T 2576/11 () of 26.2.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T257611.20150226
Datum der Entscheidung: 26 Februar 2015
Aktenzeichen: T 2576/11
Anmeldenummer: 07106925.6
IPC-Klasse: C08G 65/00
C08G 65/30
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von Polyarylenetherketonen
Name des Anmelders: Evonik Degussa GmbH
Name des Einsprechenden: Victrex Manufacturing Limited
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - (nein) 1. Hilfsantrag
Spät eingereichte Hilfsanträge - Antrag eindeutig gewährbar (nein) 2. Hilfsantrag
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden betrifft die am 21. Oktober 2011 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung bezüglich der Zurückweisung des Einspruchs gegen das Europäischen Patent Nr. 1 854 821.

II. Anspruch 1 des erteilten Patents hatte folgenden Wortlaut:

"Verfahren zur Herstellung eines Polyarylenetherketons, das folgende Schritte enthält:

a) Umsetzung einer aromatischen Dihalogenverbindung mit einem Bisphenol und/oder eines Halogenphenols in Gegenwart von Alkali- und/oder Erdalkalicarbonat in einem hochsiedenden aprotischen Lösemittel der Formel

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

wobei T eine direkte Bindung, ein Sauerstoffatom oder zwei Wasserstoffatome darstellt und Z und Z' Wasserstoff oder Phenylgruppen sind, zu einem Polyarylenetherketon,

b) Nasszerkleinerung des erstarrten Reaktionsgemisches, in Gegenwart von Wasser,

c) Wäsche mit einem organischen Lösemittel,

d) Wäsche mit Wasser und

e) Trocknen des gewaschenen Produkts,

dadurch gekennzeichnet,

dass das nasszerkleinerte Reaktionsgemisch mit einer Restfeuchte von mindestens 1 Gew.-% der zweistufigen Wäsche zugeführt wird."

III. Einspruch wurde gegen das Patent in vollem Umfang eingelegt. Die Einsprechende machte die Einspruchsgründe gemäß Art. 100(a) (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätigkeit) sowie Art. 100(b) EPÜ geltend.

Der Einspruch wurde unter anderem auf folgende Dokumente gestützt:

E1: CN 1145374A, sowie eine englische Übersetzung davon, und

E7: DE-OS-42 07 555.

IV. Die angefochtene Entscheidung erfolgte auf Grundlage des erteilten Patents. Gemäß der angefochtenen Entscheidung war die Neuheit gegeben. Insbesondere offenbarten die Dokumente des Stands der Technik keine zweistufige Wäsche, da immer mehrere Waschschritte verwendet wurden.

Bezüglich erfinderischer Tätigkeit sei die Aufgabe des Patents die Bereitstellung eines apparativ einfachen Herstellverfahrens, das möglichst reine Polymere liefere. Der nächstliegender Stand der Technik sei E7, welches ebenfalls ein Aufarbeitungsverfahren für Polyarylenetherketon betreffe. Aufgabe von E7 sei die Bereitstellung schmelzstabiler Polymere mit vermindertem Aschegehalt. Der Fachmann würde erkennen, dass der Aschegehalt unmittelbar mit den im Streitpatent angesprochenen Alkali- und Erdalkalirückständen korreliere. In E7 werde eine Behandlung mit Phosphorsäure verwendet. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der Offenbarung in E7 dadurch, dass weder die Nasszerkleinerung noch die Restfeuchte des der Wäsche zugeführten Polymers offenbart seien. Bei E7 sei die Zerkleinerung in Abwesenheit von Wasser durchgeführt worden, und das gemahlene Produkt sei der ersten Waschstufe wasserfrei zugeführt worden. Mangels experimenteller Beweise sei das zu lösende Problem die Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Herstellung rückstandsarmer PAEK. Da in E7 bis zur ersten Waschstufe wasserfrei gearbeitet werde, sei es nicht naheliegend, das Verfahren gemäß E7 so zu modifizieren, dass eine Nasszerkleinerung durchgeführt werde bzw. dass das der Wäsche zugeführtes Produkt eine Restfeuchte von mindestens 1 Gew.-% aufweise. Auch wenn dies der Fall wäre, würde der Fachmann "vernünftigerweise" davon ausgehen, dass die Restfeuchte - Wasser - vor der ersten Waschstufe zu entfernen sei. Somit sei eine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen.

V. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende am 19. Dezember 2011, unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr, Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung ging am 27. Februar 2012 ein.

