European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T143211.20131108 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 November 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1432/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06018340.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60D 1/54 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Anhängerkupplung mit ein- und ausfahrbarem Zughaken | ||||||||
Name des Anmelders: | Thule Towing Systems B.V. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SCAMBIA Industrial Developments Aktiengesellschaft Westfalia-Automotive GmbH |
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Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die am 28. April 2011 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 1 894 752 in geändertem Umfang haben die Beschwerdeführerin I (Einsprechende 02) am 28. Juni 2011 und die Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) am 4. Juli 2011 Beschwerde eingelegt und jeweils gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin I ist am 1. September 2011 und die der Beschwerdeführerin II am 2. September 2011 eingegangen.
II. Die Einsprüche der Einsprechenden 02 und der Einsprechenden 01 als weitere Verfahrensbeteiligte waren gestützt auf die Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 100 a) EPÜ 1973.
Der im Einspruchsverfahren berücksichtigte Stand der Technik umfasste - inter alia - folgende Dokumente:
D1: DE 101 04 185 A1;
D2: DE 101 44 254 A1;
D6: DE 103 36 445 A1;
D8: EP 1 637 364 A1;
D9: EP 1 650 059 A1;
D12: DE 102 43 433 A1.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit Schreiben vom 21. Februar 2011, erfinderisch sei gegenüber einer Kombination der Dokumente D1 zusammen mit D2 und D6 zusammen mit D9.
III. Am 8. November 2013 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt. Der Vertreter der Einsprechenden 01 nahm, wie mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 angekündigt, nicht an der mündlichen Verhandlung teil.
Die Beschwerdeführerin I (Einsprechende 02) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) hielt den ihre eigene Beschwerde betreffenden Hauptantrag nicht aufrecht und beantragte (als einzigen Antrag) die Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführerin I.
IV. Der Anspruch 1 des Patents in der aufrechterhaltenen Fassung lautet wie folgt (Merkmalsgliederung f) für das letzte kennzeichnende Merkmal wurde von der Kammer eingefügt; siehe angefochtene Entscheidung, Seite 3):
Anhängerkupplung, umfassend:
a) eine an einem Fahrzeug montierte oder montierbare Lagerungseinrichtung (2, 3),
b) einen von der Lagerungseinrichtung (2, 3) abragenden Zughaken (1), den die Lagerungseinrichtung (2, 3) um winkelig zueinander weisende Kupplungsachsen (R1, R2, R3) rotatorisch beweglich lagert, um den Zughaken (1) wahlweise in eine operative Position zum Anhängen eines Anhängers oder eine inoperative Position bewegen zu können,
c) und ein von der Lagerungseinrichtung (2, 3) um eine Verstellradachse (R1) drehbar gelagertes Verstellrad (10), das bei einer Drehbewegung um die Verstellradachse (R1) den Zughaken (1) um wenigstens eine der Kupplungsachsen (R1, R2, R3) bewegt
dadurch gekennzeichnet, dass
d) eine Kurvenbahn (9) an dem Zughaken (1) vorgesehen
e) das Verstellrad (10) in einem Verstelleingriff mit dem Zughaken (1) an der Kurvenbahn (9) abrollbar ist, und
f) die Verstellradachse (10) wenigstens eine der Kupplungsachsen (R1, R2) schneidet.
