T 0153/12 (Hausgerätesteuerungssystem mit Kommunikation über ein Gebä … of 10.2.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T015312.20160210
Datum der Entscheidung: 10 Februar 2016
Aktenzeichen: T 0153/12
Anmeldenummer: 05780396.7
IPC-Klasse: G05B 19/045
H02J 13/00
H04B 3/54
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: HAUSGERÄTESTEUERUNGSSYSTEM
Name des Anmelders: Beck, Wilfried
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 84
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde des Anmelders der europäischen Patentanmeldung Nr. 05780396.7 (Internationale Veröffentlichungsnummer WO 2005/124477 A2) richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Die Entscheidung wurde damit begründet, dass der unabhängige Anspruch 1 gegen die Erfordernisse der Artikel 83, 84 und 123 (2) EPÜ verstößt.

II. Gegen diese Entscheidung legte der Anmelder Beschwerde ein und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erteilung eines Patents auf der Grundlage eines mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchs 1.

III. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung folgenden Mitteilung teilte die Kammer ihre vorläufige Auffassung mit, gemäß der der Anspruch 1 nicht den Erfordernissen der Artikel 123 (2), 83 und 84 EPÜ zu genügen und der Gegenstand der Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit zu beruhen schien.

IV. In Erwiderung auf die Mitteilung der Kammer reichte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Januar 2016 einen neuen Hauptantrag und einen Hilfsantrag ein.

V. Am 10. Februar 2016 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag, hilfsweise dem Hilfsantrag, jeweils eingereicht mit Schreiben vom 28. Januar 2016, zu erteilen.

Nach Schließen der Debatte und Beratung der Kammer verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.

VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:

"Funktionsbefehlsbereitstellungsvorrichtung (11) mit einem Prozessor und einem Speicher

- die in einem der Kommunikation dienenden Gebäudestromnetz (90) angeordnet ist,

ii. wobei das Gebäudestromnetz (90) durch das Aufprägen einer kontrolliert gesteuerten Hilfsspannung vom Energieversorger entkoppelt wird, um die Leitung des Gebäudestromnetzes (90) mit Hilfe einer in den Stromkreis eingeschleiften steuerbaren Spannungsquelle permanent niederohmig zu betreiben und

- wobei die Funktionsbefehlsbereitstellungsvorrichtung (11) mindestens

- ein Funktionsbefehlseingangsmodul (12) umfasst, das Schaltbefehle mindestens eines Hausgeräteschalters (1), der ein Bedienelement zum Schalten mindestens eines mindestens zwei Schaltzustände umfassenden Schalterelementes (3, 5) oder einen Sensor umfasst, identifiziert, wobei das Funktionsbefehlseingangsmodul (12) über das Gebäudestromnetz (90) mit einer Schalterbefehlumsetzungeinheit (4) des Hausgeräteschalters (1) gekoppelt ist, die einem durch das Schalterelement (3) hervorgerufenen Schalterzustand einen passenden und genormten Schaltbefehl mittels eines Prozessors zuweist, den die als Funktionsbefehlseingangsmodul (12) bezeichnete Auswerteeinheit empfängt und erkennt,

- einen Funktionsbefehlszustandsumsetzer (13) umfasst, der den jeweiligen Schaltbefehlen des mindestens einen Hausgeräteschalters (1) mindestens einen Funktionsbefehl und eine Funktionsebene zuordnet,

- eine ein Modulteil umfassende Funktionsbefehlsausgabeeinheit (14) umfasst,

- wobei das Modulteil den zugeordneten Funktionsbefehl an das Gebäudestromnetz (90) abgibt, indem das Modulteil der eine niederohmige Spannungsquelle, die ihre Energie aus einer Verbraucherzuleitung des Gebäudestromnetzes (90) bezieht, darstellenden Funktionsbefehlsausgabeeinheit (14) dem Gebäudestromnetz (90) die betreffenden Schaltbefehle und eine Funktionsebene in Form eines charakteristischen Merkmals einer definierten Anzahl von Schwingungen entweder einer Wechselspannung oder eines Wechselstroms einer Verbraucherzuleitung (91) aufprägt,

- und wobei das Modulteil dem Gebäudestromnetz (90) außerhalb und unabhängig von Nulldurchgängen entweder der Wechselspannung oder des Wechselstroms der reinen Wirkleistung, entweder deren Wechselspannung oder deren Wechselstrom dieser bzw. diesem, wieder auslesbare Informationen als Funktionsbefehl durch Wirkleistungsvariation in der Gestalt von Wirkleistung aufprägt, wobei eine elektrische oder elektronische Schaltung durch Verbraucher in das Gebäudestromnetz (90) eingebrachte kapazitive oder induktive Lastenanteile derart auffängt, dass sie keinen Einfluss auf die im Gebäudestromnetz (90) übermittelte Kommunikation ausüben."

