European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T152111.20161215 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 15 Dezember 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1521/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04024353.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06K 9/00 G07C 9/00 |
||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Zugangskontrollsystem | ||||||||
Name des Anmelders: | SKIDATA AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (nein) |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die am 2. Mai 2011 von der Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) eingereichte Beschwerde richtet sich gegen eine am 23. Februar 2011 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 04 024 353.7, veröffentlicht als EP-A-1 647 918 zurückzuweisen. Die Beschwerdegebühr wurde am gleichen Tag entrichtet. Am 7. Juni 2011 wurde eine Beschwerdebegründung eingereicht.
II. In ihrer Entscheidung wies die Prüfungsabteilung die Anmeldung zurück, da weder der unabhängige Patentanspruch des Hauptantrags noch die unabhängigen Patentansprüche der Hilfsanträge 1 bis 3 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen würden, ausgehend von der Lehre des Dokuments D5 (US-A-2003/169337) als nächstliegendem Stand der Technik unter Berücksichtigung der Dokumente D1 (EP-A-1 416 427), D3 (US-A-5 095 196) und D4 (WO-A-1998/30017).
III. Mit der Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Entscheidung. In der Beschwerdebegründung wurde die Erteilung eines Patents beantragt auf der Grundlage von mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchssätzen für einen Hauptantrag bzw. einen Hilfsantrag. Darüber hinaus wurde hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. In der Beschwerdebegründung gab die Beschwerdeführerin die ursprüngliche Basis für die vorgenommenen Änderungen an und argumentierte hinsichtlich der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit der Gegenstände des Haupt- und Hilfsantrags.
IV. Mit Schreiben vom 15. Juni 2016 lud die Kammer zur mündlichen Verhandlung am 1. September 2016. Aufgrund eines begründeten Antrags des Vertreters der Beschwerdeführerin verlegte die Kammer mit Schreiben vom 14. Juli 2016 die Verhandlung auf den 25. Oktober 2016.
V. Am 22. Juni 2016 versendete die Kammer eine Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK, in der sie auf die während der mündlichen Verhandlung zu diskutierenden Themen hinwies. Insbesondere führte die Kammer ein neues Dokument D6 (US-B-6 801 907) in das Verfahren ein und erläuterte, dass sie nach vorläufiger Meinung Bedenken sowohl hinsichtlich der Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973) der Ansprüche des Haupt- und Hilfsantrags, als auch der Neuheit des Gegenstands des unabhängigen Anspruchs des Hauptantrags gegenüber dem neu eingeführten Dokument D6 und der erfinderischen Tätigkeit von Haupt- und Hilfsantrag hätte.
VI. Zur Beantwortung der Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK übermittelte die Beschwerdeführerin am 23. September 2016 ein Schreiben, mit dem sie neue Anspruchsätze für einen Hauptantrag sowie für Hilfsanträge 1 und 2 einreichte. In dem Schreiben gab die Beschwerdeführerin die Basis der vorgenommenen Änderungen an und erläuterte, warum mit den vorgenommenen Änderungen die in der Mitteilung der Kammer beanstandeten Mängel ausgeräumt wären.
VII. Die mündliche Verhandlung fand am 25. Oktober 2016 statt. Im Laufe der mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag und einen neuen Hilfsantrag ein und nahm alle zuvor anhängigen Anträge zurück.
