T 2444/11 () of 26.1.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T244411.20180126
Datum der Entscheidung: 26 Januar 2018
Aktenzeichen: T 2444/11
Anmeldenummer: 03796003.6
IPC-Klasse: G01G 21/30
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: WÄGEMODUL MIT VORRICHTUNG ZUR STAUBENTFERNUNG
Name des Anmelders: Mettler-Toledo GmbH
Name des Einsprechenden: Wipotec Wiege- und Positioniersysteme GmbH
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
blankEPC 1973 Art 054
blankEPC 1973 Art 056
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Patent Nr. 1576343 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch der Einsprechenden war das Patent im Hinblick auf Artikel 100 (a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 52 (1), 54 (1) und 56 EPÜ angegriffen worden.

III. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass im Hinblick auf den vorliegenden Stand der Technik die in Artikel 100 (a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 (1) und 56 EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünden.

IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK, die als Anlage der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige und unverbindliche Meinung zu bestimmten, wesentlichen Aspekten mit.

V. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 26. Januar 2018 statt.

VI. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1576343.

VII. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise beantragte sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche: 1 bis 10 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2018 eingereichten neuen Hilfsantrag 2,

- Beschreibung: Seiten 2 und 3, eingereicht mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2017 im Zusammenhang mit dem dortigen Hilfsantrag 4; Seite 4, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2018; Seite 5 wie erteilt,

- Zeichnungen: Fig. 1-5 wie erteilt.

VIII. Die vorliegende Entscheidung nimmt Bezug auf die folgende, aus dem erstinstanzlichem Verfahren bereits bekannte Druckschrift

D1: DE 100 17 528 A.

IX. Der Wortlaut von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Wägemodul (1) mit einem eine Wägezelle (3) allseitig umgebenden Gehäuse (2), mit einem vertikal beweglichen Kraftübertragungsglied (6), welches mit einer Lastauflagevorrichtung verbindbar ist, wobei das Kraftübertragungsglied (6) durch eine Öffnung (8) einer Gehäusewand (7) hindurch tritt und mit einem vertikal beweglichen Teil der Wägezelle (3) in starrer Verbindung steht, und wobei zur Vermeidung einer Staubablagerung zwischen dem feststehenden Gehäuse (2) und dem vertikal beweglichen Kraftübertragungsglied (6) eine mit einer Gaszufuhreinrichtung (17) versehene Vorrichtung zur Staubentfernung (15, 115) vorhanden ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung zur Staubentfernung (15, 115) über einen mindestens einen Strömungskanal (19, 119, 219, 126, 226) aufweisenden Gasverteiler (16, 116, 216) verfügt, wobei der mindestens eine Strömungskanal mit einem Gaseinlass (20, 120) in Verbindung steht und einen Gasauslass (23, 123) aufweist, zur Erzeugung eines vom beweglichen Teil der Waage weg gerichteten Gasstroms."

Der Wortlaut des Anspruchs 1 des in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2018 eingereichten neuen Hilfsantrags 2, in dieser Entscheidung als "Hilfsantrag" bezeichnet, lautet (die Änderungen gegenüber dem Anspruch 1 wie erteilt sind durch Fettdruck hervorgehoben):

"Wägemodul (1) mit einem eine Wägezelle (3) allseitig umgebenden Gehäuse (2), mit einem vertikal beweglichen Kraftübertragungsglied (6), welches mit einer Lastauflagevorrichtung verbindbar ist, wobei das Kraftübertragungsglied (6) durch eine Öffnung (8) einer Gehäusewand (7) hindurch tritt und mit einem vertikal beweglichen Teil der Wägezelle (3) in starrer Verbindung steht, und wobei zur Vermeidung einer Staubablagerung zwischen dem feststehenden Gehäuse (2) und dem vertikal beweglichen Kraftübertragungsglied (6) eine mit einer Gaszufuhreinrichtung (17) versehene Vorrichtung zur Staubentfernung (15, 115) vorhanden ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung zur Staubentfernung (15, 115) über einen mindestens einen ringförmigen Strömungskanal (19, 119, 219, 126, 226) für ein sich unter Überdruck befindendes Gas aufweisenden Gasverteiler (16, 116, 216) verfügt, wobei der mindestens eine Strömungskanal mit einem Gaseinlass (20, 120) in Verbindung steht und einen Gasauslass (23, 123) aufweist, zur Erzeugung eines vom beweglichen Teil der Waage weg gerichteten Gasstroms, wobei die Staubentfernungsvorrichtung dazu ausgelegt ist, den vom beweglichen Teil der Waage weg gerichteten Gasstrom sowohl während des Wägevorgangs als auch außerhalb des Wägevorgangs erfolgen lassen zu können, und wobei der Gasauslass in Form eines die Vorrichtung zur Staubentfernung umgebenden Spalts derart ausgebildet ist, dass der aus dem Gasauslass austretende Gasstrom vom beweglichen Teil der Waage weggerichtet ist."

