T 0040/12 () of 24.10.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T004012.20141024
Datum der Entscheidung: 24 October 2014
Aktenzeichen: T 0040/12
Anmeldenummer: 04292936.4
IPC-Klasse: B60H 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Heizungs- oder Klimatisierungseinrichtung mit Trommelklappe
Name des Anmelders: Behr France Rouffach SAS
Name des Einsprechenden: VALEO SYSTEMES THERMIQUES S.A.S.
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
Schlagwörter: Änderungen - unzulässige Erweiterung (nein)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchabteilung, mit der der gegen das europäische Patent Nr. 1 669 223 eingelegte Einspruch zurückgewiesen wurde.

II. Der Einspruch war auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) und 100 c) EPÜ 1973 gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des europäischen Patents nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (EP-A-1 669 223: D0) hinausgeht und dass der Gegenstand der erteilten Ansprüche neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

III. Folgendes Dokument des Einspruchsverfahrens hat in diesem Beschwerdeverfahren eine Rolle gespielt:

D01: EP-A-1 013 491.

IV. Am 24. Oktober 2014 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in beschränkter Form auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2014 eingereichten Hauptantrags.

V. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Heizungs- oder Klimatisierungseinrichtung insbesondere für ein Kraftfahrzeug mit einem in einem Gehäuse (2) angeordneten ersten Wärmetauscher und/oder einem zweiten Wärmetauscher (5), einer als Mischklappe dienenden Trommelklappe (7), die nach dem ersten und/oder nach dem zweiten Wärmetauscher im Bereich des Eintritts eines ersten und eines zweiten Luftkanals (9, 8) in einen Mischraum (10) angeordnet ist, wobei die Trommelklappe (7) im Bereich mindestens einer Längskante (16) ihres teilhohlzylindrischen Bereichs (15) einen abstehenden Bereich (17) aufweist, welcher in einer Endstellung der Trommelklappe (7) einen in Strömungsrichtung vor dem Mischraum (10) liegenden Durchlass (18) zwischen dem ersten Luftkanal (9) und dem zweiten Luftkanal (8) abdeckt dadurch gekennzeichnet, dass der Durchlass (18) derart im Gehäuse ausgebildet ist, dass er den Abmessungen des abstehenden Bereichs (17) entspricht, wobei die Trommelklappe (7) an beiden Längskanten (16) einen abstehenden Bereich (17) aufweist, sich der abstehende Bereich (17) nur über einen Teil der Längskante (16) der Trommelklappe (7) erstreckt, der abstehende Bereich (17) mittig bezüglich der Längskante (16) der Trommelklappe (7) angeordnet ist und sich der abstehende Bereich (17) in radialer Richtung nach außen erstreckt und der abstehende Bereich (17) eine im Wesentlichen rechteckförmige Gestalt aufweist."

VI. Zur Stützung ihres Antrags brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vor:

Obwohl die Beschwerdegegnerin im kennzeichnenden Teil des vorliegenden Anspruchs 1 das Merkmal des kennzeichnenden Teils des erteilten Anspruchs 1 (Merkmal 1.8 gemäß der von der Einspruchsabteilung vorgenommenen Merkmalsgliederung) mit den Merkmalen der abhängigen Ansprüche 2 bis 6 kombiniert habe, stelle diese Kombination immer noch eine unzulässige Änderung dar (Artikel 100 c) EPÜ 1973 und Artikel 123(2) EPÜ).

