T 2282/11 () of 23.1.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T228211.20180123
Datum der Entscheidung: 23 Januar 2018
Aktenzeichen: T 2282/11
Anmeldenummer: 06830110.0
IPC-Klasse: B81C 5/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUM VERSCHLIEßEN EINER ÖFFNUNG
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Klarheit (nein)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) richtet ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung No. 06830110.0 zurückgewiesen worden ist.

II. Während des erstinstanzlichen Verfahrens wurden u.a. folgende Dokumente genannt:

D1: US 2004 012 6953 A

D3: WO 02 073 691 A

D4: WO 03 057 618 A.

In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Prüfungsabteilung in Bezug auf den damals geltenden Antrag die Auffassung, dass

- der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht klar sei (Artikel 84 EPÜ 1973), und

- der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 9 gegenüber der Offenbarung der Druckschrift D3 nicht neu sei (Artikel 54 (1) EPÜ 1973).

III. Mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin einen geänderten Anspruchssatz (Ansprüche 1 bis 9) und folgende Dokumente eingereicht:

PI: ROTIMA AG, "3M Vergussmassen, Giessharze", Auszug aus www.rotima.ch/ro_vergussmassen/Prospekte/produkte.htm

PII: Epoxid-Laminierharze/Axson, "Composite- und Laminierprodukte / Epoxid-Laminierharze", "Laminierharze für Teile", und "Laminierharze für das Infusionsverfahren", Auszug aus www.axson.com/de/ein-produkt-finden/Composite-und-Lamin...

PIII: "Epoxid-Laminierharze".

Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten geänderten Anspruchssatzes zu erteilen.

IV. Die Kammer hat in ihrer mit der Ladung zu einer mündlichen Verhandlung übersandten Mitteilung vom 13. November 2017 ihre vorläufige Auffassung dargelegt. Mit der Mitteilung wurden folgende Dokumente ins Verfahren eingeführt:

A1: DE 102 60 544 A

A2: DE 10 2004 028 538 A

A3: US 2002 013 2389 A

B1: EP 1 433 740 A

B2: US 2004 016 6606 A

B3: "Spin deposition of polymers over holes and cavities", H. Elderstig et al.; Sensors and Actuators A, Vol. 46-47 (1995), Elsevier Science (NL); Seiten 95 bis 97

B4: WO 01 58 804 A

C1: EP 1 460 038 A.

V. Mit ihrem Schreiben vom 22. Dezember 2017 hat die Beschwerdeführerin der Kammer mitgeteilt, dass sie nicht plante an der angesetzten mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

VI. Am 23. Januar 2018 hat die mündliche Verhandlung vor der Kammer in Abwesenheit der Beschwerdeführerin stattgefunden.

Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

VII. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 9 gemäß dem geltenden Antrag lauten wie folgt:

"1. Verfahren zum Verschließen einer Öffnung (12, 22, 32) in einem Substrat (l, 2, 3), wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:

- Bereitste1len eines Substrats (1 , 2, 3) mit einem Hohlraum (10, 20, 30), wobei der Hohlraum (10, 20, 30) durch die Öffnung (12, 22, 32) zugänglich ist;

- Einbringen eines Fluidums (14, 24, 34) einer bestimmten Zusammensetzung und/oder unter einem bestimmten Druck in den Hohlraum (10, 20, 30);

- Bereitstellen eines Verschlussmaterials (3, 15, 28);

- Aufbringen des Verschlussmaterials (3, 15, 28) auf die Öffnung (12, 22, 32), sodass das Fluidum (14, 24, 34) im Hohlraum (10, 20, 30) eingeschlossen wird, und wobei verhindert wird, dass das Verschlussmaterial (3, 15, 28) in den Hohlraum (10, 20, 30) eindringt;

- und wobei vor dem Aufbringen des Verschlussmaterials (3, 15, 28) auf die Öffnung (12, 22, 32) eine Antihaftbeschichtung (13, 23, 33) auf eine Innenwand (110, 220, 330) des Hohlraums (10, 20, 30) und auf eine Oberfläche (111, 221, 331) einer mechanischen Struktur (11, 21, 31) aufgebracht wird."

"9. Integriertes Bauteil mit einem Substrat (1, 2, 3), das einen Hohlraum (10, 20, 30) aufweist, der mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8 abgeschlossen ist."