V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin I lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
Dokument D1 zeige einen an einer Lagerungseinrichtung 11 kardanisch mehrachsig (um die Achse 10 und die Schwenkachse 13) schwenkbaren Zughaken 6 entsprechend der Merkmale a) und b). Die Antriebswelle bzw. das Antriebsritzel 18 stelle ein Verstellrad gemäß Merkmal c) dar. Gemäß Dokument D1 sei die Antriebswelle 18 koaxial mit dem Drehachsglied 8 verbunden. Der Fachmann erkenne schon allein anhand seines Fachwissens, dass auch eine nicht koaxiale Anordnung möglich sei, d. h. eine Kurvenbahn könne seitlich oder oben am Kopfteil 19 angeordnet sein, so dass der Antriebsmotor 15 dennoch den Zughaken bzw. das Drehachsglied 8 antreiben könne. Es sei üblich und dem Fachmann bekannt, anstelle des in D1 gezeigten direkt antreibenden Motors (was u. U. Probleme aufwerfe) abhängig von den Lastverhältnissen ein Getriebe einzubauen, z. B. ein Untersetzungsgetriebe oder ein Planetengetriebe, falls weniger Motorleistung zur Verfügung stehe. So sei beispielsweise aus Dokument D2 (Absatz [0288] zu Figur 23) eine Außenverzahnung 392 und damit eine zur Schwenkachse exzentrisch verlaufende Kurvenbahn am Zughaken 40 bekannt, auf der mit Ritzel 390 ein Verstellrad abrolle (Merkmale d) und e)). Die Antriebswelle und somit die Achse des Verstellrades eines solchermaßen oben am Zughaken 6 angeordneten Drehmotors schneide irgendwann die in Querrichtung verlaufende Schwenkachse 13 und erfülle damit auch Merkmal f). Es sei allgemeines Fachwissen, dass durch den tangentialen Antrieb der Kugelstange der Antriebsmotor weniger Kraft bzw. Drehmoment brauche, also kleiner und leichter sein könne, was eine kompaktere Anordnung schaffe. Eine Geometrie gemäß Merkmal f) ergebe sich im Übrigen auch zwingend bei aufgrund von Maßtoleranzen schräg zueinander stehenden Achsen oder wenn, wie bei Anhängerkupplungen üblich (siehe D2, Figur 23 und Absatz [0288]: Kegelräder 378, 380), das Verstellrad ein Kegelrad sei. Eine schräggeneigte Antriebsachse (wenn das Antriebsrad also schräg zur jeweiligen Stellachse stehe) schneide die Achse 10 des Drehachsgliedes 8 und - da Anspruch 1 kein ständiges Schneiden der Achsen fordere - irgendwann auch die Schwenkachse 13. Bei Anhängerkupplungen seien schrägstehende Motoren aufgrund der beengten Platzverhältnisse zwischen Heck-Abschlussblech und Stoßfänger allgemein üblich. Auch sei der Fachmann motiviert, den Motor zur besseren Platzausnutzung seitlich versetzt anzuordnen, da seitlich mehr Bauraum zur Verfügung stehe. Merkmal f), welches kein Kugelgelenk spezifiziere, betreffe zudem lediglich eine willkürliche geometrische Festlegung ohne technischen Beitrag, wozu im Streitpatent auch keine Vorteile genannt seien.
Auch gegenüber Dokument D6 beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. D6 betreffe eine Anhängerkupplung mit fahrzeugseitig fest angeordnetem Anbauflansch 2 als Lagerungseinrichtung (Merkmal a)), von der ein zwischen einer Ruhestellung und einer Betriebsstellung schwenkbarer Zughaken bzw. eine Kugelstange 5 abrage. Allerdings sei in D6 keine mehrachsige Verschwenkbarkeit im Sinne von Merkmal b) gezeigt. Mit dem Kugelstangenlagerkopf 6 sei ein Hohlrad 16 fest verschraubt, so dass D6 eine Kurvenbahn an dem Zughaken im Sinne von Merkmal d) offenbare. Das Ritzel 21 eines Elektro-Antriebs 10 treibe ein Sonnenrad 17 an, das seinerseits wiederum Planetenräder 14 und damit Verstellräder im Sinne des Anspruchs 1 antreibe, die an der Innenseite des Hohlrades 16 drehten und somit die Drehbewegung bewirkten (Merkmale c) und e)). Nachdem die Kugelstange in D6 nur um eine einzige rotatorische Achse drehe, stelle sich die Aufgabe, eine mehrachsige Schwenkbeweglichkeit bzw. eine Drehbarkeit um eine weitere Kupplungsachse zu realisieren. Der Fachmann würde dazu den in D6 gezeigten Anbauflansch 2 beweglich lagern, beispielsweise den Anbauflansch 2 mittels eines Gehäuses ähnlich dem aus D9 bekannten Kupplungsgehäuse 5 um eine weitere Kupplungsachse schwenken, und damit eine zweite Schwenkachse realisieren. Durch die Kombination der Druckschriften D6 und D9 sei auch das isoliert im Raum stehende Merkmal f) vorbekannt, da ein Schnittpunkt im Sinne dieses Merkmals einfach und ohne Probleme zu realisieren sei. Wenn man die Kupplungsachse zum Schwenken des Anbauflansches in der Nähe der Drehachse aus D6 anbringe, so schneide diese irgendwann die Verstellradachse eines der (um die Drehachse umlaufenden) Planetenräder 14. Bei vorgegebener Geometrie der Zugstange (Länge, Abstand zur