T 1466/11 (WebShop) of 25.1.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T146611.20180125
Datum der Entscheidung: 25 Januar 2018
Aktenzeichen: T 1466/11
Anmeldenummer: 01972070.5
IPC-Klasse: G06F 17/60
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 367 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUM VERTREIBEN VON BILDERN ÜBER EIN NETZWERK
Name des Anmelders: HEWLETT-PACKARD DEVELOPMENT COMPANY, L.P.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Mischung technischer und nichttechnischer Merkmale
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 01972070.5 mangels erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) zurückgewiesen wurde.

II. Die Beschwerdeführerin beantragte zunächst, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent gemäß Hauptantrag in der Fassung der Anmeldung zu erteilen.

III. Die folgenden Ausführungen sind im Wesentlichen auf folgende Entgegenhaltungen gestützt:

D1: DE19753995 und

D2: US6029141

IV. Die Verhandlung fand am 25. Januar 2018 in Abwesendheit der Beschwerdeführerin statt, wegen deren Verlauf auf das Protokoll Bezug genommen wird.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der Fassung der Anmeldung oder - hilfsweise - auf der Grundlage des mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2017 eingereichten Hilfsantrags zu erteilen.

V. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"1. Verfahren zum Vertreiben von Bildern über ein Netzwerk, wobei ein Anbieter-Computer, ein Web-Shop-Computer sowie ein Kunden-Computer an das Netzwerk angebunden sind, wobei ein Anbieter (2) eine Vielzahl von Bildern über das Netzwerk zugänglich macht und über einen Web-Shop (1) den Kauf ermöglicht, und wobei das Verfahren folgende Schritte aufweist:

Speichern von digitalen Daten, die die Bilder des Anbieters (2) repräsentieren, in einer Speichereinrichtung des Anbieter-Computers;

Zuordnen mindestens eines Hyperlinks zu den digitalen Daten, wobei der mindestens eine Hyperlink zum Initiieren eines Bestellvorgangs zum Bestellen mindestens eines Bildes dient und auf Informationen verweist oder enthält, die auf den Web-Shop-Computer verweisen;

Aufbauen einer Verbindung (5, 6) zwischen dem Kunden-Computer und dem Anbieter-Computer über das Netzwerk;

Auslesen der in der Speichereinrichtung des Anbieter-Computers gespeicherten Daten und Anzeigen der entsprechenden Bilder sowie des mindestens einen,

zugeordneten Hyperlinks auf einer Anzeigeeinrichtung des Kunden-Computers;

Aktivieren des Hyperlinks durch den Kunden (3) zum Bestellen mindestens eines Bildes;

in Antwort auf das Aktivieren des Hyperlinks, Aufbauen einer Verbindung (7, 8) zwischen dem Kunden-Computer und dem Web-Shop-Computer über das Netzwerk zum Initiieren des Bestellvorgangs;

Ausführen des Besteilvorgangs und Senden einer Bestätigungsanfrage vom Web-Shop-Computer an den Kunden-Computer umfassend Referenzdaten, die das mindestens eine bestellte Bild repräsentieren;

Empfangen der Bestätigungsanfrage durch den Kunden-Computer und Senden einer Bestätigungsnachricht vom Kunden-Computer an den Web-Shop-Computer für den Fall, dass die entsprechende Bestellung ausgeführt werden

soll;

in Antwort auf eine positive Bestätigung durch den Kunden (3), Aufbau einer Verbindung (9, 10) zwischen dem Web-Shop-Computer und dem Anbieter Computer über das Netzwerk;

Auslesen derjenigen digitalen Daten, die das mindestens eine bestellte Bild repräsentieren, durch den Web-Shop-Computer aus der Speichereinrichtung des Anbieter-Computers; und

Aufbereiten der ausgelesenen Bilddaten entsprechend einem Bildformatwunsch des Kunden (3)."

VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen, dass die Erfindung zum Ziel habe, einem Anbieter von Bilddaten auf einfache und effiziente Art und Weise, ohne den Einsatz komplexer Techniken, die zum Betrieb eines Web-Shops notwendig sind, den Vertrieb von Bildern über ein Netzwerk zu ermöglichen. Die Beschwerdeführerin führte im Einzelnen aus, dass drei Computer Verwendung finden, die miteinander in einem Netzwerk verbunden sind: zwischen Anbieter-Computer und Kunden-Computer wird ein "professioneller" Web-Shop-Computer geschaltet, der die erforderliche Funktionalität zur Abwicklung des Geschäftsvorgangs bereitstellt, u.a. die Bereitstellung des Kundenkontos, eines Warenkorbes und des Bezahlvorgangs, so dass der Anbieter nur die über einen Hyperlink bestellten Bilddaten aufbereiten und an den Kunden weiterleiten muss.

VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer ihre Entscheidung.

Entscheidungsgründe

1. Da die Beschwerdeführerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zum Termin der mündlichen Verhandlung erschienen ist, wurde das Verfahren gemäß Artikel 15(3) VOBK und Regel 115(2) EPÜ ohne sie fortgesetzt.

2. Das in Anspruch 1 definierte Verfahren bezieht sich nach Meinung der Beschwerdeführerin, siehe Schreiben vom 22.12.2017, Seite 3, auf die Implementierung eines "neuen" Geschäftsmodells für den Vertrieb von Bildern eines Anbieters über ein Netzwerk entsprechend der vom Kunden getätigten Bestellung.

Der Anbieter soll die Möglichkeit haben, Bilder auf einfache und effiziente Art und Weise an zu Kunden zu vertreiben, ohne die für den Betrieb eines Web-Shops notwendigen komplexen Techniken selbst einrichten zu müssen.

Der Anbieter stellt alleine die Bilder bereit und überlässt einem "professionellen" Web-Shop, der zwischen Kunde und Anbieter geschaltet ist, die Handhabung der Bestellung und den Vertrieb der Bilder.

Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag

3. Die Kammer betrachtet D1, welche mit Bescheid vom 6. März 2017 von Amtswegen eingeführt wurde (Artikel 114(1) EPÜ), als nächstliegenden Stand der Technik.

3.1 D1 offenbart in Übereinstimmung mit dem Gegenstand von Anspruch 1 ein Vertriebssystem von Produkten eines Verkäufers mittels eines Web-Shops an Kunden (Spalte 1, Zeilen 58 bis 66). Produkte werden durch Bilder in einem Katalog dargestellt (Spalte 7, Zeilen 53 bis 58), und über ein Netzwerk vertrieben, wobei ein Anbieter-Computer 200, ein Web-Shop-Computer 152/153 sowie ein Kunden-Computer 100 an das Netzwerk angebunden sind, wobei ein Anbieter (2) eine Vielzahl von Bildern über das Netzwerk zugänglich macht und über einen Web-Shop den Kauf [des Produktes] ermöglicht (Abbildung 1; Spalte 3, Zeilen 36 bis 59; oder in der Form von digitalen Informationen im allgemeinen, wie in Spalte 15, Zeilen 1 bis 67 beschrieben).

3.2 Der Bestellvorgang ist in der D1 über einen Bestellmanager implementiert, der vom Web-Shop 152 bereitgestellt wird, D1, Spalte 8, Zeile 1 bis 59. Der Bestellmanager, in Antwort auf das Aktivieren des zu einem Produkt gehörigen Hyperlinks initiiert, kontrolliert die Verbindungen zwischen Kunden-Computer, Anbieter-Computer und Web-Shop-Computer. D1 offenbart damit die nachfolgenden weiteren Merkmale von Anspruch 1:

Speichern von digitalen Daten, die die [deleted: Bilder] [Produkte] des Anbieters repräsentieren, in einer Speichereinrichtung des Anbieter-Computers (Spalte 3, Zeilen 55 bis 59; Spalte 4, Zeilen 33 bis 36; Spalte 6, Zeilen 5 bis 8; Spalte 7, Zeilen 53 bis 61)

Zuordnen mindestens eines Hyperlinks zu den digitalen Daten, wobei der mindestens eine Hyperlink zum Initiieren eines Bestellvorgangs zum Bestellen mindestens eines [deleted: Bildes] [Produktes] dient und auf Informationen verweist oder enthält, die auf den Web-Shop-Computer verweisen (Spalte 4, Zeilen 33 bis 50 und Zeilen 60 bis 64; Spalte 7, Zeilen 30 bis 61);

