European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T208111.20130614 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 Juni 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2081/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02028958.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | C11D 3/39 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Optimiertes Wasch- und Reinigungsmittelsystem für eine verbesserte Bleichwirkung bei niedrigeren Temperaturen | ||||||||
Name des Anmelders: | Dalli-Werke GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Henkel AG & Co. KGaA The Procter & Gamble Company |
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Kammer: | 3.3.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Hauptantrag: nicht neu 3. Hilfsantrag: nicht erfinderisch 4. Hilfsantrag: nicht zulässig, da im Beschwerdeverfahren zurückgenommen 5. Hilfsantrag: Grundlage für Aufrechterhaltung |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung das europäische Patent 1 433 839 zu widerrufen.
II. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin/ Patentinhaberin am 08. September 2011 Beschwerde ein und zahlte die Beschwerdegebühr am selben Tag. Die Beschwerdegründe wurden am 15. November 2011 eingereicht.
III. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs, hilfsweise das Patent aufrechtzuerhalten auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 3 bis 6, eingereicht mit Schreiben vom 15. November 2011.
Die Beschwerdegegnerinnen I und II/Einsprechende I und II beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"1. Wasch- oder Reinigungsmittel, enthaltend wenigstens einen Bleichaktivator und wenigstens ein TAED, dadurch gekennzeichnet, dass das TAED in einer Verarbeitungsform vorliegt, die eine zur Bleichaktivatorwirkung verzögerte Peressigsäure-Freisetzungskinetik bewirkt."
Der Wortlaut des Anspruchs 1 des dritten Hilfsantrags unterscheidet sich vom Wortlaut des Anspruchs 1 des Hauptantrags durch den Ersatz der Textstelle "Wasch- oder Reinigungsmittel" durch "Alkalimetallcarbonat-perhydrat-, persilicat- oder -persulfathaltiges Wasch- oder Reinigungsmittel" und der Ergänzung "so dass eine Peressigsäurekonzentration in der Waschlauge von mehr als 100 mg/l erst nach wenigstens 5 min erreicht wird" am Ende des Anspruchs.
Die unabhängigen Ansprüche des fünften Hilfsantrags lauten wie folgt:
Anspruch 1 des fünften Hilfsantrags ist mit Anspruch 1 des Hauptantrags identisch, mit Ausnahme des Texts "so dass eine Peressigsäurekonzentration in der Waschlauge von mehr als 100 mg/l erst nach wenigstens 5 min erreicht wird, wobei als wenigstens ein Bleichaktivator ein quarterniertes Glycinnnitril eingesetzt wird", welcher am Ende des Anspruchs eingefügt wurde.
"6. Verwendung eines Reinigungsmittels nach einem der Anspruche 1 bis 5 für die Anwendung als oder in einem Textilwaschmittel, Geschirrreinigungsmittel, Fleckenentfernungsmittel (Fleckensalz), Entkalkungsmittel, Scheuermittel."
Die Ansprüche 2-5 sind vom Anspruch 1 abhängig.
V. Die Beschwerdegenerinnen erhoben Einwände im Hinblick auf die Erfordernisse der Artikel 123(2) EPÜ und 83, 84 54(1),(2) und 56 EPÜ 1973, erachteten die Hilfsanträge 4 und 6 als unzulässig und nannten inter alia folgende Dokumente:
D1 = EP-A-0 106 634
D4 = WO-A-95/28465
D5 = WO-A-02/12425
D7 = DE-A-199 14 353
VI. Die folgenden Hauptargumente wurden seitens der Beschwerdeführerin genannt:
Hauptantrag
- Neuheit
Keines der zitierten Dokumente offenbare Wasch- oder Reinigungsmittel, welche einen Bleichaktivator und ein TAED (N,N,N',N'-Tetra-acetylethylendiamin) mit einer zur Wirkung des Bleichaktivators verzögerten Freisetzungskinetik der Peressigsäure beinhalten. Daher sei das Erfordernis der Neuheit erfüllt.
3. Hilfsantrag
- Erfinderische Tätigkeit
Die Beispiele des Streitpatents zeigten, dass ein verbesserter Bleicheffekt gegenüber der alleinigen Verwendung von TAED mit den erfindungsgemäßen Zusammensetzungen erzielt werden könne. Deshalb beruhe der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4. Hilfsantrag
- Zulässigkeit
Der bereits im Einspruchsverfahren vorgelegte Hilfsantrag 4 sei in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nicht zurückgenommen, sondern nur aus verfahrensökonomischen Gründen nicht weiter verfolgt worden. Deshalb könne er auch im Beschwerdeverfahren wieder eingereicht werden.