Fahrbahn) sei die Anordnung durch den Fachmann so auszulegen, dass die Zugstange hinter die Stoßstange zu bringen sei. Achsen, die sich - wie in der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck gebracht kreuzen, würden sich auch schneiden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auch gegenüber dem Dokument D8 oder gegenüber Dokument D12 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. In D8 bilde beispielsweise eine Antriebswelle 12 ein Verstellrad und treibe über einen Schwenkkurvenkörper 8 mit einem Dorn 16, der eine Kurvenfläche 10 aufweise, einen Leitkurvenkörper 9 mit einer Kurvenfläche 11 also einer Kurvenbahn - am Ende der Kugelstange 2 an. Die bezüglich des kinematischen Antriebskonzepts ähnlichen Dokumente D8 und D12 zeigten ein Kurvengetriebe gebildet durch zwei Elemente mit aneinander reibenden Schrägflächen, also eine Gleitsteuerung und keine Abrollbewegung eines Verstellrades im Sinne von Merkmal e). Der Ersatz der Gleitfläche durch ein Rollrad verringere die Reibung, wie auch im Streitpatent in Absatz [0008] angesprochen. Es stelle sich also die Aufgabe, eine Bewegungssteuerung mit verringerter Reibung zu realisieren. Anspruch 1 in seiner ganzen Breite spezifiziere als Verstellrad irgendein Rad (nicht nur ein Zahnrad) und definiere kein aktives Antreiben. Wenn die in D8 oder D12 aufzubringenden Kräfte aufgrund der Reibung zu groß seien, wäre es für den Fachmann naheliegend, eine Rolle oder ein Rad vorzusehen. Eine an dem Dorn 16 der Anhängerkupplung gemäß Dokument D8 vorhandene Rolle verbessere die Gleiteigenschaften bzw. Reibung und erfülle Merkmal e) und auch Merkmal f), da die Rollenachse etwa horizontal verlaufe und sich mit der vertikalen Achse der Antriebswelle 12 schneide. Eine ähnliche Situation sei bei der Anhängerkupplung gemäß D12 gegeben.
VI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin II kann wie folgt zusammengefasst werden:
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei es nach gefestigter Rechtsprechung der Beschwerdekammern ("could-would approach") nicht entscheidend, ob der Fachmann durch Modifikation des Standes der Technik zur Erfindung hätte gelangen können, sondern ob er in Erwartung der tatsächlich erzielten Vorteile (d. h. im Lichte der vorliegenden technischen Aufgabe) aufgrund von Anregungen im Stand der Technik so vorgegangen wäre. Dabei sei auch eine Neuformulierung der zu lösenden Aufgabe zulässig, sofern der Fachmann erkennen könne, dass diese in der ursprünglich gestellten Aufgabe impliziert sei oder in Zusammenhang mit ihr stehe.
Unstreitig zeige Dokument D1 nicht die Merkmale d) und e). Die im Streitpatent in Absatz [0005] formulierte Aufgabe, eine einfache und kompakte Anhängerkupplung zu schaffen, stimme mit der in D1 genannten Aufgabe (siehe Absatz [0004]: einfacher Aufbau, unkomplizierter Bewegungsablauf) überein. Da die in D1 gezeigte koaxiale Anordnung von Elektromotor 15 und Zughaken 6 schon so einfach und kompakt wie möglich sei, sei nicht ersichtlich, warum der Fachmann zu einer komplizierten Anordnung angeregt würde. Für den Fachmann bestehe insbesondere keine Veranlassung, die zu D1 inkompatible Lehre von Dokument D2 und damit ein vollständiges Redesign in Betracht zu ziehen, zumal in Zusammenhang mit der Ritzel-Anordnung in D2 auch nicht die Verwendung eines leichteren Motors oder die Verringerung des Motormoments angesprochen werde. Selbst wenn der Fachmann in D1 ein Untersetzungsgetriebe vorsehen würde, so schneide (siehe Figur 4) die Antriebsachse eines nicht koaxial angeordneten Motors - wie mit Merkmal f) gefordert - die Rotationsachse 13 nur, wenn dieser Motor direkt über der Rotationsachse 13 mit parallel zur Drehachse 10 ausgerichteter Antriebsachse angeordnet sei. Da Rotationsachse 13 und Drehachse 10 in beträchtlichem Abstand zueinander lägen (siehe z. B. Figur 6 in D1), wäre ein Zahnrad mit großem Durchmesser an Teil 19 und/oder ein Ritzel mit großem Durchmesser auf der Antriebswelle des Motors erforderlich. Dabei stelle sich die Frage, weshalb mit welchem technischen Ziel (siehe T 939/92) - der Fachmann D1 in dieser Weise modifizieren wollen würde. Merkmal f) in Zusammenschau mit den übrigen Merkmalen biete dem Fachmann eine Option bzw. Alternative, die im Stand der Technik nicht existiere. Merkmal f) liefere dabei durchaus einen technischen Beitrag zur Erfindung, denn es könne eine kompaktere Anordnung erreicht werden, wenn die Verstellradachse eine der Kupplungsachsen schneide, und bei Einsatz eines Kugelgelenks werde zudem eine Rotation in alle Richtungen ermöglicht.