Aufbauen einer Verbindung zwischen dem Kunden-Computer und dem Anbieter-Computer über das Netzwerk (Spalte 3, Zeile 67 bis Spalte 4, Zeile 8);

Auslesen der in der Speichereinrichtung [deleted: des Anbieter-Computers] gespeicherten Daten und Anzeigen der entsprechenden Bilder sowie des mindestens einen,

zugeordneten Hyperlinks auf einer Anzeigeeinrichtung des Kunden-Computers (Spalte 4, Zeilen 33 bis 50 und Zeilen 60 bis 64; Spalte 7, Zeilen 52 bis 61; die Daten werden vom Speicher des Web-Shops gelesen);

Aktivieren des Hyperlinks durch den Kunden zum Bestellen mindestens eines [deleted: Bildes] [Produktes](Spalte 4, Zeilen 37 bis 50; Spalte 7, Zeilen 53 bis 64);

in Antwort auf das Aktivieren des Hyperlinks, Aufbauen einer Verbindung zwischen dem Kunden-Computer und dem Web-Shop-Computer über das Netzwerk zum Initiieren des Bestellvorgangs (Spalte 8, Zeilen 5 bis 15; der Kunde aktiviert einen Hyperlink zum Bestellen mindestens eines Produktes, Spalte 7, Zeilen 53 bis 64, und Abbildung 11);

Ausführen des Bestellvorgangs und Senden einer Bestätigungsanfrage vom Web-Shop-Computer an den Kunden-Computer umfassend Referenzdaten, die das mindestens eine bestellte [deleted: Bild] [Produkt] repräsentieren (Spalte 6, Zeilen 36 bis 45; Spalte 9, Zeile 2, bis Spalte 10, Zeile 68: der Bestellmanager realisiert zusammen mit dem Zentralmanager den Bestellprozess);

Empfangen der Bestätigungsanfrage durch den Kunden-Computer und Senden einer Bestätigungsnachricht vom Kunden-Computer an den Web-Shop-Computer für den Fall, dass die entsprechende Bestellung ausgeführt werden

soll (Spalte 6, Zeilen 36 bis 45; Spalte 9, Zeile 2, bis Spalte 10, Zeile 68: der Bestellmanager realisiert zusammen mit dem Zentralmanager den Bestellprozess);

in Antwort auf eine positive Bestätigung durch den Kunden, Aufbau einer Verbindung zwischen dem Web-Shop-Computer und dem Anbieter Computer über das Netzwerk (Spalte 3, Zeile 67, bis Spalte 4, Zeile 8);

Auslesen derjenigen digitalen Daten, die das mindestens eine bestellte [deleted: Bild] [Produkt] repräsentieren, durch den Web-Shop-Computer aus der Speichereinrichtung des Anbieter-Computers (Spalte 6, Zeilen 36 bis 45; Spalte 9, Zeile 2, bis Spalte 10, Zeile 68: der Bestellmanager realisiert zusammen mit dem Zentralmanager den Bestellprozess);

Aufbereiten der ausgelesenen [deleted: Bilddaten] [Produktdaten] entsprechend einem [deleted: Bildformat] [Produkt]wunsch des Kunden.

4. Ein erster Unterschied zwischen dem beanspruchten Gegenstand und der D1 besteht darin, dass in der D1 unterschiedlichste Produkte vertrieben werden, siehe Spalte 14, Zeile 58ff., aber nicht explizit von einer Bestellung von (aufgearbeiteten) Bildern gemäß einem Bildformatwunsch des Kunden gesprochen wird.

Allerdings ist in der Natur des angebotenen Produktes, eines Bildes gemäß dem beanspruchten Verfahren, kein technischer Beitrag begründet. Das Merkmal "Aufarbeitung der ausgelesenen Bilddaten gemäß einem Bildformatwunsch des Kunden" wird dahingehend interpretiert, dass der Kunde im Rahmen des Bestellvorgangs ein Bild in einem gewissen Format bestellt, das dann in diesem Format geliefert wird. Mit anderen Worten wird ein Produkt entsprechend der Bestellung "geliefert". Dies betrachtet die Kammer als Teil des Geschäftsmodells. Abgesehen davon werden auch in der D1 Bilder zur Darstellung der angebotenen Produkte einsetzt, D1, Spalte 7, Zeilen 53 bis 56. Die Übertragung dieses Prinzips auf das Produkt "Bild" ist nach Auffassung der Kammer naheliegend.