5. Hilfsantrag
- Artikel 123(2) EPÜ
Der ursprüngliche Anspruch 1 und der Text auf Seite 6 der ursprünglich eingereichten Beschreibung seien als Offenbarung des Gegenstands des Anspruchs 1 des 5. Hilfsantrags heranzuziehen.
- Artikel 83 EPÜ 1973
Das Streitpatent gebe an, welche Bestandteile zu verwenden seien, um erfindungsgemäße Waschmittel herzustellen. Daher sei das Erfordernis des Artikels 83 EPÜ 1973 erfüllt.
- Artikel 84 EPÜ 1973
Die Ansprüche des 5. Hilfsantrags enthielten keine Unklarheiten.
- Artikel 54(1),(2) EPÜ 1973
Die Kombination von quarterniertem Glycinnitril mit konfektioniertem TAED sei in keinem der zitierten Dokumente des Stands der Technik offenbart, daher sei der beanspruchte Gegenstand neu.
- Artikel 56 EPÜ 1973
Die durch die Kombination von quarterniertem Glycinnitril und TAED erhaltene verbesserte Bleichleistung sei aus dem Stand der Technik nicht ableitbar. Daher beruhe der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die folgenden Hauptargumente wurde von den Beschwerde-gegnerinnen genannt:
Hauptantrag
- Neuheit
Der im beanspruchten Wasch- oder Reinigungsmittel neben dem TAED verwendete Bleichaktivator könne ebenfalls TAED sein. Die in D1 offenbarten Zusammensetzungen seien somit neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags.
3. Hilfsantrag
- Erfinderische Tätigkeit
D4,D5 oder D7 könnten als nächstliegender Stand der Technik herangezogen werden und zeigten, dass der beanspruchte Gegenstand naheliegend sei.
Für Wasch- oder Reinigungsmittel, die zusätzlich zum im Anspruch 1 genannten TAED ein TAED auch als Bleichmittel enthalten sei nicht gezeigt worden, dass das Problem der verbesserten Bleichwirkung bei niedrigen Temperaturen gelöst sei.
4. Hilfsantrag
- Zulässigkeit
Der Hilfsantrag sei im Einspruchsverfahren zurückgenommen worden und könne deshalb nicht wieder im Beschwerdeverfahren eingeführt werden.
5. Hilfsantrag
- Artikel 123(2) EPÜ
Die Merkmale des Anspruchs 1 des fünften Hauptantrags seien nicht ursprünglich offenbart worden. Auch sei die Zielsetzung des Streitpatents, d.h. eine erhöhte Bleichwirkung bei niederer Temperatur zu erreichen, nicht aus dem Anspruchswortlaut ersichtlich.
- Artikel 83 EPÜ 1973
Der Fachmann könne die beanspruchten Zusammensetzungen nur mit größten Schwierigkeiten herstellen, insbesondere seien zahlreiche Versuche notwendig um ein TAED zu finden, das die geforderte verzögerte Peressigsäure-Freisetzungskinetik bewirkt. Daher sei der beanspruchte Gegenstand nicht ausreichend offenbart worden.
- Artikel 84 EPÜ 1973
Die Definition der Peressigsäurekonzentration in der Waschlauge sei unklar.
- Artikel 54(1)(2) EPÜ 1973
D4 offenbare Zusammensetzungen wie beansprucht. Daher sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu.
- Artikel 56 EPÜ 1973
D4,D5 oder D7 könnten als nächstliegender Stand der Technik herangezogen werden. Jedes dieser Dokumente lege die Kombination eines quarternierten Glycinnitrils mit TAED nahe. Daher beruhe der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
1.1 Artikel 123(2) EPÜ und 83 EPÜ 1973
Die Kammer ist der Auffassung, dass die Erfordernisse der Artikel 123(2) EPÜ und 83 EPÜ 1973 für den Hauptantrag erfüllt sind. Eine Abhandlung dieser Erfordernisse ist nicht notwendig, da die Neuheit des beanspruchten Gegenstands nicht gegeben ist.
