European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2015:T009212.20151211 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 11 Dezember 2015 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0092/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02012165.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | A22C 21/02 A22C 21/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zur Vorbereitung von geschlachtetem Geflügel auf das Rupfen | ||||||||
Name des Anmelders: | Linco Food Systems A/S | ||||||||
Name des Einsprechenden: | STORK PMT B.V. | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (ja) Zurückverweisung an die erste Instanz (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 22. November 2011 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 297 748 gemäß Hauptantrag wie erteilt, und Hilfsantrag wie eingereicht während der Verhandlung, wegen mangelnder Neuheit nach Artikel 101(3)b) EPÜ zu widerrufen. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hatte am 13. Januar 2012 Beschwerde eingelegt und am gleichen Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung war am 19. März 2012 eingegangen.
II. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe der mangelnden Neuheit und erfinderischen Tätigkeit, Artikel 100(a), 54 und 56 EPÜ, und mangelnden Ausführbarkeit, Artikel 100(b) EPÜ, gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der in Artikel 100(a) und 54 EPÜ genannte Einspruchsgrund (mangelnde Neuheit) der Aufrechterhaltung des Patents gemäß Haupt- und Hilfsantrag entgegenstünde. Sie hatte dabei unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen berücksichtigt:
E1 = US 3,716,892
E3 = EP 0 140 300 A2
E6 = GB 920,827
E7 = WO 01/74170 A1
III. In einem Bescheid gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung mit, welche am 11. Dezember 2015 stattfand.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des Hauptantrags (Ansprüche 1 bis 20, wie erteilt), hilfsweise im Umfang eines der Hilfsanträge 1 und 2 oder eines der Hilfsanträge RM bzw. R1 bis R23, eingereicht mit Schreiben vom 11 November 2015 und basierend auf früheren Anträgen, wie erläutert auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 11. November 2015. Weitere Anträge sind die Korrekturanträge RK1 und RK2 betreffend Korrekturen in der Beschreibung, wie eingereicht mit Schreiben vom 16. September 2015, die alle Anspruchsanträge ergänzen. Überdies wird Zurückverweisung zur ersten Instanz beantragt, falls einer der Anspruchsanträge als neu angesehen wird.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde, im Falle der Neuheit der Ansprüche des Hauptantrags ebenfalls Zurückverweisung an die erste Instanz, die Nichtzulassung aller übrigen Anträge, und gegebenenfalls Zurückverweisung der übrigen Anträge.
V. Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags haben folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zur Vorbereitung von geschlachtetem Geflügel auf das Rupfen, bei dem die Körper des Geflügels der Wirkung eines Brüheffektes ausgesetzt werden, wobei im unteren Bereich (3) eines Brühraums (2) Wasserdampf (5) eingeleitet wird, dass der Brühraum (2) dabei auf eine vorbestimmte Temperatur aufgeheizt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Körper (9) in den aufgeheizten Brühraum (2) gegeben werden, dass innerhalb des Brühraumes (2) wenigstens eine Strömung des Wasserdampf-Luftgemisches (5') erzeugt wird, und dass die Strömung gegen vorbestimmte Bereiche, an denen sich die Federn schwerer rupfen lassen, als an anderen Bereichen des Körpers, wenigstens eines der Körper (9) des Geflügels gelenkt wird, wobei eine Strömungseinrichtung (11) wenigstens einen Ventilator (12, 12') mit einer das Wasserdampf-Luftgemisch (5') aus dem Inneren des Brühraumes (2) ansaugenden Saugleiter (13, 13') und einer das Wasserdampf-Luftgemisch (5') dem Brühraum (2) gezielt wieder zuführenden Druckleitung (14,14') aufweist."
"10. Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens, insbesondere nach einem der Ansprüche 1 bis 9, mit einem Brühraum (2), einer Einrichtung (4, 4') zum Einleiten von Wasserdampf (5) in den Brühraum (2), wenigstens einem Transportorgan (8) zum Transportieren der Körper (9) des Geflügels durch den Brühraum (2) hindurch, gekennzeichnet durch, daß die Einrichtung (4, 4) zum Einleiten von Wasserdampf (5) im unteren Bereich (3) des Brühraumes (2) angeordnet ist, durch eine Strömungseinrichtung (11) zur Erzeugung wenigstens einer Strömung des Wasserdampf-Luftgemisches (5') innerhalb des Brühraumes (2), und durch eine Lenkeinrichtung zur Lenkung einer Strömung des Wasscrdampf [sic]-Luftgemisches (5') gegen bestimmte Bereiche, an denen sich die Federn schwerer rupfen lassen, als an anderen Bereichen der Körper (9) des Geflügels, wobei die Strömungseinrichtung (11) wenigstens einen Ventilator (12, 12') mit einer das Wasserdampf-Luftgemisch (5) aus dem Inneren des Brühraumes (2) ansaugenden Saugleiter (13, 13') und einer das Wasserdampf-Luftgemisch (5') dem Brühraum (2) gezielt wieder zuführenden Druckleitung (14, 14') aufweist."