Weitere Unterlagen gingen mit Schreiben vom 5. August 2014 sowie 7. August 2014 ein.

VI. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens wurden von der Beschwerdeführerin mehrmals weitere Dokumente eingereicht, unter anderem:

mit der Beschwerdebegründung:

E16: EP-A-2 000 492

mit Schreiben vom 5. August 2014:

E16A: CN200610016723 (Prioritätsdokument von E16, sowie eine Übersetzung ins Englische)

E17: WO 2006/074835

E18: Versuchsbericht

mit Schreiben vom 7. August 2014:

E19: Wang, J., et al "Relationship between molecular structure and thermal properties of poly(aryl ether ketone)s" Makromol. Rapid Commun. 18,99-105 (1997).

VII. Die Beschwerdeerwiderung ging mit Schreiben vom 11. Juli 2012 ein. Es wurde ein Hilfsantrag eingereicht, bei dem Anspruch 1 dadurch modifiziert wurde, dass zwischen Merkmal (e) und "dadurch gekennzeichnet..." folgender Wortlaut eingefügt wurde:

"wobei das Polyarylenetherketon ein PEEK, ein PEK, ein PEKK oder ein PEEKK ist".

VIII. Am 14. Oktober 2014 erging eine Ladung zur mündlichen Verhandlung.

IX. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 reichte die Beschwerdegegnerin einen zweiten Hilfsantrag ein.

Anspruch 1 dieses Antrags fügte der Änderung gemäß dem ersten Hilfsantrag folgenden Wortlaut hinzu:

"[...PEEKK ist,] und wobei die Wasserwäsche eine Wäsche mit einer verdünnten Säure in einer Konzentration von 0,1 bis 5 Gew.-% beinhaltet, [dadurch gekennzeichnet...]".

Die Beschwerdegegnerin teilte ferner mit, sie werde an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen.

X. Am Ende der mündlichen Verhandlung die am 26. Februar 2015 wie angekündigt in Abwesenheit der Beschwerdegegnerin stattfand, wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

XI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Hauptantrag

a) Art. 54 EPÜ

E1 offenbare ein nukleophiles Herstellungsverfahren für modifiziertes PEEKK - ein Polymer gemäß der Definition von Anspruch 1.

Das Produkt sei nach der Reaktion zwecks Kühlung und Ausfällung in Wasser geführt worden. Anschließend sei das Produkt gemahlen worden. Dies entspreche der patentgemäßen Definition von Nasszerkleinerung (Absatz [0026] des Patents).

Der Versuchsbericht E18 belege, dass ein entsprechend behandeltes Polymer noch Wasser enthalte. Ein zwischengeschalteter Trocknungsschritt mit dem vor der Zerkleinerung Restfeuchte - die sowohl Wasser als auch Restlösungsmittel von der Polymerisationsreaktion umfasse - entfernt werden solle sei in E1 weder explizit noch implizit offenbart. Somit sei davon auszugehen, dass das der Zerkleinerung zugeführten Produkt in Beispiel 1 aus E1 Wasser enthalte wodurch dem Merkmal "Nasszerkleinerung" entsprochen sei.

Bezüglich des Wassergehalts des der zweistufigen Wäsche zugeführten Produkts gehe insbesondere aus dem nachgereichten Versuchsbericht E18 hervor, dass entsprechend behandelte Polyaryletherketone einen Wassergehalt in dem anspruchsgemäßen Bereich von mindestens 1 Gew.-% aufweisen. Auch aus dem Vergleichsbeispiel des Patents gehe hervor, dass die Polymere nach der Nasszerkleinerung eine sehr hohe Feuchte aufweisen und dass es schwierig sei, die Restfeuchte soweit zu entfernen, dass diese unterhalb von 1 Gew.-% liege.

Laut Anspruch seien zwei Waschstufen erforderlich. Die Anspruchsformulierung sei jedoch nicht auf nur zwei Stufen beschränkt. Somit falle das Waschverfahren von E1 unter den Anspruch.

Hilfsantrag 1

b) Art. 54 EPÜ

Die Neuheit gegenüber E1 sei nicht bestritten, da das Copolymer gemäß E1 nicht mehr unter den Anspruch falle. Es wurden Neuheitseinwände im Hinblick auf E16, E17 und E19 erhoben, die jedoch für die vorliegende Entscheidung nicht relevant sind.

c) Art. 56 EPÜ

Nächstliegender Stand der Technik sei E7. Dieser offenbare ein Verfahren zur Herstellung von unter anderem Polymeren die unter die Definition des geltenden Anspruchs fallen.

