European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T232811.20120913 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 September 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2328/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06013089.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65G 39/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Laufrolle für Führungs- und/oder Transportzwecke | ||||||||
Name des Anmelders: | Carl Freudenberg KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit der Änderungen (ja) Neuheit (ja) Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 06 013 089.5 Beschwerde eingelegt.
Die Prüfungsabteilung war in Bezug auf den mit Schreiben vom 25. Februar 2010 eingereichten Anspruch 1 der Auffassung, dass der Gegenstand dieses Anspruchs im Hinblick auf D1 (US 2006/131128 A) die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ (Neuheit) nicht erfüllt.
II. Die Beschwerdeführerin beantragte mit ihrer Beschwerde vom 11. Juli 2011 die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents, hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
Mit ihrem Schriftsatz vom 30. April 2012 teilte die Kammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufige Meinung mit.
Mit ihrem Schriftsatz vom 1. August 2012 beantragte die Beschwerdeführerin, den Gegenstand des mit demselben Schriftsatz eingereichten Anspruchs 1 als neu anzuerkennen, und die Sache zur weiteren Prüfung an die Prüfungsabteilung zurückverweisen. Der Antrag auf mündliche Verhandlung wurde zurückgenommen.
III. Der mit Schriftsatz vom 1. August 2012 eingereichte Anspruch 1 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem von der Prüfungsabteilung zurückgewiesenen Anspruch 1 sind entweder durchgestrichen oder in Fettdruck):
"Laufrolle für [deleted: Aufzüge mit ]Rollenführungen für Aufzüge, bestehend aus einem Trägerteil mit einer Bandage aus einem elastischen polymeren Werkstoff, dadurch gekennzeichnet, dass die Bandage (3) an wenigstens einem ihrer axialen Seitenränder (5, 6) nachgiebig ausgebildet ist, indem in die axialen Seitenränder (5, 6) der Bandage (3) Ringnuten (7, 8) eingebracht sind, die wenigstens mit ihren außen liegenden Nutwänden (13) im spitzen Winkel (a) zur der durch den Nutgrund geführten Ringfläche (12) der Bandage (3) ausgerichtet sind".
IV. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Anspruch 1 - Neuheit - Artikel 54 EPÜ
D1 offenbare eine Vorschubrolle. Da eine Laufrolle eine Rolle sei, die an keinem Antrieb, d.h. nicht direkt oder indirekt an einem Antrieb, angeschlossen sei, sei die nach D1 auf der angetriebenen Welle 72 sitzende Kombination aus Nabe 70 und Hülse 73 nicht als Laufrolle nach dem Anspruch 1 zu betrachten.
Die Angabe "für Rollenführungen für Aufzüge" gebe dem Fachmann einen klaren Hinweis auf das Einsatzgebiet der Laufrolle. Laufrollen für Aufzüge hätten im Schnitt gesehen ebenen Oberflächen, die in ihrer ganzen Breite an einer Führungsschiene anlägen. Deren Trägerteil sei dabei mit einem Gleitlager ausgerüstet.
Gemäß der Brockhaus Enzyklopädie bedeute der Begriff Bandage im technischen Sinn eine auf ein zylindrisches Maschinenteil aufgezogene und überwiegend durch Schrumpfen damit verbundene Umhüllung in Form einer Buchse oder eines Ringes. Die beanspruchte Bandage sei folglich ein flach am Trägerteil anliegendes Element, das seitlich und auch radial keine abstehenden Glieder habe. Der dem Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 27. Juni 2012 als Anlage D beigelegten "Anwendungstechnische Information" der Firma Beier AG, datiert auf den 1. April 1966, sei zu entnehmen, dass eine Bandage auf dem Rollensektor ein aus einem thermoplastischen Polyurethan bestehender, auf einen Trägerteil aufgebrachter Laufring sei, welcher eine Vorspannung auf das Trägerteil erzeuge und kraft- und formschlüssig mit dem Trägerteil verbunden sei.
