T 1957/11 () of 6.5.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T195711.20150506
Datum der Entscheidung: 06 Mai 2015
Aktenzeichen: T 1957/11
Anmeldenummer: 04797684.0
IPC-Klasse: A61C 17/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 258 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: BÜRSTENTEIL FÜR EINE ELEKTRISCHE ZAHNBÜRSTE
Name des Anmelders: Braun GmbH
Name des Einsprechenden: Koninklijke Philips N.V.
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die am 4. Juli 2011 zur Post gegebene Entscheidung über den Widerruf des Europäischen Patents Nr. EP 1 682 032 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, am 9. September 2011 Beschwerde eingereicht. Die Beschwerde­begründung wurde am 10. November 2011 eingereicht.

II. Die Einspruchsabteilung war zu der Auffassung gekommen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber

D2: US-A-3 187 360

nicht neu sei.

Am 6. Mai 2015 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

III. Folgende weitere Entgegenhaltung sind für die vorliegende Entscheidung relevant:

D1: US-A-3 369 265.

D3: WO-A-99/20202

IV. Der erteilte Anspruch 1 lautet:

"Bürstenteil (13), das auf eine Welle (2) eines Hand­stücks (1) einer elektrischen Zahnbürste aufsteckbar und von dieser lösbar ausgebildet ist, mit einem Borsten­bereich, einem Bürstenschaft (12) und einem im Bürsten­schaft (12) angeordneten Aufsteckteil (11), das ein erstes Federelement (35) und ein zweites Feder­element (30) aufweist, die bei auf die Welle (2) auf­gestecktem Bürstenteil (13) auf die Welle (2) wirken, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Federelemente (35, 36) zu­einander axial versetzt sind."

V. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen folgendes vorgebracht:

a) Neuheit

Das in D2 gezeigte Bürstenteil offenbare drei Rippen (40, 41 und 42). Der obere Teil der Rippen sei als elastisch (resilient) definiert, liege bei auf­gestecktem Bürsten­teil fest (abut snugly) am Schaft an und stelle somit ein erstes Feder­element dar, das im aufgesteckten Zustand des Bürstenteils auf die Welle wirke. Die am unteren Ende dieser Rippen an­gebrachten Rastnasen (40a, 41a, 42a) beständen aus einem elasti­schen Material und griffen in die dazu komplementäre Vertiefung (24) ein.

Folglich stellten sie zweite Federelemente dar. Somit offenbare D2 ein Bürstenteil mit zueinander axial ver­setzten Federelementen, wie es in Anspruch 1 definiert ist.

Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu.

b) Erfinderische Tätigkeit

D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem dort offenbarten Bürstenteil lediglich dadurch, dass die Feder­elemente zueinander axial versetzt sind.

Die hierdurch gelöste Aufgabe liege darin, die Ver­bindung zwischen Bürstenteil und Schaft zu verbessern.

Der Fachmann würde zur Lösung dieser Aufgabe die D2 in Betracht ziehen, weil sie genau diese Aufgabenstellung anspreche. Dort sei ein Bürstenteil offenbart, das an verschiedenen zueinander axial versetzten Stellen mit dem Schaft verbunden sei. Daraus entnehme der Fachmann die Anregung auch die Federelemente so zu gestalten, dass sie an verschiedenen axialen Stellen mit dem Schaft kooperieren. Dies sei umso mehr der Fall als auch D3 auf Seite 6, zweiter Absatz angebe, dass zwei oder mehrere Stege vorhanden sein könnten.

Folglich komme der Fachmann auf naheliegende Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1. Dieser beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen folgendes vorgebracht:

a) Neuheit

Die Rippen (40, 41 und 42) könnten grundsätzlich zwar als Federelemente betrachtet werden, weil sie beim Auf­stecken des Aufsetzteils auf den Schaft elastisch nach­geben. Allerdings würden sie im aufgesetzten Zustand des Bürstenteils nicht auf die Welle des Handstücks wirken. Die Rastnasen (40a, 41a und 42a) seien hingegen so beschrieben, dass sie fest in der Nut (24) klemmen, was aber keine federnde Wirkung impliziere. Auch die Tatsache, dass sie aus einem elastischen Material gefertigt seien, könne nicht dazu führen, dass sie Federelemente bilden, da hierzu auch eine Ausgestaltung als Federelement notwendig sei.

Da D2 somit keine zwei axial versetzten Federelemente offenbare, die bei auf die Welle aufgesetzten Bürsten­teil auf die Welle wirkten, könne sie den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neuheits­schädlich vorwegnehmen.

b) Erfinderische Tätigkeit

D1 offenbare ein Bürstenteil mit zwei gegenüber­liegenden Federelementen, die denjenigen der D2 entsprächen. Keines der beiden Dokumente zeige axial versetzte Feder­elemente, so dass ihre Kombination nicht zum Gegen­stand des Anspruchs 1 führen könne. Ferner könnte auch der allgemeine Hinweis in der D3 auf die Möglich­keit, mehrere Stege einzusetzen, den Fachmann nicht dazu anregen, axial versetzte Federelemente vorzusehen.

Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

2.1 D2 zeigt offensichtlich:

ein Bürstenteil (21), das auf eine Welle (22) eines Handstücks (20) einer elektrischen Zahnbürste aufsteck­bar und von dieser lösbar ausgebildet ist, mit einem Borstenbereich, einem Bürstenschaft (28) und einem im Bürstenschaft (28) angeordneten Aufsteckteil (32).

Das Bürstenteil umfasst außerdem die Rippen (40, 41, 42), die beim Aufstecken des Bürstenteils auf den Schaft nach außen nachgeben, damit die Rastnasen (40a, 41a und 42a) über den Schaft gleiten können. Somit können die Rippen als Feder­elemente betrachtet werden. Im aufgesetzten Zustand des Bürstenkopfs klemmen sich die Rastnasen in die dafür vor­gesehene Nut (24) ein (siehe Spalte 4, Zeilen 42 bis 44) und die Rippen kehren in ihre ursprüngliche Lage zurück, so dass sie an der Welle (22) anliegen. Folglich offenbart D2 auch, dass das Aufsetz­teil ein erstes und ein zweites Federelement aufweist (zwei der genannten Rippen), die bei auf der Welle aufgesetztem Bürstenteil auf die Welle wirken.

Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdegegnerin können die Rastnasen nicht als Federelemente betrachtet werden. Der D2 kann weder ent­nommen werden, dass die Rastnasen eine von den Rippen getrennte federnde Wirkung haben, noch dass eine solche Wirkung beab­sichtigt ist. Die Tatsache, dass sie aus einem elastischen Material bestehen, lässt ohne eine entsprechende Gestaltung der Rastnasen auch nicht darauf schließen, dass diese als selbstständige Federelemente betrachtet werden können.

Im Streitpatent ergibt sich hingegen ein anderes Zusammenwirken der verschiedenen Bereiche des federnden Stegs. Dort wirken, wie aus Figur 7 zu entnehmen, sowohl der Rastfinger (35) samt Rastnase (36), als auch der als Biegebalken ausgebildeter Federsteg (30), im auf­gesteckten Zustand federnd auf den Schaft. Folglich können diese Abschnitte als getrennte, axial versetze Federelemente betrachten werden.

Da alle die im Bürstenkopf der D2 gezeigten Feder­elemente auf derselben axialen Ebene liegen und ledig­lich radial voneinander beabstandet sind, offen­bart D2 nicht den kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1, wonach die Feder­elemente zueinander axial versetzt sein sollten.

Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.

3. Erfinderische Tätigkeit

Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen unter­scheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem in D1 offenbarten Bürstenteil lediglich dadurch, dass die Federelemente axial versetzt sind.

Selbst unter der Annahme, dass die zu lösende Aufgabe, wie von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagen, darin liegt, die Verbindung des Bürstenteils mit dem Schaft zu verbessern, kann die Anwendung der Lehre der D2 auf das Bürstenteil der D1 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen, da - wie oben ausgeführt - D2 keinen Aufsatz mit zueinander axial versetzten Feder­elemente offenbart.

Weiter ist richtig, dass D2 zur besseren Befestigung des Aufsatzes am Schaft vorschlägt, den Aufsatz an verschiedenen axial zueinander versetzten Positionen des Schafts anliegen zu lassen. Dies kann den Fachmann jedoch nicht dazu anregen, auch die Federelemente axial versetzt vorzusehen, da diese eine grundsätzlich andere Wirkungs­weise haben als der feste Sitz, der durch die an­liegenden Flächen 36' erreicht wird.

Es stimmt zwar, dass D3 auf Seite 6, zweiter Absatz vorschlägt, mehrere Stege, also mehrere Federelemente vorzusehen. Diese würden aber bei der in D3 beschrie­benen Geometrie über den Umfang des Aufsatzes verteilt und nicht zueinander axial versetzt liegen. Folglich kann auch dieser Hinweis den Fachmann nicht dazu an­regen, die gestellte Aufgabe entsprechend dem kenn­zeichnenden Teil des Anspruchs 1 zu lösen.

Somit beruht der Gegenstand des erteilten Anspruch 1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird wie erteilt aufrechterhalten.

Quick Navigation