E7 offenbare, dass das Polymer auf einem Blech zur Erstarrung gebracht werde. E7 enthalte jedoch keine Lehre, die von der Verwendung eines Quenchverfahrens, bei dem das Polymer in Wasser geleitet wird, wegführen würde. Somit würde der Fachmann auf der Suche nach einem alternativen Verfahren auf Dokumente zurückgreifen, die andere Aufarbeitungsverfahren offenbarten, wie z.B. E1.

E1 offenbare alle Merkmale des anspruchsgemäßen Aufarbeitungs­verfahrens, und zwar in Bezug auf engverwandte Polymere. Somit sei es naheliegend, bei der Suche nach einem weiteren Verfahren auf das Verfahren gemäß E1 zurückzugreifen.

Hilfsantrag 2

d) Es wurde beantragt Hilfsantrag 2 nicht zuzulassen, da er verspätet eingereicht worden sei. Alternativ entspreche dessen Gegenstand nicht den Erfordernissen des Art. 56 EPÜ.

XII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Die nachgereichten Dokumente seien im Verfahren nicht zuzulassen da sie sowohl verspätet vorgebracht als auch nicht prima facie relevant seien.

Der Gegenstand sämtlicher Anträge sei sowohl neu als auch erfinderisch.

Nächstliegender Stand der Technik sei E7. Die Einspruchsabteilung habe richtig begründet, warum der Anspruchsgegenstand gegenüber E7 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

XIII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise wurde die Aufrechterhaltung des Patents auf Grundlage der Ansprüche gemäß dem ersten Hilfsantrag, eingegangen mit Schreiben vom 11. Juli 2012 oder auf Grundlage der Ansprüche gemäß dem zweiten Hilfsantrag eingegangen mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 beantragt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Patent in der erteilten Fassung

2.1 Art. 54 EPÜ

2.1.1 E1 offenbart in Beispiel 1 ein Verfahren zur Herstellung eines PEEKK enthaltend eine Diphenylstruktur durch Reaktion eines aromatischen halogenierten Diketons (4,4'-difluorotriphenyldiketon) und eines Dihydroxydiphenyls.

Das erhaltene Produkt hat die Formel:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK.

Die Reaktion erfolgt in Diphenylsulfon in Gegenwart eines Alkalimetallsalzes (K2CO3). Die Reaktanden sowie das Lösungsmittel und der Katalysator entsprechen Merkmal (a) von Anspruch 1.

2.1.2 Nach der Polymerisation wird das Produkt zwecks Abkühlung und Ausfällung in Wasser geleitet.

Anschließend wird das Produkt in einer "Tissue Stamp Mill" zerkleinert. Das Beispiel 1 aus E1, das eine ausführliche Beschreibung des verwendeten Verfahrens enthält, offenbart keinen Trocknungsschritt zwischen der Abkühlung/Abschreckung und der Zerkleinerung.

Somit wird offenbart, dass das der Zerkleinerung zugeführte Produkt noch Wasser enthält mit dem Ergebnis, dass die Zerkleinerung in Beispiel 1 aus E1 in Gegenwart von Wasser durchgeführt wird. Ein solcher Verfahrensschritt gilt für den Fachmann als eine Nasszerkleinerung. Dies wird von Absatz [0016] des Streitpatents bestätigt, wonach das Reaktionsgemisch nach Austragung aus dem Reaktor mit aufgesprühtem oder fließendem Wasser abgekühlt und nach Erstarren wasserfeucht in eine Zerkleinerungsapparatur überführt wird.

2.1.3 Anschließend wird in Beispiel 1 aus E1 das gemahlene Produkt fünfmal mit Propanon und fünfmal mit Wasser extrahiert (jeweils unter Rückfluss).

Diese Vorgehensweise entspricht einem Verfahren das eine zweistufige Wäsche enthält. Eine solche Verfahrensweise ist vom Anspruch umfasst wie aus Absatz [0021] des Patents hervorgeht. Hier wird erläutert, dass im Falle einer batchweisen Vorgehensweise die jeweiligen Waschstufen insgesamt 5 bis 15-mal durchgeführt (wiederholt) werden. Diese Vorgehensweise findet in den Beispielen 1 und 3 des Patents Anwendung. Somit ist der patentgemäße Begriff "zweistufige Wäsche" aufgrund der weiteren Erläuterungen im Patent entgegen der in der streitgegenständlichen Entscheidung geltend gemachten Auffassung, keinesfalls als auf genau zwei Waschvorgängen beschränkt zu sehen.