Die Anhängerkupplung aus D6 sei nur um eine Achse schwenkbar, zeige also nicht Merkmal b). Da diese Anhängerkupplung bereits so konstruiert sei, dass sie hinter dem Querträger verschwinde und dort möglichst wenig Platz benötige, sei nicht ersichtlich, was durch eine Modifikation verbessert werden könne. Der Anbauflansch 2 in D6 trage dazu bei, die Kugelstange sicher zu verriegeln (siehe Absatz [0007]). Ausgehend von D6 als nächstliegendem Stand der Technik stelle sich die objektive Aufgabe, eine Anhängerkupplung bereitzustellen, die eine größere Flexibilität beim Adaptieren der Verstellung für unterschiedliche Installationen biete. Unter Beibehaltung eines einfachen Antriebsmittels und der sicheren Verriegelung in den Endstellungen bestehe die naheliegende Lösung darin, die Teile 4, 5, 6, 12 (siehe Figur 2) der Anhängerkupplung austauschbar zu machen; die feste Befestigung des Anbauflansches 2 am Querträger 3 würde nicht aufgegeben. Dokument D9 zeige eine komplette Lösung einer kompakten Anhängerkupplung, und der Fachmann würde bei Berücksichtigung der Lehre von D9 nicht ein einzelnes Teil der geschlossenen Lösung aus D9 übernehmen, sondern allenfalls die ganze Anordnung aus D9. Das Vorsehen eines zusätzlichen Antriebsmittels in D6 würde mehr Raum beanspruchen, und es sei nicht ersichtlich, wie unter Berücksichtigung von D9 die Drehbarkeit um eine zusätzliche Achse bei dem fest angebrachten Anbauflansch in D6 zu realisieren sei. Aufgrund der Inkompatibilität der im Stand der Technik gezeigten Anordnungen bestehe für den Fachmann keine Veranlassung zu einer kompletten Umgestaltung der Anordnung aus D6 zu einer mehrachsig schwenkbaren Anordnung. Anspruch 1 unterscheide sich von der Kombination der Dokumente D6 und D9 zusätzlich durch Merkmal f). Selbst wenn der Fachmann die Anordnung aus D6 mit einer weiteren Drehachse ausstatten würde, bestehe für ihn keine Veranlassung, diese weitere Drehachse so zu positionieren, dass sie eine der drei in D6 gezeigten Verstellradachsen schneide.