Entscheidungsgründe

1. Nichterscheinen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung

Die ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführerin erschien, wie angekündigt, nicht in der mündlichen Verhandlung. Gemäß Regel 115 (2) EPÜ konnte das Verfahren jedoch ohne sie fortgesetzt werden. In Anwendung des Artikels 15 (3) VOBK berücksichtigte die Beschwerdekammer für ihre Entscheidung nur das schriftliche Vorbringen der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdekammer war nicht verpflichtet, einen Verfahrensschritt einschließlich ihrer Entscheidung wegen des Nichterscheinens der Beschwerdeführerin aufzuschieben (Artikel 15 (3) VOBK). Die Kammer konnte auch am Ende der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Sache entscheidungsreif war (Artikel 15 (5) und (6) VOBK).

2. Die Beschwerde ist zulässig.

3. Anspruch 1 - Artikel 84 EPÜ 1973

3.1 Die Prüfungsabteilung hat in ihrer Entscheidung bemängelt (vgl. Nr. 8 der Entscheidungsgründe), dass das Merkmal des Anspruchs 1 "wobei verhindert wird, dass das Verschlussmaterial in den Hohlraum eindringt" lediglich eine zu lösende Aufgabe angibt, und dass die technischen Maßnahmen, die für die Erzielung dieses Ergebnisses notwendig sind, im Anspruch 1 nicht angegeben sind (Artikel 84 EPÜ 1973). Die Beschwerdeführerin hat u.a. geltend gemacht (siehe Beschwerdebegründung, den die Seiten 2 und 3 überbrückenden Absatz), dass "[d]urch geeignete Wahl der Parameter Zusammensetzung und/oder Druck des Fluidums [...] das Verschlußmaterial erfindungsgemäß am Eindringen in den Hohlraum gehindert [wird]".

Nach Auffassung der Kammer hängt die Frage, ob das Verschlussmaterial durch die Öffnung in den Hohlraum eindringt oder nicht, von der Wechselwirkung zwischen unterschiedlichen Faktoren ab, wie z.B. Größe und Gestalt bzw. Aspektverhältnis der Öffnung, Oberflächenspannung bzw. Viskosität - und damit auch Temperatur - des Verschlussmaterials, Druckunterschied zwischen beiden Seiten der Öffnung, Zusammensetzung des Verschlussmaterials, des Substratmaterials und des Fluidums innerhalb und außerhalb der Öffnung, Einzelheiten des Aufbringungsverfahrens des Verschlussmaterials usw. Daher kann im Allgemeinen das Einbringen eines Fluidums "einer bestimmten Zusammensetzung und/oder unter einem bestimmten Druck" in den Hohlraum allein - wie von der Prüfungsabteilung festgestellt, siehe Entscheidung, Nr. 8 der Entscheidungsgründe, zweiter Absatz - nicht verhindern, dass das Verschlussmaterial in den Hohlraum eindringt. So wird in den Ausführungsbeispielen der Anmeldung (siehe Fluidum 14, 24 und 34 in Fig. 1C und 1D, 2C und 2D, und Fig. 3A und 3B) das Verschlussmaterial auf die Öffnung so aufgebracht, dass das Fluidum im Hohlraum und außerhalb des Hohlraums dieselbe Zusammensetzung und denselben Druck aufweist, sodass das Fluidum einen bestimmten (Beschreibung, Seite 8, Zeilen 10 bis 19, und Seite 8, Zeile 27 bis Seite 9, Zeile 5), aber geringen Einfluss auf das Aufbringen des Verschlussmaterials hat, und die Frage, ob das Verschlussmaterial in den Hohlraum eindringt oder nicht, auch von vielen anderen, im Anspruch 1 und in der Anmeldung nicht berücksichtigten Faktoren abhängt.

Aus diesen Überlegungen heraus ist die Kammer der Auffassung, dass das erwähnte beanspruchte Merkmal klar ist, weil das beanspruchte Verfahren neben dem Einbringen des Fluidums (siehe Beschreibung, Seite 8, Zeilen 10 bis 19) andere Maßnahmen voraussetzt, die es ermöglichen, dass das Verschlussmaterial in den Hohlraum nicht eindringt, und dass diese Maßnahmen zum allgemeinen Fachwissen gehören.