1.2 Neuheit
1.2.1 Beispiel II der D1 offenbart Waschmittelzusammen-setzungen, die TAED als Extrudat beinhalten. Die Tabelle auf Seite 16 zeigt, dass bei Verwendung von extrudiertem TAED nach 5 Minuten 27% des Bleichaktivators zur Percarboxysäure umgewandelt wurden.
1.2.2 Anspruch 1 des Hauptantrags erfordert, dass TAED in einer Verarbeitungsform vorliegt, die eine zur Bleichwirkung verzögerte Peressigsäure-Freisetzungskinetik bewirkt. Dabei wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, dass der Bleichaktivator ebenfalls TAED sein kann, also TAED sowohl in einer Form mit "rascher" als auch mit "verzögerter" Peressigsäure-Freisetzungskinetik vorliegen kann.
1.2.3 Dieser Sachverhalt wird im Beispiel II der D1 beschrieben: Ein Teil des TAEDs reagiert innerhalb von fünf Minuten, der Rest erst danach, d.h. jener Teil des TAEDs, der zuerst Peressigsäure freisetzt besitzt eine "rasche" und das restliche TAED eine "verzögerte" Freisetzungskinetik. Da im Anspruch 1 des Hauptantrags keine weiteren Unterscheidungsmerkmale für die beiden TAEDs gefordert sind, fallen die Ausführungsformen des beschriebenen Beispiels II der D1 unter den beanspruchten Wortlaut.
Diese Auslegung erfüllt auch das in der Beschreibung definierte Kriterium, dass das TAED mit "verzögerter" Peressigsäure-Freisetzungskinetik innerhalb der ersten (fünf) Minuten weniger als 100 mg/l Peressigsäure in der Waschlauge freisetzt, da das TAED mit der "verzögerten" Freisetzungskinetik erst nach den ersten fünf Minuten reagiert.
1.2.4 Somit ist die im Anspruch 1 des Hauptantrags gegebene Definition für den Fall, dass auch der Bleichaktivator ein TAED ist, nicht geeignet die beanspruchten Zusammensetzungen von den in D1 beschriebenen Wasch- oder Reinigungsmitteln zu unterscheiden.
1.2.5 Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht neu.
2. Hilfsantrag 3
2.1 Artikel 54(1)(2),83,84 EPÜ 1973; Artikel 123(2) EPÜ
Die Kammer ist der Auffassung, dass die Erfordernisse dieser Artikel des EPÜ für den dritten Hilfsantrag erfüllt sind. Eine diesbezügliche Diskussion ist nicht erforderlich, da der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
2.2 Erfinderische Tätigkeit
2.2.1 Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, Wasch- und Reinigungsmittel mit verbesserter Bleichleistung bei Temperaturen unter 45ºC bereitzustellen.
Als nächstliegender Stand der Technik wurden die Entgegenhaltungen D4,D5 und D7 genannt.
D4 betrifft Reinigungsmittelzusammensetzungen mit einem Builder und einem Bleichmittel mit verzögerter Peroxysäurefreisetzung.
"Die Aufgabe der D5 war es für einen Temperaturbereich von insbesondere unterhalb 45ºC einen guten Aktivator für anorganische Persauerstoffverbindungen zum Bleichen von gefärbten Textilanschmutzungen bereitzustellen" (Brief der Beschwerdeführerin vom 15. November 2011, Seite 2).
D7 beschreibt Wasch- und Reinigungsformkörper, die Nitrilquats enthalten und eine hohe Härte und hervorragende Zerfalleigenschaften aufweisen.
Da nur D5 die Bleichleistung bei niederen Temperaturen beschriebt, wird D5 als der nächstliegende Stand der Technik angesehen.
2.2.2 Die Aufgabe des Streitpatents gegenüber D5 war die Bereitstellung von Wasch- oder Reinigungsmittel-zusammensetzungen mit verbesserter Bleichwirkung bei tiefen Temperaturen.
2.2.3 Zur Lösung dieser Aufgabe wurden die Wasch- oder Reinigungsmittel gemäß Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags vorgeschlagen.
Diese unterscheiden sich von den in D5 beschriebenen Produkten in der geforderten Peressigsäure-Freisetzungskinetik durch das TAED.
2.2.4 Die Beschwerdegegnerinnen argumentierten, dass das gestellte Problem nicht für alle vom Anspruch 1 umfassten Bleichaktivatoren gelöst sei. Die Kammer schließt sich den vorgebrachten Bendenken an.
