0204/12 () of 9.12.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T020412.20141209
Datum der Entscheidung: 09 Dezember 2014
Aktenzeichen: T 0204/12
Anmeldenummer: 05019034.7
IPC-Klasse: A23L 1/30
A23L 1/035
A23L 1/09
A23D 7/005
A23D 7/01
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Emulsionen mit ungesättigten Fettsäuren und deren Estern
Name des Anmelders: Cognis IP Management GmbH
Name des Einsprechenden: Loders Croklaan Nutrition B.V.
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden der Patentinhaberin Cognis IP Management GmbH und der Einsprechenden Loders Croklaan Nutrition B.V. richten sich gegen die am 13. Oktober 2011 verkündete und am 11. November 2011 schriftlich begründete Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent EP 1 634 502 auf Basis des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2 beschränkt aufrechtzuerhalten.

II. Das Patent war mit 9 Ansprüchen erteilt worden, von denen die Ansprüche 1, 3 und 7 wie folgt lauten:

"1. Emulsionen, enthaltend

a) 0,1 bis 50 Gew. % konjugierte Linolsäure oder Derivate der konjugierten Linolsäure

b) 0,1 bis 30 Gew. % pflanzliche Lecithinmischungen

c) 0 bis 20 Gew. % Co-Emulgatoren

d) 0 bis 70 Gew. % Polyole

e) 0 bis 70 Gew. % Kohlenhydrate

f) 0 bis 1 Gew. % Antioxidantien

g) 20 bis 99 Gew. % wässerige Phase

bezogen auf das Gesamtgewicht der Emulsion mit der Maßgabe, dass die Emulsion keine weiteren Öle und Fette mit Ausnahme der gegebenenfalls vorliegenden Triglyceride der Komponenten a), b) und/oder c) enthält."

"3. Emulsionen gemäß den Ansprüchen 1 und/oder 2, dadurch gekennzeichnet, das sie mindestens 10 Gew. % Polyole und/oder mindestens 10 Gew. % Kohlenhydrate enthalten."

"7. Getränke und Milchprodukte, enthaltend Emulsionen gemäß Anspruch 1."

Anspruch 9 ist auf ein Verfahren zur Herstellung CLA- (conjugated linolic acid) haltiger Getränke gerichtet.

III. Der Einspruch war auf die Gründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) und 100 b) EPÜ gestützt. Im Laufe des Einspruchsverfahrens legte die Einsprechende unter anderem folgende Dokumente vor:

D3 EP 1 174 416 A1

D5 WO 03/105606 A1

D12 Versuchsbericht zur Stütze des Einwands der mangelnden Offenbarung der Erfindung

D17 "Reduced Fatty Acid Synthesis and Desaturation Due to Exogenous trans10,cis12-CLA in Cows Fed Oleic or Linoleic Oil" in J. Dairy Sci. 83:1354-1369 (2003)

D23 WO 99/56563 A2.

Mit Schreiben vom 9. September 2011 legte die Patentinhaberin Vergleichsversuche vor.

IV. In ihrer Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass der - nach Zurückziehung des Hauptantrags, das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten, - neu eingereichte Hauptantrag der Patentinhaberin unzulässig sei, da er die Erfordernisse der Regel 80 nicht erfülle (Entscheidungsgründe 2). Der Gegenstand des Anspruchs 6 (Getränke und Milchprodukte enthaltend Emulsionen gemäß Anspruch 1) und des Anspruchs 7 (Verfahren zur Herstellung CLA-haltiger Getränke) des Hilfsantrags 1 werde durch D17 neuheitsschädlich vorweggenommen (Entscheidungsgründe 5.3).

Die Ansprüche des als gewährbar angesehenen Hilfs­antrags 2 waren nur noch auf Emulsionen gerichtet, wobei Anspruch 1 eine Kombination aus den erteilten Ansprüchen 1 und 3 darstellte. Zum einen wurde festgestellt, dass gegen diesen Antrag keine Neuheitseinwände vorgebracht wurden; zum anderen wurde die erfinderische Tätigkeit, ausgehend von D5 als nächstliegendem Stand der Technik, anerkannt.

