T 0082/12 () of 21.3.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T008212.20170321
Datum der Entscheidung: 21 März 2017
Aktenzeichen: T 0082/12
Anmeldenummer: 02014536.3
IPC-Klasse: F01D 5/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Rotor für eine rotierende thermische Maschine sowie Verfahren zum Herstellen eines solchen Rotors
Name des Anmelders: General Electric Technology GmbH
Name des Einsprechenden: Siemens Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Spät vorgebrachte Argumente - zugelassen (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 11. November 2011, in der festgestellt wurde, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen das Patent mit der Nummer 1 378 629 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.

II. Auf folgenden Stand der Technik wird von der Beschwerdeführerin (Einsprechende) Bezug genommen.

D1: DE 196 27 386 A1,

D3: US 3 765 795,

D4: US 6 152 697,

D5: US 5 796 202,

D6: CH 234 848,

D8: WO 1996/018 810 A1,

D9: US-A-5 388 963,

D10: DE-A-33 25 291,

D11: EP-A-1 061 233,

P1: EP-A-0 556 514.

III. In einer Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Regel 100 (2) EPÜ hat die Kammer die Parteien über ihre vorläufige Beurteilung der Sache informiert. Demnach schien die Beschwerde aus folgenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg zu haben. Der Gegenstand von Anspruch 1 schien ausgehend von D6 als nächstliegendem Stand der Technik unter Berücksichtigung von D1 und D3 auf erfinderischer Tätigkeit zu beruhen. Hinsichtlich der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Dokumente D9, D10 und D11 bemerkte die Kammer unter anderem, dass die Dokumente nicht relevanter zu sein schienen, als die schon im Verfahren befindlichen D1 und D3. Die Einwände der Beschwerdeführerin beruhend auf D1 und D3 als nächstliegendem Stand der Technik erschienen nicht überzeugend und auch ausgehend von D9 oder D10 schienen sich keine anderen Schlussfolgerungen zu ergeben. Ein auf D4 beruhender Einwand wurde als nicht substantiiert angesehen.

IV. Mit ihren Schreiben vom 11. Juli 2016 bzw. 18. Juli 2016 haben die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) Stellung zu der Mitteilung der Kammer genommen.

V. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) stellt explizit keinen Antrag. Sie hat nur den Einwänden der Beschwerdeführerin schriftlich widersprochen.

VII. Keine der Parteien hat eine mündliche Verhandlung beantragt.

VIII. Anspruch 1 hat folgenden folgenden Wortlaut:

"Rotor (20, 30) für eine rotierende thermische Maschine, insbesondere eine Hochtemperatur-Dampfturbine, welcher Rotor (20, 30) aus mehreren, in axialer Richtung hintereinander angeordneten und miteinander fest verbundenen Schmiedestücken (21, 22; 31, 32) zusammengesetzt ist, die aus unterschiedlichem, der jeweiligen thermischen Belastung angepasstem Material bestehen, wobei die Schmiedestücke (21, 22; 31, 32) miteinander verschraubt sind, wobei der Rotor (20, 30) Schmiedestücke (21; 31) umfasst, welche aus einem hochfesten Stahl bestehen, und der Rotor (20, 30) Schmiedestücke (22; 32) umfasst, welche aus einer hochtemperaturfesten Legierung, insbesondere auf Ni-Basis, bestehen, und wobei die Verschraubung der Schmiedestücke (21, 22; 31, 32) mittels Schrauben (26, 36) erfolgt, welche in axialer Richtung angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Verschraubung der Schmiedestücke (21, 22; 31, 32) als innenliegende

Verschraubung ausgebildet ist und

dass bei zwei miteinander verschraubten Schmiedestücken (21, 22) beide Schmiedestücke (21, 22) jeweils einen nach innen in einen innenliegenden Zwischenraum (23) vorstehenden, koaxialen Flansch (21', 22') mit axialen Durchgangsbohrungen (24, 25) aufweisen, und dass die beiden Schmiedestücke (21, 22) mittels durch die Durchgangsbohrungen (24, 25) gesteckter Schrauben (26) und entsprechender Muttern (27) miteinander verschraubt sind."