VIII. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:
"1. Zugangskontrollsystem zur Kontrolle des Zugangs zu Personenbeförderungseinrichtungen in einem Skigebiet, wobei das Zugangskontrollsystem wenigsten eine als Drehsperre ausgebildete Zugangskontrollvorrichtung (1) am Zugang zu den Personenbeförderungseinrichtungen des Skigebiets aufweist, wobei die Zugangskontrollvorrichtung (1) einen Zugangsberechtigungsleser (4) für Datenträger (8) aufweist, die mit einer Zugangsberechtigung und Identifikationsdaten versehen sind und in einer Datenbank die Identifikationsdaten des betreffenden Datenträgers (8) und ein Bild des Benutzers des Datenträgers abgespeichert sind, gekennzeichnet durch eine an der Zugangskontrollvorrichtung (1) angeordnete Kamera (7), mit der ein digitalisiertes Bild des Benutzers des Datenträgers (8) beim Zugang aufgenommen wird, welches zusammen mit den Identifikationsdaten des Datenträgers (8) in der Datenbank (9) abgespeichert wird,
wobei mindestens ein Endgerät (11-13) mit einem Bildschirm vorgesehen ist, an welches das beim Zugang aufgenommene Bild des Benutzers des Datenträgers (8) zusammen mit einem zuvor mit der Kamera (7) an der oder einer der Zugangskontrollvorrichtungen (1) aufgenommenen und in der Datenbank (9) abgespeicherten Bild oder mit einem an einer Kassa beim Kauf des Datenträgers aufgenommenen Bild zum Sichtvergleich übertragbar ist,
wobei bei gültiger Lesung einer Zugangsberechtigung auf dem Datenträger (8) der Zugangsberechtigungsleser (4) den Zugang freigibt, bei fehlender Übereinstimmung der Benutzerbilder dem Benutzer des betreffenden Datenträgers (8) der weitere Zugang aber verweigert wird."
IX. Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags lautet:
"1. Zugangskontrollsystem zur Kontrolle des Zugangs zu Personenbeförderungseinrichtungen in einem Skigebiet, wobei das Zugangskontrollsystem wenigsten eine als Drehsperre ausgebildete Zugangskontrollvorrichtung (1) am Zugang zu den Personenbeförderungseinrichtungen des Skigebiets aufweist, wobei die Zugangskontrollvorrichtung (1) einen Zugangsberechtigungsleser (4) für Datenträger (8) aufweist, die mit einer Zugangsberechtigung und Identifikationsdaten versehen sind und in einer Datenbank (9) die Identifikationsdaten des betreffenden Datenträgers (8) und ein Bild des Benutzers des Datenträgers abgespeichert sind, gekennzeichnet durch eine an der Zugangskontrollvorrichtung (1) angeordnete Kamera (7), mit der ein digitalisiertes Bild des Benutzers des Datenträgers (8) beim Zugang aufgenommen wird, welches zusammen mit den Identifikationsdaten des Datenträgers (8) in der Datenbank (9) abgespeichert wird,
wobei mindestens ein Endgerät (11-13) mit einem Bildschirm vorgesehen ist, an welches das beim Zugang aufgenommene Bild des Benutzers des Datenträgers (8) zusammen mit einem an einer Kassa beim Kauf des Datenträgers aufgenommenen Bild zum Sichtvergleich übertragbar ist,
wobei bei gültiger Lesung einer Zugangsberechtigung auf dem Datenträger (8) der Zugangsberechtigungsleser (4) den Zugang freigibt, bei fehlender Übereinstimmung der Benutzerbilder dem Benutzer des betreffenden Datenträgers (8) der weitere Zugang aber verweigert wird, wobei die Kamera (7) durch Lesen des Datenträgers (8) mit dem Zugangsberechtigungsleser (4) ausgelöst wird, wobei ein Selektionsprogramm bestimmte Datenträger für die Übertragung der Bilder von der Datenbank (9) an das Endgerät (11 bis 13) zum Sichtvergleich auswählt, wobei das Selektionsprogramm die Datenträger (8) nach ihrer Wertigkeit, nämlich nur Wochen- oder Saisonkarten auswählt und wobei die Bildaufnahme mit der Kamera (7) von dem Selektionsprogramm gesteuert wird."
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Zulässigkeit
Die Kammer sieht die Einreichung des neuen Hauptantrags veranlasst durch die seitens der Kammer in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände hinsichtlich des im Verfahren befindlichen Hauptantrags und lässt daher den neuen Hauptantrag in das Verfahren zu (Artikel 13(1) VOBK).
2.2 Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
Die Kammer hat keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der vorgenommenen Änderungen.