V. Die Beschwerde der Einsprechenden wurde am 10. Januar 2012 unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr eingereicht. Die Beschwerdebegründung ging am 12. März 2012 ein. Die Einwände der mangelnden Offenbarung, gestützt auf den im Einspruchsverfahren eingereichten Versuchsbericht D12, und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von D23 oder D5 als nächstliegendem Stand der Technik, wurden aufrechterhalten.

VI. Die Beschwerde der Patentinhaberin wurde am 12. Januar 2012 unter Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr eingereicht. Die Beschwerdebegründung ging am 12. März 2012 ein. Die Patentinhaberin beantragte, das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent im Umfang der beigefügten Hilfsanträge 2 und 3, oder gemäß der Entscheidung der Einspruchabteilung (als Hilfsantrag 4 bezeichnet) aufrechtzuerhalten.

VII. Da beide Parteien in diesem Verfahren sowohl Beschwerdeführerin als auch Beschwerdegegnerin sind, wird im Folgenden die Bezeichnung "Patentinhaberin" und "Einsprechende" beibehalten.

VIII. Die Einsprechende antwortete auf die Beschwerde­begründung der Patentinhaberin mit Schreiben vom 13. Juli 2012 und hielt ihre Einwände bezüglich der mangelnden Offenbarung und fehlenden erfinderischen Tätigkeit für alle Anträge der Patentinhaberin aufrecht. Zusätzlich erhob sie unter Bezugnahme auf die Offenbarung in D17 den Einwand, dass der Gegenstand der Ansprüche 7 und 8 gemäß Hauptantrag (Ansprüche wie erteilt) nicht neu sei. Ferner beantragte die Einsprechende, den Hauptantrag nicht zum Verfahren zuzulassen, da er bereits im Einspruchsverfahren zurückgezogen worden war.

IX. Mit Schreiben vom 26. Juli 2012 reichte die Patentinhaberin einen Anspruchssatz für einen neuen Hilfsantrag 2 ein und nummerierte die Hilfsanträge 2 bis 4 vom 12. März 2012 in Hilfsanträge 3 bis 5 um.

Die Ansprüche der Hilfsanträge weisen gegenüber den erteilten Ansprüchen (siehe Punkt II) folgende Änderungen auf:

Hilfsantrag 2

Einschränkung der Menge der Komponente a) auf 3 bis 50 Gew.-% im Anspruch 1;

Einschränkung der Getränke im Anspruch 7 auf Fruchtsäfte, Fruchtsaftgemische, Fruchtsaftgetränke und kohlensäurehaltige Getränke;

Streichung des Anspruchs 9.

Hilfsanträge 3 und 4

Einfügung des Verhältnisses der Hauptisomeren cis-9,trans-11 und trans-10,cis-12 von 1:1,2 bis 1,2:1 der konjugierten Linolsäure in den Anspruch 1 beider Anträge;

Streichung des Anspruchs 9 im Hilfsantrag 3;

Streichung der Ansprüche 7 bis 9 im Hilfsantrag 4.

Hilfsantrag 5

Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 3 und damit Einfügung des Merkmals in den Anspruch 1, dass die Emulsionen mindestens 10 Gew.-% Polyole d) und/oder mindestens 10 Gew.-% Kohlenhydrate e) enthalten;

Streichung der Ansprüche 7 bis 9.

[entspricht dem von der Einspruchsabteilung als gewährbar angesehenen Hilfsantrag 2 (Punkt IV oben)]

Ferner reichte die Patentinhaberin mit diesem Schreiben Vergleichsversuche ein. Sie stellte fest, dass der Gegenstand des Hilfsantrags 2 gegenüber D17 neu sei. Weiterhin wurden Argumente zur ausreichenden Offenbarung der Erfindung und zur erfinderischen Tätigkeit vorgetragen.

X. Mit Schreiben vom 6. November 2012 beantragte die Einsprechende, den Hilfsantrag 2 sowie die Vergleichsversuche als verspätet nicht zum Verfahren zuzulassen. Ferner machte sie geltend, dass die Änderungen in den Ansprüchen 1 und 7 des Hilfsantrags 2 über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgingen, und die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ daher nicht erfüllt seien.