Anspruch 6 betrifft ein "Verfahren zum Herstellen eines Rotors nach Anspruch 5" wobei Anspruch 5 auf einen Rotor nach Anspruch 1 gerichtet ist. Die weiteren Merkmale der Ansprüche 5 und 6 sind für die hier zu treffende Entscheidung nicht relevant, weswegen auf ihre Wiedergabe verzichtet wird.

IX. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass Anspruch 1 nicht auf Hochtemperatur-Dampfturbinen eingeschränkt sei, sondern Rotoren für thermische Maschinen im allgemeinen umfasse. Deshalb würde der Fachmann mit Blick auf den Gegenstand des Patents bei der Beurteilung erfinderischer Tätigkeit stationäre Turbinenanlagen und mobile Turbinentriebwerke gleichermaßen berücksichtigen. Dem Fachmann sei weiterhin bekannt, dass Rotoren thermischer Maschinen neben den Anforderungen an ihre Festigkeit und, insbesondere bei Fluggasturbinen, an ihr Gewicht auch thermischen Belastungen standhalten müssten, was die Verwendung teurer hochtemperaturfester Legierungen erfordere.

In der Beschwerdebegründung trägt sie weiter vor, dass der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von D6 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit D1 oder D3 nahegelegt sei, wobei ergänzend auch D11 zu berücksichtigen sei. Ebenso sei sein Gegenstand ausgehend von D6 in Kombination mit D9 oder D10 nahegelegt.

In ihrem Schreiben vom 11. Juli 2016 argumentiert die Beschwerdeführerin hingegen, dass D6 nur relevant bei Betrachtung des erteilten Anspruchs 1 sei; für den im Einspruchsverfahren geänderten Anspruch 1 entfalle D6 als nächstliegender Stand der Technik.

Vielmehr sei D1 oder D3 (oder D8, D9 oder D10) nächstliegender Stand der Technik für den geänderten Anspruch. Sein Gegenstand unterscheide sich von jedem der aus D1, D3, D8, D9 oder D10 bekannten Rotoren für thermische Maschinen nur durch die Verwendung unterschiedlichen Materialien für zwei Schmiedestücke des Rotors, nämlich eines hochfesten Materials für ein erstes Schmiedestück und eines hochtemperaturfesten Werkstoffs für ein zweites Schmiedestück.

Bei der Auslegung der aus diesen Dokumenten bekannten thermisch stark belasteten Rotoren für thermische Maschinen müsse der Fachmann in der Regel auf teure hochtemperaturfeste Materialien zurückgreifen. Die thermischen Maschine enthielten aber auch Rotorbauteile, die nicht unmittelbar starken thermischen Belastungen ausgesetzt seien und bei denen folglich günstigere Materialien eingesetzt werden könnten, die nur den Anforderungen an die Festigkeit und gegebenenfalls an das Gewicht unterworfen wären. Eine objektive Aufgabe könne also darin gesehen werden, besonders preiswerte Rotoren für thermische Maschinen herzustellen.

Die Lösung werde durch D6, insbesondere Seite 2, Zeilen 30 bis 35, und durch D4 nahegelegt.

Darüber hinaus sei der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von D4 nahegelegt. Dies wurde bereits im schriftlichen Verfahren vor der Einspruchsabteilung vorgetragen wurde, siehe insbesondere die Schreiben vom 20. Februar 2008 und vom 6. September 2011.

Die Merkmale von Anspruch 5 seien aus D10 bekannt. Verfahrensanspruch 6 enthalte in Anbetracht der naheliegenden Vorrichtungsmerkmale nur triviale Verfahrensschritte.