VI. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgende Argumente vorgetragen:
E3, E6 und E7 beträfen konzeptionell das Abschaben von Schweinen, die Strömung des Wasserdampfs werde gegen den Schweinekopf und am Schweinekörper entlang nach oben geführt. Die beschriebenen Vorrichtungen seien zur Vorbereitung von Geflügel auf das Rupfen daher ungeeignet, im Falle der E6 würde der Geflügelkopf sogar verbrannt werden und das Geflügel sei dann zum Verzehr unbrauchbar. Eine Lenkung der Strömung gegen die Tierkörper, ganz zu schweigen gegen bestimmte Bereiche von Geflügelkörpern an denen sich Federn schwerer Rupfen ließen, sei E3, E6 und E7 daher nicht zu entnehmen. E1 betreffe zwar Geflügelverarbeitung. Wie aus Fig.12 der E1 ersichtlich, erfolge das Vorbereiten auf das Rupfen aber schon im Brühbereich 174 ("spraying cabinet 174"), gefolgt vom Rupfen in den Sektionen 175, 176. Die Ausführungsform nach den Fig. 9a-9c betreffe eine nachfolgende Sektion 177, die keine Brüheinrichtung, sondern nur eine Befeuchtungseinrichtung umfasse. In jedem Fall offenbare Sp.8, Z.31-33 ("... will not impinge directly upon the birds...") und Fig. 9a-9c der E1 keine direkte Beaufschlagung der Geflügelkörper mit Wasserdampf wie im erteilten Anspruch 10 des Patents gefordert. Anspruch 10 (bzw. Anspruch 1) sei daher neu gegenüber E1, E3, E6 oder E7. Der Hauptantrag sei somit in Hinblick auf Artikel 54 EPÜ gewährbar.
VII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen folgende Argumente vorgetragen:
Anspruch 10 betreffe zwar die Vorbereitung von Geflügel auf das Rupfen. Die Brühräume aus E3, E6 und E7 seien aber durchaus geeignet, um dort anstatt Schweinen jede Art von Geflügel aufzuhängen und entsprechend mit der vorhandenen Strömung des Wasserdampf-Luftgemisches zu beaufschlagen. Die in diesen Dokumenten beschriebene Strömung entlang der Tierkörper treffe im Falle von Geflügel zwangsläufig auch auf Bereiche an denen sich die Federn schwerer rupfen ließen, also genau so, wie in Anspruch 10 gefordert. Außerdem seien entsprechend geeignete Lenkeinrichtungen im Brühraum gegen bestimmte Bereiche der Tierkörper sowohl in E3 (siehe Figur 1: "openings 10"), als auch in E6 (siehe Figur 2: "baffles 23, 23'"), und E7 (siehe Figur 3: dreieckige Leitbleche an den Seitenwänden) offenbart. Darüber hinaus beschreibe E1 explizit Geflügelverarbeitung mit Vorbereitung auf das Rupfen. Im Ausführungsbeispiel der Figuren 9a-9c seien Lenkeinrichtungen ("discharge ducts 157") offenbart, welche die Strömung des Wasserdampf-Luftgemisches" gegen Bereiche der Geflügelkörper führten, an denen sich die Federn schwerer rupfen ließen, denn die in den Figuren 9a-9c gezeigte Vorrichtung diene der Vorbereitung auf den Rupfvorgang. So werde in Sp.8 der E1, Z.33, die heiße Luftströmung nur vorzugsweise gebremst oder zerstreut ("preferably baffled or diffused"), und ansonsten in einer ganz spezifischen Richtung gegen die Körper gelenkt, s. Sp.8 der E1, z. 24ff. ("...at various suitable, ... locations and angles along the length..."). Zudem schreibe Anspruch 10 des Patents auch nicht vor, dass die Strömung direkt auf die Körper treffe. Die Offenbarung aus E1, E3, E6 und E7 nehme den Gegenstand des Anspruchs 10 daher neuheitsschädlich vorweg. Der Hauptantrag sei folglich nicht gewährbar.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Auslegung des Anspruchs 10 (Hauptantrag)
2.1 Die Einspruchsabteilung ist der Ansicht, dass Anspruch 10 nicht auf eine Vorrichtung zur Vorbereitung von geschlachtetem Geflügel auf das Rupfen gerichtet sei. Die Vorrichtung sei deshalb nicht auf eine solche Eignung beschränkt, da Anspruch 10 nur "insbesondere" auf ein Verfahren zur Vorbereitung auf das Rupfen von Geflügel rückbezogen sei, also lediglich fakultativ und daher nicht unbedingt. Die Vorbereitung von geschlachteten Schweinen auf die Verbrühung gemäß Dokument E6 falle aus diesem Grund unter den Wortlaut des Anspruchs 10 wie erteilt, vgl. angefochtene Entscheidung, Seite 4, 2. Absatz.