3.2 Anspruch 1 ist auf ein Verfahren zum Verschließen einer Öffnung in einem Substrat gerichtet, welches einen Hohlraum aufweist, und das Verfahren bezieht sich auf "eine Oberfläche einer mechanischen Struktur" (vgl. letzte zwei Zeilen des Anspruchs). Es ist in der Formulierung des Anspruchs 1 nicht klar, welche technische Beziehung zwischen der mechanischen Struktur und dem Substrat bzw. dem Hohlraum besteht (vgl. Seite 7, Zeilen 9 bis 11 der Beschreibung).

Anspruch 1 ist daher nicht klar (Artikel 84 EPÜ 1973).

4. Anspruch 1 - Neuheit und erfinderische Tätigkeit

4.1 Die Druckschrift D3 offenbart ein Substrat (siehe Fig. 2 und die entsprechende Beschreibung auf Seite 8, Zeile 7 bis Seite 9, Zeile 5) mit einem Hohlraum (94), wobei der Hohlraum eine mechanische Struktur (Schalter 40) beinhaltet und durch eine Öffnung (90) zugänglich ist. Die Druckschrift D3 offenbart ebenfalls

- das Einbringen eines unterstützenden Fluidums in den Hohlraum (Seite 8, Zeilen 12 bis 15), wobei das Fluidum ein inertes Gas (vgl. Beschreibung der Anmeldung, Seite 12, Zeilen 28 bis 32) oder eine dielektrische Flüssigkeit ist und eine bestimmte Zusammensetzung und einen bestimmten Druck aufweist (Seite 2, Zeilen 14 bis 16, Seite 5, Zeilen 7 bis 9, und Seite 8, Zeilen 12 bis 15), und

- das Bereitstellen eines Verschlussmaterials und das Einbringen des Verschlussmaterials in die Öffnung, sodass das Fluidum im Hohlraum eingeschlossen wird (Seite 8, Zeilen 7 und 8, und Zeilen 12 bis 16; siehe auch Seite 3, Zeile 24 bis Seite 4, Zeile 2, und Ansprüche 9, 12, 24 und 25).

4.1.1 Im Hinblick auf die Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach in der Druckschrift D3 das Verschlussmaterial "in" die Öffnung eingebracht und nicht, wie beansprucht, "auf" die Öffnung aufgebracht werde (Beschwerdebegründung, Seite 3, vierter Absatz), weist die Kammer darauf hin, dass

- Anspruch 1 zwar ausdrücklich ausschließt, dass das Verschlussmaterial in den Hohlraum eindringt, nicht aber, dass das Verschlussmaterial "in" die Öffnung eindringt (vgl. Anmeldung, Fig. 2D, und Fig. 3B zusammen mit Seite 12, Zeilen 1 bis 24 der Beschreibung), und

- im Kontext der Druckschrift D3 ein Aufbringen des Verschlussmaterials "auf" die Öffnung durch das Einbringen des Verschlussmaterials "in" die Öffnung implizit vorgeschrieben oder zumindest nahegelegt ist (siehe z.B. Druckschriften D1, Fig. 9; D4, Fig. 2G, 2H und 3B; B1, Fig. 4 bis 8; B2, Fig. 5; B3, Fig. 1; und B4, Fig. 1g und 3b).

4.1.2 Die Druckschrift D3 offenbart nicht, dass das Verschlussmaterial so aufgebracht wird, dass kein Verschlussmaterial in den Hohlraum eindringt. Insbesondere lässt die Druckschrift D3 offen, ob das verwendete Epoxidharz (Seite 8, Zeilen 7 und 8) bzw. dessen Eigenschaften (Viskosität usw.) so ausgewählt werden, dass kein Verschlussmaterial durch die Öffnung in den Hohlraum eindringt (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 4, zweiter und dritter Absatz, und Dokumente PI, PII und PIII).

Das Verfahren nach Anspruch 1 ist daher neu gegenüber der Druckschrift D3.

4.2 Das in den Hohlraum eingebrachte Fluidum (D3, Seite 8, Zeilen 7 bis 16) wird aber - wie im Falle der beanspruchten Erfindung, siehe Seite 8, Zeilen 18 und 19, und Zeilen 27 bis 31, und Seite 11, Zeilen 2 bis 4 der Beschreibung - zu einem bestimmten Grad verhindern, dass Teile des Verschlussmaterials in den Hohlraum eindringen.