2.3 Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973)
2.3.1 Laut Anspruch 1 des Hauptantrags ist das beim Zugang des Benutzers aufgenommene Bild an ein mit einem Bildschirm ausgestattetes Endgerät zum Sichtvergleich übertragbar "zusammen mit einem zuvor mit der Kamera (7) an der oder einer der Zugangskontrollvorrichtungen (1) aufgenommenen und in der Datenbank (9) abgespeicherten Bild oder mit einem an einer Kassa beim Kauf des Datenträgers aufgenommenen Bild", wobei "bei fehlender Übereinstimmung der Benutzerbilder dem Benutzer des betreffenden Datenträgers (8) der weitere Zugang aber verweigert wird."
2.3.2 Die Kammer ist der Ansicht, dass durch die Verwendung der Konjunktion "oder", d.h. durch die Erwähnung zweier Alternativen, auch beansprucht wird, dass an einer Kassa beim Kauf des Datenträgers kein Bild aufgenommen wird, sondern nur mit den Kameras an den Zugangskontrollvorrichtungen. In diesem Fall ist aber unklar, wie ein Sichtvergleich beim ersten Zugang des Benutzers erfolgen soll, wenn noch gar kein Bild des Benutzers an einer Zugangskontrollvorrichtung vorliegen kann.
Mit anderen Worten verlangt die gewählte Formulierung des Anspruchs 1 des neuen Hauptantrags nicht eindeutig, dass in jedem Fall an der Kassa auch ein Bild aufgenommen wird, damit der Erstzugang gewährleistet ist. Es ist nur beansprucht, dass ein solches möglicherweise an der Kassa aufgenommene Bild zum Sichtvergleich verwendet werden könnte. In dem Fall, dass ein solches Bild nicht vorhanden ist, ist beim Erstzugang kein Sichtvergleich möglich.
2.3.3 Ein Klarheitseinwand hinsichtlich des damaligen Hauptantrags wurde seitens der Kammer bereits mit der Mitteilung vom 22. Juni 2016 erhoben. Der damalige Hauptantrag sah dabei nur die erste Alternative vor, das heißt den Vergleich von an den Zugangskontrollvorrichtungen aufgenommenen Bildern. Im neuen Hauptantrag fügte die Beschwerdeführerin die zweite Alternative, d.h. das an der Kassa aufgenommene Bild, hinzu, mit der Folge, dass der damalige Klarheitseinwand nicht begegnet wurde und ein weiterer Einwand entstand.
2.3.4 Der Anspruch 1 des Hauptantrags ist daher nicht klar (Artikel 84 EPÜ 1973).
2.4 Wegen mangelnder Klarheit ist der Hauptantrag nicht gewährbar.
3. Hilfsantrag
3.1 Zulässigkeit
Die Kammer sieht die Einreichung des neuen Hilfsantrags veranlasst durch die seitens der Kammer in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände hinsichtlich des neuen Hauptantrags sowie der vorher im Verfahren befindlichen Hilfsanträge und lässt daher den neuen Hilfsantrag in das Verfahren zu (Artikel 13(1) VOBK).
3.2 Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
Die Kammer hat keine Bedenken hinsichtlich der vorgenommenen Änderungen.
3.3 Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973)
3.3.1 Durch die Streichung der Alternative des Sichtvergleichs zwischen Bildern, die an den Zugangskontrollvorrichtungen aufgenommen wurden, ist nach Ansicht der Kammer nun klargestellt, dass an der Kassa beim Kauf des Datenträgers ein Bild aufgenommen wird, welches anschließend, vor allem auch beim Erstzugang, mit dem aktuell an der Zugangskontrollvorrichtung aufgenommenen Bild verglichen werden kann.
3.3.2 Die Ansprüche des Hilfsantrags werden daher als klar angesehen.
3.4 Interpretation des Anspruchs 1 des Hilfsantrags
Die Kammer wird im Folgenden ihre Interpretation einiger im Rahmen des Beschwerdeverfahrens diskutierter Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags der Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit voranstellen.