Die Beispiele des Streitpatents zeigen die Wirkung eines quarternierten Glycinnitrils zusammen mit TAED mit verzögerter Peressigsäure-Freisetzung im Vergleich zur alleinigen Wirkung von TAED und im Vergleich zur Kombination mit TAED ohne verzögerte Peressigsäure-Freisetzung. Im Streitpatent wurde nicht gezeigt, dass eine beanspruchte Kombination, welche nicht ein quarterniertes Glycinnitril enthält (zum Beispiel nur ein extrudiertes TAED, wie in D1 erwähnt, das von sich aus beide Erfordernisse des Anspruchs 1 bezüglich der Bleichaktivatoren erfüllt), eine verbesserte Bleichwirkung gegenüber den in der D5 offenbarten Kombinationen bei tiefen Temperaturen bewirken kann. Somit wurde zumindest nicht für alle beanspruchten Ausführungsformen ein überraschender oder unerwarteter Effekt gezeigt.
Daher muss das Problem weniger ambitioniert als die Bereitstellung einer zu D5 alternativen Wasch- oder Reinigungszubereitung, die die gewünschten Bleicheigenschaften bei tiefen Temperaturen aufweist, definiert werden.
Der nächstliegende Stand der Technik, D5, schlägt, wie erwähnt, vor, Acetonitrilderivate auch in Kombination mit TAED in Waschmitteln zum Bleichen bei tiefen Temperaturen zu verwenden (D5, Seite 19, letzter Absatz). Es wäre für den Fachmann naheliegend gewesen, als Alternative bekannte extrudierte TAEDs, wie in D1 genannt, statt der in D5 genannten Kombination der Acetonitrilderivate mit TAED, einzusetzen.
Daher wird der Gegenstand des Anspruchs 1 des dritten Hilfsantrag als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen.
3. Hilfsantrag 4
3.1 Zulässigkeit des Hilfsantrags
3.1.1 Der Antrag 4 des Beschwerdeverfahrens wurde bereits im Einspruchsverfahren eingereicht. Sowohl aus der angefochtenen Entscheidung als auch aus dem zugehörigen Protokoll ist eindeutig ersichtlich, dass der Anspruchssatz in der mündlichen Verhandlung des Einspruchsverfahrens zurückgenommen wurde.
3.1.2 Wie aus dem Protokoll ersehen werden kann, handelte es sich dabei um die Reaktion auf eine vorangegangene Diskussion. Insgesamt wurden dabei vier der damaligen Hilfsanträge durch zwei neu eingereichte Hilfsanträge ersetzt.
3.1.3 Die Wiedereinführung des ursprünglichen Hilfsantrags würde demnach einen Rückschritt im Verfahren bedeuten und dem Prinzip der Verfahrensökonomie widersprechen.
3.1.4 Auch die Argumentation der Beschwerdeführerin, dass der Antrag im Einspruchsverfahren nicht zurückgezogen, sondern nur nicht weiterverfolgt wurde, kann nicht überzeugen, da in diesem Fall die Berichtigung des Protokolls und der Entscheidung von der Patentinhaberin hätte beantragt werden müssen.
3.1.5 Aus diesen Gründen wird der Hilfsantrag 4 nicht im Beschwerdeverfahren zugelassen.
4. Hilfsantrag 5
4.1 Artikel 123(2) EPÜ
4.1.1 Wasch- oder Reinigungsmittel enthaltend einen Bleichaktivator und wenigstens ein TAED wurden ursprünglich im Anspruch 1 offenbart. Seite 6 der ursprünglich eingereichten Beschreibung charakterisiert das TAED dahingehend, dass es in einer Verarbeitungs-form eingesetzt wird, die eine verzögerte Peressigsäure-Freisetzung bewirkt. Am Ende des ersten Absatzes dieser Seite wird beschrieben, dass der Bleichaktivator seine Wirkung entfalten soll, bevor die Peressigsäure-Konzentration sich erhöht. Der vorletzte Absatz auf Seite 7 präzisiert zudem, was unter einer "verzögerten Freisetzung" zu verstehen ist. Zusätzlich ist auf Seite 5, vierter Absatz abgegeben, dass quarterniertes Glycinnitril ein bevorzugter Bleichaktivator ist.