Entscheidungsgründe

1. Der angefochtenen Entscheidung und der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nach hat die Beschwerdeführerin gegen den geänderten Anspruch 1 nur einen Einwand unter Artikel 56 EPÜ 1973 ausgehend von D6 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit D1 oder D3 und dem allgemeinen Fachwissen (oder unter anderem D4) vorgetragen, der die Einspruchsabteilung nicht überzeugt hat.

2. In ihrer Beschwerdebegründung trägt die Beschwerdeführerin Argumente vor, mit der sie die Begründung der Einspruchsabteilung zu widerlegen sucht. Außerdem erhebt sie weitere Einwände ausgehend von D6 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit D9 oder D10 sowie ausgehend von D1, D3, D9 oder D10 oder ausgehend von D4 als nächstliegendem Stand der Technik.

3. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D6 als nächstliegendem Stand der Technik

3.1 Die Kammer hat in der Mitteilung nach Regel 100 (2) EPÜ dargelegt, warum der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von D6 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit D1 oder D3 nicht naheliegend zu sein schien.

Dazu hat sie ausgeführt, warum die von der Beschwerdeführerin formulierte Aufgabe auf Grundlage des Merkmals am Ende von Anspruch 1, betreffend die Verschraubung zweier nebeneinander angeordneter Schmiedestücke an in den Innenraum zwischen ihnen hineinragende Flansche, welches unter anderem unstreitig den Gegenstand von Anspruch 1 von D6 abgrenzt, keine objektive Aufgabe zu sein schien. Eine objektive Aufgabe hinsichtlich dieses Merkmals schien nach Meinung der Kammer eher darin zu bestehen, eine alternative Art der Verschraubung zweier nebeneinander liegender Schmiedestücke eines Rotors einer Gas- oder Dampfturbine bereitzustellen.

Die Kammer hat, ähnlich wie in der Begründung der angefochtenen Entscheidung (vgl. Seite 8, zweiter vollständiger Absatz) weiter dargelegt, warum eine entsprechende Verschraubung an einem Flansch, der in einen geschlossenen Zwischenraum zwischen zwei nebeneinander liegenden Schmiedestücken nach D6 hineinragt, nach dem Beispiel der D1 oder D3 nicht möglich wäre, ohne dass weitere Änderungen an den Schmiedestücken der D6 vorgenommen werden müssten und dass diese notwendigen weiteren Änderungen ein komplett neues Design für die Rotoren der D6 und damit der gesamten Maschine bedeuteten, wobei der dafür benötigte Entwicklungsaufwand den Rahmen einer routinemäßigen Anpassung und damit das vorauszusetzende fachmännische Handeln übersteige.

Außerdem hat die Kammer in ihrer Mitteilung dargelegt, dass D9 und D10 im wesentlichen Anordnungen zu offenbaren schienen, die im Hinblick auf die relevanten Merkmale denen der D1 und D3 sehr ähnlich seien und daher selbst im Hinblick auf die Begründung in der angefochtenen Entscheidung, die nur die Kombination von D6 mit D1 oder D3 zum Gegenstand hatte, offensichtlich zu keiner anderen Beurteilung führen könnten. An dem Problem, dass die notwendigen Änderungsmaßnahmen über routinemäßige Anpassungen hinausgehen (siehe oben), änderte sich nichts. D11 betreffe offensichtlich eine andere Art der Verschraubung ohne vorstehende nach innen ragende Flansche.

3.2 Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Schreiben vom 11. Juli 2016 in Antwort auf die Mitteilung der Kammer hinsichtlich der hier oben zusammengefassten vorläufigen Meinung keine Gegenargumente vorgetragen. Sie argumentierte statt dessen, dass D6 nur für Anspruch 1 des Patents in seiner erteilten Fassung, nicht aber für den vorliegenden geänderten Anspruch 1, als nächstliegender Stand der Technik anzusehen wäre. Aus der detaillierten Merkmalsanalyse, die die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vorgenommen hat, geht darüber hinaus auch hervor, dass die mit der Beschwerde eingereichten D9 und D10 nicht relevanter als D1 und D3 hinsichtlich der Merkmale von Anspruch 1 sind. Diese Merkmalsanalyse zeigt nämlich, dass D9 und D10 nicht mehr Merkmale des Anspruchs 1 offenbaren, als D1 oder D3. Es wurde auch an keiner anderen Stelle vorgetragen, dass D9 oder D10 relevanter wären als D1 oder D3. (Das gleiche gilt im übrigen auch für D8 und P1, siehe hierzu auch unten Punkt 5). D11 wird in diesem Schreiben überhaupt nicht mehr erwähnt.