XI. Die Patentinhaberin widersprach in ihrem Schreiben vom 22. März 2013 den Ausführungen der Einsprechenden zur Zulässigkeit des Hilfsantrags 2 und der von ihr vorgelegten Vergleichsversuche sowie der unzulässigen Änderungen im Hilfsantrag 2 und reichte bezüglich der Vergleichsversuche Photografien mit höherer Auflösung ein.

XII. Im Bescheid vom 7. November 2014 nahm die Kammer zu wesentlichen strittigen Punkten vorläufig Stellung. Die Ausführungen der Kammer, soweit sie entscheidungserhebliche Punkte betreffen, sind nachfolgend zusammengefasst.

Zulässigkeit von Anträgen

Der Hauptantrag (Ansprüche wie erteilt) sei bereits im Einspruchsverfahren zurückgezogen und durch einen neuen Hauptantrag ersetzt worden. Er werde daher voraussichtlich nicht zum Verfahren zugelassen (Artikel 12(4) der VOBK).

Die Einreichung des Hilfsantrags 2 sei eine Reaktion auf das Schreiben der Einsprechenden vom 13. Juli 2012 und stelle die Neuheit gegenüber D17 her. Es seien keine Sachverhalte eingebracht worden, deren Diskussion den Parteien in der mündlichen Verhandlung nicht zumutbar wären. Die Kammer tendiere daher dazu, den Hilfsantrag 2 zuzulassen.

Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ

Die Einschränkung der Menge der CLA-Komponente auf 3 bis 50 Gew.-% im Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 erfülle die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Damit gelte diese Einschränkung automatisch auch für die Getränke gemäß dem auf Anspruch 1 rückbezogenen Anspruch 7.

Die Einfügung des Isomerenverhältnisses der CLA-Hauptisomeren cis-9,trans-11 und trans-10,cis-12 von 1:1,2 bis 1,2:1 in den Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 4 sei im Rahmen von Artikel 123(2) EPÜ nicht zulässig.

Ausreichende Offenbarung - Artikel 83 EPÜ

Die ausreichende Offenbarung der Erfindung sei unter anderem im Lichte der von der Einsprechenden eingereichten Vergleichesversuche D12 zu diskutieren, die zeigen sollen, dass die beanspruchten Emulsionen nicht über den gesamten Anspruchsbereich stabil seien.

Neuheit

Der Gegenstand der Hilfsanträge 2 und 5 sei gegenüber D17 neu.

Erfinderische Tätigkeit

Nächstliegender Stand der Technik für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit seien entweder D5 oder D23. Zur Feststellung der objektiven technischen Aufgabe und Beurteilung der Frage, ob die Lösung der Aufgabe naheliegend ist, könnten die von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 12. September 2011 eingereichten Vergleichsversuche relevant werden, die zeigten, dass pflanzliche Lecithine bei Getränken mit sauren pH-Werten eine bessere Toleranz als tierische Lecithine bewirken.

XIII. Mit Schreiben vom 6. November 2014 reichte die Einsprechende nochmals eine Stellungnahme ein. Bezüglich der Frage der erfinderischen Tätigkeit betonte sie, dass sie D23 als nächstliegenden Stand der Technik gegenüber D5 bevorzuge.

XIV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, die am 9. Dezember 2014 stattfand, zog die Patentinhaberin den Hauptantrag, das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten, zurück. Folgende Punkte wurden anschließend diskutiert:

- Zulassung des Hilfsantrags 2 zum Verfahren;

- Hilfsantrag 2: Artikel 123(2), 83, 56 EPÜ

- Hilfsanträge 3 und 4: Artikel 123(2) EPÜ

- Hilfsantrag 5: Artikel 56 EPÜ.

Die Zulassung der Vergleichsversuche spielte im Laufe der Diskussion keine Rolle mehr.

XV. Da die entscheidungserheblichen Punkte die Zulässigkeit des Hilfsantrags 2, die mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Hilfsantrags 2, die unzulässige Änderung des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 3 und 4 sowie die mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Hilfsantrags 5 sind, werden im Folgenden nur die Argumente der Parteien bezüglich dieser Punkte zusammengefasst.