D8 bzw. D12 zeigten aufeinander gleitende Kurvenflächen, und es gebe keinen Hinweis, eine zusätzliche Rolle an dem die Bewegung des Zughakens steuernden Dorn vorzusehen. Es sei bei derartigen Kurvengetrieben anerkannt, dass beim Zusammenwirken des Dorns bzw. Nockens mit dem Kurvenkörper Gleitreibung auftrete. Merkmal c) fordere zudem ein Verstellrad, welches von der Lagerungseinrichtung um eine Verstellradachse drehbar gelagert sei, was in der Beschwerdeschrift in der von der Beschwerdeführerin I erstellten Zeichnung nicht gezeigt sei. Es bliebe offen, wie eine Rolle oder Kugel zu lagern sei.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)
2.1 gegenüber D1 in Kombination mit D2:
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Merkmale d) und e) nicht aus Dokument D1 hervorgehen, da in D1 ein direkt antreibender Motor gezeigt ist. Fasst man die Antriebswelle 18 des Drehmotors 15 aus D1 (siehe Figur 1) als Verstellrad im Sinne von Merkmal c) auf, so ist dieses Verstellrad koaxial zum Drehachsglied 8 des Zughakens bzw. Kupplungsarms 6 also koaxial zur Drehachse 10 - ausgerichtet (siehe D1, Spalte 4, Zeilen 44 bis 46). Es mag dem Fachmann bekannt sein (siehe D2), dass anstelle eines direkt antreibenden Motors alternativ ein indirekt antreibender Motor eingesetzt werden kann, der über ein Untersetzungsgetriebe oder Planetengetriebe die Drehbewegung des Zughakens bewirkt. Die Antriebswelle 18 aus D1 wäre dann nicht mehr koaxial zur Drehachse 10 ausgerichtet, sondern axial versetzt und parallel zur Drehachse 10 oder aber bei Vorsehen eines Kegelrades oder bei entsprechenden Maßtoleranzen der Achsen schräg zur Drehachse 10 ausgerichtet. Entscheidend ist aber, ob der Fachmann ausgehend von Dokument D1 diese Modifikation vornehmen würde und dabei auch neben Merkmal d) und e) einen Schnittpunkt zwischen der Verstellradachse und einer Kupplungsachse im Sinne von Merkmal f) realisieren würde.
Wie aus Dokument D1 aus Figur 4 ersichtlich, schneidet die Antriebswelle eines parallel und nicht koaxial zur Drehachse 10 angeordneten Motors 15 die Schwenkachse 13 wie mit Merkmal f) gefordert nur, wenn die Antriebswelle des Motors in einem Abstand zur Drehachse 10 angeordnet wird, welcher mindestens dem Abstand der beiden Achsen 10, 13 (im Folgenden d10,13 genannt) entspricht. Ist die Antriebswelle genau im Abstand d10,13 angeordnet, so existiert ein Schnittpunkt mit der Schwenkachse 13 lediglich bei genau einer räumlichen Anordnung der Antriebswelle auf einem Kreis mit dem Radius d10,13 um die Drehachse 10, während bei größerem Abstand nur zwei räumliche Anordnungen der Antriebswelle auf einem Kreis mit entsprechend größerem Radius um die Drehachse 10 existieren, die der Fachmann aus einer Menge unendlich vieler Anordnungsmöglichkeiten über einen Winkelbereich von 360° auf diesen Kreisen auswählen müsste. Eine solche isolierte Auswahl für die Anordnung der Antriebswelle des Motors, die zum Gegenstand von Anspruch 1 führen würde, ist nach Auffassung der Kammer nicht naheliegend, auch wenn man als Aufgabenstellung die Schaffung einer kompakteren Anordnung annimmt, da jede der über einen Winkelbereich von 360° verteilten möglichen Anordnungen der Antriebswelle diese Aufgabe in gleicher Weise lösen würde und jeglicher Hinweis fehlt, die Antriebswelle schneidend mit einer Kupplungsachse im Sinne von Merkmal f) anzuordnen.
Eine gegenüber der Drehachse 10 schräggeneigte Antriebsachse, z. B. bei aufgrund von Maßtoleranzen schräg zueinander stehenden Achsen oder bei Verwendung eines Kegelrades als Verstellrad, führt ebenfalls nicht zwingend zu einem Schnittpunkt der Verstellradachse mit einer der Kupplungsachsen, d. h. mit der Drehachse 10 oder der Schwenkachse 13 in D1. Dies ergibt sich aus den aus der Geometrie bekannten Lagebeziehungen zweier Geraden im dreidimensionalen Raum, wonach zwei nichtparallele Geraden normalerweise ohne Schnittpunkt windschief zueinander sind und sich nur schneiden, wenn sie in einer Ebene liegen. Würde man also in Abwandlung zur Lehre von D1 eine schräggeneigte Antriebsachse vorsehen, so würde diese schräge Antriebsachse die Drehachse 10 nur für den Spezialfall schneiden, dass die Antriebsachse in einer Ebene mit der Drehachse 10 liegt. Ein Schnittpunkt mit der Schwenkachse 13 in D1 ergibt sich hingegen nur, wenn der Motor 15 mit seiner Antriebswelle gegenüber dem Drehachsglied 8 räumlich genau soweit versetzt angeordnet wird (siehe Figur 4 in D1: durch Versetzen nach rechts), dass seine Antriebswelle die Schwenkachse 13 schneidet. Die Auswahl dieser beiden Spezialfälle für die Anordnung der Antriebsachse des Motors aus einer Vielzahl von möglichen räumlichen Anordnungen ist nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht nahegelegt, da sich aus dem vorliegenden Stand der Technik und auch aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin I keine Hinweise auf besondere Vorteile dieser speziellen Anordnung ergeben, die den Fachmann zu dieser Auswahl veranlassen würden.