3.3 Die Kammer hat daher keinen Grund ihre vorläufige Meinung zu ändern und bestätigt diese hiermit. Der Gegenstand von Anspruch 1, der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegt, ist ausgehend von D6 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit D1, D3, D9, D10 oder D11 nicht nahegelegt.

4. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D1, D3, D9 oder D10 als nächstliegendem Stand der Technik.

4.1 Der Einwand der Beschwerdeführerin beruht darauf, dass sich der Rotor nach Anspruch 1 von jedem der aus D1, D3, D9 und D10 bekannten Rotoren durch die Materialwahl für die beiden Schmiedestücke unterscheide, nämlich dass die Schmiedestücke aus unterschiedlichem, der jeweiligen thermischen Belastung angepasstem Material bestehen und dass der Rotor dabei Schmiedestücke umfasst, welche aus einem hochfesten Stahl bestehen, und Schmiedestücke, welche aus einer hochtemperaturfesten Legierung bestehen.

Obwohl die angefochtene Entscheidung Zweifel aufkommen lässt, dass diese Merkmale gegenüber den genannten Entgegenhaltungen die einzigen unterscheidenden Merkmale sind - im vorletzten Absatz auf Seite 8 der Entscheidung wurde zum Beispiel hinsichtlich D1 festgestellt, dass der dort offenbarte Rotor die Verschraubung der Rotorscheiben nicht mittels einer Schraube und einer Mutter erfolgt, sondern mittels Dehnbolzen und zweier Muttern, was in der Merkmalsanalyse der Beschwerdeführerin bzw. der Feststellung der unterscheidenden Merkmale und der Definition der zu lösenden Aufgabe bei dem hier behandelten Einwand überhaupt keine Berücksichtigung findet - wird zum Vorteil der Beschwerdeführerin angenommen, dass dies so ist.

4.2 Die Kammer findet allerdings, wie sie ebenfalls in ihrer Mitteilung dargelegt hat, dass die von der Beschwerdeführerin formulierte Aufgabe nicht objektiv ist. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin bestünde die objektive Aufgabe darin, einen besonders preiswerten Rotor für eine thermische Maschine bereitzustellen, bei dem die Rotorscheiben aus einem besonders kostengünstigen, aber hinreichend temperatur- und korrosionsbeständigen Material gefertigt seien.

Dieser Formulierung liegt offensichtlich die Annahme zugrunde, dass die aus den genannten Entgegenhaltungen bekannten Rotoren alle aus teuren hochtemperaturfesten Werkstoffen gefertigt sein müssen. Dies begründet die Beschwerdeführerin damit, dass der Fachmann die auftretenden thermischen und mechanischen Belastungen in jedem Fall bei seiner Materialwahl bei jedem der bekannten Rotoren berücksichtigen müsse und, da es sich um Rotoren für thermische Anlagen handele, entsprechend Materialien, die hohen Temperaturen widerstehen müssen, zur Anwendung kämen. Dies gelte nicht nur für stationäre Dampf- oder Gasturbinenanlagen sondern treffe insbesondere auch auf die in D1, D3, D9 und D10 offenbarten Rotoren für Fluggasturbinen zu.