XVI. Argumente der Patentinhaberin

Zulassung des Hilfsantrags 2 zum Verfahren

Die Einschränkung im Anspruch 1 auf minimal 3 Gew.-% CLA stellt die Neuheit gegenüber D17 her. Diese Änderung bringt keine neuen Sachverhalte ein, deren Diskussion der Einsprechenden nicht zumutbar wäre.

Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 2

Gemäß Anspruch 1 von Hilfsantrag 2 betrifft die Erfindung eine Emulsion, die eine definierte Menge an CLA sowie Lecithin enthält, das zwingend pflanzlichen Ursprungs sein muss.

Geht man von D5 als nächstliegendem Stand der Technik aus, so werden dort ölhaltige Emulsionen beschrieben, die über einen größeren pH-Bereich zwischen 3 und 8 stabil sind und die als Ölkomponente mehrfach ungesättigte Fettsäuren mit mindestens 18 C-Atomen enthalten und als Emulgator unter anderem Lecithin enthalten können. CLAs als Ölkomponente sind in D5 nicht genannt. Zudem kann das Lecithin sowohl pflanzlichen als auch tierischen Ursprungs sein, wobei kein qualitativer Unterschied zwischen beiden Emulgatoren gemacht wird. Demgegenüber unterscheidet sich die beanspruchte Emulsion in der Anwesenheit von CLA als Ölkomponente in Verbindung mit der Verwendung eines pflanzlichen Lecithins. Die bereits im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 9. September 2011 eingereichten Vergleichsversuche zeigen jedoch, dass pflanzliche Lecithine zu Emulsionen führen, die pH-Wert-Veränderungen im für Fruchtsaftgetränke und kohlensäurehaltige Getränke typischen sauren Bereich besser tolerieren als tierisches Lecithin. Daher bestand die objektive Aufgabe darin, CLA-haltige Emulsionen bereitzustellen, die im sauren Bereich stabil sind.

Die Druckschrift D3 gibt keinen Hinweis, dass dieses Problem durch Zugabe von pflanzlichem Lecithin als Emulgator gelöst werden kann.

Auch D23 als nächstliegender Stand der Technik kann nichts dazu beitragen, die erfinderische Tätigkeit in Frage zu stellen, da sich die Lehre in diesem Dokument auf bei niedrigen pH-Werten physikalisch stabile Getränke mit einem hohen Eiweißgehalt konzentriert, in denen nicht zwingend Fette oder Öle enthalten sein müssen. Zudem werden CLAs als mögliche Öle in D23 nicht genannt. Zwar wird gemäß Seite 21 pflanzliches Lecithin als bevorzugter Emulgator genannt, jedoch nur aufgrund seines niedrigen Schmelzpunktes und seiner guten Einarbeitbarkeit in Öle. Zudem dient die gemäß D23 mögliche fakultative Zugabe von Ölen und Fetten dem Aufbau von Körperfett, während der Zusatz von CLAs zu der erfindungsgemäßen Emulsion dem Abbau von bereits aufgebauten Körperfett dient. Die Fähigkeit von CLAs, Körperfett zu reduzieren wird deutlich aus der Offenbarung in D3, Seite 2, Zeilen 29/30.

Änderungen Hilfsanträge 3 und 4 - Artikel 123(2) EPÜ

In Abschnitt [0017] der Patentschrift (Seite 5, Zeilen 1 und 2 der Ursprungsunterlagen) wird betont, dass die cis-9,trans-11 und trans-10,cis-12 Isomere der CLA-Komponente von besonderem Interesse sind. Ein Isomerenverhältnis cis-9,trans-11 und trans-10,cis-12 zu annähernd gleichen Teilen von 1:1,2 bis 1,2:1 ist auch auf Seite 5, Absatz 3 offenbart. Zudem stellen die in den Beispielen des Patents verwendeten Produkte Tonalin FFA 80 und Tonalin TG 60 CLA-Komponenten dar, deren Isomerenverhältnis der obigen Isomeren 1:1 beträgt und damit im Bereich von 1:1,2 bis 1,2:1 liegt. Die Einfügung des Isomerenverhältnisses von 1:1,2 bis 1,2:1 für die CLA Hauptisomeren cis-9,trans-11 und trans-10,cis-12 im Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 4 ist daher im Rahmen von Artikel 123(2) EPÜ zulässig.

Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 5

Gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 ist die Anwesenheit von Polyol und/oder Kohlenhydrat in einer Menge von mindestens 10 Gew.-% zwingend. Im Prinzip gelten die gleichen Argumente wie für den Hilfsantrag 2.

XVII. Argumente der Einsprechenden

Zulassung des Hilfsantrags 2 zum Verfahren

Hilfsantrags 2 ist eine Reaktion auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung und hätte daher bereits mit der Beschwerdebegründung eingereicht werden können, und nicht erst als Antwort auf die Beschwerde der Einsprechenden. Er ist daher verspätet. Zudem ist die Einschränkung im Anspruch 1 auf mindestens 3 Gew.-% CLA nicht konvergent mit den nachfolgenden Hilfsanträgen 3, 4 und 5, die wieder die ursprüngliche Untergrenze von 0.1 Gew.-% CLA angeben.

Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 2

D23 wird als nächstliegender Stand der Technik betrachtet. Die Druckschrift befasst sich mit der Herstellung physikalisch stabiler Getränke mit niedrigem pH-Wert und einem hohen Gehalt an Protein (Seite 1, erster Absatz). Ziel ist hierbei, das Problem des Standes der Technik zu überwinden, Getränke mit niedrigem pH-Wert, hohem Protein- und Fettgehalt sowie akzeptabler Viskosität und Langzeitstabilität zur Verfügung zu stellen (Seite 6, Zeilen 23 ff). Der bevorzugte Emulgator ist pflanzliches (Soja) Lecithin, das die Öltröpfchen in der wässrigen Matrix stabilisiert (Seite 21, Zeilen 5 bis 16). Gemäß Seite 23, Zeilen 13 bis 17 kann eine Vielzahl von Ölen eingesetzt werden. Eine typische Formulierung ist im Anspruch 18 von D23 beansprucht, wobei der Gehalt an Öl, pflanzlichem Lecithin und Wasser in den im Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 angegebenen Bereichen liegt.

Demgegenüber unterscheidet sich die beanspruchte Emulsion nur dadurch, dass das Öl eine konjugierte Linolsäure (CLA) oder ein Derivat davon ist. Die Maßnahme, die Öle gemäß D23 durch CLA zu ersetzen ist jedoch aus D3 nahegelegt, das den Einsatz von konjugierter Linolsäure in Getränken empfiehlt.

Dem Argument der Patentinhaberin, dass sich D23 mit dem Aufbau von Körperfett befasst, während im Unterschied dazu D3 eine Reduzierung des Körperfetts durch Zusatz von CLA zum Ziel hat, kann nicht zugestimmt werden. Gemäß Abschnitt H "Edible Oils" auf den Seiten 22/23 von D23 richtet sich der Öl/Fettgehalt des Getränks nach seinem jeweiligen Verwendungszweck und kann in einem weiten Bereich bis zur Fettfreiheit schwanken. Keinesfalls hat jedoch D23 den Aufbau des Körperfetts zum Ziel.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 ist daher durch Kombination von D23 mit D3 nahegelegt.

Änderungen Hilfsanträge 3 und 4 - Artikel 123(2) EPÜ

Das im Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 4 angegebene Isomerenverhältnis der CLA-Hauptisomeren cis-9, trans-11 und trans-10,cis-12 von 1:1,2 bis 1,2:1 ist ursprünglich nicht in Verbindung mit dem Erfindungsgegenstand, sondern im Zusammenhang mit dem Stand der Technik DE 102 36086 offenbart.

Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 5

Die Emulsion gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 enthält gegenüber der Emulsion gemäß Hilfsantrag 2 noch zwingend mindestens 10 Gew.-% Polyol und/oder Kohlenhydrat. Die Anwesenheit von Kohlenhydraten wird jedoch bereits in der Formulierung gemäß Anspruch 18 von D23 vorgeschlagen. Da kein besonderer Effekt für die Anwesenheit von Kohlenhydrat gezeigt wurde, gilt die für den Hilfsantrag 2 dargelegte Argumentation gleichermaßen auch für den Hilfsantrag 5.

XVIII. Die Patentinhaberin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im Umfang des mit Schreiben vom 26. Juli 2012 eingereichten Hilfsantrags 2 oder eines der mit der Beschwerde­begründung vom 12. März 2012 eingereichten umnummerierten Hilfsanträge 3 bis 5 aufrechtzuerhalten.

XIX. Die Einsprechende beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerden sind zulässig.

2. Hilfsantrag 2

2.1 Zulassung zum Verfahren

Die mit Schreiben vom 26. Juli 2012 eingereichten Ansprüche gemäß Hilfsantrag 2 stellen die Neuheit des Anspruchsgegenstandes gegenüber der Offenbarung in D17 her und können daher als Reaktion der Patentinhaberin auf den Neuheitseinwand der Einsprechenden in ihrem Schreiben vom 13. Juli 2012 bezüglich des damaligen Hauptantrags angesehen werden. Zudem bringt die Verkleinerung des Bereichs für die Menge an CLA von 0,1 bis 50 Gew.-% auf 3 bis 50 Gew.-% keine Sachverhalte ein, die die Komplexität der Sachlage erhöhen, deren Diskussion in der mündlichen Verhandlung nicht zumutbar wäre. Auch stellt die Einengung des Mengenbereichs der Komponente a) nur eine einschränkende Weiterentwicklung des Erfindungsgedankens dar, auf dem auch der frühere Hauptantrag beruhte. Durch den Hilfsantrag 2 wird daher keine neue Divergenz mit den nachfolgenden Anträgen (Hilfsanträge 3 bis 5) eingeführt, die nicht vorher auch schon bestanden hätte.

Die Kammer lässt daher, in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13(1) VOBK, den Hilfsantrag zum Verfahren zu.

2.2 Erfinderische Tätigkeit

Die Kammer geht bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, in Übereinstimung mit der Einsprechenden, von D23 als nächstliegendem Stand der Technik aus.

2.2.1 Die Erfindung betrifft wässrige Emulsionen, mit denen es möglich ist, konjugierte Linolsäure (CLA) oder deren Derivate kostengünstig in Form einer physikalisch­chemisch stabilen Formulierung in Getränke einzuarbeiten (Patentschrift, Abschnitte [0002] und [0006]). Die wässrigen Emulsionen/Getränke­formulierungen sollen insbesondere im sauren Milieu bei pH-Werten unter 7, bevorzugt unter 4 stabil sein (Abschnitt [0030]).

2.2.2 D23 betrifft die Herstellung physikalisch stabiler proteinhaltiger Getränke mit niedrigem pH-Wert, die dem Ernährungsbedarf Erwachsener und Kinder über 4 Jahre angepasst werden können (Seite 1, Absatz 1). Mit diesen Formulierungen soll insbesondere das Problem des Standes der Technik überwunden werden, fetthaltige Getränke mit niedriger Viskosität, niedrigem pH-Wert und hohem Protein- und Mineralgehalt zur Verfügung zu stellen (Seite 6, Zeilen 23 bis 29). Wesentlicher Bestandteil der Formulierungen ist ein Emulgatorsystem, das bevorzugt (pflanzliches) Soja-Lecithin enthält (Seite 21, Abschnitt E., insbesondere Zeilen 8/9). Auf Seite 23, Zeilen 13 bis 17 ist eine Vielzahl von Ölen/Fetten genannt, die in die Formulierungen eingearbeitet werden können. Typische Zusammensetzungen von Formulierungen werden im Anspruch 18 von D23 definiert.

2.2.3 Die Patentinhaberin sah das erfindungsgemäß im Hinblick auf D23 zu lösende Problem in der Bereitstellung von Emulsionen, die die Herstellung physikalisch-chemisch stabiler Getränkeformulierungen mit sauren pH-Werten und einem Gehalt an CLA oder CLA-Derivaten ermöglichen, welche aufgrund des Gehalts an CLA oder Derivaten davon der Reduzierung des Körperfetts dienen können.