Darüber hinaus ist anzumerken, dass es auf dem Gebiet der mikromechanischen Strukturen, insbesondere der verkapselten mikromechanischen Strukturen, ein ständiges Bestreben ist, die Strukturen frei von Kontaminanten und von anderen Bestandteilen, insbesondere von Fremdkörpern, zu halten, die die Funktionsweise der integrierten mikromechanischen Strukturen beeinträchtigen könnten, siehe z.B. die Druckschriften D3 (Seite 1, letzter Absatz, Zeilen 12 bis 14, und Seite 2, Zeilen 2 bis 4), D1 (Zusammenfassung und Absatz [0004], Zeilen 1 bis 6; Absatz [0006], letzter Satz; Seite 2, erster Absatz, Zeilen 3 bis 8; und Absätze [0061] und [0062]), B1 (Zusammenfassung und Fig. 3 bis 6, zusammen mit Spalte 1, Zeilen 5 bis 11 und Zeilen 56 bis 58, und Spalte 3, Zeilen 50 bis 53), B2 (Zusammenfassung und Fig. 5, zusammen mit Absatz [0005], Zeilen 13 bis 15), B3 (Fig. 2 und 3, und Zusammenfassung) und B4 (Fig. 1g, 2d, 2e, 3b und 3c). Der Fachmann wird sich daher bei der nachträglichen Bearbeitung der Offenbarung der Druckschrift D3 bemühen, das Verschlussmaterial so aufzubringen, dass das Verschlussmaterial in den Hohlraum nicht eindringt. Dabei wird der Fachmann auf geeignete Maßnahmen zurückgreifen, die auf über das allgemeine Fachwissen nicht hinausgehenden technischen Überlegungen (vgl. Nr. 3.1 oben, dritter Absatz) basieren und im Stand der Technik bereits ausführlich beschrieben sind, wie z.B.

- Anpassung der Bedingungen, unter denen das Verschlussmaterial auf die Öffnung aufgebracht wird (siehe z.B. Druckschrift D1, Absatz [0067], Zeilen 14 bis 23, und Absatz [0070], Zeilen 8 bis 13; B1, Absatz [0008]; und B3, der die Seiten 95 und 96 überbrückende Absatz) und/oder

- Auswahl der Zusammensetzung und der Eigenschaften des Verschlussmaterials, insbesondere der Viskosität bzw. der Oberflächenspannung (siehe z.B. Druckschrift B2, Absatz [0010], und Fig. 1 und 5 zusammen mit den Absätzen [0025] bis [0027]; und B3, Seite 96, linke Spalte, letzter vollständiger Satz) und/oder

- strukturelle Konfiguration der Öffnungsanordnung (siehe z.B. B4, Fig. 1g und den die Seiten 9 und 10 überbrückenden Absatz) usw.

Es ist daher für den Fachmann naheliegend, bei der nachträglichen Bearbeitung der Offenbarung der Druckschrift D3 das Verschlussmaterial auf die Öffnung so aufzubringen, dass dabei kein Verschlussmaterial in den Hohlraum eindringt.

4.3 Die Druckschrift D3 offenbart auch das Einbringen eines Fluidums mit Antihaft-Eigenschaften in den Hohlraum (Seite 8, Zeile 21 bis Seite 9, Zeile 1), aber - wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht (Beschwerdebegründung, Seite 5, dritter Absatz) - nur als Alternative zur Verwendung des oben unter Nr. 4.1 erwähnten unterstützenden Fluidums. Außerdem lässt die Druckschrift D3 offen, ob durch das Antihaft-Fluidum bzw. durch die Abänderung der Oberfläche des Hohlraums und der mechanischen Struktur durch das Antihaft-Fluidum (Seite 8, Zeilen 21 bis 24) eine Antihaftbeschichtung auf der Innenwand des Hohlraums oder auf der mechanischen Struktur erzeugt wird.