Somit sind weitere, nicht genannte Waschstufen vom Wortlaut des Anspruches nicht ausgeschlossen.

2.1.4 Es wird in E1 nicht offenbart, dass das Produkt zwischen der Zermahlung und der Wäsche einem Trocknungsschritt unterzogen wird.

Somit enthält das der Wäsche zugeführte Produkt zwangsläufig noch Wasser sowie evtl. noch Restlösungsmittel.

Bezüglich der Menge an Restfeuchte ist E1 keine Information zu entnehmen.

Aus der Patentschrift geht aber hervor, dass die Restfeuchte in dem zerkleinerten Reaktoraustrag 20% Gew.-% beträgt.

Im Absatz [0026] des Patents wird nämlich die Herstellung von PEEK beschrieben. Nach der Polymerisation wird das Produkt ausgefahren, mit Wasser gekühlt und in einem Schroter zerkleinert. Die Restfeuchte des zerkleinerten Produkts beträgt ca 20 Gew.-%.

Laut Patent wurden verschiedene Trocknungen durchgeführt.

Gemäß Vergleichsbeispiel 1 wurde das obige Produkt 12 Stunden in einem Vakuumtrockenschrank bei 100 °C/100 mbar bis Massekonstanz getrocknet.

Gemäß Beispiel 1 des Patents wurden 5 kg des feuchten Produkts in einer Zentrifuge bei 1000 upm für unbestimmte Zeit entwässert. Das erhaltene Produkt enthielt immer noch 5 Gew.-% Wasser.

Während des Prüfungsverfahrens wurden mit Schreiben vom 13. Mai 2008 weitere Versuche eingereicht, bei denen Trocknungen unter verschiedenen Bedingungen durchgeführt wurden. Gemäß Beispiel 5 dieses Schreibens wurde bei 1000 upm (Zeit nicht angegeben) bis zu einer Restfeuchte von 3 Gew.-% zentrifugiert. In Beispiel 7 wurde das Produkt in einem Umlufttrockenschrank bei 80 °C zwei Stunden angetrocknet. Der Wassergehalt nach dieser Behandlung betrug immer noch 1,5 Gew.-%.

Aus dem nachgereichten Versuchsbericht E18 geht hervor, dass das Produkt, hergestellt nach einem Verfahren das im Allgemeinen dem von E1 und dem geltenden Anspruch 1 entspricht, nach der Austragung ins Wasser, Trocknung mit einem Papiertuch und Zermahlung, immer noch einer Restfeuchte von etwa 8 Gew.-% aufwies. Bei einem weiteren Versuch wurde das Produkt ohne vorherige Trocknung im Wasser zermahlen und das Wasser wurde mittels Filtrierung entfernt. Die Restfeuchte des so erhaltenen Produkts betrug ungefähr 23 Gew.-%.

In beiden Fällen wurde die Restfeuchte anhand des Feuchtigkeitsverlusts nach Trocknung bei 80 °C und 100 mBar für 4 Stunden bestimmt.

Die Daten von E18 sind somit höchst relevant für die Klärung der Frage der Restfeuchte des Produkts nach der Zermahlung beim Verfahren nach E1. Folglich wird E18 in das Verfahren zugelassen (Art. 114(2) EPÜ).

2.1.5 Angesichts dieser Daten und der Tatsache, dass in E1 keinerlei Schritte zur Entfernung der Restfeuchte vor der Wäsche durchgeführt werden, muss das zugeführte Produkt zwangsläufig einen Feuchtegehalt von mindestens 1 Gew.-% aufweisen

Wie die Daten aus dem Streitpatent, aus E18 und aus dem Prüfungsverfahren zeigen, ist es nicht glaubhaft, dass ohne intensive Trocknungsschritte, geschweige denn ohne Trocknungsschritte überhaupt, ein Feuchtegehalt von maximal 1% Gew.-% erhalten wird.

Somit sind sowohl die Merkmale (c) und (d) als auch das kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 von E1 entsprochen.

2.1.6 Nach der Wäsche wird das Produkt im Beispiel 1 aus E1 gründlich ("thoroughly") getrocknet, was Merkmal (e) des Anspruchs 1 entspricht.

2.2 Es finden also alle Merkmale des Anspruchs 1 ihre Entsprechung in Beispiel 1 aus E1, mit dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu ist (Art. 54 EPÜ).