Zur Lösung des Problems wird gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 vorgeschlagen, Emulsionen bereitzustellen, die als essentielle Bestandteile 3 bis 50 Gew.-% CLA oder deren Derivate, 0,1 bis 30 Gew.-% pflanzliche Lecithinmischungen und 20 bis 99 Gew.-% wässrige Phase, bezogen auf das Gesamtgewicht der Emulsion enthalten.

Insbesondere verwies die Patentinhaberin auf die im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 9. September 2011 vorgelegten Vergleichsversuche, die zeigen, dass pflanzliche Lecithine bei Getränken mit sauren pH-Werten eine bessere Toleranz zeigen als tierische Lecithine.

2.2.4 Die Lösung des Problems, stabile ölhaltige/fetthaltige Getränkeformulierungen mit niedrigem pH-Wert und hoher Langzeitstabilität unter Verwendung eines Emulgatorsystems auf Basis eines pflanzlichen Lecithins zur Verfügung zu stellen, ist jedoch in D23 bereits beschrieben. Zwar enthalten die in D23 beschriebenen Getränkeformulierungen zwingend Protein, jedoch ist die Anwesenheit von Protein in der beanspruchten Emulsion aufgrund der offenen Formulierung "Emulsion, enthaltend ..." nicht ausgeschlossen. Hierzu ist insbesondere auf Abschnitt [0030] der Patentschrift zu verweisen, wonach das Getränk selbst die wässrige Phase der Emulsion sein kann, so dass die dort genannten (proteinhaltigen) Milch- und Milchmischgetränke vom Anspruch 1 umfasst werden.

Die Patentinhaberin führte als weiteres Argument an, dass die beanspruchte Erfindung aufgrund der besonderen Eigenschaft von konjugierter Linolsäure oder deren Derivaten der Reduzierung von aufgebautem Körperfett diene, während im Gegensatz dazu die ölhaltigen Getränkeformulierungen gemäß D23 als Nahrungs­ergänzungsmittel dem Aufbau von Körperfett dienten.

Dieses Argument ist jedoch nicht stichhaltig: Zum einen erwähnt auch die Patentschrift den Einsatz der anspruchsgemäßen Emulsionen in Milchprodukten (und damit gegebenenfalls fetthaltigen) Nahrungsergänzungs­mitteln (Abschnitte [0011] und [0030]), während von Reduzierung des Körperfetts keine Rede ist. Zum anderen findet sich in D23 keine Angabe, die darauf hinweist, dass die dort beschriebenen Getränkeformulierungen dem Aufbau von Körperfett dienen sollen. Vielmehr wird im Abschnitt H (Seiten 22/23) von D23 ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Fettgehalt der Getränke in weiten Bereichen schwanken kann und dass die Getränke auch lediglich nur zur Ergänzung von Vitaminen, Proteinen und Mineralien dienen können und in dieser Eigenschaft sogar fettfrei sein können.

2.2.5 Da erfindungsgemäß kein spezifischer Effekt erkennbar ist, der auf die Anwesenheit von CLAs und deren Derivaten zurückzuführen ist, ist das gegenüber D23 zu lösende Problem weniger ambitioniert zu definieren und lediglich in der Bereitstellung einer alternativen Emulsion zu sehen.

2.2.6 Der Einsatz von konjugierten Fettsäuren, und deren Derivaten in Getränkeformulierungen ist jedoch bereits aus D3 bekannt. Konjugierte Linolsäure und deren Derivate sind dabei als bevorzugt genannt (Abschnitte [0001] und [0015-0019]). Daher muss die Bereitstellung von Getränkeemulsionen, in denen die in D23 genanten Öle durch konjugierte Linolsäure oder Derivate davon ersetzt sind, als naheliegende Alternative angesehen werden.