VII. Anspruch 1 des Hilfsantrags lautet:

"Hausgerätesteuerungssystem (100), das mindestens einen Hausgeräteschalter (1), mindestens eine Funktionsbefehlsbereitstellungsvorrichtung (11), mindestens eine Leistungsbereitstellungsvorrichtung (21) und mindestens ein Hausgerät (30) umfasst,

- wobei die mit einen Prozessor und einen Speicher umfassende Funktionsbefehlsbereitstellungsvorrichtung (11) in einem der Kommunikation dienenden Gebäudestromnetz (90) angeordnet ist,

- wobei das Gebäudestromnetz (90) durch das Aufprägen einer kontrolliert gesteuerten Hilfsspannung vom Energieversorger entkoppelt wird, um die Leitung des Gebäudestromnetzes(90) mit Hilfe einer in den Stromkreis eingeschleiften steuerbaren Spannungsquelle permanent niederohmig zu betreiben und

- wobei die Funktionsbefehlsbereitstellungsvorrichtung (11) mindestens

- ein Funktionsbefehlseingangsmodul (12) umfasst, das Schaltbefehle des mindestens einen Hausgeräteschalters (1), der ein Bedienelement zum Schalten mindestens eines mindestens zwei Schaltzustände umfassenden Schalterelementes (3, 5) oder einen Sensor umfasst, identifiziert, wobei das Funktionsbefehlseingangsmodul (12) über das Gebäudestromnetz (90) mit einer Schalterbefehlumsetzungeinheit (4) des Hausgeräteschalters (1) gekoppelt ist, die einem durch das Schalterelement (3) hervorgerufenen Schalterzustand einen passenden und genormten Schaltbefehl mittels eines Prozessors zuweist, den die als Funktionsbefehlseingangsmodul (12) bezeichnete Auswerteeinheit empfängt und erkennt,

- einen Funktionsbefehlszustandsumsetzer (13) umfasst, der den jeweiligen Schaltbefehlen des mindestens einen Hausgeräteschalters (1) mindestens einen Funktionsbefehl und eine Funktionsebene zuordnet,

- wobei eine ein Modulteil umfassende Funktionsbefehlsausgabeeinheit (14) umfasst, wobei das Modulteil den zugeordneten Funktionsbefehl an das Gebäudestromnetz (90) abgibt, indem das Modulteil der eine niederohmige Spannungsquelle, die ihre Energie aus einer Verbraucherzuleitung des Gebäudestromnetzes (90) bezieht, darstellenden Funktionsbefehlsausgabeeinheit (14) dem Gebäudestromnetz (90) die betreffenden Schaltbefehle und eine Funktionsebene in Form eines charakteristischen Merkmals einer definierten Anzahl von Schwingungen entweder einer Wechselspannung oder eines Wechselstroms einer Verbraucherzuleitung (91) aufprägt,

- und wobei das Modulteil dem Gebäudestromnetz (90) außerhalb und unabhängig von Nulldurchgängen entweder der Wechselspannung oder des Wechselstroms der reinen Wirkleistung, entweder deren Wechselspannung oder deren Wechselstrom dieser bzw. diesem, wieder auslesbare Informationen als Funktionsbefehl durch Wirkleistungsvariation in der Gestalt von Wirkleistung aufprägt, wobei eine elektrische oder elektronische Schaltung durch Verbraucher in das Gebäudestromnetz (90) eingebrachte kapazitive oder induktive Lastenanteile derart auffängt, dass sie keinen Einfluss auf die im Gebäudestromnetz (90) übermittelte Kommunikation ausüben,

- wobei die in dem Gebäudestromnetz (90) zwischen einer Funktionsbefehlsbereitstellungsvorrichtung (11) und mindestens einem Hausgerät (30) angeordnete Leistungsbereitstellungsvorrichtung (21) mittels eines von der Funktionsbefehlsbereitstellungsvorrichtung (11) bereitgestellten Funktionsbefehls ansprechbar ist, wozu jedem Schaltbefehl eine zusätzliche Information beigefügt ist, für welche Leistungsbereitstellungsvorrichtung (21) der Funktionsbefehl bestimmt ist, wobei die Leistungsbereitstellungsvorrichtung (21) dazu dient, einen Betriebswert eines Hausgeräts (30) ferngesteuert einzustellen,

- und wobei der Hausgeräteschalters [sic] (1), die Funktionsbefehlsbereitstellungsvorrichtung (11 ) sowie die Leistungsbereitstellungseinheit (21 ) frei programmierbar sind."

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag und Hilfsantrag - Zulässigkeit (Artikel 13 (1) VOBK)

Beide Anträge wurden mit Schreiben vom 28. Januar 2016 weniger als zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung eingereicht. Gemäß Artikel 13 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt. Bei der Ausübung des Ermessens zur Zulässigkeit von Anträgen berücksichtigt die Kammer, gemäß der gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammern, ob diese Anträge prima facie gewährbar sind.