4.1.2 Obwohl der Wortlaut des Anspruchs keinen expliziten Hinweis auf die Zielsetzung der Erfindung gibt, wie von den Einsprechenden beanstandet, wird dies nicht als Verletzung des Erfordernisses der Artikels 123(2) EPÜ gesehen, da alle beanspruchten Merkmale in dem im Anspruch 1 beschriebenen Zusammenhang ursprünglich offenbart wurden.
4.1.3 Daher ist das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt.
4.2 Artikel 83 EPÜ 1973
4.2.1 TAEDs mit einer verzögerten Freisetzung sind kommerziell erhältlich, wie bereits im Absatz [0029] des Streitpatents festgestellt wurde. Diagramm 1 des Streitpatents nennt konkrete Beispiele.
4.2.2 Insofern kann die Kammer die Auffassung der Beschwerdegegnerin II nicht teilen, dass die beanspruchten Wasch- oder Reinigungsmittel nicht hergestellt werden können und Zusammensetzungen, die eine Peressigsäurekonzentration erst nach wenigstens fünf Minuten erreichen, für den Fachmann nicht ausreichend offenbart seien.
4.3 Artikel 84 EPÜ 1973
4.3.1 Das von der Beschwerdegegnerin II beanstandete Merkmal hinsichtlich der Peressigsäurekonzentration in der Waschlauge entspricht dem erteilten Anspruch 7.
4.3.2 Deshalb hat die Kammer nicht die Kompetenz darüber zu entscheiden, ob dieses Merkmal den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ 1973 entspricht.
4.4 Neuheit
4.4.1 D4 wurde als neuheitsschädliche Entgegenhaltung von der Beschwerdegegnerin II zitiert. Dieses Dokument erwähnt die Kombination eines quarternierten Glycinnitrils mit TAED nicht. Zudem offenbart auch keines der anderen, zitierten Dokumente die Kombination eines quarternierten Glycinnitrils mit einem TAED mit verzögerter Peressigsäure-Freisetzung.
4.4.2 Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des fünften Hilfsantrags neu. Analoges gilt auch für den Verwendungsanspruch 6 und die abhängigen Ansprüche.
4.5 Erfinderische Tätigkeit
4.5.1 Der nächstliegende Stand der Technik und die Aufgabenstellung wurde bereits in den Anschnitten 2.2.1-2.2.3 definiert.
4.5.2 Die Wasch- oder Reinigungsmittel nach Anspruch 1 des fünften Hilfsantrags müssen zumindest ein quarterniertes Glycinnitril als Bleichaktivator und wenigstens ein TAED mit verzögerter Peressigsäure-Freisetzungskinetik enthalten.
Beispiel 3 des Streitpatents zeigt, dass zumindest für Rotwein- und Teeflecken ein verbesserter Effekt für erfindungsgemäße Zusammensetzungen erzielt wird. Aus der Tabelle auf Seite 18 des erteilten Patents ist ersichtlich, dass die Kombination von quarterniertem Glycinnitril mit TAED mit einer zur Bleichaktivatorwirkung verzögerten Peressigsäure-Freisetzungskinetik zu einem besseren Bleicheffekt, verglichen mit der alleinigen Verwendung von TAED, führt, auch wenn die Menge an eingesetzter Mischung kleiner als die Menge an TAED alleine ist (3% TAED + 1% Bleichaktivator gegenüber 4,5% TAED). Zudem wird im Diagramm 2a ein verbesserter Effekt im Hinblick auf Rotweinflecken gegenüber der Verwendung von TAED mit nicht-verzögerter Peressigsäure-Freisetzung gezeigt.
Diese Effekte sind aus dem Stand der Technik nicht ableitbar. D5 erwähnt auf Seite 19, letzter Absatz zwar die Möglichkeit Acetonitrilderivate mit TAED zu kombinieren, gibt aber nicht an, dass durch die verzögerte Peressigsäure-Freisetzung eine verbesserte Bleichwirkung erzielt werden kann.
Analoge Überlegungen treffen auch auf die anderen genannten Dokumente des Standes der Technik zu.
4.5.3 Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des fünften Hilfsantrags auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Da der Gegenstand des Produktanspruchs 1 erfinderisch ist, müssen sinngemäße Überlegungen auch für die Verwendung des Wasch- oder Reinigungsmittels und für die abhängigen Ansprüche gelten.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anweisung das Patent aufrecht zu erhalten auf der Grundlage des Hilfsantrags 5, eingereicht mit Schreiben vom 15. November 2011, einer dazu anzupassenden Beschreibung und Zeichnung, Blätter 1 und 2.