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - Neuheit

Das beanspruchte Wägemodul wird durch die Offenbarung der Druckschrift D1 vorweggenommen (Artikel 54 (1) EPÜ 1973).

1.1 Es ist von der Patentinhaberin nicht bestritten, dass die Druckschrift D1 alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 offenbart.

1.2 Darüber hinaus offenbart D1, in Zusammenhang mit den Figuren 1 und 2 und deren Beschreibung, sämtliche im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 aufgeführten und nachfolgend wiedergegebenen Merkmale eines Wägemoduls:

a) die Vorrichtung zur Staubentfernung (36, 35, 37, 31; 40, V, 42; 35', 28', 28, 29, 30, 25) verfügt über einen mindestens einen Strömungskanal (30) aufweisenden Gasverteiler (40, V, 42, 35', 28', 28, 29, 30, 25),

b) wobei der mindestens eine Strömungskanal (30) mit einem Gaseinlass (40, V) in Verbindung steht und einen Gasauslass (42) aufweist,

c) zur Erzeugung eines vom beweglichen Teil der Waage weg gerichteten Gasstroms.

1.3 Den Merkmalen des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 fehlt die Neuheit aus folgenden Gründen:

1.3.1 Einerseits definiert Anspruch 1 einen Strömungskanal lediglich dadurch, dass er mit einem Gaseinlass in Verbindung steht und einen Gasauslass aufweist.

Andererseits offenbart D1 einen Ringkanal (30), in dem ein Fluid rundum gleichmäßig verteilt wird (siehe Figur 2; Absatz [0021] der Beschreibung). Der Ringkanal (30) steht über verschiedene Bohrungen (28, 28', 29) und einer Anschlussleitung (35') in Verbindung mit einem Gaseinlass in Form eines Schaltventils (V) und einer Leitung (40) (siehe Figur 1). Der Ringkanal weist auch einen Gasauslass in Form einer Entlüftungsleitung (42) auf.

Daher fällt der in D1 offenbarte Ringkanal (30) unter den Begriff "Strömungskanal" des Anspruchs 1.

1.3.2 Anspruch 1 definiert den Gasverteiler lediglich dadurch, dass er einen Strömungskanal aufweist.

Wie im Punkt 1.3.1 oben erläutert, weist D1 einen Ringkanal und daher auch einen Gasverteiler gemäß Anspruch 1 auf. Der einen Strömungskanal aufweisende Gasverteiler in D1 besteht aus den Leitungen (40, 42, 35'), dem Schaltventil (V), den Bohrungen (28', 28, 29, 30) und der Membrane (25).

1.3.3 Anspruch 1 definiert eine Vorrichtung zur Staubentfernung dadurch, dass sie zur Vermeidung einer Staubablagerung zwischen dem feststehenden Gehäuse und dem Kraftübertragungsglied eine Gaszufuhreinrichtung und einen Gasverteiler aufweist und zur Erzeugung eines vom beweglichen Teil der Waage weg gerichteten Gasstrom dient.

D1, Figur 1 und Absatz [0023], offenbart eine Gaszufuhreinrichtung bestehend aus einer Pumpe (36), einer Zufuhrleitung (35), einem Umschaltventil (37) und einem Druckakkumulator (31).

Wie im Punkt 1.3.2 oben erläutert, weist D1 ebenfalls einen Gasverteiler im Sinne des Anspruchs 1 auf.

In D1, Absatz [0028], ist angegeben, dass die Entlüftungsleitung (42) in beliebiger Weise angeordnet werden kann. Beispielsweise kann die Anordnung so erfolgen, dass damit gleichzeitig etwaige sich nahe dem Übertragungsglied (9) ansammelnde Verschmutzungen weggeblasen werden. Dadurch offenbart D1 die Eignung der aus der Gaszufuhreinrichtung (36, 35, 37, 31) und dem Gasverteiler (40, 42, 35'; V; 28', 28, 29, 30; 25) bestehenden Vorrichtung zur Erzeugung eines Luftstroms, durch den Verschmutzungen, inklusive Staub, nahe des beweglichen Übertragungsglieds weggeblasen werden können. Der Luftstrom wird nach Bedarf durch das Ablassen der in dem Strömungskanal (30) sich befindlichen Luft über die Entlüftungsleitung (42) erzeugt. Das Wegblasen von Verschmutzungen aus der Nähe des Übertragungsglieds bedeutet zwingenderweise, dass wenigstens ein Teil des Luftstroms von dem Übertragungsglied weggerichtet ist.