2.3 Der Hauptantrag wird deshalb zurückgewiesen.

3. 1. Hilfsantrag

3.1 Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags (erteiltes Patent) dadurch, dass das Verfahren auf die Herstellung definierter Polymere beschränkt ist, nämlich ein PEEK, ein PEK, ein PEKK, oder ein PEEKK.

Dieser Sachverhalt entspricht dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 3 der von den Ansprüchen 1 und 2 abhängig ist.

3.2 Art. 54 EPÜ

Die Neuheit des ersten Hilfsantrags gegenüber E1 wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Dem kann die Kammer zustimmen.

Anspruch 1 ist nicht mehr auf Polyarylenetherketone allgemein, sondern auf einer definierte Gruppe von Polymeren dieser Gattung beschränkt, nämlich PEEK, PEK, PEKK oder PEEKK (siehe Punkt VI). Die Polyarylenetherketone gemäß Anspruch 1 unterscheiden sich von dem durch das Verfahren gemäß E1 erhaltenen Polymer (siehe Abschnitt 2.2.1, oben) dadurch, dass sie keine Diphenyleneinheit enthalten. Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags gegenüber E1 neu.

Weitere Neuheitseinwände wurden von der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die spät vorgebrachten Dokumenten E16, E17 und E19 erhoben. Aufgrund des Nachstehenden ist es jedoch nicht erforderlich, dass die Kammer eine Entscheidung über deren Zulassung und ggf. über diese weiteren Neuheitseinwände trifft.

3.3 Art. 56 EPÜ

3.3.1 Nächstliegender Stand der Technik

Das Streitpatent betrifft gemäß Absatz [0001] ein Verfahren zur Aufarbeitung des Reaktionsgemisches, das bei der Herstellung von Polyarylenetherketon (PAEK) nach der nukleophilen Route erhalten wird, unter Isolierung von reinem PAEK.

Das Patent lehrt, dass es bekannt war, zweistufige Waschverfahren zu verwenden, um das PAEK von Restlösungsmitteln und Nebenprodukten abzutrennen (Absatz [0004]). Insbesondere werden zweistufige Waschverfahren mit organischem Lösungsmittel gefolgt von Wasser verwendet.

Verbesserte Waschverfahren sind zwar bekannt, diese erfordern jedoch die Anwendung von Überdruck, mit entsprechend hohem apparativem Aufwand (Absatz [0005]).

Die Aufgabe des Patents war somit, ein verbessertes Waschverfahren zur Verfügung zu stellen, mit dem die Restgehalte an Salzen und Restlösemittel ohne größeren apparativen Aufwand deutlich reduziert werden können (Absatz [0007]).

3.3.2 Ein Verfahren zur Aufarbeitung von PAEK ist aus dem Dokument E7 bekannt, das gemäß beiden Parteien sowie der angefochtenen Entscheidung den nächstliegenden Stand der Technik darstellt. Die Kammer kann keinen Grund erkennen diesbezüglich eine andere Meinung zu vertreten.

Gemäß dem Verfahren nach E7 wird schmelzstabiler PAEK dadurch hergestellt, dass das Polymer mit einer verdünnten wässrigen Lösung, die 0,1 - 5 Gew.-% einer mineralischen Phosphorsäure- oder Phosphonsäureverbindung enthält, in Kontakt gebracht wird.

Gemäß dem Beispiel aus E7 wird ein Diketon - 1,4-Bis-(4'-fluorobenzoyl)benzol) - mit Hydrochinon in Diphenylsulfon umgesetzt. Als Katalysator dient Natriumcarbonat.

Das Produkt ist somit ein PEEKK.

Nach der Reaktion wird die Reaktionslösung auf einem Blech zu einer dünnen Platte ausgegossen und nach dem Erkalten gemahlen. Das Produkt wird anschließend zweimal mit Aceton und zweimal mit Wasser extrahiert. Somit wird eine zweistufige Wäsche durchgeführt.

Das Produkt wird dann geteilt. Probe 1 wird bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Probe 2 wird mit einer wässrigen Phosphorsäure-Lösung gerührt, mit Wasser gewaschen und anschließend bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.

3.3.3 Gegenüber E7 zu lösende Aufgabe

Gemäß der streitgegenständlichen Entscheidung war die gegenüber E7 zu lösende Aufgabe die Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Herstellung reiner Polyarylenetherketone. Diese Aufgabenformulierung wurde von der Beschwerdeführerin übernommen und von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.

Somit hat die Kammer keinen Grund, von einer anderen Aufgabe auszugehen.