1.2 Anspruch 1 des Hauptantrags sowie des Hilfsantrags enthält das Merkmal, dass

"das Gebäudestromnetz (90) durch das Aufprägen einer kontrolliert gesteuerten Hilfsspannung vom Energieversorger entkoppelt wird, um die Leitung des Gebäudestromnetzes (90) mit Hilfe einer in den Stromkreis eingeschleiften steuerbaren Spannungsquelle permanent niederohmig zu betreiben".

Da der Begriff "entkoppeln" in der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung nicht konkreter definiert ist, muss ihm der technisch übliche Sinngehalt beigemessen werden. Dieser wäre im vorliegenden Fall, dass auf der Seite des Energieversorgers erzeugte Strom- oder Spannungssignale keine Auswirkungen im Gebäudestromnetz entfalten können. Gemäß dem vorgenannten Merkmal soll dieses Ziel durch das Aufprägen einer kontrolliert gesteuerten Hilfsspannung erreicht werden. Da ein Energieversorger jedoch die elektrische Spannung mit einem äußerst niedrigen Quellenwiderstand bereitstellt, ist es unklar, wie mittels einer aufgeprägten Hilfsspannung ihr Einfluss kompensiert werden kann. Denn dazu wäre es nötig, die Hilfsspannung mit einem ähnlich geringen Quellenwiderstand und einer entsprechenden Stromstärke bereitzustellen, wozu eine erhebliche Leistung erforderlich wäre, die üblicherweise nicht in einem Haushalt verfügbar ist und zu deren Bereitstellung in der vorliegenden Anmeldung auch keine Aussage gemacht wird. Weiterhin würde eine vollständige Entkopplung auch bedeuten, dass die vom Energieversorger bereitgestellte Spannung im Gebäudestromnetz nicht verfügbar ist, welches der Funktion eines Gebäudestrom­netzes zuwiderläuft. Insbesondere wenn das Gebäudestromnetz weiterhin seinen Zweck erfüllen soll, ist es somit für den Fachmann unklar, wie in der Praxis eine Entkopplung mittels einer aufgeprägten Hilfsspannung erfolgen soll.

Die Beschreibung liefert diesbezüglich auch keine weiterführenden Angaben.

1.3 Anspruch 1 des Hauptantrags sowie des Hilfsantrags enthält weiterhin das Merkmal, dass

"eine elektrische oder elektronische Schaltung durch Verbraucher in das Gebäudestromnetz (90) eingebrachte kapazitive oder induktive Lastenanteile derart auffängt, dass sie keinen Einfluss auf die im Gebäudestromnetz (90) übermittelte Kommunikation ausüben".

Die in diesem Merkmal genannte Schaltung wird durch ihre Wirkung definiert, einen Einfluss von kapazitiven oder induktiven Lastanteilen, die von Verbrauchern in das Gebäudestromnetz eingebracht sind, auf die im Gebäudestromnetz übermittelte Kommunikation grundsätzlich zu verhindern. Um die Eigenschaften dieser Schaltung bestimmen zu können, ist allerdings Kenntnis darüber erforderlich, wie die eingebrachten induktiven und kapazitiven Lastanteile Einfluss auf die Kommunikation nehmen können, um die Lastanteile entsprechend auffangen zu können.

Gemäß Anspruch 1 des Haupt- und des Hilfsantrags erfolgt die Kommunikation durch das Aufprägen von Wirkleistungsvariationen. Da kapazitive und induktive Lastanteile aber nur Blindleistungsvariationen verursachen können, die unabhängig von Wirkleistungsvariationen sind, ist es für einen Fachmann nicht ersichtlich, wie sie Einfluss auf die Kommunikation erzeugen könnten.

Es sind auch in Anspruch 1 keine Details zur Kommunikation genannt, die Aufschluss darüber geben könnten, wie die kapazitiven oder induktiven Lastanteile Einfluss auf die Kommunikation nehmen könnten und somit auf welche Weise die Schaltung die Lastanteile auffangen sollte.

Auch die Beschreibung der Anmeldung gibt keine weiteren Hinweise zu den Details der Kommunikation oder zur Frage, wie die induktiven und kapazitiven Lastanteile aufgefangen werden sollen, damit sie keinen Einfluss auf die Kommunikation haben. Es ist somit unklar, welche konkrete Eigenschaften die Schaltung hat.

1.4 Anspruch 1 des Hauptantrags sowie des Hilfsantrags sind somit unklar.

1.5 Da Anspruch 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags aus den obigen Gründen nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ zu erfüllen scheint, sind der Hauptantrag und der Hilfsantrag nicht prima facie gewährbar. In Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1) VOBK in Hinblick auf den Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie lässt die Kammer diese Anträge demzufolge nicht zu.

2. Es liegt kein gewährbarer Antrag vor. Somit ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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