3.4.1 Merkmal "an einer Kassa beim Kauf des Datenträgers aufgenommenes Bild"
Nach Ansicht der Kammer ist weder die Kassa per se, noch eine wie auch immer geartete Aufnahmevorrichtung für das Bild des Benutzers an der Kassa, noch eine wie auch immer geartete Übertragungsvorrichtung, welche das an der Kassa von der Aufnahmevorrichtung aufgenommene Bild in die Datenbank überträgt, im Anspruch 1 beansprucht, noch scheint es in der Anmeldung dafür eine detaillierte Offenbarung zu geben.
Die Kammer interpretiert dieses Merkmal daher technisch dahingehend, dass im System ein Bild des berechtigten Benutzers vorhanden ist, welches an der Kassa aufgenommen wird und in nicht näher spezifizierten Weise an ein Endgerät übertragen wird.
3.4.2 Merkmale "Datenträger sind mit Zugangsberechtigung und Identifikationsdaten versehen" und "Datenträger sind Wochen- oder Saisonkarten"
Nach Ansicht der Kammer ist der Wortwahl des Anspruchs 1 nicht eindeutig zu entnehmen, dass die Datenträger Teil des beanspruchten Systems sind. Die Formulierungen des Anspruchs 1 beschreiben zwar, dass das System zur Verarbeitung dieser Datenträger ausgelegt ist, indem das System die Datenträger durch den Zugangsberechtigungsleser liest, es Identifikationsdaten des Datenträgers speichert, es den Zugang bei gültiger Lesung einer Zugangsberechtigung auf dem Datenträger freigibt, es die Kamera durch Lesen des Datenträgers auslöst und es bestimmte Datenträger für die Bildaufnahme und Übertragung der Bilder auswählt, aber im Anspruch 1 ist keine eindeutige Formulierung zu finden, dass auch die Datenträger selbst zum System gehören sollen.
Die Kammer interpretiert daher den Anspruch dahingehend, dass das System dazu ausgelegt sein soll, mit bestimmten Daten, die auf den Datenträgern zur Verfügung gestellt werden, systemgemäß umzugehen.
Das Merkmal, dass bestimmte Datenträger, nämlich die Wochen- oder Saisonkarten, anders vom System behandelt werden sollen, als andere Datenträger, beispielsweise wohl Tageskarten oder Einzelfahrtenkarten, kann daher das System nur insoweit beschränken, dass das System diese bestimmten Datenträger von den anderen Datenträgern unterscheiden kann, so dass sie entsprechend unterschiedlich zu behandeln sind.
Das weitere Merkmal, dass die Datenträger "mit einer Zugangsberechtigung und Identifikationsdaten" versehen sind, interpretiert die Kammer so, dass das System durch das Lesen der Datenträger in der Lage sein muss, den Benutzer zu identifizieren und zu kontrollieren, ob eine Zugangsberechtigung für die Datenträger vorliegt. Entsprechend der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung kann die Zugangsberechtigung dabei direkt vom Datenträger gelesen werden (siehe Seite 3, letzter Satz des 1. Absatzes). Alternativ können vom Datenträger gelesene Identifikationsdaten als Referenzcode für eine in der Datenbank des Systems abrufbare Zugangsberechtigung dienen (siehe überbrückender Absatz zwischen den Seiten 3 und 4).
3.4.3 Merkmal "zur Kontrolle des Zugangs zu Personenbeförderungseinrichtungen in Skigebieten"
Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 8. Auflage, 2016, Kapitel I.C.8.1.5 "Neuheitskriterien für Erzeugnisansprüche mit Zweckmerkmalen") sind Zweckangaben für eine Vorrichtung und damit ein System gemäß der vorliegenden Anmeldung nur dann als Unterscheidungsmerkmale geeignet, wenn sie gegenüber einer aus dem Stand der Technik bekannten Vorrichtung besondere Merkmale bzw. Eigenschaften implizieren, die eine Eignung der aus dem Stand der Technik bekannten Vorrichtung für den beanspruchten Zweck ausschließen.
