T 1779/11 () of 16.7.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T177911.20130716
Datum der Entscheidung: 16 Juli 2013
Aktenzeichen: T 1779/11
Anmeldenummer: 05795926.4
IPC-Klasse: F16F 9/04
F16F 9/084
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Tiefbett-Klemmkontur für Schlauchrollbalg-Luftfedern
Name des Anmelders: ContiTech Luftfedersysteme GmbH
Name des Einsprechenden: Carl Freudenberg KG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
Schlagwörter: Neuheit - verneint
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Entscheidung der Einspruchabteilung über die Fassung, in der das Europäische Patent Nr. 1 817 507 in ge ändertem Umfang aufrecht erhalten werden kann, wurde am 6. Juni 2011 zur Post gegeben.

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen diese Entscheidung, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, am 5. August 2011 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 2. September 2011 eingereicht.

III. Am 16. Juli 2013 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Folgende Entgegenhaltung hat im Beschwerdeverfahren eine Rolle gespielt:

D1: EP-A-0 319 448.

V. Anspruch 1 der im Einspruchsverfahren als gewährbar angesehen, wurde lautet:

"1. Schlauchrollbalg-Luftfeder (2), wobei mindestens ein Endabschnitt (4a, 4b) des Schlauchrollbalgs (4) mittels eines Spannringes (6) an einem Anschlussteil (8, 10) formschlüssig zugfest und druckdicht befestigt ist, und wobei

2. das Anschlussteil (8, 10) eine Befestigungsnut (12) mit folgenden Merkmalen aufweist:

3. die Nut (12) hat einen kegelstumpfförmigen Quer schnitt,

4. wobei der Grund (14) der Nut (12) zylindrisch, und

5. mindestens eine der Flanken (16a, 16b) der Nut (12) geradlinig konisch mit einem Öffnungswinkel (alpha) aus gebildet ist,

6. relativ zur Höhe (HS) des Spannringes (6) ist die Höhe (HN) der Grundfläche (14) der Nut (12) im Bereich von -15% bis +15%, d. h. 0,85 <=HN/HS <= 1,15,

7. die Innenfläche (6a) des Spannringes (6) verläuft parallel zur Grundfläche (14) der im Anschlussteil (8, 10) befindlichen Nut (12),

8. im eingespannten Zustand ist der Innenradius des Spannringes (6) kleiner/gleich mindestens einer der Radien der Nut-Oberkanten (17),

9. der Abstand zwischen der Grundfläche (14) der Nut (12) und der Innenseite des Spannringes (6) entspricht im Wesentlichen der Wandstarke S des Schlauchrollbalges (4) reduziert um einen gering fügigen Betrag, so dass der zwischen der Spann ring innenfläche und dem Nut grund (14) befindliche Abschnitt des Schlauch roll balg-Endbereichs (4a, 4b) dort nur knapp geklemmt ist, d.h. nur minimal ge staucht, um den Betrag, den die Inkompressibilität der Balgwand zulässt,

10. der Spannring (6) bildet mit mindestens einer Nut flanke (16a und/oder 16b) einen die Balgwand des Endabschnittes (4a und/oder 4b) festklemmenden Engpass, in dem die Balgwandstärkenreduzierung bei 30% bis 75% der Balgwandstärke S liegt."

VI. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die in Anspruch 1 des Streitpatents benutzten Ausdrücke "knapp geklemmt", "minimal gestaucht", "geringfügiger Betrag" und "Inkompressibilität der Wand" seien für den Fachmann nicht eindeutig und vage, so dass sie bei der Auslegung des Anspruchs sowie bei der Beurteilung der Neuheit breit ausgelegt werden müssen.

D1 zeige in Figur 4 eine Schlauchrollbalg-Luftfeder mit einem aus einer Befestigungsnut und einem Spannring bestehenden Anschlussteil für den Balg. Die sich zwischen den zwei in Figur 4 gezeigten Punkten "B" erstreckende Befestigungsnut, weise die Merkmale 3 bis 5 auf und zusammen mit dem Spannring auch die Merkmale 6 und 7. Ferner zeige Figur 4 der D1 auch noch, dass der zwischen der Spannringinnenfläche und dem Nutgrund befindliche Abschnitt des Balgs knapp geklemmt bzw. nur minimal gestaucht sei (Merkmal 9), und dass die Balg wand stärken reduzierung zwischen 30% und 75% der Balgwandstärke liege (Merkmal 10).

Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu gegenüber D1.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der in Figur 4 der D1 offenbarten Luftfeder durch das Zusammen spiel der Merkmale 9 und 10. Diese seien in ihrem Zusammenhang für den Fachmann klar und verdeutlichten den Unterschied zum Stand der Technik.