Die Antihaft-Beschichtung des beanspruchten Verfahrens löst die Aufgabe, ein Haften der mechanischen Struktur bei mechanischem Kontakt mit einer Oberfläche des Hohlraums zu verhindern (siehe Beschreibung, den die Seiten 5 und 6 überbrückenden Absatz, und Seite 7, Zeilen 23 bis 32), ohne dabei auf das in der Druckschrift D3 erwähnte unterstützende Fluidum zu verzichten. Dem Fachmann auf dem Gebiet der mikromechanischen Strukturen ist allerdings bereits bekannt, ein Haften solcher mechanischen Strukturen bei mechanischem Kontakt mit der Oberfläche von benachbarten Strukturen dadurch zu verhindern, dass eine Antihaft-Beschichtung auf die Kontakt-Oberflächen, insbesondere auf die Oberfläche der mechanischen Struktur und/oder der benachbarten Strukturen, aufgebracht wird, siehe z.B. die Druckschriften A1 (Zusammenfassung und Fig. 1, zusammen mit Absatz [0007] und [0012]), A2 (Fig. 10 und Zusammenfassung, zusammen mit den Absätzen [0002], [0003], [0010] und [0046]) und A3 (Zusammenfassung und Absatz [0050]).

Es ist daher für den Fachmann naheliegend, die oben gestellte Aufgabe durch Aufbringen einer Antihaft-Beschichtung auf die Oberfläche der mechanischen Struktur und des Hohlraums zu lösen.

4.4 Aufgrund dieser Überlegungen ist die Kammer der Auffassung, dass das Verfahren des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973).

5. Unabhängiger Anspruch 9 - Neuheit und erfinderische Tätigkeit

5.1 Die Druckschrift B1 offenbart ein integriertes Bauteil (Zusammenfassung und Fig. 3) mit einem Substrat (Substrat 2), das einen Hohlraum (Hohlraum 5) mit einem Fluidum einer bestimmten Zusammensetzung unter einem bestimmten Druck (Absatz [0017]) aufweist. Der Hohlraum beinhaltet eine mechanische Struktur (Struktur 6) und weist eine mit einem Verschlussmaterial verschlossene Öffnung (Öffnung 4, siehe Zusammenfassung und Fig. 4 bis 6) auf, ohne dass Verschlussmaterial in den Hohlraum eingedrungen ist (Absatz [0008]).

Auch die Druckschriften D1 (Fig. 8 und Zusammenfassung sowie Absätze [0010] und [0044]), B2 (Fig. 5 und Zusammenfassung sowie Absätze [0019] und [0028]) und B4 (Fig. 1g und Zusammenfassung sowie Seite 9, Zeile 23 bis Seite 10, Zeile 7) offenbaren integrierte Bauteile mit all diesen Merkmalen.

Das integrierte Bauteil nach dem unabhängigen Anspruch 9 unterscheidet sich von den in den Druckschriften B1, D1, B2 oder B4 offenbarten Bauelementen durch eine Antihaftbeschichtung auf einer Innenwand des Hohlraums und auf einer Oberfläche der mechanischen Struktur.

Der Gegenstand des Anspruchs 9 ist daher neu gegenüber den Druckschriften B1, D1, B2 und B4.

5.2 Wie oben unter Nr. 4.3 bereits ausgeführt, stellt eine solche Beschichtung für den Fachmann aber eine an sich bekannte Maßnahme dar (vgl. die Druckschriften A1, Zusammenfassung und Fig. 1, zusammen mit den Absätzen [0007] und [0012]; A2, Fig. 10 und Zusammenfassung, zusammen mit den Absätzen [0002], [0003], [0010] und [0046]; und A3, Zusammenfassung und Absatz [0050]), die keine erfinderische Tätigkeit begründet.

Daher ist die Kammer der Auffassung, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 9 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973).

6. Die oben unter Nr. 3 bis 5 dargelegte Auffassung der Kammer entspricht im Wesentlichen der im Ladungsbescheid geäußerten vorläufigen Auffassung der Kammer. Die Beschwerdeführerin hat sich zu dieser vorläufigen Auffassung der Kammer nicht geäußert und an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen, sodass gegenüber der vorläufigen Auffassung der Kammer nach dem Ladungsbescheid kein neues Vorbringen zu berücksichtigen ist.

Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin, ein Patent auf der Grundlage des vorliegenden Anspruchssatzes zu erteilen, mangels Klarheit des Anspruchs 1 (Artikel 84 EPÜ 1973, vgl. Nr. 3.2 oben) und mangels des erforderlichen Beruhens des Gegenstandes der unabhängigen Ansprüche 1 und 9 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973, vgl. Nr. 4 und 5 oben) nicht stattgegeben werden kann.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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