2.2 Demgegenüber stellt die Kammer aber fest, dass einige der Merkmale des Anspruchs 10 sich ausdrücklich auf die Vorbereitung von Geflügelkörpern auf das nachfolgende Rupfen beziehen:
"...Transportorgan zum Transportieren der Körper (9) des Geflügels durch den Brühraum hindurch, ..."; "Lenkeinrichtung ... gegen bestimmte Bereiche, an denen sich die Federn schwerer rupfen lassen, als an anderen Bereichen der Körper (9) des Geflügels...".
Im Gegensatz zur Auffassung der Einspruchsabteilung betrifft der Gegenstand des erteilten Anspruchs 10 durch diesen Bezug im Kontext unmissverständlich eine konstruktiv angepasste Vorrichtung zur industriellen Vorbereitung von geschlachtetem Geflügel in einem Brühraum auf das Rupfen und nicht etwa von geschlachteten Schweinen im Brühraum auf das Abschaben.
2.3 Die Kammer ergänzt, dass Anspruch 10 durch das Merkmal einer Lenkeinrichtung zudem vorschreibt, die Strömung des Wasserdampf-Luftgemisches differenziert gegen vorbestimmte Bereiche am Geflügelkörper, also gezielt und direkt auf diese Bereiche, zu lenken. Dieses Verständnis des Anspruchswortlauts ist auch von der Patentbeschreibung durchgehend gestützt, vgl. Patent, Absätze 0009, 0010, 0015, 0026 bis 0029, und die Ausführungsbeispiele nach den Figuren 1 bis 6 ("Düsenhalter 15,16", "Düsen 18,20").
Das Argument der Beschwerdegegnerin in Zusammenhang mit dem von ihr genannten Stand der Technik, wonach eine am Tierkörper entlang verlaufende Strömung zwangsläufig auch direkt auf diese Bereiche trifft, geht daher fehl. Eine solche Strömung fällt nicht unter die in Anspruch 10 geforderte Lenkung der Strömung gegen bestimmte Bereiche an denen sich die Federn schwerer rupfen lassen als an anderen Bereichen mittels der in Anspruch 10 beanspruchten Lenkeinrichtung.
3. Neuheit (Hauptantrag)
3.1 Dokument E6
E6 beschreibt eine Vorrichtung zur Aufweichung der Epidermis von Schweinen für das nachfolgende Abschaben der Schweineborsten und Oberhaut ("scraping"), siehe E6, Seite 2, Zeilen 88-112, und Figuren 1 bis 3.
Dennoch ist für die Kammer zu untersuchen, ob sich die z.B. in Figur 2 der E6 gezeigte Brühkammer ("heat insulated treatment chamber 10") vielleicht ebenso für die Geflügelverarbeitung im Sinne des Anspruchs 10 eignet wie von der Beschwerdegegnerin argumentiert. Die Kammer teilt hierzu die gegenteilige Auffassung der Beschwerdeführerin, nämlich dass in der Brühkammer in erster Linie der schwer zu enthaarende Schweinekopf unmittelbar mit Nassdampf beströmt wird. Dies erfolgt einerseits aus dem unter dem Schweinekopf angeordneten und nach oben offenen Wasserbottich ("upwardly open water vat 24") und andererseits über in Längsrichtung verlaufende (siehe E6, Figur 3), knapp unterhalb des Schweinekopfs angeordnete, nach innen gebogene Enden von Leitblechen ("bent lower end 23' of the baffle 23", Seite 2, Zeilen 69-70) zur Wiederverwendung des Wasserdampfs. Dadurch wird der schwer abzuschabende Schweinekopf direkt getroffen: siehe E6, Seite 2, Zeilen 103-107. Wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, wird in E6 also der heiße Wasserdampf über die Länge der Brühkammer vom Kopf des Schweins parallel zum Schweinekörper nach oben gezogen, und, außer gegen den Kopf, jedenfalls nicht gegen differenzierte Bereiche des Tierkörpers gelenkt, ganz zu schweigen gegen bestimmte Bereiche, an denen sich Federn am Körper von Geflügel schwerer rupfen lassen.
