T 1758/11 (Sendeleistung einer Funkstation/IPCOM) of 20.12.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T175811.20161220
Datum der Entscheidung: 20 Dezember 2016
Aktenzeichen: T 1758/11
Anmeldenummer: 00124139.7
IPC-Klasse: H04W 52/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Regelung der Sendeleistung einer Funkstation
Name des Anmelders: IPCom GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Microsoft Mobile Oy
NOKIA GMBH
HTC Corporation
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, in der festgestellt wurde, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Patent (EP 1111809 B1) und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen, legten die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin 1), die Einsprechende 1 Microsoft Mobile Oy, vormals NOKIA Corporation, (Beschwerdeführerin 2) und die Einsprechende 3 HTC Corporation (Beschwerdeführerin 3) Beschwerde ein.

II. Die Beschwerdeführerin 1 beantragte, die Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrecht zu erhalten, d.h. die Einsprüche zurückzuweisen (Hauptantrag), beziehungsweise hilfsweise das Patent im Umfang eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3 aufrecht zu erhalten, wobei Hilfsantrag 3 der Fassung, die nach Ansicht der Einspruchsabteilung den Erfordernissen des Übereinkommens genügt, entspricht und demzufolge von der Kammer als Antrag verstanden wurde, die Beschwerden der Beschwerdeführerinnen 2 und 3 zurückzuweisen. Ferner wurde hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt, falls dem Hauptantrag nicht stattgegeben würde.

III. Die Beschwerdeführerinnen 2 und 3 beantragten die Aufhebung der Entscheidung und den Widerruf des Patents. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt. Die weitere Verfahrensbeteiligte Nokia GmbH (Einsprechende 2) äußerte sich nicht im schriftlichen Verfahren.

IV. Die Einspruchsabteilung kam in der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss, dass das Patent wegen fehlender Neuheit des Gegenstands der Ansprüche 1, 12, 16 und 19 gegenüber O6 (siehe Punkt VIII unten) nicht aufrecht erhalten werden könne (Artikel 52 (1) in Verbindung mit Artikel 54 (3) EPÜ) und dass ferner der Anspruch 1 eines ersten Hilfsantrags nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfülle. Anspruch 1 eines zweiten Hilfsantrags erfülle jedoch die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und (3) EPÜ. Ebenso erfülle sein Gegenstand die Erfordernisse des Artikels 52 (1) EPÜ, letztere in Hinblick auf O6, was die Neuheit angeht, und auf O5 in Verbindung mit O4, was die erfinderische Tätigkeit angeht.

V. Die Kammer hat die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung geladen und in einer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK zum Sachverhalt vorläufig Stellung genommen.

VI. In ihrer Erwiderung vom 21. November 2016 auf den Ladungsbescheid beantragte die Beschwerdeführerin 1 die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt. Hilfsweise beantragte die die Aufrechterhaltung des Patents gemäß Hilfsanträgen 1, 1a, 2, 2a und 3, wobei die Hilfsanträge 1, 1a, 2 und 2a mit dieser Erwiderung eingereicht wurden. Der Hilfsantrag 3 entsprach demjenigen, der mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde.

VII. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nahm die Beschwerdeführerin 1 ihren Hauptantrag und ihre Hilfsanträge 1, 1a, 2 und 2a zurück und beantragte die Zurückweisung der Beschwerden der Einsprechenden 1 und 3.

Die Beschwerdeführerinnen 2 und 3 beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents 1111809.

Die weitere Verfahrensbeteiligte beantragte die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

Nach Beratung der Kammer verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.

VIII. Folgende Dokumente sind für die nachfolgende Entscheidung relevant:

O2-1: TS 300 911 (GSM 05.08) V6.5.0, Juli 1999

O4: WO 98/36508 A1

O5: JP 1999 275035 A

O7: F. Ovesjö et al.: "Frames Multiple Access Mode 2 - Wideband CDMA", IEEE 1997

O8: WO 99/01944 A2

IX. Anspruch 1 der Fassung, die nach Ansicht der Einspruchsabteilung in ihrer Zwischenentscheidung den Erfordernissen des Übereinkommens genügt, lautet wie folgt:

