T 2110/11 () of 31.3.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T211011.20160331
Datum der Entscheidung: 31 März 2016
Aktenzeichen: T 2110/11
Anmeldenummer: 06022337.7
IPC-Klasse: H05B 3/12
H05B 3/18
H01C 7/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wärmeerzeugendes Element für eine elektrische Heizvorrichtung und Verfahren zur Herstellung derselben
Name des Anmelders: Eberspächer catem GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: BorgWarner BERU Systems Kandel GmbH
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
Schlagwörter: Erweiterung des Schutzbereichs (ja) - Hauptantrag
Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (ja) - Hilfsantrag
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechende richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, wonach unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 1 916 873 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen. Grundlage für diese Entscheidung war der während der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2011 eingereichte Hilfsantrag 1.

II. Am 31. März 2016 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2016 eingereichten Hilfsantrags aufrecht zu erhalten.

III. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"M1 Wärmeerzeugendes Element (1) zur Lufterwärmung in einem elektrischen Zuheizer eines Kfz

M2 mit an gegenüberliegenden Seiten des Wärme erzeugenden Elementes (1) anliegenden und sich parallel hierzu erstreckenden Radiatorelementen (11),

M3 umfassend wenigstens ein PTC-Heizelement (5) und

M4 ein das PTC-Heizelement (5) umgebendes, isolierendes Gehäuse (2, 3) sowie

M5 elektrische Leiterbahnen (6; 7, 10), die an gegenüberliegenden Seiten an dem PTC-Heizelement (5) anliegen,

dadurch gekennzeichnet,

M6 dass das Gehäuse (2, 3) ein Gehäuseschalenelement (2) und ein Schalengegenelement (3) umfasst,

M7 die unter Zwischenlage eines an gegenüberliegenden Stirnseiten der Gehäuseelemente (2, 3) anliegenden Dichtstreifens (4, 21) aneinander anliegen,

M8 wobei die Gehäuseelemente (2, 3) mit das wenigstens eine PTC-Heizelement (5) randseitig übergreifenden Rändern ausgebildet sind,

M9 und dass das Dichtelement die Gehäuseelemente (2, 3) bei einer von außen auf das wärmeerzeugende Element (1) wirkenden und die Leiterbahnen (6; 7, 10) gegen das wenigstens eine PTC-Heizelement drückenden Druckkraft gegeneinander abdichtet und

M10 das mit den Gehäuseelementen (2, 3) das wenigstens eine PTC-Heizelement gegenüber der Umgebung abgedichtet umschließt."

(Merkmalsgliederung von der Kammer eingefügt)

Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass das Merkmal M10 durch folgendes ersetzt wird:

"das wenigstens eine PCT-Heizelement abgedichtet umschließt".

IV. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der erteilte Anspruch 1 sehe vor, dass das Dichtelement das PTC-Heizelement abgedichtet umschließe, wohingegen Anspruch 1 des Hauptantrags Ausführungsbeispiele abdecke, bei denen dies nicht der Fall sei. Das Dichtelement gemäß Hauptantrag könne z.B. U-förmig sein, in welchem Fall die vierte Seite entweder durch einen Teil des Gehäuses oder durch ein weiteres Element, z.B. ein Federelement, abgedichtet werden könne. Durch die Änderungen des Merkmals M10 während des Einspruchsverfahrens sei daher der Schutzbereich des Hauptantrags gegenüber dem des erteilten Patents erweitert worden. Das Mitlesen der Merkmale M6 bis M8 ändere nichts an diesem Argument. Ähnliches gelte für die Verweise der Beschwerdegegnerin auf Absatz [0012] der Anmeldung und Spalte 4, Zeilen 27 und 28 des Patents, weil der erste einen anderen Aspekt der Vorrichtung betreffe und der zweite weder dem erteilten Patent noch dem jetzigen Hauptantrag entspreche.

Das letzte Merkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrags habe keine Grundlage in der ursprünglichen Anmeldung, weil die ganze diesbezügliche Lehre der Anmeldung, einschließlich der von der Beschwerdegegnerin zitierten Absätze [0008] bis [0010] der Anmeldung, dem Merkmal M10 des Hauptantrags entspreche.

V. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:

Wenn Merkmal M10 des Anspruchs 1 des Hauptantrags im Kontext der Merkmale M6 bis M8 interpretiert werde, habe es genau die gleiche Bedeutung wie das entsprechende Merkmal des erteilten Anspruchs 1. Diese Auslegung des Anspruchs werde durch Absatz [0012] der Anmeldung und Spalte 4, Zeilen 27 und 28 des Patents unterstützt.