3.2 Dokumente E3 und E7
E3 betrifft, so wie E6, das Brühen von Schweinen. Die Strömungszufuhr erfolgt auch hier gegen alle Bereiche des Schweinekörpers von unten (Figur 4) oder seitlich (Figur 1), vgl. E1, Anspruch 2, Seite 2, Zeilen 11-16 ("against all portions"), Seite 3, Zeile 20 bis Seite 4, Zeile 11, Seite 5, Zeile 6-14, und die Figuren 1 bis 4. Der Argumentation der Beschwerdeführerin folgend, betrifft E3 jedenfalls wieder keine differenzierte, sondern über die gesamte Länge des Schweinekörpers verteilte Strömung.
E7 (eine Nachveröffentlichung, deren Inhalt unter Artikel 153(3) EPÜ als Stand der Technik im Sinne von Artikel 54(3) EPÜ gilt) beschreibt eine Schlachttier- Vorreinigungs- und Brühanlage, siehe Zusammenfassung. Wieder sind in den Figuren ausschließlich Schweinekadaver gezeigt, und z.B. auf Seite 6, Zeile 18 genannt. Geflügelverarbeitung ist in E7 nirgends angesprochen. Die Brühvorrichtung 6 weist eine Dampfinjektionsvorrichtung 28 auf, siehe E7, Figuren 1 und 3. Das Brühmedium wird von unten gegen den Schweinekopf geführt, siehe Pfeile 60,62 in Figur 3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin können die in Figur 3 gezeigten dreieckigen Ausbuchtungen nicht unmittelbar und eindeutig als Lenkeinrichtung gegen bestimmte Bereiche im Sinne des Anspruchs 10 wie erteilt interpretiert werden. E7 gibt keine Auskunft zu den in Figur 3 angedeuteten Dreiecken, und schon gar nicht in Bezug auf eine mögliche Eignung zur Beströmung differenzierter Bereiche von Geflügelkörpern. Wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, erfolgt auch in E7 eine parallele Führung eines Wasserdampf-Luftgemisches entlang des in Figur 3 gezeigten Schweinekörpers von unten nach oben.
3.3 Dokument E1
Im Gegensatz zu den vorgenannten Dokumenten E3, E6 und E7 betrifft E1 eine Vorrichtung zur industriellen Verarbeitung von Geflügel, wobei Brühräume zum besseren Lösen der Federn beim Rupfen vorgesehen sind, siehe E1, Zusammenfassung und Spalte 1, Zeilen 16 bis 19.
E1 beschreibt zunächst das Brühen von Geflügel vor dem Rupfen mit einer flüssigen Brühlösung ("liquid scalding solution"). Hierbei wird in der Ausführungsform nach den Figuren 4 und 5 eine flüssige Brühlösung, z.B. Wasser, mittels eines pendelnden Rohrverteilers ("manifold 44") auf das Geflügel aufgebracht, vgl. E1, Spalte 4, Zeile 51 bis Spalte 5, Zeile 9, und die Figuren 4 und 5. Darüber hinaus beschreibt E1 eine Ausführungsform nach den Figuren 9a bis 9c, siehe Spalte 7, Zeile 10, bis Spalte 8, Zeile 43. Diese Ausführungsform betrifft eine Vorrichtung mit einem länglichen Raum 110 ("elongated enclosure 110"). Der längliche Raum 110, durch welchen das Geflügel transportiert wird, weist eine Zuführung eines Wasserdampf-Luftgemisches ("live steam input": s. Spalte 8, Zeilen 20-23) mittels beabstandeter bzw. geneigter Kanäle ("discharge ducts 157") an verschiedenen geeigneten Orten ("various suitable ... locations") in den Raum auf: siehe Spalte 8, Zeilen 24-27 und die Anordnung der "discharge ducts 157" in den Figuren 9b und 9c.