5. Ein weiterer Unterschied besteht in der Abfolge der Verfahrensschritte zum Verbindungsaufbau zwischen den Computern des Kunden, Anbieters bzw. Web-Shops, sowie dem Ort der Speicherung der digitalen Daten, also beim Kunden, Anbieter und Web-Shop.

Ein kontrollierter Verbindungsauf- und -abbau ist in der D1 bereits offenbart, u.a. Spalte 3, Zeile 67, bis Spalte 4, Zeile 8; Spalte 10, Zeilen 30 bis 35. Die Speicherung von Daten ist nach der D1 auf dem Kunden Computer, Anbieter Computer oder dem Web-Shop möglich, u.a. Spalte 3, Zeilen 52 bis 59. Anbieter und Kunden Computer sind u.a. als gewöhnlicher Personalcomputer ausgebildet, Spalte 4, Zeile 14ff, Spalte 5, Zeilen 58ff. und der Web-Shop als WWW-Standort und Dienste-Provider, Spalte 7, Zeilen 6ff.

In welcher Reihenfolge nun Verbindungen auf- bzw. abgebaut werden, sowie wo Daten gespeichert werden, ergibt sich aus dem der Erfindung zugrundeliegenden Geschäftsmodell, das bestimmt, dass bestimmte Schritte des Verfahrens zum Vertrieb von Bildern zwischen einem Kunden (Auswahl der Bilder), Anbieter (Katalog, Referenzdaten, Bilder) und Shop (Abwicklung des Geschäftes) verteilt und in einer vorgegebenen Reihenfolge ausgeführt werden. Es stellt sich allerdings die Frage, ob eine spezielle Reihenfolge der Einzelschritte eines möglicherweise "neuen" Geschäftsmodells und der damit verbundene Ort der Speicherung der Daten zur erfinderischen Tätigkeit beitragen kann.

Entsprechend dem COMVIK-Ansatz (T641/00) können diejenigen Merkmale, die keinen technischen Beitrag leisten, in die Formulierung der technischen Aufgabe aufgenommen werden. Im vorliegenden Fall besteht die objektive technische Aufgabe darin, den aus der D1 bekannten kontrollierten Verbindungsauf- und -abbau zwischen den verschiedenen Computern und die bekannte Speicherung von Daten auf den einzelnen Computern so einzusetzen, dass der entsprechend dem "neuen" Geschäftsmodell benötigte Datenaustausch zwischen Anbieter, Kunde und Web-Shop realisiert wird.

Aus Sicht der Kammer trägt eine spezielle Reihenfolge von Einzelschritten eines möglicherweise "neuen" Geschäftsmodells und der damit verbundene Ort der Speicherung der Daten nicht zur erfinderischen Tätigkeit bei, da sich die Entscheidung darüber direkt aus dem Geschäftsmodell ergibt.

Es ist aus Sicht der Beschwerdekammer Teil des Geschäftsmodells, alle mit dem Vertrieb von Bildern verbundenen Funktionen, wie z.B. die Bereitstellung eines Kundenkontos, eines Kataloges von Bildern, eines Warenkorbes mit den vom Kunden ausgewählten Bildern, der Bereitstellung eines Bestellformulars zur Bestellung der Bilder, der Bezahlung, sowie die Freigabe (Referenzdaten der Bilder) und die Lieferung der bestellten (hoch-auflösenden) Bilder, in Form eines speziellen zentralisierten Shops zu nutzen. Ein Anbieter ist nicht mehr gezwungen, die Vertriebsfunktionen selbst bereitzustellen, sondern nutzt den Service eines zentralen Shops. Er stellt lediglich die Bilder für einen Katalog bereit und liefert die digitale Bilddaten in Erfüllung des Kaufes.