Der direkt antreibende Drehmotor 15 aus D1 ist mittels Befestigungsschrauben 17 an der Drehlagereinrichtung 11 befestigt, was auch bei Vorsehen eines Untersetzungsgetriebes oder einer schräggeneigten Antriebsachse beibehalten würde. Damit sind die Achslage von Antriebswelle 18 und Drehachse 10 zueinander während der Drehbewegung festgelegt und ändern sich nicht. Dies gilt ebenso für die Achslage von Antriebswelle 18 und Schwenkachse 13 zueinander, da die Lage der Schwenkachse 13 durch zwei Bohrungen in der Drehlagereinrichtung 11 festgelegt ist. Daraus folgt, dass sich auch im zeitlichen Verlauf der Bewegung des Zughakens nicht irgendwann eine geänderte Situation ergeben kann, bei der sich die Verstellradachse mit einer Kupplungsachse schneidet, wenn ein solcher Schnittpunkt nicht bewusst durch entsprechende Auswahl der Anordnung der Antriebsachse des Motors realisiert wird. Wie vorstehend ausgeführt, ist eine solche Auswahl nicht naheliegend.
Selbst wenn man im speziellen Fall eines Antriebs mittels eines Kegelrades annimmt, dass es für den Fachmann naheliegend wäre, die Achse des Kegelrades in D1 so anzuordnen, dass die Kegelradachse in einer Ebene mit der Drehachse 10 läge und sich damit ein Schnittpunkt im Sinne von Merkmal f) ergeben würde, so ist die Kammer nicht überzeugt, dass der Fachmann ausgehend von D1 den koaxial angeordneten Drehmotor 15 aufgeben und durch ein Kegelrad mit schräg angeordnetem, seitlich versetzten Motor ersetzen würde. Wie aus den Figuren 1 bis 4 in D1 hervorgeht, ist die aus D1 bekannte Anordnung sowohl in Längsrichtung des Fahrzeugs (siehe Figur 2) als auch in Querrichtung (siehe Figur 4) äußerst kompakt aufgebaut. Ein seitlich versetzt angeordneter Motor mit Kegelradantrieb würde den vorhandenen Platz nicht besser ausnutzen, da dazu in der Anordnung aus D1 - z. B. durch Versetzen der in Figur 2 gezeigten Halteplatten 29, 30 oder der in Figur 4 gezeigten Bolzen 31, 33 erst entsprechend Platz für Motor und Kegelrad geschaffen werden müsste, so dass die in D1 gezeigte kompakte Anordnung aufgegeben werden müsste. Dazu besteht für den Fachmann nach Auffassung der Kammer, auch unter Berücksichtigung der Lehre von D2, keine Veranlassung. Dem steht ebenso entgegen, dass der Fachmann von dem in D1 gezeigten und explizit angesprochenen einfachen Aufbau (siehe Aufgabe gemäß Absatz [0004]) abweichen müsste. Da in D2 keine Hinweise in Bezug auf mögliche Vorteile bei Verwendung eines Kegelradantriebs gegeben werden, besteht für den Fachmann nach Auffassung der Kammer keine Veranlassung, von dem einfachen Aufbau gemäß D1 abzuweichen.
Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass es ausgehend von D1 nicht naheliegend ist, die Motoranordnung aus D1 genau so zu modifizieren, dass die Achse der Antriebswelle des Motors und damit die Verstellradachse wenigstens eine der Kupplungsachsen schneidet, wie mit Merkmal f) gefordert.