1.3.4 Die in D1 offenbarte Vorrichtung (36, 35, 37, 31; 40, 42, 35'; V; 28', 28, 29, 30; 25) offenbart daher alle oben im Punkt 1.2 genannten Merkmale a) bis c) der Vorrichtung zur Staubentfernung des Anspruchs 1.

1.4 Zur Unterstützung ihrer Ansicht, dass das beanspruchte Wägemodul neu gegenüber D1 sei, brachte die Patentinhaberin die folgenden Argumente vor:

1.4.1 Die Patentinhaberin trug vor, dass aus dem Merkmal des Anspruchs 1 "wobei das Kraftübertragungsglied durch eine Öffnung einer Gehäusewand hindurch tritt" der Fachmann eine ringförmige Struktur des Raums, in dem eine Staubablagerung vermieden werden soll, ableite. Des Weiteren sei aus dem Anspruch 1 ableitbar, dass aufgrund einer besonderen Verteilung des Gases durch den Gasverteiler eine Staubbrücke entlang des ringförmigen Verbindungsspalts zwischen feststehendem Gehäuse und beweglichem Teil der Waage vermieden werde. In D1 gebe es keinen derartigen Gasverteiler, sondern nur eine Entlüftungsleitung (42) mit einem punktförmigen Ausgang, der nicht geeignet sei, Staubablagerung in einem ringförmigen Spalt zu vermeiden. Auch verteile die Entlüftungsleitung (42) von D1 kein Gas im Sinne des Anspruchs 1 und könne daher keinen Gasauslass eines Gasverteilers bilden: der aus D1 bekannte Gasverteiler sei nur als Bestandteil und im Zusammenhang mit einer Arretiereinrichtung offenbart, aber nicht mit einer Staubentfernungseinrichtung wie beansprucht.

Dieses Argument überzeugt die Kammer nicht, denn der Wortlaut des Anspruchs 1 ist breiter, als dass daraus abzuleiten wäre, dass die Staubentfernungsvorrichtung konkret derart ausgebildet sein müsse, um Staub aus einem ringförmigem Spalt wegzublasen. Anspruch 1 definiert lediglich die Eignung der Staubentfernungsvorrichtung, einen Gasstrom zu erzeugen, um Staubablagerung zwischen zwei Bauteilen des Wägemoduls, die auch nicht zwingend durch einen ringförmigen Spalt getrennt sein müssen, zu vermeiden. Darüber hinaus ist die Kammer der Meinung, dass auch die punktförmige Entlüftungsleitung (42) von D1 durch Nachführen ihres Gasauslasses entlang des ringförmigen Spalts durchaus geeignet ist, eine ringförmige Staubablagerung zu vermeiden. Die Offenbarung des Gasverteilers in D1 im Zusammenhang mit einer Arretiervorrichtung schließt nicht aus, dass er trotzdem unter den Wortlaut des Anspruchs 1 fällt. Die Patentinhaberin hat kein technisches Merkmal in Anspruch 1 identifiziert, das den beanspruchten "Gasverteiler" als besonders und ausschließlich für die Verwendung in einer Staubentfernungseinrichtung geeignet definieren würde. Ein beanspruchter Gegenstand ist grundsätzlich durch die tatsächlich vorhandenen und sinngemäß auszulegenden Merkmale des Anspruchs 1 definiert. Eine darüber hinausgehende Einschränkung des beanspruchten Gegenstands, z.B. aufgrund von Ausführungen in der Beschreibung oder im Wege einer speziellen Auslegung eines an sich klaren Anspruchwortlauts, ist nicht gestattet.

1.4.2 Die Patentinhaberin argumentierte weiterhin, dass laut Anspruch 1 die Staubentfernungsvorrichtung den Gasstrom weg vom beweglichen Übertragungsglied blase. Daher müsse der Ursprung des Gasstroms, d.h. der Gasauslass, aus senkrechter Sicht gesehen, inmitten der im Anspruch 1 definierten Öffnung der Gehäusewand liegen, d.h. "innerhalb der äußeren Umwandung des Übertragungsglieds". In D1, Figur 1, lägen das Ventil (V) und die Entlüftungsleitung (42) jedoch außerhalb der äußeren Umwandung, d.h. des Durchmessers des Kraftübertragungsglieds, so dass kein Staub weg von dem Kraftübertragungsglied geblasen werden könne.