3.3.4 Die Lösung dieser Aufgabe bestand in einem Verfahren gemäß Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags welches dadurch gekennzeichnet ist, dass:

- das erstarrten Reaktionsgemisch in Gegenwart von Wasser nasszerkleinert wird und

- das Reaktionsgemisch mit einer Restfeuchte von 1 Gew.-% der zweistufigen Wäsche zugeführt wird.

3.3.5 Erfolg der Lösung

In den Beispielen des Patents wird PEEK hergestellt und verschiedentlich nachbehandelt.

Bei der Herstellung wird nach der Reaktion das Produkt ausgefahren, in Wasser abgekühlt und zerkleinert. Die Restfeuchte des zerkleinerten Produkts beträgt 20 Gew.-%.

Im Beispiel 1 wurde das Produkt bis zu einer Restfeuchte von 5 Gew.-% getrocknet (Zentrifuge) und anschließend in einer gerührten Filternutsche zehnmal mit Ethanol und zehnmal mit Wasser der zweistufigen Wäsche unterzogen, wobei die vierte der zehn Wasserwäschen mit 0,5% Orthophosphorsäure durchgeführt wurde (batchweise Vorgehensweise).

Im Beispiel 2 wurde ebenfalls in einer Zentrifuge auf 5 Gew.-% Restfeuchte getrocknet. Anschließend wurde unter kontinuierlicher Zufuhr von Ethanol bzw. Wasser die zweistufige Wäsche - kontinuierlich - durchgeführt, wobei das Polymer während der Wasserwäsche ebenfalls zwischendurch mit Orthophoshorsäure behandelt wird.

In den Beispielen 3 und 4 wurde analog den Beispielen 1 bzw. 2 vorgegangen. Allerdings wurde das wasserfeuchte zerkleinerte Produkt zunächst mit Ethanol übergossen um die Oberflächenfeuchte "zum größten Teil" abzuwaschen.

Die Restfeuchte des der zweistufigen Wäschen zugeführten Produkts wurde jedoch nicht explizit genannt.

Anschließend wurden die erhaltenen Produkte untersucht wobei festgestellt wurde, dass die anspruchsgemäß behandelten Produkte einen niedrigen Gehalt an Verunreinigungen aufwiesen.

Somit ist belegt, dass die Aufgabe der Bereitstellung eines Alternativverfahrens zur Herstellung reiner PAEK durch das anspruchsgemäße Verfahren gelöst wurde.

3.4 Naheliegen der Lösung

Ein Verfahren zur Herstellung von PAEK, bei dem die Abkühlung des Reaktionsprodukts durch Ausfahren und Erstarren in Wasser erfolgt und das Produkt anschließend ohne Trocknung und damit implizit mit einem Feuchtegehalt von mindestens 1 Gew.-% nasszerkleinert wird, ist beispielsweise aus E1 bekannt.

Somit war es naheliegend, diese Verfahrensvariante einzusetzen um lediglich ein weiteres Verfahren zur Aufarbeitung von PAEK bereitzustellen.

Daher gelangt der Fachmann auf naheliegender Art und Weise zu dem Verfahren gemäß Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags.

3.5 Der erste Hilfsantrag entspricht somit nicht den Erfordernissen des Art. 56 EPÜ und wird zurückgewiesen.

4. 2. Hilfsantrag

Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags definiert ferner, dass die Wasserwäsche zusätzlich eine Wäsche mit einer verdünnten Säure in einer Konzentration von 0,5 bis 5 Gew.-% beinhaltet.

4.1 Art. 56 EPÜ

Wie bereits aus dem Patent hervorgeht und oben unter 3.3.2 erklärt wird, stellt das neu aufgenommene Merkmal keinen Unterschied gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik E7 dar.

Daher hat dieses aufgenommene Merkmal keinen Einfluss auf die obige Analyse bezüglich erfinderischer Tätigkeit.

Somit gilt die gleiche Schlussfolgerung wie für den ersten Hilfsantrag mit dem Ergebnis, dass Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags den Erfordernissen des Art. 56 EPÜ nicht entspricht.

4.2 Der zweite Hilfsantrag, der erst nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde, wird deshalb nicht in das Verfahren zugelassen da er nicht eindeutig gewährbar ist.

5. Angesichts der obigen Analyse und Schlussfolgerungen bezüglich aller Anträge ist es nicht erforderlich, eine Entscheidung bezüglich der Ausführbarkeit (Art. 83 EPÜ) der vorliegenden Erfindung zu treffen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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