Die Kammer kann in Merkmal f) auch keine willkürliche geometrische Festlegung ohne technischen Beitrag erkennen, wie von der Beschwerdeführerin behauptet. Im Streitpatent wird auf Vorteile hingewiesen, die mit Merkmal f) in Verbindung zu bringen sind. Laut Aufgabenstellung des Streitpatents (siehe Absatz [0005]) soll eine kompakte Anhängerkupplung geschaffen werden. Außerdem ist der Zughaken, der an seinem Lagerkopf nur zwei um zwei Kupplungsachsen gekrümmte Kurvenbahnen aufweist, dennoch rein rotatorisch um drei sich schneidende Kupplungsachsen R1, R2, R3 bewegbar, da (siehe Abschnitte [0010] und [0011] sowie Figuren 1 und 4 des Streitpatents) eine gemeinsame Rotationsbewegung von Zughaken und Verstellrad um die Verstellradachse R1 möglich ist, ohne dass dazu eine weitere, um diese Achse gekrümmte Kurvenbahn erforderlich ist.
2.2 gegenüber D6 in Kombination mit D9:
Wie von der Beschwerdeführerin eingeräumt, unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der aus D6 bekannten Anhängerkupplung bereits darin, dass D6 keine mehrachsige Verschwenkbarkeit im Sinne von Merkmal b), d. h. keine rotatorisch bewegliche Lagerung des Zughakens um winklig zueinander weisende Kupplungsachsen offenbart. Die Kammer kann der Beschwerdeführerin darin folgen, dass eine Kurvenbahn am Zughaken sowie ein Verstellrad im Sinne der Merkmale c) bis e) in D6 gezeigt sind, wenn man das mit dem Zughaken verschraubte Hohlrad 16 als am Zughaken vorgesehene Kurvenbahn und eines der Planetenräder 14 als Verstellrad auffasst. Allerdings sind in D6 die Achsen der Planetenräder 14 parallel zur Schwenkachse angeordnet, so dass auch Merkmal f) nicht erfüllt ist.
Die aus D6 bekannte Anhängerkupplung ist bereits so konstruiert, dass eine Drehung um eine einzige Achse ausreicht, um den Zughaken aus der Betriebsstellung in die Ruhestellung zu überführen und hinter dem Querträger verschwinden zu lassen. Es stellt sich also bereits die Frage, warum der Fachmann ausgehend von D6 als nächstliegendem Stand der Technik eine Modifikation zu einer mehrachsigen Schwenkbeweglichkeit überhaupt andenken würde.
Aber selbst wenn der Fachmann sich ausgehend von D6 die Aufgabe stellte, eine mehrachsige Drehbarkeit um eine weitere Kupplungsachse zu realisieren, kann die Kammer nicht erkennen, wieso er dabei auch zwangsläufig Merkmal f) realisieren würde. Wenn der Fachmann angeregt durch Dokument D9 den Anbauflansch 2 aus D6 um eine weitere Kupplungsachse drehbar lagern würde, beispielsweise um eine vertikale Achse in Figur 2 aus D6, so besteht nach Auffassung der Kammer keine Veranlassung, diese weitere Kupplungsachse in der Nähe der Drehachse und damit im Bereich der Planetenräder aus D6 anzuordnen. Naheliegend wäre nach Ansicht der Kammer eine Anbringung dieser weiteren Kupplungsachse an der Verbindungsstelle zwischen Anbauflansch 2 und Querträger 3, wobei sich aber kein Schnittpunkt mit der Schwenkachse aus D6 ergeben würde.
Selbst wenn der Fachmann in D6 eine weitere Kupplungsachse in der Nähe der Planetenräder 14 anordnen würde, so ergibt sich nicht zwangsläufig ein Schnittpunkt mit der Achse eines Planetenrades und damit mit einer Verstellradachse. Die Planetenräder 14 aus D6 (siehe Figur 2 und noch genauer Figur 7) sind mit Schrauben gegenüber dem Anbauflansch 2 festgelegt, laufen also nicht um die Drehachse um, d. h. die Kupplungsachse zum Schwenken des Anbauflansches schneidet nicht irgendwann die Verstellradachse eines der Planetenräder, wie von der Beschwerdeführerin behauptet. Ein Schnittpunkt von Verstellradachse und einer Kupplungsachse im Sinne von Merkmal f) würde sich allenfalls ergeben, wenn die weitere Kupplungsachse genau so positioniert würde, dass sie eine der drei in D6 gezeigten Verstellradachsen der Planetenräder 14 schneidet. Die Kammer kann aber nicht erkennen, was den Fachmann dazu bewegen würde, diese spezielle Anordnung der weiteren Kupplungsachse zu wählen, zumal keine besonderen Vorteile einer solchen Anordnung ersichtlich sind. Die Kammer versteht dabei im Sinne der Beschwerdeführerin die Begriffe sich schneiden und sich kreuzen als synonyme Begriffe.