3.4.4 Merkmalskombination "wobei bei gültiger Lesung einer Zugangsberechtigung auf dem Datenträger (8) der Zugangsberechtigungsleser (4) den Zugang freigibt, bei fehlender Übereinstimmung der Benutzerbilder dem Benutzer des betreffenden Datenträgers (8) der weitere Zugang aber verweigert wird"
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin (siehe Schreiben vom 23. September 2016, Seite 3, 2. Absatz, sowie überbrückender Absatz zwischen Seiten 3 und 4) sei diese Merkmalskombination so zu interpretieren, dass "bei Nichtübereinstimmung gemäß Sichtvergleich der aktuelle Zugang gewährt und weitere Zugänge verweigert werden". Der Begriff "weiterer Zugang" bezöge sich nicht auf den aktuellen Zugang, sondern auf einen späteren, neuen Zugang. Dies ergäbe sich beispielsweise durch den auf Seite 8, erster Absatz, der ursprünglichen Anmeldung gegebenen Hinweis, dass "die Sperrung kann dadurch erfolgen, dass der Zugangsberechtigungsleser bei dem betreffenden Datenträger keine gültige Zugangsberechtigung mehr lesen kann". Also "Die Verweigerung eines weiteren Zugangs erfolgt mittels der Markierung der Zugangsberechtigung als ungültig" (siehe Schreiben vom 23. September 2016, Seite 3, 2. Absatz). In der mündlichen Verhandlung verwies die Beschwerdeführerin diesbezüglich auch auf die Passage der ursprünglichen Anmeldung auf Seite 6, 2. Absatz, welche von einem "visuellen Vergleich der Bilder des Benutzers des jeweiligen Datenträgers an einem von den Zugangskontrollvorrichtungen entfernt gelegenen Ort" spricht, wodurch "eine Belästigung des Benutzers" ausgeschlossen sei. Da ein an einem entfernten Ort vorgenommener Sichtvergleich zwangsläufig zu einer Zeitverzögerung und damit zu einer Belästigung des Benutzers führen würde, falls der aktuelle Zugang nach Sichtvergleich gewährt werden sollte, lasse sich implizit daraus folgern, dass der aktuelle (erste) Zugang sofort, das heißt ohne Abwarten des Ergebnisses des Sichtvergleichs, gewährt werde, aber spätere, nachfolgende Zugänge verweigert würden.
Dieser Interpretation kann sich die Kammer nicht anschließen. In der ursprünglichen Anmeldung wird der Begriff "Zugang" sowohl für die physische Zugangsspur mit Drehsperre, also ein örtlicher Bezug (siehe beispielsweise auch die Formulierung "befindet sich am Zugang eine Kamera", Seite 4, 2. vollständiger Absatz), wie auch für die Funktion im Sinne des Zugangsvorgangs (siehe beispielsweise der Begriff "Zugangsberechtigung") benutzt. Darauf verweist auch die Beschwerdeführerin im Schreiben vom 23. September 2016 (siehe überbrückender Absatz zwischen Seiten 1 und 2). Daher bezieht sich die Formulierung "der weitere Zugang aber verweigert wird" nach Auffassung der Kammer darauf, dass der aktuelle Zugang verweigert wird, und zwar im Sinne eines "weiteren Zugangsvorgangs" nach der Nutzung des Datenträgers für vorangegangene, erlaubte Zugänge des berechtigten Benutzers oder auch im Sinne einer Sperrung des "weiteren Teils der Zugangsspur" (örtlich) durch die Drehsperre, damit eine Kontrolle stattfinden kann. Die Kammer interpretiert dieses Merkmal folglich dahingehend, dass auch die gleichzeitige Kontrolle der Zugangsberechtigung und des Sichtvergleichs umfasst ist, die zu einer sofortigen Verweigerung des aktuellen Zugangs führen kann.