Das Zusammenspiel der Merkmale 9 und 10 führe nämlich dazu, dass bei der erfindungsgemäßen Feder der Balg nur punktuell an zwei Stellen festgeklemmt werde und nicht entlang des gesamten Nutgrunds, wodurch die Belastung der inneren Komponenten des Balgs minimiert werde. Zwar werde eine gewisse Kraft zwingend auch auf den Nuten grund der erfindungsgemäßen Feder ausgeübt, die dadurch entstehende Klemmung sei aber - anders als in D1 - nicht erwünscht und werde auf einen minimalen Wert begrenzt.

Bei der in D1 gezeigten Luftfeder wirkten hingegen drei Kraftkomponenten auf den Balg, wie es aus der Spalte 4, Zeilen 15 bis 23 zu entnehmen sei. Somit werde die Stärke des Balgs nicht wie in Merkmal 9 verlangt um einen geringfügigen, sondern um einen wesentlichen Betrag reduziert und dieser Volumenanteil müsse, anders als bei der erfindungsgemäßen Feder, in die Nuten (24) ausweichen.

Folglich sei der Gegenstand des Anspruch 1 neu gegenüber D1.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

2.1 D1 offenbart unstrittig (siehe Figur 4) eine

1. Schlauchrollbalg-Luftfeder wobei mindestens ein Endabschnitt des Schlauchroll balgs (16) mittels eines Spannringes (26) an einem Anschlussteil (11) form schlüssig zugfest und druckdicht befestigt ist, und wobei

2. das Anschlussteil (11) eine Befestigungsnut (sich erstreckend zwischen den Punkten B und B) mit folgenden Merkmalen aufweist:

3. die Nut hat einen kegelstumpfförmigen Querschnitt,

4. wobei der Grund der Nut zylindrisch, und

5. mindestens eine der Flanken (20) der Nut geradlinig konisch mit einem Öffnungswinkel (alpha) ausgebildet ist,

6. relativ zur Höhe des Spannringes (26) ist die Höhe der Grundfläche der Nut im Bereich von -15% bis +15%, d. h. 0,85 <=HN/HS <= 1,15 (siehe Spalte 4, Zeile 6 bis 10),

7. die Innenfläche des Spannringes (26) verläuft parallel zur Grundfläche der im Anschlussteil befindlichen Nut, und

8. im eingespannten Zustand ist der Innenradius des Spannringes (26) kleiner/gleich mindestens einer der Radien der Nut-Oberkanten.

Strittig ist, ob D1 auch die Merkmale 9 und 10 offenbart oder nicht.

2.2 Das Merkmal 9 versucht über die Ausdrücke "knapp geklemmt", "minimal gestaucht", "geringfügiger Betrag" und "Inkompressi bilität der Wand" die Wechselwirkung zwischen Balg und Nut zu definieren und dadurch die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik abzugrenzen. Diese Ausdrücke sind jedoch im technischen Gebiet der Luftfedern nicht gängig, so dass sie vage sind und dem Fachmann nicht ermöglichen die gegenständlichen Merkmale des Balgs und der Nut eindeutig zu definieren. Folglich müssen diese Merkmale bei der Beurteilung der Neuheit in ihrem breitesten Sinne ausgelegt werden.

2.3 Figur 4 der D1 zeigt wie Figur 4 des Streitpatents eine Luftfeder, bei der die Verbindung zwischen Balg und Endabschnitt über eine Nut mit einem Grund und zwei geradlinigen Flanken, die einen konischen Öffnungswinkel bilden, stattfindet. Da die beiden Geometrien gleich sind, müssen sie zwingend auch die gleiche physikalische Wirkung haben. Wenn also, wie von der Beschwerdegegnerin selbst vorgetragen, die in Figur 4 des Streitpatents dargestellte Konstruktion zu einem "knapp geklemmten" bzw. "nur minimal gestauchten" Balg führt, wird auch die Konstruktion gemäß Figur 4 der D1 die gleichen Klemm- und Staucheigenschaften besitzen wie die beanspruchte Luftfeder. Folglich offenbart D1 auch das Merkmal 9 des Anspruchs 1.

2.4 Schließlich zeigt Figur 4 der D1 auch, dass der Engpass zwischen Spannring und Nutflanke zu einer Balgwand stärken reduzierung zwischen 30 und 75% der Balg wandstärke führt. Zwar stellt die Figur 4 keine bemaßte technische Zeichnung dar, doch können auch aus schema tischen Zeichnungen Größenverhältnisse entnommen werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - die zeichne rische Darstellung dem zuständigen Fachmann eine für ihn erkennbare und ausführbare Lehre zum technischen Handeln vermittelt.

2.5 Folglich offenbart D1 alle Merkmale des Anspruchs 1, so dass sein Gegenstand nicht neu ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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