Die Kammer kann also nicht erkennen, warum der Fachmann bei Umsetzung einer mehrachsigen Verschwenkbarkeit wie aus D9 bekannt die Anhängerkupplung aus D6 in naheliegender Weise so modifizieren würde, dass er zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Fachmann dabei aus der in D9 gezeigten komplexen und in sich geschlossene Lösung einer mehrachsig verschwenkbaren Anhängerkupplung überhaupt einzelne Teile extrahieren und auf die aus D6 bekannte Anhängerkupplung übertragen würde.
2.3 gegenüber D8 bzw. D12:
Die aus Dokument D8 bekannte Anhängerkupplung, die über ein Kurvengetriebe mit angetriebenem Schwenkkurvenkörper und am Ende der Kugelstange ausgebildetem Leitkurvenkörper verschwenkbar ist, zeigt unstreitig eine Gleitsteuerung und keine Abrollbewegung eines Verstellrades im Sinne von Merkmal e). In D8 gleitet ein von dem Schwenkkurvenkörper 8 vorstehender Dorn 16 mit einer Kurvenfläche 10 auf einer Kurvenfläche 11 des Leitkurvenkörpers 9 und bewegt die Kugelstange bzw. den Zughaken auf einer durch die Form der Kurvenfläche 11 vorgegebenen Kurve. Es ist zwar anzuerkennen, dass gegenüber der in D8 gezeigten Gleitreibung eine verringerte Reibung durch Rollreibung erzielbar wäre. Die Kammer war aber nicht überzeugt, dass der Fachmann zur Realisierung einer Bewegungssteuerung mit verringerter Reibung die aus D8 bekannte Konstruktion eines Kurvengetriebes zur Bewegung des Zughakens durch Vorsehen einer Rolle, eines Rads oder einer Kugel am Dorn oder anstelle des Dorns modifizieren würde. Es würden sich dabei weitere Fragen ergeben, die konstruktiv gelöst werden müssten, beispielsweise wie die Rolle bzw. das Rad oder die Kugel gelagert werden müssten, wie mit Merkmal c) gefordert. Der Fachmann müsste also noch erfinderisch tätig werden, um zum Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen. Außerdem sind auch unter Beibehaltung der Gleitreibung aus D8 andere Maßnahmen denkbar, um eine Bewegungssteuerung mit verringerter Reibung zu erzielen, beispielsweise die Auswahl geeigneter Materialien oder zusätzlicher Schmierstoffe, so dass der Fachmann zur Lösung der sich ihm stellenden Aufgabe nicht zwangsläufig Maßnahmen treffen würde, die ihn zum Gegenstand von Anspruch 1 führten. Nach Auffassung der Kammer fehlt für den Fachmann ausgehend von D8 bereits jeglicher Hinweis, ein Verstellrad im Sinne von Merkmal e), welches an der Kurvenbahn an dem Zughaken abrollbar ist, an dem Dorn oder anstelle des Dorns der Kurvensteuerung aus D8 vorzusehen, so dass sich weitere Ausführungen in Bezug auf Merkmal f) erübrigen.
Die bezüglich D8 gemachten Ausführungen gelten in entsprechender Weise für Dokument D12, welches eine vergleichbare Kurvensteuerung zur Betätigung einer Kugelstange bzw. eines Zughakens zeigt.
2.4 Da ausgehend von Dokument D8 oder D12 bereits das Vorsehen eines Verstellrades nicht nahegelegt ist und es ausgehend von den Dokumenten D1 oder D6 nicht naheliegend ist, eine bekannte Anhängerkupplung so zu modifizieren, dass die Verstellradachse wenigstens eine der Kupplungsachsen schneidet, ist das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit für den Gegenstand von Anspruch 1 anzuerkennen (Artikel 56 EPÜ 1973).
3. Die Kammer bestätigt damit die angefochtene Entscheidung in Bezug auf das von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachtete geänderte Patentbegehren. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin I (Einsprechende 02) ist damit zurückzuweisen. Da der Antrag der beschwerdeführenden Patentinhaberin in der rechtlichen Wirkung der Rücknahme ihrer eigenen Beschwerde gleichkommt, wird somit die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung rechtskräftig.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.