2.2.7 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht somit im Hinblick auf die Kombination von D23 mit D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.3 Da der Hilfsantrag 2 aus diesem Grund nicht gewährbar ist, braucht auf die anderen, in der mündlichen Verhandlung diskutierten, strittigen Punkte (Artikel 123(2) und 83 EPÜ) nicht weiter eingegangen zu werden.

3. Hilfsanträge 3 und 4

3.1 Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 4 beruht auf einer Änderung des erteilten Anspruchs 1, wobei das Merkmal eingefügt wurde, dass das Verhältnis der Hauptisomeren cis-9,trans-11 und trans-10,cis-12 1:1,2 bis 1,2:1 beträgt. Die Patentinhaberin verweist im Zusammenhang mit dieser Änderung auf die Offenbarung auf der Seite 5, Absatz 3 der ursprünglichen Beschreibung.

3.2 Die Kammer stellt jedoch fest, dass das eingefügte Isomerenverhältnis lediglich im direkten Zusammenhang mit einem im Stand der Technik DE 102 36086 beschriebenen Isomerisierungsprozess der Linolsäure genannt ist. Jedoch kann aus dem Wortlaut dieser Offenbarung:

"Ein Prozess wie in der deutschen Anmeldung DE 102 36086 beschrieben resultiert in einem Verhältnis der Hauptisomeren cis-9,trans-11 und trans-10,cis-12 zu annähernd gleichen Teilen von 1.1.2 bis 1.2:1"

nicht unmittelbar und eindeutig geschlossen werden, dass genau dieser Bereich für das Isomerenverhältnis auch eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist. Zwar wird in den ersten beiden Zeilen von Seite 5 ausgesagt, dass vor allem C18:2 cis-9,trans-11 und C18:2 trans-10,cis-12 Isomere der Linolsäure von besonderem Interesse sind, und werden in den Beispielen die Produkte Tonalin FFA 80 und Tonalin TG 80 eingesetzt, die nach Aussage der Pateninhaberin konjugierte Linolsäure enthaltende Ölprodukte mit einem Isomerenverhältnis von 50:50 darstellen. Jedoch repräsentiert dieser Wert ein Mengenverhältnis der Isomeren von exakt 1:1 und ist keine implizite Offenbarung, die einen Bereich von 1,2:1 bis 1:1,2 abdecken kann.

3.3 Die Änderung im Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 4 verletzt daher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

3.4 Die Hilfsanträge 3 und 4 sind somit nicht gewährbar.

4. Hilfsantrag 5

[entspricht dem von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten damaligen Hilfsantrag 2]

4.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 ist eine Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 3, die unter Artikel 123(2) EPÜ nicht zu beanstanden ist. Die darin beanspruchte Emulsion enthält als wesentliche Komponenten neben a) 0,1 bis 50 Gew.-% CLA oder Derivate davon,

b) 0,1 bis 30 Gew.-% pflanzliche Lecithinmischungen,

g) 20 bis 99 Gew.-% wässerige Phase,

nun auch mindestens

d) 10 Gew.-% Polyole und/oder

e) 10 Gew.-% Kohlenhydrate.

Die Komponenten c) und f) sind weiterhin fakultativ. Der Mengenbereich der Komponente a) ist gegenüber dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 wieder verbreitert.

4.2 Auch für diesen Hilfsantrag ist für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit D23 als nächstliegender Stand der Technik in Kombination mit D3 maßgeblich, so dass in diesem Zusammenhang auf die Punkte 3.3.1 bis 3.3.5 verwiesen wird.

Da die Anwesenheit von Kohlenhydraten gemäß Komponente e) im Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 in den im beanspruchten Bereich liegenden Mengen in D23 bereits beschrieben ist (Abschnitt G auf Seite 22; Anspruch 18 sowie Beispiele) und kein besonderer Effekt damit verbunden ist, kann die Anwesenheit von Kohlenhydraten nichts zur erfinderischen Tätigkeit der beanspruchten Emulsion beitragen.

4.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 ist daher durch die Kombination von D23 mit D3 ebenfalls nahegelegt.

4.4 Der Hilfsantrag 5 ist somit nicht gewährbar.

5. Zusammenfassend ist festzustellen, dass keiner der Anträge der Patentinhaberin gewährbar ist.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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