6. Die Übertragung von Referenzdaten von mindestens einem bestellten Bild an den Kunden erachtet die Kammer als notwendige Voraussetzung für eine Rückmeldung an den Kunden über die Auswahl des mindestens einen Bildes und als Bestätigung der Bestellung. Es wird lediglich eine Dienstleistung eines Fremdanbieters (Web-Shop) in Anspruch genommen, indem ein "outsourcing" einer bekannten geschäftsbezogenen Funktionalität erfolgt. Technischer Aufwand wird, entgegen dem Argument der Beschwerdeführerin, dadurch nicht vermieden, sondern lediglich von einer Stelle an eine andere verschoben. Ein Auslesen der digitalen Daten vom Anbieter-Computer ist ebenfalls notwendig zur Erfüllung des Geschäftsvorgangs. Dass dies erst nach Abschluss des Bestellvorgangs erfolgt ist Teil des Geschäftsmodels. Selbst wenn die digitalen Daten einzeln ausgelesen würden, wäre dies eine dem Fachmann naheliegende Option.

7. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der einem Bild zugeordnete Hyperlink den Bestellprozess vereinfache; somit sei selbst für einen Kunden ohne Web-Kenntnisse eine Bestellung von Bildern über ein Web-Shop möglich.

Die Kammer sieht darin eine Aufgabenstellung auf Ebene des Geschäftsverfahrens, das einem breiten Spektrum von Kunden - ohne technische Vorkenntnisse - die Bestellung von Bildern erlauben will. Diese Aufgabe wird, wie auch in D1, auf der Basis von allgemein bekannten WWW-Komponenten ohne überraschende technische Effekte oder Überwindung technischer Hürden gelöst.

8. Die Kammer kann auch dem Argument der Beschwerdeführerin nicht folgen, dass die Software- und Hardware-mäßigen Anforderungen an den Anbieter-Computer bei Beibehaltung der Funktionsfähigkeit des Gesamtverfahrens reduziert würden.

Das "Aktivieren des Hyperlinks durch den Kunden", der die Bestellung eines Bildes erlaube und eine Verbindung zwischen dem Web-Shop-Computer und dem Anbieter-Computer herstelle, hat nach Meinung der Kammer keine direkte technische Auswirkung auf die allgemeinen Software- und Hardware-mäßigen Anforderungen eines Computers oder WAP-fähigen Mobiltelefons. Eine Verteilung von Aufgaben auf mehrere durch ein Netzwerk verbundene Computer (hier Anbietercomputer und Web-Shop-Computer) entspricht gerade dem Sinn und Zweck vernetzter Rechnersysteme bzw. einer Client-Server-Architektur.

9. Die vorliegende Patentanmeldung setzt lediglich die Fähigkeiten allgemein bekannter technischer Mittel ein, wie im in der Beschreibungseinleitung der vorliegenden Anmeldung, Seite 1 bis Seite 2, erster Absatz, zitierten Stand der Technik dargestellt ist, um Bilddaten gemäß einem geschäftlichen Modell und Zweck zwischen verschiedenen Rechnern zu übertragen.

Das Argument der Beschwerdeführerin, dass sich die technische Komplexität am Anbieter-Computer reduzieren würde, da dieser keine einem Web-Shop eigenen Funktionen auf seinem Computer implementieren müsste, steht im Widerspruch zum doch komplexeren Datenaustausch zwischen nunmehr drei Rechnern, also einer Nutzung von ausgelagerten zentralen Funktionen auf einem dritten Web-Shop Rechner. Und selbst wenn sich die technische Komplexität am Anbieter-Computer reduzieren sollte, dann wäre dies eine Folge des Geschäftsmodells, denn eine Verteilung von Funktionen in vernetzten Rechnersystemen und deren Bündelung auf Servern ist gerade der Sinn von Client-Server-Architekturen.

10. Für die Kammer ist es zweifelhaft, dass durch die vorliegende Erfindung tatsächlich eine Vermeidung des Einsatzes komplexer Techniken zum Betrieb eines Web-Shops erreicht wird. Es wird lediglich Aufwand an eine andere Stelle verlagert, wobei neuer zusätzlicher Aufwand bzgl. einer Vernetzung und Kommunikation mit einem dritten Rechner in Kauf genommen wird. Dabei handelt es sich um eine klassische trade-off Situation. Auch wird das geltend gemachte Problem des Einsatzes komplexer Technik beim Anbieter-Computer nicht mit innovativen technischen Mitteln gelöst, sondern vielmehr umgangen.