4.3 Die Kammer findet für diese Annahme keine Grundlage in D1, D3, D9 und D10. Anhand der Merkmalsanalyse, die die Beschwerdeführerin vorgelegt hat, kann die Kammer nicht erkennen, dass die jeweils in D1, D3, D9 und D10 offenbarten Laufradscheiben aus teuren hitzebeständigen Werkstoffen gefertigt sein müssen. Auch wenn es zutrifft, dass solche Turbinentriebwerke Rotorabschnitte aufweisen, die besonders hohen Temperaturen ausgesetzt sind, wurde nicht nachgewiesen, dass die jeweiligen Entgegenhaltungen sich spezifisch mit Rotoren für diese Abschnitte befassen.

In ihrer Mitteilung hatte die Kammer nämlich explizit darauf hingewiesen, dass zum Beispiel D3 speziell den Rotor eines Kompressors einer Fluggasturbine betreffe. (siehe z.B. die Zusammenfassung und Figuren 1 und 2 der D3). Ein solcher Kompressor ist vor der Brennkammer des Triebwerks angeordnet und wird im Betrieb von Umgebungsluft, d.h. einem kaum als korrosiv anzusehendem Medium niedriger Temperatur, durchströmt. Die Beschwerdeführerin hat dem nicht widersprochen. In D3 findet der Fachmann demnach keinen Hinweis, außer durch rückschauende Betrachtung in Kenntnis der Erfindung, der die oben zusammengefassten Annahmen der Beschwerdeführerin über die Verwendung teurer hochtemperaturfester Materialien rechtfertigt.

Aus der Merkmalsanalyse und dem begleitenden Vortrag der Beschwerdeführerin ist auch nicht erkennbar, dass die Annahme der Verwendung speziell hochtemperaturfester Legierungen hinsichtlich der Rotoren aus D1, D9 oder D10 gerechtfertigt wäre.

4.4 Aber selbst wenn man zum Vorteil der Beschwerdeführerin annähme, dass das Problem, welches sie formuliert hat, ein objektives Problem wäre, wäre die vorgetragene Begründung über das Naheliegen der Lösung nicht überzeugend, wie die Kammer auch in ihrer Mitteilung ausgeführt hat. Es ist für den Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens und/oder unter Berücksichtung der D4 oder D6, die unzweifelhaft eine differenzierte Werkstoffwahl für entsprechende Rotorabschnitte einer Turbine offenbaren, nämlich nicht naheliegend, zur kostengünstigeren Herstellung des Rotors eines Fluggasturbinen-Kompressors nach D3, der wie erwähnt auf Grund seiner Anordnung in einer Fluggasturbine überhaupt nicht von heißen Gasen durchströmt wird, einen solchen Rotor aus unterschiedlichen Werkstoffen herzustellen, wobei zusätzlich zu einem (möglicherweise kostengünstigeren) hochfesten Werkstoff in einer Rotorscheibe ein teurer hochtemperaturfester Werkstoff in einer zweiten Rotorscheibe verwendet wird. In ihrer Antwort auf die Mitteilung der Kammer hat die Beschwerdeführerin speziell hierzu nichts weiter vorgetragen. Sie hat auch nicht vorgetragen, warum die Kammer ausgehend von D1, D9 oder D10 zu einer anderen Beurteilung kommen müsste als ausgehend von D3.

Die Kammer sieht daher keinen Grund von ihrer vorläufigen Meinung, wonach der Gegenstand von Anspruch ausgehend von D1, D3, D9 oder D10 als nächstliegendem Stand der Technik nicht nahegelegt zu sein scheint, abzuweichen und bestätigt diese hiermit.

5. In der Antwort der Beschwerdeführerin auf die Mitteilung der Kammer weitet die Beschwerdeführerin die in der Beschwerdebegründung erhobenen Einwände unter Artikel 56 EPÜ 1973 dahingehend aus, dass auch noch auf D8 und P1 als nächstliegender Stand der Technik Bezug genommen wird.

Dies stellt nach Artikel 13 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) eine Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin dar.