Die Kammer kann auch diesem Argument nicht folgen, weil aus dem Anspruch 1 nicht ableitbar ist, dass der beanspruchte Gasauslass sich gezwungenermaßen innerhalb des Durchmessers der Übertragungsglieds befindet. Des Weiteren schließt der Wortlaut des Anspruchs 1 keinesfalls aus, dass der Gasstrom erst im Ergebnis vom beweglichen Teil der Waage weg gerichtet ist, wie dies auch in dem in der Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiel des Streitpatents der Fall ist: der Gasstrom ist, vom Gaseinlass (20) ausgehend, zuerst von außen nach innen gerichtet und wird erst später, anhand der Umlenkung (22), von innen nach außen gerichtet. Dabei ist es unerheblich, ob sich die Position des Gaseinlasses innerhalb oder außerhalb des Durchmessers des Übertragungsglieds befindet. Die Neuheit eines vom beweglichen Teil der Waage weg gerichteten Gasstroms ist durch die Entlüftungsleitung (42) von D1 dadurch vorweggenommen, dass sie dazu geeignet ist, einen Gasstrom zu erzeugen, der beispielsweise zuerst etwas seitlich auf das Übertragungsglied (9) trifft, dort den Staub entfernt und dann sich vom Übertragungsglied (9) weg bewegt. Im Ergebnis ist somit der in D1 erzeugte Gasstrom vom Übertragungsglied weg gerichtet und fällt unter den Wortlaut des Anspruchs 1.

1.4.3 Die Kammer ist daher nicht von den Argumenten der Patentinhaberin zu Gunsten der Neuheit des beanspruchten Wägemoduls überzeugt.

2. Hilfsantrag

2.1 Änderungen

Die Änderungen des Anspruchs 1 gehen aus den Ansprüchen 4, 7 und 12 wie ursprünglich eingereicht hervor. Daher sieht die Kammer das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ als erfüllt an. Die Einsprechende trug keinen Einwand unter Artikel 123 (2) EPÜ vor.

2.2 Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik (Artikel 54 (1) EPÜ 1973). Insbesondere ist das Merkmal des Anspruchs 1 "wobei der Gasauslass in Form eines die Vorrichtung zur Staubentfernung umgebenden Spalts [...] ausgebildet ist" nicht aus D1 bekannt.

Das Argument der Einsprechenden, dass der Begriff "Gasauslass" in Anspruch 1 so breit auszulegen sei, dass er auch den in D1 zwischen Gehäuse (1) und Übertragungsglied (9) vorhandenen Spalt umfassen würde, überzeugt die Kammer nicht. Der Strömungskanal (30) steht in D1 nicht mit dem Spalt in einer derartigen Verbindung, als dass der Spalt als Gasauslass des Strömungskanals bezeichnet werden könnte. Die Einsprechende erhob keine weiteren Einwände fehlender Neuheit.

2.3 Erfinderische Tätigkeit

Das aus D1 bekannte Wägemodul stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar.

Die Einsprechende argumentierte, dass angesichts der Empfehlung an den Fachmann (D1, Spalte 5, Zeilen 26 bis 32), eine Entlüftungsleitung zur Beseitigung von Verschmutzungen durch Wegblasen beliebig auszubilden, eine das Kraftübertragungsglied von D1 umlaufende ringförmige Ausbildung nicht erfinderisch sei. Im Gegenteil sei, ausgehend von der in Figur 1 von D1 offenbarten punktförmigen Entlüftungsleitung (42), eine derartige ringförmige Ausbildung in Form eines Spalts zur bestmöglichen Staubbeseitigung um eine zentrische Öffnung naheliegend für diesen Fachmann.

Dieses Argument überzeugt die Kammer nicht. Die Lehre von D1 besteht hauptsächlich darin, eine Waage mit einer dichtenden Arretierung bereitzustellen. Aus dem Umstand, dass die Wiederinbetriebnahme der arretierten Waage in D1 durch Ablassen der Luft anhand einer Entlüftungsleitung geschieht und nebenbei "gleichzeitig etwaige sich nahe dem Übertragungsglied (9) ansammelnde Verschmutzungen weggeblasen werden", erhält der Fachmann keine eindeutige Anregung, die Waage für eine verbesserte Staubentfernung auch während des Wägevorgangs weiterzubilden. Selbst wenn der Fachmann trotzdem nach einer optimierten Staubentfernung suchen würde, hätten die notwendigen, konstruktiven Veränderungen der Waage, um den punktförmigen Gasauslass der eindimensionalen Entlüftungsleitung (42) von D1 in einen die Vorrichtung zur Staubentfernung umgebenden Spalt umzubilden, ein Ausmaß, welches die Fähigkeiten des Fachmanns übersteigen würden.

Die Kammer ist daher der Meinung, dass das Wägemodul des Anspruchs 1 des Hilfsantrags auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche: 1 bis 10 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2018 eingereichten neuen Hilfsantrag 2

- Beschreibung: Seiten 2 und 3, eingereicht mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2017 im Zusammenhang mit dem dortigen Hilfsantrag 4; Seite 4, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2018; Seite 5 wie erteilt

- Zeichnungen: Fig. 1-5 wie erteilt

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