3.4 Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, siehe Figur 12 der E1, dass nach dem Brühbereich 174 ("spraying cabinet 174"), wie dargestellt in den Figuren 4 und 5, bereits das grobe Rupfen in den Sektionen 175 und 176 erfolgt sei, und deshalb die nachfolgende Sektion 177 ("humidity scalding cabinet 177") keine Brüheinrichtung, sondern lediglich eine geheizte Befeuchtungseinrichtung betreffe, vgl. E1, Spalte 9, Zeilen 35-54. Dieses Argument der Beschwerdeführerin überzeugt die Kammer jedoch nicht. Die Sektion 177 kann offenbar auch zusätzlich zwischen dem Brühbereich 174 und den Rupfsektionen 175,176 vorgesehen werden, und der im Ausführungsbeispiel der Figuren 9a bis 9c gezeigte Abschnitt bildet dann explizit einen Brühraum zur Vorbereitung auf das Rupfen, siehe E1, Spalte 7, Zeilen 40-45: "subjected to scalding ... between feather removing steps".
3.5 Die Offenbarung aus Spalte 8, Zeilen 24-43 und den Figuren der E1 bringt für den Fachmann aber nach Ansicht der Kammer nicht unmittelbar und eindeutig zum Ausdruck, ob die Ausgänge der in den Figuren 9b, 9c und 11 gezeigten Kanäle ("discharge ducts 157") nun das Wasserdampf-Luftgemisch zerstreuen, etwa mittels der durchgehend in den Figuren gezeigten kreisförmigen Scheibe ("circular plate 158"), oder nicht. Auch der beschriebene Austritt an verschiedenen geeigneten Stellen ("discharged at various suitable ... locations") gibt hierzu keine eindeutige Auskunft, und erst recht nicht zu schwerer oder leichter rupfenden Bereichen am Geflügelkörper.
Aus diesem Grund offenbart das Dokument E1 in der Ausführungsform nach den Figuren 9a bis 9c und 11 auch nicht eindeutig und unmittelbar, bestimmte schwerer zu rupfende Bereiche der Geflügelkörper mit der Strömung des Wasserdampf-Luftgemisches gezielt und direkt zu beaufschlagen, vgl. oben Punkt 2.3 zur Auslegung des Anspruchs 10.
3.6 Zusammenfassend kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass sich die Vorrichtung zur Vorbereitung von geschlachtetem Geflügel auf das Rupfen nach Anspruch 10 wie erteilt in jedem Fall von der Offenbarung der im Beschwerdeverfahren angezogenen Dokumente E1, E3, E6, oder E7 dadurch unterscheidet, dass im Brühraum eine Lenkeinrichtung zur Lenkung einer Strömung des Wasserdampf-Luftgemisches gegen bestimmte Bereiche, an denen sich die Federn schwerer rupfen lassen als an anderen Bereichen der Körper des Geflügels, vorgesehen ist.
Der Gegenstand des Anspruchs 10 wie erteilt ist daher neu.
3.7 Für den unabhängigen, erteilten Verfahrensanspruch 1, der im Wesentlichen die Funktionsweise der Vorrichtung nach Anspruch 10 definiert und dessen Merkmale den Merkmalen des Vorrichtungsanspruchs 10 entsprechen, gelten die vorstehenden Ausführungen zur Neuheit gegenüber den bekanntgewordenen Dokumenten in gleicher Weise.
3.8 Die Ansprüche des Hauptantrags erfüllen somit die Erfordernisse der Artikel 100a) und 54 EPÜ.
4. Zurückverweisung
Die Einspruchsabteilung hat den Hauptantrag nur in Hinblick auf die Erfordernisse der Artikel 100 a) und 54 EPÜ geprüft. Ob der Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags ausführbar und erfinderisch ist, wurde bislang noch nicht untersucht.
Die Parteien haben in diesem Zusammenhang übereinstimmend eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung beantragt.
Die Kammer hat deshalb beschlossen, von ihrer Befugnis gemäß Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch zu machen und die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen. Eine Entscheidung über die gestellten Korrekturanträge RK1 und RK2 erscheint im derzeitigen Verfahrensstadium aus Sicht der Kammer daher verfrüht. Da der Hauptantrag die Erfordernisse der Neuheit erfüllt, erübrigt sich für die Kammer die gestellten Hilfsanträge zu berücksichtigen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.