11. Damit ist der Gegenstand des Anspruches 1 nicht erfinderisch gegenüber der D1 im Sinne des Artikels 56 EPÜ, da die Unterschiedsmerkmale entweder keinen technischen Beitrag leisten, oder aber deren Implementierung im Rahmen des vorgegebenen nicht-technischen Geschäftsmodells im Hinblick auf das allgemeine Fachwissen naheliegen.

12. Damit ist der Hauptantrag nicht gewährbar.

Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag

13. Der Hilfsantrag ergänzt den Hauptantrag in Anspruch 1 um das Merkmal, dass "hochauflösende Versionen von Bildern" vertrieben werden. Des Weiteren wird Anspruch 1 erweitert um das Merkmal, dass die Bilder auf einer Anzeigeeinrichtung des Kunden-Computers "nicht als hochauflösende digitale Bilder, sondern als digitale Bilder mit reduzierten Datenmengen" angezeigt werden.

14. Das Merkmal "hochauflösende Versionen von Bildern" findet seine Basis auf Seite 10, letzte Zeile des ersten Absatzes, wo von "hochaufgelösten Bildern" des Anbieters gesprochen wird.

Das Merkmal "nicht als hochauflösende ..., sondern ... reduzierten Datenmengen" ist zwar explizit in der Anmeldeschrift offenbart ist (siehe Seite 2, zweiter Satz des ersten Absatzes, der besagt, dass die referenzierten Bilder nicht als hochauflösende digitale Bilder, sondern als digitale Bilder mit reduzierten Datenmengen angezeigt werden), allerdings handelt es sich hierbei nicht um die Offenbarung der Erfindung, sondern um eine Passage aus der Darstellung des Standes der Technik. Damit wird eine solche Maßnahme bereits in der Anmeldung selbst als bekannt dargestellt.

15. Selbst wenn der Anspruch 1 des Hilfsantrages 1 eine Basis in den Anmeldeunterlagen finden sollte, fehlt es ihm an erfinderischer Leistung gemäß Artikel 56 EPÜ gegenüber einer Kombination von D1 mit der D2 (von der Beschwerdeführerin aus dem parallelen US-Verfahren eingeführt mit Eingabe vom 22. Dezember 2017), ausgehend von der D1.

Das Auslesen von "digitalen Bildern mit reduzierten Datenmengen" aus dem Anbieter-Computer und deren Anzeige auf dem Kunden-Computer hat den technischen Effekt, dass sich die Menge der Daten in der Übermittlung, Speicherung und Anzeige verringert. Die damit verbundene objektive technische Aufgabe ist eine effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen.

In der D2 ist, wie auch in D1, ein Web-basiertes System zum Vertrieb von Produkten eines Anbieters über eine "Merchant Web Site" (106) an einen Kunden offenbart. Das beschriebene Verfahren setzt allgemein bekannte Web-Technologie ein, wie z.B. HTML, Cookies, URL-Links, Client/Server Computer, siehe Abb. 1 und Spalte 6, Zeile 2, bis Spalte 7, Zeile 60, und stellt einen online Katalog der angebotenen Produkte bereit, der über Bild-basierte Link-Verweise auf die angebotenen Produkte verweist. Die dabei verwendeten Bilder sind eine herunterskalierte Version des Ursprungsbildes, vgl. D2, Spalte 11, Zeilen 43 bis 55.

Ausgehend von der D1 würde der Fachmann zur Lösung der genannten Aufgabenstellung die aus der D2 bekannten technischen Merkmale in naheliegender Weise einsetzen und eine herunterskalierte Version des Ursprungsbildes in der Erstellung des online Kataloges einsetzen.

16. Daher ist der Gegenstand des Anspruches 1 des Hilfsantrages nicht erfinderisch gegenüber der D1 in Verbindung mit der D2, ausgehend von der D1 unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens (Artikel 56 EPÜ).

17. Damit ist auch der Hilfsantrag nicht gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation