European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T170011.20121115 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 November 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1700/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03809275.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60J 10/00 B60J 10/06 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Dichtungsprofil mit Zierleiste | ||||||||
Name des Anmelders: | Metzeler Automotive Profile Systems GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Henniges Automotive Sealing Systems North America, Inc. |
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Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Fiktion der nicht erfolgten Einlegung des Einspruchs (ja) Prüfung der Zulässigkeit des Einspruchs (nein) |
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Orientierungssatz: |
Reicht ein europäischer Vertreter für eine Partei einen Einspruch ein und legt nach Aufforderung durch die Beschwerdekammer nicht fristgerecht eine unterschriebene Vollmachtsurkunde vor, gilt der Einspruch als nicht erfolgt (Regel 152(1)(6) EPÜ). Diese rechtliche Fiktion bewirkt einen Rechtsverlust (Regel 112(1) EPÜ), eine Prüfung des rechtlich fiktiv nicht erfolgten Einspruchs auf Zulässigkeit kommt nicht in Betracht. |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) rügt u. a. die Zulässigkeit des Einspruchs und richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 27. Mai 2011, mit der das angegriffene Patent EP-B1-1 549 520 in geänderter Fassung aufrechterhalten wurde.
II. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 bestellte sich der europäische Vertreter der Einsprechenden und legte für die Einsprechende Henniges Automotive Sealing Systems North America Inc. (Beschwerdegegnerin) Einspruch gegen das streitgegenständliche Patent ein. Eine Vollmachtsurkunde reichte der zugelassene Vertreter nicht ein. Der Einspruch wurde auf die Einspruchsgründe mangelnde Neuheit, mangelnde erfinderische Tätigkeit und Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ gestützt.
III. Im Lauf des Einspruchsverfahrens bestritt die Beschwerdeführerin die rechtliche Existenz der Beschwerdegegnerin und die gültige Bevollmächtigung des zugelassenen Vertreters der Beschwerdegegnerin.
Hierzu verwies sie auf andere vom Europäischen Patentamt (EP 1371803) oder vom deutschen Bundespatentgericht (DE 19247015 u. DE 10310066) entschiedene Verfahren, in denen der Einspruch der GDX Automotive North America Inc. als unzulässig zurückgewiesen worden war und die Unzulässigkeit entweder auf die mangelnde rechtliche Existenz der Einsprechenden oder den mangelnden Nachweis über die Bevollmächtigung ihres Vertreters gestützt worden war. Die Beschwerdeführerin trug ferner vor, dass die GDX Automotive North America Inc. vom selben europäischen Vertreter wie die GDX Automotive North America Inc. in den anderen Verfahren vertreten werde und nach dessen Angaben die GDX Automotive North America Inc. im Januar 2008 ihren Namen in Henniges Automotive Sealing Systems North America Inc. geändert habe.
IV. Nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung reichte die Beschwerdeführerin weitere Dokumente aus einem weiteren europäischen Einspruchsverfahren EP 1 211 116 (Anmeldenummer: 01 127 947.8) ein und beantragte, dass die Einspruchsabteilung sich wegen der schwierigen prozessualen Fragen um ein rechtskundiges Mitglied erweitern solle. Sie führte ferner aus, dass der Einspruch in dem Parallelverfahren von der Firma GDX Automotive North America Inc., Dover, Delaware, USA ebenfalls gegen ein von der Beschwerdeführerin gehaltenes Patent eingelegt worden sei. Nachdem auch in diesem Verfahren die rechtliche Existenz der Einsprechenden in Streit gelegen habe, habe die Einsprechende die Berichtigung ihres Namens gemäß Regel 88 EPÜ 1973 auf den Namen GDX North America Inc. beantragt und im weiteren Verfahren die Änderung des Namens auf Henniges Automotive Sealing Systems North America Inc. beantragt. Ferner habe die Einsprechende in diesem Verfahren eine Vollmachtsurkunde vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin legte zu dieser Sache ferner den Abdruck der Entscheidung vom 1. April 2011 vor, mit der der Einspruch als unzulässig verworfen wurde. In den Gründen dieser Entscheidung wurde ausgeführt, dass, obwohl die Einsprechende eine von einer natürlichen Person unterzeichnete Vollmachtsurkunde zur Einspruchsführung für die GDX North America Inc. vorgelegt habe, eine rechtlich wirksame Bevollmächtigung nicht ausreichend nachgewiesen worden sei. Der Einspruch wurde daher als unzulässig angesehen.
V. Im vorliegenden Verfahren erschien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung für die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) niemand. Die im Termin vertretene Beschwerdeführerin rügte weiterhin den mangelnden Nachweis der wirksamen Bevollmächtigung des zugelassenen Vertreters der Beschwerdegegnerin und legte geänderte Sachanträge vor.
VI. Die Einspruchsabteilung hielt in ihrer Entscheidung vom 27. Mai 2011 den Einspruch für zulässig und hielt das angegriffene Patent in geänderter Fassung aufrecht.
Zur Frage der Zulässigkeit des Einspruchs führte die Einspruchsabteilung in den schriftlichen Gründen der Entscheidung aus, dass die rechtliche Existenz der Beschwerdegegnerin durch die Vorlage einer Kopie einer automatisiert hergestellten Bescheinigung eines "Secretary of the State of Delaware" vom 18. Januar 2008 über die Namensänderung der "GDX North America, Inc." in "Henniges Autromotive Sealinng Systems North America Inc." nachgewiesen worden sei.
Die Einspruchsabteilung habe ferner keinen Grund die Bevollmächtigung des zugelassenen Vertreters der Beschwerdegegnerin in Zweifel zu ziehen und es sei nicht Aufgabe der Einspruchsabteilung eine Einzelvollmacht eines zugelassenen Vertreters zu überprüfen. Gemäß Artikel 1 (1) des Beschlusses der Präsidentin des Europäischen Patentamts brauche ein zugelassener Vertreter keine Vollmachtsurkunde einzureichen und es läge kein in dem Beschluss der Präsidentin angeführter Sonderfall vor. Es sei der Einspruchsabteilung bei der Vielfalt an Mitgliedsstaaten und der Verschiedenheit ihrer Sprachen auch eine Überprüfung einer Vollmachtsurkunde nicht möglich und realistisch. Die Einspruchsabteilung vertraue daher den Angaben des zugelassenen Vertreters der Beschwerdegegnerin. Die Erweiterung der Einspruchsabteilung um ein rechtskundiges Mitglied sei nicht geboten gewesen, weil die Einspruchsabteilung die in Streit stehende Rechtsfrage als unkompliziert ansehe.
VII. Die Beschwerdeführerin stützt ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung insbesondere mit dem Argument, dass die Einspruchsabteilung rechtsfehlerhaft die Zulässigkeit des Einspruchs bejaht habe und verweist hierzu auf die schon in der Vorinstanz zu den Akten gereichten Entscheidungsgründe der Einspruchsabteilung zur Anmeldenummer 01 127 947.8. Die Ablehnung des Antrags der Beschwerdeführerin, die Einspruchsabteilung um ein rechtskundiges Mitglied zu erweitern, sei ermessensfehlerhaft gewesen und begründe einen schwerwiegenden Verfahrensfehler, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertige.
VIII. In einer Mitteilung vom 8. März 2012 hat die Beschwerdekammer die Beschwerdegegnerin gemäß Regel 152 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 1 (3) des Beschlusses der Präsidentin des Europäischen Patentamts über die Einreichung von Vollmachten vom 12. Juli 2007 aufgefordert, binnen vier Monaten eine schriftliche Vollmachtsurkunde einzureichen und ferner darzulegen und nachzuweisen, nach welchen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften die die Vollmacht unterzeichnende Person berechtigt ist, für die Beschwerdegegnerin zu handeln. Auf die Rechtsfolgen der Regel 152 (6) EPÜ wurde hingewiesen.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat keine Beschwerdeerwiderung eingereicht oder Anträge gestellt und mit Schreiben vom 24. Juli 2012 den Erhalt der Mitteilung der Beschwerdekammer vom 8. März 2012 mit der Feststellung bestätigt, dass die Beschwerdegegnerin in dieser Sache keine weiteren Eingaben machen werde.
X. Die Beschwerdeführerin hat in einer weiteren Eingabe vom 15. Oktober 2012 vorgetragen, dass Regel 152 (6) EPÜ eng auszulegen und möglicherweise auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, da die prozessuale Möglichkeit durch Nichtvorlage der Vollmacht, die Verfahrenshandlungen des Vertreters mit Wirkung ex tunc zu beseitigen, zum Verfahrensmissbrauch einladen würde. Die Verwerfung des Einspruchs als unzulässig entsprechend Regel 77 (2) EPÜ wäre daher geboten und widerspreche Regel 152 (6) EPÜ nicht. Diese Frage solle gegebenenfalls der Großen Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt werden. Es entspräche auch der Billigkeit der Beschwerdegegnerin gemäß Artikel 16 (1) d), e) Verfahrensordnung der Beschwerdekammern die der Beschwerdeführerin entstandenen Kosten aufzuerlegen.
XI. Zur mündlichen Verhandlung erschien die ordnungsgemäß geladene Beschwerdegegnerin nicht. Die Beschwerdeführerin erläuterte vor der Beschwerdekammer ihre schriftlich vorgetragenen Argumente. Hierbei betonte sie, dass davon ausgegangen werden müsse, dass die Beschwerdegegnerin veranlasst habe, den Einspruch einzulegen und daher die der Beschwerdeführerin entstandenen Kosten tragen müsse. Da davon ausgegangen werden könne, dass sich der zugelassene Vertreter der Beschwerdegegnerin standesrechtlich korrekt verhalten habe, könne dies als Indiz dafür angesehen werden, dass die Beschwerdegegnerin ihren Vertreter auch tatsächlich zur Einspruchseinlegung beauftragt habe. Es sei kein Widerspruch, wenn einerseits der Einspruch mangels Bevollmächtigung als unzulässig zurückgewiesen würde und andererseits der Beschwerdegegnerin die der Beschwerdeführerin entstandenen Kosten auferlegt würden, weil diese das Einspruchsverfahren veranlasst habe. Es stelle einen Verfahrensmissbrauch dar, dass die Beschwerdegegnerin erst im jetzigen Verfahrensstand durch Nichtvorlage der Vollmacht, sich die Rechtsfolge der Regel 152 (6) EPÜ zu Nutze machen wolle. Es sei nicht gerechtfertigt, an die Nichtvorlage der angeforderten Vollmachtsurkunde andere Rechtsfolgen zu knüpfen als bei Fehlen von anderen binnen einer Frist nachholbaren Zulässigkeitsvoraussetzungen, so dass der fehlende Vollmachtsnachweis ebenfalls zur Unzulässigkeit des Einspruchs führen müsse.
XII. Die Beschwerdeführerin hat folgende Anträge gestellt:
die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und den Einspruch als unzulässig zu verwerfen,
- hilfsweise die Große Beschwerdekammer mit der Frage der Zulässigkeit des Einspruchs zu befassen,
- hilfsweise den Einspruch als unbegründet zurückzuweisen,
sowie die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen und anzuordnen, dass die Einsprechende die Kosten der Beschwerdeführerin zu tragen habe.
Entscheidungsgründe
Zulässigkeit der Beschwerde
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Begründetheit der Beschwerde hinsichtlich des Antrags zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
2. Die vom zugelassenen Vertreter der Beschwerdegegnerin vorgenommenen Rechtshandlungen gelten gemäß Regel 152 (6) EPÜ als nicht erfolgt.
Die Beschwerdegegnerin hat entgegen der in der Mitteilung der Beschwerdekammer vom 8. März 2012 gesetzten Frist von vier Monaten, keine auf ihren zugelassenen Vertreter ausgestellte Vollmachtsurkunde eingereicht.
3. Die Beschwerdekammer ist generell befugt, die Vorlage einer Vollmachtsurkunde von Amts wegen unter Fristsetzung anzuordnen, da die Kammer die ordnungsgemäße Begründung eines Prozessverhältnisses in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen hat. Diese Prüfungspflicht wird jedoch durch Regel 152 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 1 (1) des Beschlusses der Präsidentin des Europäischen Patentamts vom 12. Juli 2007 (Amtsblatt EPA 2007, Sonderausgabe Nr. 3, Seite 128) eingeschränkt, da die zugelassenen Vertreter von der Einreichung von Vollmachten befreit sind. Die Befreiung endet, wenn im Einzelfall die Vorlage der Vollmacht auf Grundlage des Artikel 1 (3) dieses Beschlusses der Präsidentin angeordnet wird. Diese Befugnis hat die Kammer mit ihrem Bescheid vom 8. März 2012 ausgeübt.
Der Beschluss der Präsidentin vom 12. Juli 2007 bindet auch die Beschwerdekammern. Die in diesem Beschluss getroffenen Regelungen haben Rechtsnormcharakter. Die Präsidentin war kraft gesetzlicher Delegation unmittelbar durch Regel 152 (1) EPÜ befugt, als Rechtssetzungsorgan den Beschluss zu erlassen. Die dem Verwaltungsrat gemäß Artikel 33 (1) c) EPÜ zustehende Kompetenz, über die Vorschriften der Ausführungsordnung zu beschließen, wird durch Regel 152 (1) EPÜ im beschränkten Umfang auf den Präsidenten des Europäischen Patentamts übertragen (zur Rechtsnormqualität eines Beschlusses des Präsidenten des Europäischen Patentamts vgl. T 991/04, Entscheidungsgründe Punkt 20). Der Erlass dieses Beschlusses ist daher keine auf Artikel 10 (2) a) EPÜ zu stützende zweckdienliche Maßnahme, sondern Teil des Europäischen Patentübereinkommens im Sinn von Artikel 23 (3) EPÜ. Der Beschluss der Präsidentin vom 12. Juli 2007 betrifft keinen durch die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern geregelten Gegenstand. Im Übrigen ist durch Artikel 1 (3) dieses Beschlusses die Unabhängigkeit der Beschwerdekammern in der Verfahrensführung in vollem Umfang sichergestellt.
4. Nach fruchtlosem Ablauf der mit Bescheid vom 8. März 2012 gesetzten Frist von vier Monaten gilt der vom zugelassenen Vertreter eingelegte Einspruch als nicht eingelegt. Diese rechtliche Fiktion der Nichtvornahme des Einspruchs wurde daher rechtlich mit Ablauf des 18. Juli 2012 mit Wirkung ex tunc zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung wirksam und begründete für die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) einen Rechtsverlust im Sinn der Regel 112 (1) EPÜ.
Die Kammer ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall aus Gründen der prozessualen Klarheit über den Rechtsverlust auch ohne Antrag der Beschwerdegegnerin gemäß Regel 112 (2), erster Satz EPÜ durch Beschluss zu entscheiden ist. Die bloße Mitteilung über die rechtliche Fiktion der Nichtvornahme des Einspruchs, könnte im jetzigen Verfahrensstadium zu Zweifeln führen, ob das Patent unverändert aufrechterhalten bleibt, da die Einspruchsabteilung das Patent im geänderten Umfang aufrechterhalten hatte. Der Tenor der vorliegenden Entscheidung kann daher die prozessuale Situation besser klarstellen als eine bloße Rechtsverlustmitteilung.
5. Die angefochtene Entscheidung beruht auf unrichtigen prozessualen Annahmen und nimmt daher fehlerhaft an, dass ein Einspruch rechtlich wirksam und rechtzeitig eingelegt wurde. Die objektive Unrichtigkeit der Entscheidung entfällt nicht deswegen, weil erst die Kammer die Vorlage der Vollmachtsurkunde angeordnet hat. Die Kammer hat ausschließlich auf Grund der jetzt vorliegenden Prozesstatsachen über die Richtigkeit der angefochten Entscheidung zu befinden. Diese widerspricht der durch Regel 152 (6) EPÜ angeordneten Rechtsfolge und ist rechtsfehlerhaft. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und es war festzustellen, dass der Einspruch als nicht erfolgt gilt.
Zurückweisung des Antrags, den Einspruch für unzulässig zu erklären
6. Auf Grund der gesetzlichen Fiktion, dass der vom zugelassenen Vertreter für die Beschwerdegegnerin eingelegte Einspruch als nicht erfolgt gilt (siehe zuvor Punkt 4), ist rechtlich keine Basis gegeben, den Einspruch für unzulässig zu erklären.
7. Die Beschwerdeführerin trug vor, dass Regel 152 (6) EPÜ eng auszulegen sei und der Einspruch der Beschwerdegegnerin als unzulässig zu verwerfen sei.
Eine solche Auffassung könnte sich aus Regel 152 (6) EPÜ nur herleiten lassen, wenn die dort angeordnete Rechtsfolge der Fiktion der Nichtvornahme der Prozesshandlungen von in anderen Vorschriften angeordneten Rechtsfolgen "verdrängt" werden würde. Für den vorliegenden Einspruch würde dies bedeuten, dass die in Regel 152 (6) EPÜ angeordnete fiktive Nichtvornahme des Einspruchs rechtlich nicht wirksam würde, weil der Einspruch nach Regel 77 (2) EPÜ als unzulässig zu verwerfen wäre. Die durch Regel 77 (2) EPÜ angeordnete Rechtsfolge zur Unzulässigkeit des Einspruchs müsste daher die in Regel 152 (6) EPÜ angeordnete Rechtsfolge völlig ersetzen. Regel 77 EPÜ wäre dann lex specialis gegenüber Regel 152 (6) EPÜ.
8. Ähnliche rechtliche Erwägungen finden sich in den Gründen der Entscheidung T 126/04. Diese Entscheidung postuliert einen Vorrang der Vorschriften über die Unzulässigkeit einer Beschwerde gegenüber der rechtlichen Fiktion der Nichteinreichung einer Übersetzung nach Artikel 14 (5) EPÜ 1973. Da die Beschwerdeschrift nur in einer privilegierten Sprache, nicht aber innerhalb der vorgeschriebenen Frist in einer der Amtssprachen eingereicht worden war, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass wegen der Spezialität der Vorschriften zur Zulässigkeit der Beschwerde, die in Artikel 14 (5) EPÜ 1973 angeordnete Rechtsfolge der Fiktion der Nichteinreichung nicht anwendbar sei.
Die Entscheidung wich ausdrücklich in ihrer rechtlichen Würdigung von den in den Entscheidungen T 193/87 (ABl. EPA 1993, 207) und T 323/87 (ABl. EPA 1989, 343) dargelegten Gründen ab und folgte nicht der dort vertretenen Ansicht, dass wenn (rechtlich fiktiv) kein Einspruch vorliegt, eine Prüfung der Zulässigkeit des Einspruchs nach Regel 56 (1) EPÜ 1973 nicht in Betracht kommt.
9. Die Beschwerdekammer ist der Auffassung, dass in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Regel 152 (6) EPÜ keine Basis für eine einschränkende Auslegung im Sinn der Entscheidung T 126/04 gefunden werden kann. Der Wortlaut der Regel 152 (6) EPÜ ist eindeutig und die Verwendung des Wortes "unbeschadet" stellt ausdrücklich klar, dass lediglich weitere Rechtsfolgen nach anderen Vorschriften möglich sein sollen, nicht aber die in Regel 152 (6) EPÜ angeordnete Rechtsfolge ersetzt werden soll.
Im letzteren Fall hätte der Gesetzgeber eine andere Formulierung, wie z.B. "vorbehaltlich" verwenden müssen.
Der Verweis auf weitere Rechtsfolgen in Regel 152 (6) EPÜ soll klarstellen, dass die rechtliche Fiktion der Nichtvornahme einer Handlung weitere Folgen im Hinblick auf das betreffende Verfahren nicht ausschließt, was nachfolgend an Fallbeispielen erläutert wird.
Reicht ein vollmachtsloser Vertreter eine Beschwerdebegründung ein, so gilt diese nach Fristablauf gemäß Regel 152 (6) EPÜ als nicht eingelegt. Der Eintritt dieser Rechtsfolge soll aber nicht ausschließen, dass die Beschwerde wegen Nichteinreichung der (rechtlich fiktiv) nicht eingereichten Beschwerdebegründung als unzulässig zurückgewiesen wird.
Ebenso kann ein nach Artikel 94 EPÜ gestellter Prüfungsantrag, der von einem vollmachtslos handelnden Vertreter eingereicht wurde, neben der rechtlichen Fiktion nach Regel 152 (6) EPÜ, die Rechtsfolge haben, dass die Anmeldung insgesamt als zurückgenommen gilt.
10. Die Nichtvornahme-Fiktion nach Regel 152 (6) EPÜ ist damit gerade die rechtliche Voraussetzung dafür, dass andere Rechtsfolgen ohne weitere Prüfung, ob ein materiellrechtliches Vertretungsverhältnis zum Zeitpunkt der Vornahme der Vertreterhandlung bestand, ausgesprochen werden können. Der Gesetzgeber hat diese rechtliche Konstruktion, wie auch in anderen Vorschriften mit der Rechtsfolge der Fiktion der Nichtvornahme, bewusst gewählt, um aus prozessökonomischen Gründen die rasche Beendigung des Verfahrens zu ermöglichen.
Das Beweismittel "Vollmachtsurkunde" kann nur ein bestehendes Vertretungsverhältnis bekunden, deren Nichtvorlage schließt aber nicht zwingend aus, dass zuvor ein wirksames Vertretungsverhältnis bestand, sondern könnte nur als Indiz für eine von Anfang an mangelnde Bevollmächtigung gewertet werden. Die Beschwerdekammer müsste ohne die in Regel 152 (6) EPÜ angeordnete Fiktion die fehlende Bevollmächtigung zur Einspruchseinlegung als Prozesstatsache von Amts wegen aufklären und gegebenenfalls mit anderen, angebotenen Beweismitteln die Frage der mangelnde Bevollmächtigung klären. Ein europäischer Vertreter könnte, obwohl er keine Vollmachtsurkunde vorlegt (oder vorlegen kann), tatsächlich vom Vertretenen beauftragt gewesen sein, die betreffende Prozesshandlung vorzunehmen. Diese wäre somit rechtlich wirksam. Um diese Handlung dennoch rechtlich als unwirksam behandeln zu können, wenn nach Aufforderung keine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird, bedarf es der Fiktion der Regel 152 (6) EPÜ.
Im vorliegenden Fall gilt daher der am 14. Oktober 2008 eingelegte Einspruch rechtlich als von Anfang an als nicht eingelegt unabhängig davon, ob der Vertreter der Einsprechenden von dieser (zunächst) bevollmächtigt war oder nicht.
Wenn rechtlich kein Einspruch vorliegt, ist auch kein Raum für die Prüfung der Zulässigkeit des (rechtlich nicht existenten) Einspruchs nach Regel 77 (2) EPÜ.
Eine unmittelbare Anwendung der Regel 77 (2) EPÜ im Hinblick auf den Mangel der Vorlage der Vollmachtsurkunde kommt nicht in Betracht, da die Prüfung der Vollmachtsurkunde für den europäischen Vertreter nicht Gegenstand der Zulässigkeitsprüfung nach Regel 77 EPÜ ist. Da Artikel 1 (1) des Beschlusses der Präsidentin des Europäischen Patentamts vom 12. Juli 2007 bei einer Einspruchseinlegung durch einen europäischen Vertreter gar keine Prüfung der Bevollmächtigung vorsieht, kann die Vorlage der Urkunde auch keine Zulässigkeitsvoraussetzung im Sinn der Regel 77 (2) EPÜ sein.
Die Beschwerdekammer kann auch nicht der Argumentation der Beschwerdeführerin folgen, dass die Nichtvorlage einer Vollmachtsurkunde rechtlich dieselbe Rechtsfolge auslösen muss wie die Nichtbeseitigung eines anderen behebbaren Mangels im Sinne der Regel 77 (2) EPÜ in Verbindung mit Regel 76 EPÜ. Wie bereits dargelegt, befreit die Fiktion der Nichtvornahme der Einspruchseinlegung von einer weiteren Prüfung, ob zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung nicht tatsächlich eine wirksame Bevollmächtigung gegeben war und die Bevollmächtigung erst später entzogen wurde. Die Nichtangabe der Adresse der Einsprechenden, wie die Beschwerdeführerin als behebbaren Mangel anführte, wirft keine entsprechenden prozessrechtlichen Fragen auf. Mangels vergleichbarer Prozesssituation ist es daher nicht geboten, die Rechtsfolge bei fehlender Vollmacht der Rechtsfolge der Unzulässigkeit bei fehlender Adressenangabe "anzupassen".
Dem Antrag der Beschwerdeführerin, die Unzulässigkeit des Einspruchs auszusprechen, kann daher nicht entsprochen werden.
Keine Sachentscheidung zur Zurückweisung des Einspruchs
11. Die Beschwerdeführerin hat, sofern ihrem Antrag auf Ausspruch der Unzulässigkeit des Einspruchs nicht entsprochen werde, hilfsweise die Zurückweisung des Einspruchs als unbegründet beantragt. Da die Beschwerdekammer festgestellt hat, dass der Einspruch als rechtlich fiktiv nicht erfolgt gilt, muss mangels Sachentscheidungsbefugnis der Kammer auch dieser Antrag zurückgewiesen werden.
Antrag auf Vorlage der Frage der Zulässigkeit des Einspruchs an die Große Beschwerdekammer
12. Die von der Beschwerdeführerin beantragte Vorlage an die Große Beschwerdekammer betrifft gemäß ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung die Rechtsfrage, ob die Vorschriften über die Zulässigkeit eines Einspruchs der Regel 152 (6) EPÜ vorgehen. Träfe dies zu, wäre der vorliegende Einspruch als unzulässig und nicht als nicht erfolgt zu behandeln.
13. Aus den obigen Ausführungen unter Punkt 6 bis 10 ergibt sich, dass die Voraussetzungen zur Vorlage einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung an die Große Beschwerdekammer nicht vorliegen (Artikel 112 (1) EPÜ), da die Beschwerdekammer diese Frage anhand des Wortlauts der Regel 152 (6) EPÜ selbst beantworten kann und die wortgetreue Auslegung dieser Vorschrift zu einem prozessual überzeugenden, widerspruchsfreien Ergebnis führt.
14. Dieses Ergebnis ist auch nicht unbillig, weil die Entscheidung zur fehlenden Vollmachtsurkunde erst in einem so späten Verfahrensstadium getroffen werden kann.
Die Nichtvorlage der Vollmachtsurkunde durch die Beschwerdegegnerin kann auf ganz verschiedenen Gründe beruhen, die entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin nicht ausschließlich einen Verfahrensmissbrauch der Beschwerdegegnerin manifestieren.
So ist es z.B. der Beschwerdegegnerin nicht untersagt, ihrem beauftragten europäischen Vertreter in jedem Verfahrensstadium eine bereits erteilte Vollmacht ohne Angaben von Gründen wieder zu entziehen.
Die vorliegenden Prozesstatsachen ergeben auch keinen hinreichenden Beweis, dass die formell als Einsprechende geführte Beschwerdegegnerin, das Einspruchsverfahren veranlasst hat oder von dessen Anhängigkeit überhaupt etwas weiß.
Wie die Beschwerdeführerin im Termin zur mündlichen Verhandlung einräumte, kann es bei großen Konzernen mit vielen rechtlich verschachtelten, aber selbständigen Tochterfirmen sehr wohl vorkommen, dass eine nicht berechtigte Person dem europäischen Vertreter Vollmacht zur Einspruchseinlegung im guten Glauben erteilte, hierzu berechtigt zu sein.
Auf Grund der vorliegenden Prozesstatsachen kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine Person bewusst und unberechtigt unter dem Namen der Beschwerdegegnerin handelte und den europäischen Vertreter geschickt über die mangelnde Berechtigung täuschte.
Die von der Beschwerdeführerin behauptete standesrechtliche Verpflichtung eines europäischen Vertreters, sich über die Identität seiner Mandantin zu versichern, kann in keinem dieser Fällen als sachdienliches Beweisindiz angesehen werden, dass die formell als Einsprechende bezeichnete Person, sich das Einspruchsverfahren zurechnen lassen muss.
Ebenso ergibt sich aus der Tatsache, dass im Einspruchsverfahren von dem europäischen Vertreter Dokumente zum Beweis der rechtlichen Existenz der Einsprechenden vorgelegt wurden, kein überzeugender Schluss darauf, dass eine wirksame Bevollmächtigung erteilt wurde, aber von der Beschwerdegegnerin verfahrensmissbräuchlich die Vorlage einer Vollmachtsurkunde unterbunden wurde, um die Fiktion der Nichtvornahme des Einspruchs auszulösen.
15. Aus den vorstehend dargelegten möglichen Fallgestaltungen ergibt sich, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Unbilligkeit zur Anwendung der Rechtsfolge aus Regel 152 (6) EPÜ ausschließlich auf der Annahme beruht, die Beschwerdegegnerin habe verfahrensmissbräuchlich gehandelt, obwohl diese Annahme nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht beweisbar ist. Die unklare Beweislage im vorliegenden Einzelfall, kann keine Grundlage dafür bilden, die Große Beschwerdekammer mit der Rechtsfrage zu befassen, ob die Vorschriften über die Zulässigkeit eines Einspruchs als lex specialis gegenüber der in Regel 152 (6) EPÜ angeordneten Rechtsfolge anzusehen sind.
16. Gleiches gilt für die Tatsache, dass im vorliegenden Fall die Fiktion der nicht erfolgten Einspruchseinlegung erst im Beschwerdeverfahren wirksam wurde, da es Aufgabe der Einspruchsabteilung gewesen wäre, den Nachweis über die ordnungsgemäße Bevollmächtigung des europäischen Vertreters aufzuklären (zu diesem Verfahrensfehler siehe näher unten Punkt 19). Dieses Versäumnis der Einspruchsabteilung rechtfertigt es nicht, die Gültigkeit der Regel 152 (6) EPÜ in Frage zu stellen. Die Gefahr einer langen Verfahrensdauer und entsprechend hoher Verfahrenskosten kann im Einzelfall auch bei einem Streit über die rechtzeitige bzw. verspätete Zahlung einer Einspruchsgebühr gegeben sein. Stellt erst die Beschwerdekammer fest, dass die Einspruchsgebühr nicht wirksam entrichtet wurde, ist ebenfalls auszusprechen, dass gemäß Artikel 99 (1) EPÜ der Einspruch als nicht eingelegt gilt.
17. Die Beschwerdekammer sieht auch keine Veranlassung, die Rechtsfrage über den behaupteten Vorrang der Vorschriften über die Zulässigkeit des Einspruchs der Großen Beschwerdekammer gemäß Artikel 112 (1) EPÜ zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vorzulegen.
Die auf Artikel 14 (5) EPÜ 1973 gestützte Entscheidung T 126/04 betrifft nicht die Auslegung der hier anzuwendenden Regel 152 (6) EPÜ und kann schon daher nicht als divergierende Entscheidung betrachtet werden. Im Übrigen sind der Beschwerdekammer und auch der Beschwerdeführerin keine früheren Entscheidungen zu der vorliegenden Rechtsfrage bekannt. Die Entscheidung J 12/88, in der festgestellt wurde, dass "proceedings before the EPO are null and void if the applicant's representative acted without any instructions and without filing any valid authorisation" und in der aus diesem Grund die Rückzahlung aller Gebühren angeordnet wurde, geht nicht auf die Anwendung der Fiktion der damaligen Regel 101 (4) EPÜ 1973 ein, hat aber ebenfalls nicht auf die Unzulässigkeit dieses Einspruchs entschieden.
Die Beschwerdekammer sieht daher keine der in Artikel 112 (1) EPÜ festgelegten Voraussetzungen für eine Vorlage an die Großen Beschwerdekammer für gegeben.
Rückzahlung der Einspruchs- bzw. der Beschwerdegebühr
18. Als weitere Konsequenz aus der rechtlichen Fiktion, dass der Einspruch als nicht vorgenommen gilt, hat die Beschwerdekammer die Rückzahlung der Einspruchsgebühr angeordnet. Es besteht für das Europäische Patentamt kein Rechtsgrund für eine nicht vorgenommene Rechtshandlung eine eingezahlte Gebühr zu behalten. Dies gilt mangels anderer gesetzlicher Regelung auch dann, wenn die Nichtvornahme der Rechtshandlung auf Grund einer gesetzlichen Fiktion angeordnet wird.
19. Die Beschwerdekammer hat auch die Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Gründen der Billigkeit gemäß Regel 103 (1) a) EPÜ angeordnet, da der Beschwerde stattzugeben ist und die aufzuhebende Entscheidung auf einem wesentlichen Verfahrensmangel beruht.
Der wesentliche Verfahrensfehler der Einspruchsabteilung ist darin zu sehen, dass sie es unterlassen hat, gemäß Regel 151 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 1 (3) des Beschlusses der Präsidentin des Europäischen Patentamts vom 12. Juli 2007 über die Einreichung von Vollmachten die Vorlage einer Vollmacht anzuordnen.
Auch wenn die Einspruchsabteilung nach dieser Vorschrift grundsätzlich ein Ermessen hat, die Vorlage einer Vollmacht anzuordnen, war dieses Ermessen im vorliegenden Fall auf Grund der Gesamtumstände auf Null reduziert und die Einspruchsabteilung hätte zwingend die Vorlage einer Vollmacht anordnen müssen. Die bloße Unsicherheit über die Wirksamkeit der Einspruchseinlegung führt zwingend dazu, dass die Einspruchsabteilung von Amts wegen diese Unsicherheit beheben muss, bevor sie eine Sachentscheidung trifft. Im vorliegenden Fall war die Prozessunsicherheit durch das substantiierte und belegte Bestreiten der Bevollmächtigung bereits gegeben. Die Einspruchsabteilung hatte insbesondere nach Kenntnis des Beschlusses der Einspruchsabteilung im Parallelverfahren mit der Anmeldenummer 01 127 947.8 kein Ermessen von der Anforderung einer Vollmacht abzusehen, da in dieser Entscheidung festgestellt worden war, dass die Bevollmächtigung des zugelassenen Vertreters der Einsprechenden Henniges Automotive Sealing Systems North America Inc. nicht nachgewiesen worden sei.
Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung ausgeführt, dass im Parallelverfahren der Einspruch durch die Firma GDX Automotive North America Inc., Delaware, eingelegt worden sei und die Anzeige der Namensänderung auf Henniges Automotive Sealing Systems North America Inc. erst im Lauf des Verfahrens erfolgte und sich daher der Sachverhalt vom vorliegenden Fall unterscheide. Die Beschwerdeführerin hat aber zu Recht ausgeführt, dass die Namensänderung im Parallelverfahren keinerlei Bedeutung für die Feststellung der Zweifel an der wirksamen Bevollmächtigung des zugelassenen Vertreters hat. Die Einspruchsabteilung hatte im vorliegenden Verfahren keinerlei Anknüpfungstatsachen, auf die behauptete Wirksamkeit der Bevollmächtigung des zugelassenen Vertreters zu vertrauen. Die Unterlassung, die Vorlage einer Vollmacht anzuordnen, begründete daher
einen schwerwiegenden Verfahrensfehler im Sinn der Regel 103 (2) a) EPÜ. Die Kammer sieht auch die in dieser Vorschrift genannte weitere Voraussetzung, dass der Beschwerde stattgegeben wird, für erfüllt an. Die angefochtenen Entscheidung ist aus den sachlichen Gründen der Beschwerde in vollem Umfang aufzuheben und der vom Antrag der Beschwerdeführerin abweichende Ausspruch der Beschwerdeentscheidung, dass der Einspruch der Beschwerdegegnerin als nicht erfolgt gilt, ist nicht als (teilweise) Zurückweisung der Beschwerde im Sinn der Regel 103 (2) a) EPÜ zu werten. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr entspricht auch der Billigkeit, da ohne diesen Verfahrensfehler das Beschwerdeverfahren nicht hätte durchgeführt werden müssen.
Keine Kostentragungspflicht der Beschwerdegegnerin
20. Der Antrag der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin die ihr entstandenen Kosten aufzuerlegen, ist schon deshalb zurückzuweisen, weil auf Grund der vorliegenden Entscheidung überhaupt nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdegegnerin "ihren" europäischen Vertreter beauftragt hat, Einspruch einzulegen. Da somit kein Nachweis gegeben ist, dass die Beschwerdegegnerin kausal für die Einlegung des Einspruchs verantwortlich ist, können ihr auch keine Kosten auferlegt werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vorlage der Frage der Zulässigkeit des Einspruchs an die Große Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.
2. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
3. Der Einspruch gilt als nicht erfolgt.
4. Die Beschwerde- und Einspruchsgebühr sind zurückzuzahlen.
5. Der Antrag der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin die der Beschwerdeführerin entstandenen Kosten aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.