Der Wortlaut des Merkmals 1.8 ("der Durchlass (18) [ist] derart im Gehäuse ausgebildet, dass er den Abmessungen des abstehenden Bereichs (17) entspricht") sei durch die von der Beschwerdegegnerin als Offenbarungsquelle angegebene Textstelle (Absatz [0023] der Anmeldung EP-A-1 669 223: D0) nicht gestützt. Die als Grundlage zitierte ursprüngliche Textstelle (Absätze [0021] bis [0023] von D0) beschreibe ein ganz spezifisches Beispiel, wobei der abstehende Bereich sich nur über einen Teil der Länge der Längskanten der Trommelklappe erstrecke und das Gehäuse entsprechend komplementär ausgebildet sei. Im oberen und im unteren Viertel der Längskanten sei kein abstehender Bereich vorhanden. Dies führe dazu, dass in den seitlichen Bereichen der Trommelklappe kein entsprechender Durchlass vorgesehen sei und zwar für sämtliche Zwischenstellungen der Trommelklappe (D0: Spalte 4, Zeilen 53 bis 57). Da das Merkmal 1.8 des Anspruchs 1 diese Einschränkungen für das Gehäuse nicht enthalte, gehe der Gegenstand des Anspruchs 1 über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung D0 hinaus.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Inhalt des Dokuments D01. Die Ausbildung des abstehenden Bereichs und des Gehäuses gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 ergebe sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Lehre des Dokuments D01. In den Figuren 1 bis 6 von D01 werde gezeigt, dass die Ausgestaltung des Durchlasses 158, 160 variieren könne. Durch eine entsprechende Ausbildung der Trommelklappe 144 zusammen mit einer dazu passenden Ausbildung des Gehäuses 22 könnten verschiedene Formen des Durchlasses erzielt werden. Insbesondere zeige die Figur 4 von D01 einen mittigen und nahezu rechteckigen Durchlass 158. Die technische Lehre von D01 sei nicht auf die gezeigten Beispiele begrenzt und es sei für den Fachmann offensichtlich, dass die Form und die Realisierung des Durchlasses angepasst werden könne. Insbesondere sei für den Fachmann naheliegend, den als Rücksprung 148 in der Trommelklappe 144 gebildeten Durchlass alternativ als Aussparung im Gehäuse 22 zu verwirklichen. Bei der im Anspruch 1 beanspruchten Konstruktion handele es sich somit lediglich um eine naheliegende Variante.

VII. Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin lassen sich die Gegenargumente der Beschwerdegegnerin, soweit sie für die vorliegende Entscheidung von Relevanz sind, wie folgt zusammenfassen:

Das Merkmal gemäß dem kennzeichnenden Teil des erteilten Anspruchs 1 (Merkmal 1.8) schreibe vor, dass der Durchlass derart im Gehäuse ausgebildet sei, dass er den Abmessungen des abstehenden Bereichs entspreche. Durch die Aufnahme der Merkmale der abhängigen Ansprüche 2, 3, 4, 5 und 6 des erteilten Patents in den Anspruch 1 seien sämtliche in Zusammenhang mit der Gestaltung des Durchlasses offenbarte Merkmale der Textpassage der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen (vgl. Absätze [0021] bis [0023] von D0: EP-A-1 669 223) im Anspruch 1 enthalten. Diese Merkmale definierten in Kombination mit dem Merkmal 1.8, wie der Durchlass im Gehäuse ausgebildet sei, nämlich als Aussparung im Gehäuse mit den entsprechenden Abmessungen. In den Figuren, beispielsweise in der Figur 1 und in der Figur 7, sei zu erkennen, dass der Durchlass gemäß dem kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 derart im Gehäuse 1 ausgebildet sei, dass er den Abmessungen des abstehenden Bereichs der Mischklappe entspreche. Die von der Beschwerdeführerin erwähnten zusätzlichen Beschränkungen seien nicht notwendig. Entsprechend liege keine unzulässige Änderung vor und es sei keine Zwischenverallgemeinerung entstanden.

Die beanspruchte Ausbildung des Durchlasses als Bestandteil des Gehäuses sei sehr spezifisch und werde in Kombination mit der Ausbildung der Trommelklappe durch den aus D01 bekannten Stand der Technik nicht nahegelegt. Die diesbezügliche Auffassung der Einspruchsabteilung sei zu bestätigen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 100 c) EPÜ 1973 und Artikel 123 EPÜ)

Der vorliegende Anspruch 1 ergibt sich aus der Kombination der Ansprüche 1, 2, 3, 4, 5 und 6 des Streitpatents in der erteilten Fassung.