Auf Grundlage der Merkmalsanalyse im Schreiben vom 11. Juli 2016 ist prima facie nicht erkennbar, dass ein entsprechender Einwand ausgehend von D8 oder P1 relevanter wäre als ein Einwand, der von einem der Dokumente D1, D3, D9 oder D10 als nächstliegender Stand der Technik ausgeht, da gemäß der Merkmalsanalyse alle diese Entgegenhaltungen jeweils nur die gleichen Merkmale des Anspruchs 1 offenbaren (vgl. oben Punkt 3.2). Es wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht vorgetragen, dass D8 oder P1 relevanter wäre.

Darüber hinaus wurde kein Grund angegeben, warum auf D8 und P1, die bereits im Verfahren vor der Einspruchsabteilung bekannt waren, erst so spät im Verfahren vor der Beschwerdekammer Bezug genommen wird. Noch dazu hatte die Beschwerdeführerin am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung angegeben, dass sie neben dem Einwand ausgehend von D6 als nächstliegender Stand der Technik keine weiteren Einwände zur erfinderischen Tätigkeit habe (vgl. Niederschrift über die Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, Seite 4, drittletzter Absatz).

Die Kammer übt daher das ihr nach Artikel 13 (1) VOBK gegebene Ermessen dahingehend aus, die Änderung des Vorbringens beruhend auf D8 und P1 nicht in das Verfahren zuzulassen.

6. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D4

In ihrer Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf zwei vorausgegangene Schreiben im Einspruchsverfahren auf einen Einwand zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D4 als nächstliegendem Stand der Technik verwiesen.

Unter Bezug auf Artikel 12 (2) und (4) VOBK hat die Kammer in ihrer Mitteilung dargelegt, dass ein entsprechender Einwand im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert wurde und dass eine Bezugnahme allein auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren, der zudem bereits vor der Einspruchsabteilung auf die Nachfrage des Vorsitzenden hätte vorgebracht werden können und müssen, dafür nicht ausreichend sei. Anspruch 1 wurde nämlich während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung erstmals geändert. Die von der Beschwerdeführerin erwähnten früheren Eingaben, auf die unter Punkt 3.4 der Beschwerdegründe Bezug genommen wird, enthalten nichts zu dieser Merkmalskombination.

Eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin zu den Ausführungen der Kammer in ihrer Mitteilung ist nicht erfolgt, so dass die Kammer keinen Grund hat, von ihrer vorläufigen Beurteilung abzuweichen und bestätigt diese

hiermit.

Dabei ist es irrelevant, dass die Einspruchsabteilung den Eindruck vermittelt haben könnte, dass D6 der erfolgversprechendste Ausgangpunkt für einen Einwand sei, während D4 nicht zum Ziel führen würde. Selbst wenn dem so gewesen sein sollte, hätte die Beschwerdeführerin einen vollständig begründeten Einwand ausgehend von D4 als nächstliegendem Stand der Technik und bezogen auf den geänderten Anspruch 1 (und nicht auf den erteilten Anspruch 1, der ihren zitierten Schreiben im Einspruchsverfahren zugrunde lag) mit ihrer Beschwerdebegründung vorlegen müssen.

7. Anspruch 6 betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Rotors nach Anspruch 5, wobei Anspruch 5 auf Anspruch 1 rückbezogen ist. Somit ist Anspruch 6 auf ein Verfahren gerichtet, das der Herstellung eines Rotor mit unter anderem allen Merkmale von Anspruch 1 dient. Folglich und aus den entsprechenden Gründen wie oben dargelegt, kann sein Gegenstand ebenfalls nicht durch die vorgetragenen Kombinationen von Dokumenten und/oder das allgemeine Fachwissen als nahegelegt angesehen werden.

8. Zusammengefasst hat die Beschwerdeführerin die Kammer auf Grundlage der vorgetragenen Einwände nicht davon überzeugt, dass das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ 1973 hinsichtlich der geänderten Ansprüche nicht erfüllt wäre. Die Kammer sieht daher keinen Grund, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und weist daher die Beschwerde als unbegründet zurück.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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