Die Bereiche 81 der in Figur 3 der D1 abgebildeten Rolle lägen nicht nur nicht in einer Bandage, sondern sogar oberhalb der Oberfläche der Hülse 73.
Aus den o.g. Gründen sei der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber der aus D1 bekannten Vorschubrolle.
Entscheidungsgründe
1. Anspruch 1 - Änderungen - Artikel 123 (2) EPÜ
Im jetzt geltenden Anspruch 1 wurde der sich in dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Anspruch 1 befindende Begriff "Laufrolle für Aufzüge mit Rollenführungen" durch den Begriff "Laufrolle für Rollenführungen für Aufzüge" ersetzt. Als Basis für diese Änderung dient der Begriff "Laufrolle für Führungs- und/oder Transportzwecke, insbesondere für Förder- und Hebewerke, wie Aufzüge und Fahrstühle" im ursprünglich eingereichten Anspruch 1.
Aus den oben genannten Gründen erfüllt Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
2. Anspruch 1 - Neuheit - Artikel 54 EPÜ
2.1 Gemäß dem dem Bescheid der Kammer beigefügten Auszug aus der Brockhaus Enzyklopädie ist im Bereich der Technik als Bandage eine auf ein zylindrisches Maschinenteil aufgezogene und überwiegend durch Schrumpfen damit verbundene Umhüllung in Form einer Buchse oder eines Ringes zu verstehen.
Die Kammer merkt an, dass sie die dem Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 27. Juni 2012 als Anlage D beigelegten Druckschrift als Beleg dafür sieht, dass auch in dem Rollensektor unter dem Begriff "Bandage" ein Laufring zu verstehen ist, welcher eine Vorspannung auf das ihn tragende Trägerteil erzeugt und kraft- und formschlüssig mit diesem verbunden ist.
Die Kammer folgt daher die Beschwerdeführerin in ihrer Argumentation insoweit, dass die Laufrolle gemäß dem Anspruch 1 aus einem Trägerteil mit einer Bandage aus einem elastischen polymeren Werkstoff besteht, wobei diese Bandage überwiegend durch Schrumpfen und unter Erzeugung einer Vorspannung mit deren Trägerteil verbunden ist.
2.2 Gemäß dem Absatz [0015] der D1 ist die in der Figur 3 abgebildete aus einem elastischen polymeren Werkstoff bestehende Hülse 73 durch ein geeignetes Klebemittel an die Nabe 70 befestigt. Ein Aufschrumpfen der Hülse 73 bzw. die Erzeugung einer Vorspannung auf die Nabe 70 ist in der D1 weder erwähnt noch implizit vorhanden, bzw. beabsichtigt. Daher ist die Hülse 73 nicht als eine das Trägerteil der Laufrolle umhüllende Bandage zu betrachten. Daraus folgt, dass dadurch die Laufrolle gemäß dem Anspruch 1 neu gegenüber der aus D1 bekannten Vorschubrolle ("feed roll") ist.
2.3 Die Kammer bemerkt, dass die Prüfungsabteilung an keiner Stelle der angefochtenen Entscheidung Gründe dafür angegeben hat, warum sie die aus der D1 bekannte Hülse 73 als eine auf dem Trägerteil einer Laufrolle aufgebrachte Bandage betrachtet hat. Dies brauchte sie auch nicht zu tun, denn die Beschwerdeführerin hat im Prüfungsverfahren dieser Feststellung nicht widersprochen, sondern erst in der Beschwerde dagegen argumentiert.