"Verfahren zur Regelung der Sendeleistung einer ersten Funkstation (1) in einem Mobilfunksystem mit Zeitschlitzverfahren, wobei

zwischen der ersten Funkstation (1) und mindestens einer zweiten Funkstation (2) eine Funkverbindung besteht, bei der Funksignale in Funkkanälen (11, 12, 14) in Form von Zeitschlitzen ausgetauscht werden und wobei

in der zweiten Funkstation (2) eine Qualität der Funkverbindung aus den empfangenen Signalen ermittelt wird und

in Abhängigkeit der ermittelten Qualität Befehle zur Einstellung der Sendeleistung von der zweiten Funkstation (2) an die erste Funkstation (1) gesendet werden, dadurch gekennzeichnet, dass

die Qualität der Funkverbindung in dem Fall, in dem in einem oder in mehreren aufeinanderfolgenden Zeitschlitzen keine Informationen für die zweite Funkstation (2) übertragen werden, aus in mindestens einem anderen nicht der Funkverbindung zugeordneten Funkkanal übertragenen und von der zweiten Funkstation (2) empfangenen Signalen abgeleitet wird, und

die Qualität der Funkverbindung umso häufiger in der zweiten Funkstation (2) ermittelt wird, je schneller sich die Eigenschaften des zugehörigen Funkkanals ändert."

Der zweite unabhängige Anspruch, d.h. Anspruch 11 dieser Fassung lautet wie folgt:

"Funkstation (2) mit einer Empfangsvorrichtung (10) zum Empfang von Signalen einer Funkverbindung von einer weiteren Funkstation (1) über mindestens einen Funkkanal (11, 12, 14) in Form eines Zeitschlitzes, mit Mitteln (25, 30) zur Bestimmung der Qualität der Funkverbindung aus den empfangenen Signalen, mit einer Auswertevorrichtung (15) zur Erzeugung von Befehlen für die Einstellung der Sendeleistung der weiteren Funkstation (1) in Abhängigkeit der ermittelten Qualität der Funkverbindung und mit einer Sendevorrichtung (20) zur Versendung der Befehle an die weitere Funkstation (1), dadurch gekennzeichnet, dass die Qualität der Funkverbindung in dem Fall, in dem in einem oder in mehreren aufeinanderfolgenden Zeitschlitzen keine Informationen für die Funkstation (2) übertragen werden, aus in mindestens einem anderen nicht der Funkverbindung zugeordneten Funkkanal übertragenen und von der Funkstation (2) empfangenen Signalen abgeleitet wird und die Qualität der Funkverbindung umso häufiger in der Funkstation (2) ermittelt wird, je schneller sich die Eigenschaften des zugehörigen Funkkanals ändern."

Entscheidungsgründe

1. Ansprüche 1 und 11: Interpretation der Ansprüche

1.1 Die Kammer geht im Folgenden davon aus, dass es sich bei "den empfangenen Signalen" (Hervorhebung durch die Kammer), aus denen die Qualität der Funkverbindung ermittelt wird, um die zuvor im Anspruch erwähnten "Funksignale in Funkkanälen" der Funkverbindung handelt, da durch die Verwendung des bestimmten Artikels ein Rückbezug auf zuvor im Anspruch erwähnte Signale impliziert wird. Dafür kommen allein die Funksignale in Funkkanälen in Frage, denn andere Signale sind nicht erwähnt. Diese Interpretation wird ferner dadurch unterstützt, dass gemäß den kennzeichnenden Merkmalen, die Qualität der Funkverbindung in dem Fall, in dem in einem oder in mehreren aufeinanderfolgenden Zeitschlitzen keine Informationen für die zweite Funkstation übertragen werden, wenn also keine Funksignale in den Funkkanälen der Funkverbindung an die zweite Station übertragen werden, aus in mindestens einem anderen, nicht der Funkverbindung zugeordneten Funkkanal übertragenen und von der zweiten Funkstation empfangenen Signalen abgeleitet wird. Durch dieses kennzeichnende Merkmal wird die Situation festgelegt, in der aus "den empfangenen Signalen", aus denen sonst die Qualität der Funkverbindung ermittelt wird, diese nicht mehr ermittelt werden kann, da keine Informationen über die Funkkanäle übertragen werden. Folglich ist die von der Beschwerdeführerin 2 verwendete "Fremdsignal-Auslegung" des Anspruchs, gemäß der die Natur der empfangenen Signale so verstanden werden sollte, dass sie auch nicht verbindungseigene Signale, d.h. außerhalb der Funkverbindung empfangene Signale, umfasst, unzutreffend, so dass auch die auf dieser Auslegung basierenden Argumente zur Begründung einer fehlenden erfinderischen Tätigkeit unzutreffend sind. Statt dessen trifft die ebenfalls von der Beschwerdeführerin 2 verwendete "Umschalt-Auslegung" zu, gemäß der nach den Bedingungen des kennzeichnenden Merkmals fallweise "Fremdsignale" zur Qualitätssteuerung herangezogen werden, während ansonsten verbindungseigene Signale verwendet werden.