Das letzte Merkmal des erteilten Anspruchs 1 finde eine Grundlage in Spalte 2, Zeilen 33 bis 36 und 50 bis 57 sowie Absatz [0010], erster Satz der Anmeldung.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Erweiterung des Schutzbereichs (Artikel 123 (3) EPÜ)

2.1 Das letzte Merkmal des Anspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung sieht vor, dass das Dichtelement "das wenigstens eine PTC-Heizelement abgedichtet umschließt", d.h. dass es das PTC-Heizelement völlig umschließen muss, wie z.B. im Falle eines Rings. Das entsprechende Merkmal M10 des vorliegenden Hauptantrags enthält diese Einschränkung dagegen nicht, weil es vorsieht, dass das Dichtelement nicht allein, sondern mit den beiden Gehäuseelementen das PTC-Heizelement abgedichtet umschließt. Deshalb deckt es Ausführungsbeispielen ab, bei denen das Dichtelement z.B. U-förmig ist, so dass es lediglich drei Seiten abdichtet, während die vierte Seite entweder durch einen Teil des Gehäuses oder durch ein weiteres Element, z.B. ein Federelement, abgedichtet wird. Solche Ausführungsbeispielen fallen jedoch nicht in den Schutzbereich des erteilten Patents, weil ein U-förmiges Dichtelement das PTC-Heizelement nicht umschließen kann. Deshalb ist mit diesem Antrag der Schutzbereich des Patents erweitert worden, so dass der Antrag gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstößt.

2.2 Die Beschwerdegegnerin brachte vor, dass sofern das Merkmal M10 im Kontext der Merkmale M6 bis M8 interpretiert wird, es die gleiche Bedeutung wie das letzte Merkmal des erteilten Patents habe. Die Kammer kann diesem Argument nicht folgen, weil die Merkmale M6 bis M8 nichts über den Umfang des Dichtelements bzw. Dichtstreifens sagen. Den Verweis der Beschwerdegegnerin auf Absatz [0012] (der veröffentlichten Anmeldung) findet die Kammer auch nicht relevant, weil er sich auf einen anderen Aspekt der Vorrichtung bezieht, nämlich den Aufbau des Zuheizers. Der Verweis auf Spalte 4, Zeilen 27 und 28 des Patents ist ebenfalls nicht relevant, weil das Niveau der Verallgemeinerung dieser Passage weder dem Gegenstand des erteilten Patents noch dem des vorliegenden Anspruchs entspricht.

3. Hilfsantrag - Zulässigkeit des Antrags (Artikel 13 (3) VOBK)

Der während der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag wirft keine neuen Fragen auf, deren Behandlung die Kammer und die Beschwerdeführerin ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten war. Daher übte die Kammer ihr Ermessen unter Artikel 13 (3) VOBK dahingehend aus, den Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin ins Verfahren zuzulassen.

4. Hilfsantrag - Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

4.1 Das letzte Merkmal des Hilfsantrags stimmt mit dem letzten Merkmal des erteilten Patents überein. Folglich, wie oben in Punkt 2.1 ausgeführt, sieht es vor, dass das Dichtelement "das wenigstens eine PTC-Heizelement abgedichtet umschließt". Nach der angefochtenen Entscheidung war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass dieses Merkmal dazu führt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des damaligen Hauptantrags über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinausgehe (siehe insbesondere Seite 5, vierter Absatz der angefochtenen Entscheidung). Die Kammer folgt dem Argument der Beschwerdeführerin, dass dieser Einwand auch bezüglich des Anspruchs 1 des vorliegenden Hilfsantrags gilt. Dieser Antrag verstößt daher gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

4.2 Die Beschwerdegegnerin verwies auf drei Passagen der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldung, die eine Grundlage für dieses Merkmal bieten sollen, nämlich

Spalte 2, Zeilen 33 bis 36 (in Absatz [0008]) und 50 bis 57 (in Absatz [0009]), sowie Absatz [0010], erster Satz. Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass die Lehre alle dieser Passagen dem Merkmal M10 des Hauptantrags entspricht, d.h. dass die Funktion des Begriffs "abgedichtet umschließt" durch die Kombination der Gehäuseelemente und des Dichtelements bewirkt wird. Aus Gründen, die denen in Absatz 2.1 oben entsprechen, offenbaren diese Passagen nicht, dass das Dichtelement das PTC-Heizelement abgedichtet umschließt. Sie stellen daher keine Grundlage für das letzte Merkmal des Anspruchs 1 des Hilfsantrags dar.

5. Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass keiner der von der Beschwerdegegnerin gestellten Anträge eine Grundlage für die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung bieten kann. Dem Antrag der Beschwerdeführerin, das Patent zu widerrufen, war somit stattzugeben.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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