3.5 Neuheit (Artikel 54(1) und (2) EPÜ 1973)
3.5.1 Dokument D3
Dokument D3 offenbart ein Zugangskontrollsystem zur Kontrolle des Zugangs zu einem Hochsicherheitsbereich ("security system", title),
wobei das Zugangskontrollsystem wenigstens eine Zugangskontrollvorrichtung am Zugang aufweist ("gate system", Spalte 2, Zeile 67, Spalte 4, Zeilen 47 bis 48, Figuren 4 und 5, Bezugszeichen 65),
wobei die Zugangskontrollvorrichtung einen Zugangsberechtigungsleser für Datenträger aufweist ("optical character reader", "image scanner" (Spalte 2, Zeilen 42 bis 43, Spalte 4 ,Zeilen 24 bis 25) und
wobei die Datenträger mit Zugangsberechtigung und Identifikationsdaten versehen sind ("character data", "key data", "HDD" Spalte 5, Zeilen 12 bis 23).
Darüber hinaus weist das bekannte Zugangskontrollsystem folgende weitere Merkmale auf.
In einer Datenbank sind die Identifikationsdaten des Datenträgers und ein Bild des Benutzers abgespeichert ("optical disk drive", "remote data base", Spalte 5, Zeilen 55 bis 57, Spalte 6, Zeilen 56 bis 63).
An der Zugangskontrollvorrichtung ist eine Kamera angeordnet, mit der ein digitalisiertes Bild des Benutzers des Datenträgers beim Zugang aufgenommen wird ("video camera 26", Spalte 4, Zeilen 18 bis 20).
Es ist ein Endgerät mit Bildschirm vorgesehen ("CRT display", Spalte 4, Zeilen 2 bis 4), an welches das bei Zugang aufgenommene Bild des Benutzers des Datenträgers übertragbar ist (Spalte 2, Zeilen 58 bis 63).
An das Endgerät werden "registered data" übertragen, die auch ein Foto des berechtigten Benutzers enthalten ("registered data includes photographic image of the person", Spalte 2, Zeilen 45 bis 47, oder Abstract der D3: "This system has a data base storing registered data including a video image of the registered ID card owner...").
Entsprechend der oben beschriebenen Interpretation ist auch das Merkmal "ein an einer Kassa aufgenommenes Bild an das Endgerät übertragbar" offenbart.
Bei gültiger Lesung einer Zugangsberechtigung auf dem Datenträger wird der Zugang freigegeben, bei fehlender Übereinstimmung der Benutzerbilder wird der Zugang verweigert (Spalte 7, Zeilen 30 bis 34, Figur 6b, Bezugszeichnen S16). Die Kamera wird durch das Lesen des Datenträgers mit dem Zugangsberechtigungsleser ausgelöst ("Further, via periphal controller 15, the CPU 14 directs imaging of the passer's face by controlling the video camera 26 with the DCU 18", Spalte 5, Zeilen 51 bis 53).
Ferner ist ein Selektionsprogramm vorgesehen, welches bestimmte Datenträger für die Übertragung der Bilder von der Datenbank and das Endgerät zum Sichtvergleich auswählt, wobei das Selektionsprogramm die Datenträger nach Wertigkeit auswählt und auch die Bildaufnahme der Kamera steuert (Spalte 2, Zeilen 54 bis 63, Spalte 5, Zeilen 24 bis 46).
Wie oben erläutert, ist das System damit auch geeignet, bestimmte Datenträger anders zu behandeln als andere Datenträger.
Zusammenfassend offenbart Dokument D3 alle Merkmale gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 mit der Ausnahme der Drehsperre als Zugangskontrollvorrichtung und des Merkmals, dass das an der Zugangskontrollvorrichtung aufgenommene Bild mit den Identifikationsdaten des Datenträgers in einer Datenbank abgespeichert wird.