Das Merkmal gemäß dem kennzeichnenden Teil des erteilten Anspruchs 1 (Merkmal 1.8) verlangt, dass der Durchlass derart im Gehäuse ausgebildet ist, dass er den Abmessungen des abstehenden Bereichs entspricht. Durch die Aufnahme der Merkmale der abhängigen Ansprüche 2, 3, 4, 5 und 6 des erteilten Patents in den Anspruch 1 sind die radialen und axialen Abmessungen der jeweiligen im Wesentlichen rechteckigen, abstehenden Bereiche eindeutig definiert. Wenn der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 auf der einen Seite festlegt, dass der Durchlass im Gehäuse den Abmessungen des abstehenden Bereichs entspricht und auf der anderen Seite präzisiert, um welche Abmessungen des abstehenden Bereichs es sich handelt, dann ist implizit, dass der Durchlass als Aussparung im Gehäuse und die jeweiligen abstehenden Bereiche der Trommelklappe hierzu komplementär gestaltet sind. Es bleibt somit kein Raum für das Vorhandensein von vermeintlichen, zusätzlichen seitlichen Durchlässen zwischen Gehäuse und Trommelklappe, wie von der Beschwerdeführerin erwähnt. Das Verlangen der Beschwerdeführerin, dass weitere Beschränkungen im Anspruch durchgeführt werden sollten, ist somit nicht gerechtfertigt.

Für den Fachmann befindet sich in den ursprünglich eingereichten Unterlagen (vgl. Absätze [0021] bis [0023] in Verbindung mit den Figuren 1 bis 7 von D0) eine klare Grundlage dafür, dass der Durchlass die Form einer im Gehäuse ausgebildeten Aussparung annimmt, welche den Abmessungen des jeweiligen abstehenden Bereichs der Mischklappe entspricht.

Die in den Ansprüchen durchgeführten Änderungen erfüllen somit die Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ, auch unter Berücksichtigung des Artikels 100 c) EPÜ 1973.

3. Erfinderische Tätigkeit

Die Kammer ist der Argumentation der Beschwerdeführerin, dass die Ausbildung des Durchlasses im Gehäuse eine einfache Alternative zu einer Ausbildung als Rücksprung in der Trommelklappe darstelle, nicht gefolgt.

Bei den in D01 beschriebenen Heizung- bzw. Klimaeinrichtungen wird Wert auf die eingezogene Ausbildung (Vertiefung 158) des teilhohlzylindrischen Bereichs der Trommelklappe gelegt (vgl. Anspruch 1 von D01). Diese Form der Trommelklappe 144 ermöglicht es, den Durchlass für jede Stellung der Trommelklappe zu bestimmen (vgl. Absätze [0024] bis [0026] und Rand 154).

Der Fachmann hat weder eine Veranlassung, noch erhält er aus D01 eine Anregung, an beiden Längskanten des teilhohlzylindrischen Bereichs der Trommelklappe einen sich in radialer Richtung nach außen erstreckenden abstehenden Bereich auszubilden, der nur über einen Teil der Längskante der Trommelklappe erstreckt, mittig bezüglich der Längskante angeordnet ist und eine im Wesentlichen rechteckförmige Gestalt aufweist, sowie komplementär dazu einen den Abmessungen des jeweiligen abstehenden Bereichs entsprechenden Durchlass im Gehäuse zu realisieren. Diese spezielle Ausbildung der Trommelklappe in Kombination mit der spezifischen Ausbildung des Durchlasses im Gehäuse bringt die Vorteile einer optimierten Verwirbelung und einer einfachen Konstruktion mit sich (Absätze [0009] und [0010] der Patentschrift). Sie wird daher durch den aus D01 bekannten Stand der Technik nicht nahegelegt: weder handelt es sich um eine gleichwertige, noch um ein naheliegende Alternative.

3.1 Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer zum Ergebnis, dass die Heizung- und Klimatisierungseinrichtung gemäß Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4. Die abhängigen Ansprüche betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 und haben in Zusammenhang mit diesem Bestand.

5. Die Beschreibung des Streitspatents ist dem geänderten Wortlaut des Anspruchs 1 angepasst worden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 - 9 wie eingereicht mit neuem Hauptantrag vom 24. Oktober 2014,

- Beschreibung: Spalten 1 - 5 wie eingereicht am 24. Oktober 2014,

- Figuren 1 - 7 wie erteilt.

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