Die Kammer hat in ihrer Mitteilung die Meinung geäußert, dass:
"2.1 Eine Laufrolle ist als eine Rolle zu sehen, welche allgemein "geeignet zum Laufen" ist, d.h. sie ist nicht unbedingt eine Rolle, die an keinem Antrieb, d.h. nicht direkt oder indirekt an einem Antrieb, angeschlossen ist. Die Tatsache, dass die aus D1 bekannten Rollen durch Antriebsachsen in Bewegung gebracht werden, hat mit der Art, wie diese Rollen in Bewegung gebracht werden, und nicht mit den strukturellen Merkmalen der Rollen selbst zu tun. Wenn solche Rollen, wie die aus D1 bekannten Rollen, geeignet zum "Laufen" auf einer Führungsfläche sind, ist diese Bezeichnung nicht geeignet, einen Unterschied gegenüber den aus D1 bekannten Rollen zu bewirken. Falls die aus D5 bekannte Rolle, die auf einer Schiene läuft, als "Laufrolle" bezeichnet wird, gilt dies auch für die aus Figur 3 der D1 bekannte Rolle, denn sie kann ebenfalls auf der selben Schiene laufen. Somit sind die aus D1 bekannten Rollen geeignet als Laufrollen eingesetzt zu werden.
2.2 ...
2.3 Da weder detaillierten Angaben über die Größenordnung der Kräfte, die die Rolle gemäß Anspruch 1 auszuhalten hat, noch genaueren Materialangaben durch den Begriff "Aufzüge mit Rollenführungen" definiert werden, geht die Kammer davon aus, dass die aus D1 bekannten Rollen, deren elastomeres Material ein Mindestmaß an Reibungs- und Druckkräfte auszuhalten und auch ein Mindestmaß an Abriebwiderstand aufzuweisen hat, auch für einen Einsatz bei "Aufzügen mit Rollenführungen" geeignet sind. Die angefochtene Entscheidung hat dies zutreffend festgestellt.
2.4 Im Absatz [0013] der D1 steht: "End members at 74 of a roll are of general conical shape ... terminating at a rim 80. ... An annular open area at 81 permits inward centripetal flexure of the end member during article contact". Dies bedeutet, zur Überzeugung der Kammer, dass die in Figur 3 gezeigte Rolle zwei Ringnuten aufweist.
2.5 Die Kammer entnimmt der Figur 3 der D1, dass die außen liegende Wand der Nut 81 einen spitzen Winkel mit einer durch den Nutgrund geführten Ringfläche der Hülse 73 bildet."
Die Kammer möchte dazu noch hinzufügen, dass die angefochtene Entscheidung im Punkt 2.3 zutreffend ausführt, dass Anspruch 1 keine Merkmale umfasst, die ausschliessen, dass die Laufrolle im Querschnitt eine Diabolo-Form hat (wie die Rolle in D1), oder dass die von den Ringnuten geformten Endbereiche, axial gesehen, über die Seitenränder des Trägerteils hinaus stehen. Die dagegen geführten Argumente der Beschwerdeführerin in ihrem Antwortschreiben vom 27. Juni 2012 konnten somit die Kammer nicht davon überzeugen, dass die betreffenden Merkmale des Anspruchs 1 als Unterscheidungsmerkmale gegenüber der in D1 offenbarten Laufrolle gelten sollten.
3. Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung, Artikel 111 (1) EPÜ
Die Kammer stellt fest, dass sich die Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung hinsichtlich der materiellrechtlichen Prüfung nur über die Neuheit des Gegenstands des unabhängigen Anspruchs 1 gegenüber der D1 geäußert hat.
Dieser Grund trifft im vorliegenden Fall, wie oben dargelegt, nicht mehr zu.
Damit der Beschwerdeführerin die Möglichkeit der weiteren Prüfung ihrer Anmeldung durch zwei Instanzen aufrechterhalten bleibt, hat die Kammer im vorliegenden Fall, in Übereinstimmung mit dem Antrag der Beschwerdeführerin, beschlossen, von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch zu machen und die Angelegenheit an die Prüfungsabteilung zur weiteren Prüfung der vorliegenden Anmeldung auf der Basis des mit Schreiben vom 1. August 2012 eingereichten Anspruchs 1 zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung zurückverwiesen.