Wie oben bereits dargestellt, betrifft D3 ein Zugangskontrollsystem zur Kontrolle des Zugangs zu einem Hochsicherheitsbereich eher als ein System zur Kontrolle des Zugangs zu Personenbeförderungseinrichtungen in einem Skigebiet gemäß dem vorliegende Anspruch 1. Obwohl ein Hochsicherheitsbereich gewiss mit einem Skigebiet nicht vergleichbar ist, haben die erwähnten anspruchsgemäßen Unterscheidungsmerkmale, d.h. Drehsperre und Abspeicherung von Bildern und Identifikationsdaten, keinen negativen Einfluss darauf, dass das aus D3 bekannte System wohl für die beanspruchte Anwendung geeignet ist. Das "gate 56" aus Figur 5 von D3 hat die gleiche Funktion wie eine Drehsperre, nämlich bei Benutzern entsprechend jeweiliger Zugangsberechtigung zu sperren oder durchzulassen. Die Kammer kann Anspruch 1 auch nicht entnehmen, welche Eigenartigkeit die Funktion der Zugangskontrolle zu Personenbeförderungseinrichtungen in Skigebieten durch die Abspeicherung der an der Zugangskontrolle aufgenommenen Benutzerbilder zusammen mit den Identifikationsdaten aufweist. Die Kammer kann auch keine weiteren Eigenschaften des Systems aus D3 erkennen, die eine Eignung für den erfindungsgemäßen Zweck ausschließen könnte. Das System aus D3 ist damit auch zur "Kontrolle des Zugangs zu Personenbeförderungseinrichtungen in Skigebieten" geeignet.
Wegen der oben diskutierten Unterscheidungsmerkmale ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber Dokument D3.
3.5.2 Dokument D5
Dokument D5 offenbart ebenfalls keine Drehsperre als Zugangskontrollvorrichtung. Außerdem ist die Kamera selbst als Zugangsberechtigungsleser ausgebildet, so dass die Kamera nicht durch Lesen des Datenträgers mit dem Zugangsberechtigungsleser ausgelöst werden kann. Darüber hinaus ist auch kein Selektionsprogramm offenbart, welches die Bildaufnahme der Kamera steuert und die Datenträger nach Wichtigkeit auswählt.
Damit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 auch neu gegenüber D5.
3.5.3 Dokument D6
Auch Dokument D6 offenbart keine Drehsperre als Zugangskontrollvorrichtung und weist darüber hinaus auch kein Selektionsprogramm zur Auswahl bestimmter Datenträger für die Bildaufnahme auf.
Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber D6.
3.6 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)
3.6.1 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist ein nächstliegender Stand der Technik zu ermitteln. Nach Ansicht der Kammer kommen dabei Dokument D3 wegen der Vielzahl der übereinstimmenden Merkmale, unter anderem auch ein Selektionsprogramm zur Steuerung der Bildaufnahme nur bei bestimmten Datenträgern, und Dokument D6 wegen der dort beschriebenen Anwendung der Zugangskontrolle für Personenbeförderungseinrichtungen (Züge, Kreuzfahrtschiffe, Flugzeuge, siehe Spalte 1, Zeilen 24 bis 31) als nächstliegender Stand der Technik in Frage.
Aufgrund der Vielzahl der übereinstimmenden Merkmale geht die Kammer jedoch von Dokument D3 als nächstliegendem Stand der Technik aus.
3.6.2 Die oben bei der Diskussion der Neuheit ermittelten Unterscheidungsmerkmale des Anspruchs 1 gegenüber D3, also die Drehsperre als Zugangskontrollvorrichtung und die Abspeicherung der beim Zugang aufgenommenen Benutzerbilder, haben nach Auffassung der Kammer keine kombinatorische Wirkung und können daher als separate Teilaufgaben lösend angesehen werden.
3.6.3 Der Anmeldung ist keine besondere technische Wirkung der Drehsperre gegenüber anderen Blockiervorrichtungen zu entnehmen, wie sie beispielsweise mit dem "gate 56" in D3 beschrieben ist. Die technische Wirkung der Drehsperre beschränkt sich daher auf die Lösung der Teilaufgabe einer alternativen Blockierfunktion. Da Drehsperren dem Fachmann für diese Funktion bekannt sind, sieht die Kammer das Vorsehen einer Drehsperre statt eines "gate 56" als naheliegende Alternative an.