1.2 Dieselben Überlegungen treffen auch auf den unabhängigen Anspruch 11 zu.

2. Ansprüche 1: erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

2.1 Die Neuheit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 11 gegenüber dem zitierten Stand der Technik ergibt sich aus der nachfolgenden Diskussion der erfinderischen Tätigkeit. Eine fehlende Neuheit wurde von den Beschwerdeführerinnen 2 und 3 auch nicht vorgebracht.

2.2 Das Dokument O5 (hier bezieht sich die Kammer wie auch die Parteien auf die während des Einspruchsverfahrens von der Einsprechenden 3 am 27. November 2008 eingereichte englischen Übersetzung) betrifft das Problem der Leistungssteuerung des Funkkanals von der Basisstation zu einer Funkstation in Systemen, in denen eine Vielzahl von Benutzern sich Zeitschlitze teilen. Dies führt zu dem Nachteil, dass eine zeitnahe Rückmeldung einer bestimmten Mobilstation über die Qualität des empfangenen Datenkanals nicht möglich ist (Seiten 10-11, Absätze [0010] und [0011] und Figur 5). Zur Lösung dieses Problems wird in O5 vorgeschlagen, einen "broadcast"-Kanal zur Qualitätsbestimmung durch die Mobilstation zu verwenden (Absatz [0013]).

2.3 Im Detail ist aus diesem Dokument ein Verfahren zur Regelung der Sendeleistung einer ersten Funkstation ("base station") in einem Mobilfunksystem mit Zeitschlitzverfahren (TDMA) bekannt, wobei zwischen der ersten Funkstation und mindestens einer zweiten Funkstation ("mobile station") eine Funkverbindung besteht, bei der Funksignale in Funkkanälen in Form von Zeitschlitzen ausgetauscht werden (Seite 5, dritter Absatz). In der zweiten Funkstation wird eine Qualität der Funkverbindung aus empfangenen Signalen ermittelt, und in Abhängigkeit der ermittelten Qualität werden Befehle (TPC-Bits) zur Einstellung der Sendeleistung von der zweiten Funkstation an die erste Funkstation gesendet (Absatz [0042]).

Gemäß O5 sind die empfangenen Signale, aus denen die Qualität der Funkverbindung ermittelt wird, "broadcast"-Signale, die von der Basisstation über einen "broadcast"-Kanal 16 in jedem Zeitschlitz an alle Benutzer, also an alle Mobilstationen in einer Zelle, gesendet werden (Absatz [0048]).

Die Verwendung eines "broadcast"-Kanals zur Bestimmung der Qualität der Funkverbindung ermöglicht deren Bestimmung auch für den Fall, in dem in einem oder in mehreren aufeinanderfolgenden Zeitschlitzen keine Informationen für die zweite Funkstation übertragen werden, da diese in mindestens einem anderen nicht der Funkverbindung zugeordneten Funkkanal, nämlich dem "broadcast"-Kanal, übertragen und von der zweiten Funkstation empfangenen Signalen abgeleitet wird.

Aus O5 ist unstrittig nicht bekannt, dass die Qualität der Funkverbindung umso häufiger in der zweiten Funkstation ermittelt wird, je schneller sich die Eigenschaften des zugehörigen Funkkanals ändert.

2.4 Die Kammer sieht somit zwei Unterschiede zwischen dem beanspruchten Verfahren und dem aus O5 bekannten Verfahren. Zum einen wird die Qualität der Funkverbindung aus empfangenen Signalen ermittelt, bei denen es sich um Funksignale in Funkkanälen der Funkverbindung handelt. Die Kammer sieht hier, wie weiter unten noch ausgeführt wird, einen Unterschied zu Signalen, die, wie in O5, über einen "broadcast"-Kanal übertragen werden. Ferner erfolgt eine Anpassung der Ermittlungshäufigkeit bei schneller Änderung der Funkkanaleigenschaften.