3.6.4 Als technische Wirkung des weiteren Unterscheidungsmerkmals der Abspeicherung der beim Zugang aufgenommenen Benutzerbilder ist der Anmeldung zu entnehmen, dass dieses Bild für Vergleiche mit bei späteren Zugängen aufgenommenen Bildern benutzt werden kann, um dadurch den Missbrauch des Datenträgers zu erkennen (siehe beispielsweise Seite 7, 2. Absatz). Diese konkrete Anwendung des Vergleichs zweier an Zugangskontrollvorrichtungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommenen Bilder ist allerdings nicht im Anspruch 1 beansprucht.
Nach Ansicht der Kammer ist die technische Wirkung daher, allgemein so zu formulieren, dass für spätere Kontrollen das Bild des Benutzers an der Zugangskontrollvorrichtung zur Verfügung steht. Die entsprechend formulierte Teilaufgabe, die dieses Merkmal lösen soll, ist daher die Ermöglichung einer Bildkontrolle bei späteren Zugangsvorgängen.
Eine solche Abspeicherung der Bilder des Benutzers eines Datenträgers an einer Zugangskontrollvorrichtung für Personenbeförderungseinrichtungen, wie zum Beispiel Züge ("trains"), ist aber aus Dokument D6 bekannt. Züge werden im Übrigen auch in "Skigebieten" im erweiterten Sinne als Personenbeförderungseinrichtungen benutzt (beispielsweise Zahnradbahnzüge im Gebirge, oder als "normale Züge" in Tälern). In D6 werden mithilfe der Aufnahmen sogenannte "exit and entry log with pictures" erzeugt. Diese können dann für spätere Kontrollen, wer denn aktuell an Bord ist, benutzt werden (siehe Spalte 11, Zeilen 19 bis 33). Ein Fachmann, der die Aufgabe zu lösen hat, das aus D3 bekannte System um eine Möglichkeit für eine spätere Kontrolle zu erweitern, würde daher in naheliegender Weise das aus D6 bekannte Verfahren der Bildaufnahme und Speicherung benutzen und ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.
3.6.5 Die Beschwerdeführerin hatte in der mündlichen Verhandlung bezweifelt, dass ein Fachmann für die Lösung einer technischen Aufgabe bezüglich eines "nichtsicherheitsrelevanten Gebiets" - wie die in der vorliegenden Anmeldung beschriebene Überprüfung, ob ein Zugang zu einem Skigebiet Eintritt bezahlt wurde - zwei Dokumente über die Ausgestaltung von Hochsicherheitssystemen wie D3 und Beforderungsmitteln wie D6 zu Rate ziehen und miteinander kombinieren würde.
3.6.6 Die Kammer sieht allerdings in der vorliegenden Anspruchsformulierung des Hilfsantrags keine Merkmale, die zwingend eine solche "nichtsicherheitsrelevante" Anwendung des Systems bewirken. Wie oben ausgeführt, sind die Merkmale, die auf diese "nichtsicherheitsrelevante" Anwendung hindeuten, wie die "Kassa" und die "Wochen- oder Saisonkarten", nicht unbedingt als Systembestandteil anzusehen, sondern beschreiben nur Gegenstände, die keine Bestandteile des beanspruchten Systems sind, mit denen das beanspruchte System kommunizieren soll. Die Ausgestaltung der entsprechenden Schnittstellen ist nicht beansprucht und wird dem Fachmann überlassen. Daher ist die Kammer der Auffassung, dass sich das beanspruchte System genau so für einen Einsatz in Sicherheitsanwendungen wie Nichtsicherheitsanwendungen eignet. Folglich würde ein Fachmann auch durchaus zwei Dokumente (wie vorliegend D3 und D6) miteinander kombinieren, die sich mit Sicherheitsaspekten beschäftigen.
3.6.7 Anspruch 1 des Hilfsantrags beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.7 Wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit ist der Hilfsantrag nicht gewährbar.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.