2.5 Der erste Unterschied löst die Aufgabe, eine direktere und somit genauere Qualitätsbestimmung zu ermöglichen. Der zweite Unterschied löst die Aufgabe, den Funkkanal robuster gegenüber schnellen Qualitätsänderungen zu machen.

2.6 In O5 gibt es keinen Hinweis, zur Lösung der ersten der oben genannten Aufgaben zusätzlich zu der dort beschriebenen Qualitätsbestimmung mittels "broadcast"-Signalen die Qualität des Funkkanals auch direkt aus den über diesen empfangenen Nutzsignalen der Funkverbindung zu bestimmen. In O5 wird das letztere Verfahren als Stand der Technik beschrieben (Absätze [0010] und [0011]). Dieses Verfahren wird jedoch gemäß O5 vollständig durch die Qualitätsbestimmung mittels "broadcast"-Signalen ersetzt. Eine teilweise Beibehaltung des als Stand der Technik beschriebenen Verfahrens wird durch O5 nicht nahegelegt, auch wenn dem Fachmann die Vorteile einer direkten Qualitätsbestimmung in der Nachbetrachtung unmittelbar einleuchtend sind, denn der Fachmann würde, selbst wenn er beide Verfahren verbinden wollte, mehrere Möglichkeiten zur Ausführung eines solchen Verfahrens haben, zum Beispiel neben dem beanspruchten Verfahren auch solche, bei denen die Ermittlung der Qualität aus den "broadcast"-Signalen und den übermittelten Signalen gleichzeitig mit einer festzulegenden Gewichtung erfolgt. Auch in diesem, hypothetischen, Falle müsste der Fachmann der Auswahl einer bestimmten Ausführung erfinderisch tätig werden. Daher war allein aus diesem Grund der Gegenstand des Anspruchs 1 für den von O5 ausgehenden Fachmann unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens nicht naheliegend.

2.7 Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in O5 in der Beschreibung des Verfahrens in Absatz [0048] in den Zeilen 15 und 16 erwähnt ist, dass die Messung des Signal/Interferenz-Verhältnisses SIR (als Maß für die Qualität des Funkkanals) unter Verwendung der Daten des Kommunikationskanals durchgeführt wird. Diese Aussage steht völlig isoliert in diesem Absatz und steht auch in klarem Widerspruch zur Beschreibung der für das erfindungsgemäße Verfahren verwendeten Mobilstation in Absatz [0042], in der die Bestimmung des SIR lediglich unter Verwendung der Daten des "broadcast"-Kanals vorgesehen ist (siehe auch in Figur 1). Auch ist nicht ausgeführt, wie die aus Messung des Signal/Interferenz-Verhältnisses bestimmte Qualität des Funkkanals mit der unter der Verwendung der Daten des "broadcast"-Kanals bestimmten Qualität zu verbinden wäre. Daher würde der Fachmann diese isolierte Aussage nicht zum Anlass seines Handelns heranziehen.

2.8 Der erfinderische Gehalt des Gegenstands des Anspruchs 1 ist für den von O5 ausgehenden Fachmann auch unabhängig davon, ob das weitere unterscheidende Merkmal, also die Häufigkeit der Qualitätsermittlung, für den Fachmann auf Grund seiner allgemeinen Fachkenntnis, z.B. aus dem Abtasttheorem, nahe gelegt wurde oder nicht.

2.9 Der Gegenstand des Anspruchs 1 wird auch nicht nahegelegt, wenn der von O5 ausgehende Fachmann die Lehre der O7 mitberücksichtigt.

2.10 Das Dokument O7 beschreibt ein CDMA-System (Seite 42, Kapitel 2, erster Satz). In einem physikalischen Steuerungskanal PCCH werden unter anderem Leistungssteuerungsbits ("power control bits") und Referenzbits ("reference bits") mit in Abhängigkeit des Zustands des Funkkanals variabler Rate übertragen (Seite 43, rechte Spalte, die ersten beiden Absätze). Darüber hinaus gibt es einen Pilotkanal (PICH), der in bestimmten Fällen, nicht weiter spezifizierten Fällen, zur Kanalabschätzung des Downlink-Kanals verwendet wird (Seite 43, rechte Spalte, dritter Absatz und Kapitel 3.4). Des Weiteren wird auf Seite 45 im Kapitel "7. Radio Resource Management" die Leistungssteuerung beschrieben. Für den Downlink, der der Fall entspricht, dass die erste Funkstation eine Basisstation und die zweite Funkstation eine Mobilstation sind, werden eine schnelle, geschlossene Regelschleife und eine Langzeit-Regelschleife verwendet, die Bitfehlerraten bestimmt. Für den Downlink wird Raleigh-Fading nicht vollständig kompensiert.

2.11 Aus der Gesamtsicht der O7 ergibt sich, dass zur Leistungssteuerung die oben erwähnten geschlossenen Regelschleifen und Langzeit-Regelschleifen verwendet werden, während ein Pilotkanal nur in bestimmten, nicht weiter spezifizierten Fällen, zur Kanalabschätzung des Downlink-Kanals verwendet wird. Es bleibt somit unklar, wie die Lehre von O7 dazu verwendet werden kann, die Lehre der O5, die grundsätzlich einen "broadcast"-Kanal (der einem Pilotkanal entspricht) zur Leistungssteuerung verwendet, in Richtung der beanspruchten Erfindung weiter zu entwickeln, zumal es offen bleibt, ob und wie Leistungssteuerungen mittels Pilotkanal und Regelschleifen koexistieren können.

2.12 Aus O7 ergibt sich jedoch, dass die Rate der Leistungssteuerungsbits in Abhängigkeit der Bedingungen des Funkkanals geändert werden kann. Diese Aussage wurde von den Beschwerdeführerinnen 2 und 3 als Hinweis auf das Naheliegen des letzten Merkmals des Anspruchs 1 gewertet, dass nämlich eine Anpassung der Ermittlungshäufigkeit bei schneller Änderung der Funkkanaleigenschaften erfolgt. Aus oben Gesagtem (Punkt 2.8) ergibt sich jedoch, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in seiner Gesamtheit, unabhängig von einem möglichen Naheliegen dieses Merkmals, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

2.13 Zu keinem anderem Ergebnis gelangt der von O5 ausgehende Fachmann unter Berücksichtung der O4. Dieses Dokument wurde lediglich als Hinweis auf das Naheliegen des letzten Merkmals des Anspruchs 1 gewertet, dass nämlich eine Anpassung der Ermittlungshäufigkeit bei schneller Änderung der Funkkanaleigenschaften erfolgt (z.B. Seite 5, Zeilen 14-16). Gemäß O4 wird für eine Leistungssteuerung ein Unterkanal verwendet (Seite 3, Zeilen 4-8), der dem Broadcast-Kanal von O5 entspricht. Somit ergibt sich aus der Zusammenschau von O5 und O4 nichts anderes als aus der Zusammenschau von O5 und O7.

2.14 Zu keinem anderem Ergebnis gelangt der von O5 ausgehende Fachmann unter Berücksichtung der O8, da auch dieses Dokument ähnlich dem Dokument O4 lediglich als Hinweis auf das Naheliegen des letzten Merkmals des Anspruchs 1 gewertet wurde, dass nämlich eine Anpassung der Ermittlungshäufigkeit bei schneller Änderung der Funkkanaleigenschaften erfolgt (z.B. Seite 2, Zeilen 10-14). Somit ergibt sich aus der Zusammenschau von O5 und O8 nichts anderes als aus der Zusammenschau von O5 und O4.

2.15 Es wurde auch geltend gemacht, dass die beanspruchte Erfindung für den von O7 ausgehenden Fachmann unter Berücksichtung der Lehre der O5 nahegelegen wäre. Dabei wurde argumentiert, dass es sich bei dem in O7 beschriebenen Verfahren um den Normalfall handele, so dass ohne weiteres die Merkmale des Oberbegriffs bekannt seien. Außerdem sei auch das Merkmal, dass nämlich eine Anpassung der Ermittlungshäufigkeit bei schneller Änderung der Funkkanaleigenschaften erfolgt, aus O7 bekannt. Im Hinblick auf das Merkmal, dass "die Qualität der Funkverbindung in dem Fall, in dem in einem oder in mehreren aufeinanderfolgenden Zeitschlitzen keine Informationen für die zweite Funkstation übertragen werden, aus in mindestens einem anderen nicht der Funkverbindung zugeordneten Funkkanal übertragenen und von der zweiten Funkstation empfangenen Signalen abgeleitet wird", wurde vorgebracht, dass der Fachmann die Aussage "fast closed loop power control loop" im Abschnitt 7, zweiter Absatz auf Seite 45 so verstünde, dass über den Datenkanal versandte Daten zur Qualitätssteuerung des Datenkanals verwendet würden, da nur so eine geschlossene Regelschleife im regeltechnischen Sinne entstünde, was bei Verwendung eines davon unabhängigen Pilotkanals nicht der Fall sei. Der Fachmann würde davon ausgehend unter Berücksichtung der Aussage, dass ein Pilotkanal (PICH) in bestimmten, nicht weiter spezifizierten Fällen, zur Kanalabschätzung des Downlink-Kanals verwendet wird (Seite 43, rechte Spalte, dritter Absatz und Kapitel 3.4) und auch in Kenntnis der Lehre der O5, dass nämlich bei längeren Übertragungspausen auf diese Weise die Kanalqualität nur unzureichend geregelt werden kann, die dort vorgeschlagene Lösung, nämlich einer Kanalregelung über einen Pilotkanal, verwenden.

Die Kammer akzeptiert dieses Argument nicht, und zwar unabhängig davon, ob der in O7 erwähnte "closed loop" tatsächlich so verstehen ist, dass über den Datenkanal versandte Daten zur Qualitätssteuerung des Datenkanals verwendet werden, oder nicht. Denn zum einen ist die Aussage einer möglichen Verwendung eines Pilotkanals zur Kanalabschätzung im Downlink in bestimmten Fällen für den Fachmann nicht ausreichend, um ohne erfinderisches Zutun zum vorletzten Merkmal des Anspruchs 1 zu gelangen, das festlegt, wann genau ein verbindungsfremdes Signal zur Qualitätsabschätzung verwendet wird. Zum anderen ist die Lehre der O5, wie schon oben unter Punkt 2.6 ausgeführt, eine Qualitätssteuerung durch über einen Datenkanal versandte Daten durch eine Qualitätssteuerung über einen Pilotkanal ("broadcast channel") versandte Daten zu ersetzen. Eine Kombination beider Verfahren wird nicht nahegelegt.

2.16 Aus denselben Gründen gelangt man zu keinem anderen Ergebnis, wenn man von einem anderen Stand der Technik ausgeht, der dem Oberbegriff des Anspruchs 1 entspricht.

2.17 Das weitere, als nächstliegender Stand der Technik betrachtete Dokument O2-1 betrifft den GPRS-Standard. In diesem Standard ist eine "closed-loop"-Regelung der Sendeleistung der Basisstation vorgesehen, so dass ein Verfahren zur Regelung der Sendeleistung einer ersten Funkstation (Basisstation) in einem Mobilfunksystem mit Zeitschlitzverfahren bekannt ist. Bei dem aus O2-1 bekannten Verfahren kann dahin gestellt bleiben, ob die Merkmale des Oberbegriffs im Einzelnen bekannt sind, da auf jeden Fall die Merkmale

(i) die Qualität der Funkverbindung wird in dem Fall, in dem in einem oder in mehreren aufeinanderfolgenden Zeitschlitzen keine Informationen für die zweite Funkstation übertragen werden, aus in mindestens einem anderen nicht der Funkverbindung zugeordneten Funkkanal übertragenen und von der zweiten Funkstation empfangenen Signalen abgeleitet, und

(ii) die Qualität der Funkverbindung wird umso häufiger in der zweiten Funkstation ermittelt, je schneller sich die Eigenschaften des zugehörigen Funkkanals ändert,

nicht aus O2-1 bekannt sind oder von diesem Dokument nahegelegt werden, wie im Folgenden ausgeführt wird.

2.18 Aus der O2-1 folgt, dass bei einer entsprechenden Einstellung eines Parameters PC_MEAS_CHAN die Mobilstation als zweite Funkstation die empfangene Signalstärke und damit die Qualität der Funkverbindung jedes Radioblocks eines der PDCH-Kanäle (paket data channel), die von der Mobilstation als PACCH-Kanal (paket associated control channel) überwacht werden, gemessen wird (Kapitel 10.2.3.1.2 auf Seite 40). Unbestritten umfassen die Radioblöcke sowohl Blöcke mit Steuerinformationen an alle Mobilstationen als auch Blöcke mit Nutzdaten an eine bestimmte Mobilstation. Es wurde argumentiert, dass dadurch eine Mobilstation gewissermaßen automatisch, sobald keine verbindungseigenen Signale, also Nutzdaten, zur Verfügung stünden, weil zum Beispiel keine Nutzdaten gesendet würden, auf die Blöcke mit Steuerinformationen zur Messung der Qualität der Funkverbindung zurückgreife, so dass das Merkmal (i) auch in O2-1 offenbart sei. Dies trifft aber aus folgenden Gründen nicht zu. Gemäß O2-1 wird ein C-Wert bestimmt, aus dem sich die Sendeleistung der Basisstation (der ersten Funkstation im Sinne des Anspruchs) bestimmt (siehe Kapitel B.4 auf Seite 56). Dieser wird jedoch nicht, wie im Anspruch festgelegt, auf Grundlage des Vorhandenseins von Information in aufeinanderfolgenden Zeitschlitzen einmal aus dem empfangenen Signalpegel jedes Radioblocks und einmal aus einer Messung des Broadcast-Kanals BCCH bestimmt, sondern ein Parameter PC_MEAS_CHAN bestimmt, welche Daten zur Bestimmung des C-Werts heranzuziehen sind (siehe Kapitel 10.2.3.1.2). In Abhängigkeit von diesem Parameter, führt die Mobilstation eine Messung des Signalwerts des Broadcast-Kanals BCCH durch, beziehungsweise wird eine Messung der Signalstärke jedes Radioblocks des PDCH-Kanals durchgeführt. Es ist aus O2-1 nicht erkennbar, und das wurde auch nicht vorgebracht, dass sich die Art der Messung der Signalstärke in Abhängigkeit von diesem Parameter automatisch bei fehlender Information in aufeinander folgenden Zeitschlitzen ändert. Mit anderen Worten, die im Anspruch festgelegte Bedingung für die Ableitung der Qualität der Funkverbindung aus einem nicht der Funkverbindung zugeordneten Funkkanal, hier dem BCCH-Kanal, ist aus O2-1 nicht bekannt. Darüber hinaus ergibt sich aus der Formel (2) im Kapitel 10.2.3.1.1, dass der C-Wert als gleitender Mittelwert mit einem Iterationsindex n bestimmt wird, wie auch weiter im folgenden Kapitel 10.2.3.1.2 ausgeführt wird. Das heißt, dass selbst wenn man einmal annähme, dass sich die Art der Messung der Signalstärke in Abhängigkeit von diesem Parameter automatisch bei fehlender Information in aufeinander folgenden Zeitschlitzen ändere, oder dass dies für den Fachmann eine naheliegende Weiterentwicklung wäre, es immer noch nicht folgen würde, dass die Qualität der Funkverbindung, auf der Grundlage derer Befehle zur Einstellung der Sendeleistung an die erste Funkstation (in der Regel die Basisstation) gesendet werden, fallweise einmal aus den empfangenen Signalen und ein anderes Mal aus nicht verbindungseigenen Signalen ermittelt oder abgeleitet wird, da der für die Bestimmung der Qualität relevante C-Wert auf Grund des gleitenden Mittelwerts aus einer Mischung beider Verfahren bestimmt wird.

2.19 Allein aus vorstehenden Gründen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 auch für den von O2-1 als nächstliegendem Stand der Technik ausgehenden Fachmann nicht naheliegend gewesen. Aus den gleichen Gründen, wie schon oben unter den Punkten 2.9 bis 2.13 ausgeführt, ergibt sich auch nichts anderes, wenn O2-1 mit der Lehre eines der Dokumente O7, O4 oder O8 kombiniert würde.

2.20 Aus denselben Gründen war auch der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 11 nicht für den Fachmann naheliegend. Es wurden auch keine spezifischen, diesen Gegenstand betreffenden Argumente vorgebracht.

3. Da die Beschwerden der Beschwerdeführerinnen 2 und 3 nicht zum Erfolg führen und die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 durch ihren Schlussantrag gegenstandslos wurde (siehe Punkt VII), waren alle Beschwerden zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

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