European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T140811.20120705 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 Juli 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1408/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00117263.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 3/16 G10L 15/26 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Betrieb einer sprachgesteuerten Befehlseingabeeinheit in einem Kraftfahrzeug | ||||||||
Name des Anmelders: | Volkswagen Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag und Hilfsantrag 1 (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 2 (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 3. März 2011 auf Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 00117263.4 mangels erfinderischer Tätigkeit gemäß den Artikeln 52(1) mit 56 EPÜ.
Im Verfahren wurde auf folgende Druckschriften Bezug genommen:
D1: DE 197 11 365 A1 und
D2: WO 99/01831 A1.
II. Die Beschwerdegebühr wurde mit der Beschwerdeschrift, eingegangen am 6. April 2011, entrichtet. Mit der Beschwerdebegründung, eingegangen am 14. Mai 2011, wurde die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der geltenden Ansprüche nach Hauptantrag (Ansprüche 1 bis 8 eingereicht mit Schreiben vom 1.10.2010) oder gemäß Hilfsantrag (Ansprüche 1 bis 7 eingereicht mit Schreiben vom 1.10.2010) beantragt. Weiter hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
III. Die Kammer hat in einem Bescheid vom 23. März 2012 zur mündlichen Verhandlung geladen und ihre vorläufige Meinung zu der Beschwerde dargelegt. Dabei wurden insbesondere Einwände gestützt auf die Artikel 54(2) und 56 EPÜ erhoben und die Gründe dafür dargelegt.
IV. Mit Schreiben vom 4. Juni 2012 reichte die Beschwerdeführerin weitere Hilfsanträge 2 bis 4 ein.
V. Am 5. Juli 2012 fand eine mündliche Verhandlung statt, in deren Verlauf die Beschwerdeführerin unter anderem die Hilfsantrage 2 bis 4 zurücknahm und einen geänderten Hilfsantrag 2 einreichte.
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet: "1. Verfahren zum Betrieb einer sprachgesteuerten Befehlseingabeeinheit in einem Kraftfahrzeug, bei welcher die Bedienbarkeit akustisch menügeführt wird, indem vor geräte- oder funktionsbezogener Befehlseingaben zunächst das Gerät, das aktiviert werden soll, zum Aufruf der ersten Befehlsebene seines Menüs verbal benannt wird, dadurch gekennzeichnet, dass interdisziplinäre Sprach-Shortcut-Befehle vorgesehen sind, welche auch während der Betriebsphase eines aktivierten Menüs einen temporären Wechsel in ein anderes, noch nicht aktiviertes Menu generieren lassen."
Der Anspruchswortlaut von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich davon, indem das letzte Teilmerkmal folgendermaßen spezifiziert ist:
"...., und dass Sprach-Shortcut-Befehle zur Ansteuerung der Audioanlage vorgesehen sind."
Der Anspruchswortlaut von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 lautet wie folgt:
"1. Verfahren zum Betrieb einer sprachgesteuerten Befehlseingabeeinheit in einem Kraftfahrzeug, bei welcher die Bedienbarkeit akustisch menügeführt wird, indem vor geräte- oder funktionsbezogener Befehlseingaben zunächst die Befehlsebene, die aktiviert werden soll, sprachgesteuert wird, dadurch gekennzeichnet, dass interdisziplinäre Sprach-Shortcut-Befehle vorgesehen sind, welche auch während der Betriebsphase einer aktivierten Befehlsebene einen zumindest temporären Wechsel in eine andere, noch nicht aktivierte Befehlsebene zulassen, wobei, wenn während des aktiven sprachgesteuerten Betriebes einer Navigationseinheit ein Telefon klingelt, ein Bediener, ohne die Navigationsbefehlsebene verlassen zu müssen, durch einen übergeordneten interdisziplinären Sprach-Shortcut-Befehl, welchen er ebenfalls sprachgesteuert eingibt, den Anruf entgegennehmen kann und nach Beendigung des Telefonanrufes das Telefonat auch wiederum spracheingabegesteuert quittieren oder beenden kann und zu dem letzt eingestellten Betätigungsstatus des Navigationssystems zurückkehrt, ohne dass er sich wieder von oben, also von der jeweiligen Befehlsebene beginnend, menügesteuert an die zuletzt verlassene Stelle im Navigationssystem hinarbeiten müsste."
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisungsentscheidung sei aufzuheben und es sei ein Patent auf der Grundlage des mit Schreiben vom 1. Oktober 2010 eingereichten Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage des mit dem gleichen Schreiben eingereichten Hilfsantrags oder des während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hilfsantrags 2 zu erteilen.
VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer ihre Entscheidung.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Voraussetzungen der Artikel 106 bis 108 und Regel 99 EPÜ und ist daher zulässig (siehe Sachverhalt und Anträge, Punkt II).
Hauptantrag
2. Interpretation von Anspruch 1
2.1 Der Ausdruck "interdisziplinäre Sprach-Shortcut-Befehle" in Anspruch 1 ist interpretationsbedürftig, da dieser nicht selbsterklärend ist und auch kein damit verbundener allgemein anerkannter technischer Sinngehalt bekannt ist.
Die Kammer ist der Auffassung, dass der Ausdruck "interdisziplinäre Sprach-Shortcut-Befehle" nicht spezifiziert, dass einem Sprachbefehl eine fest zugewiesene menüunabhängige Funktion zugewiesen ist, wie die Beschwerdeführerin unter anderem argumentiert (vgl. Seite 6, letzter Absatz der Beschwerdebegründung).
Die Anmeldung selbst liefert keine konkrete Definition. Daher ist eine breite Auslegung im Rahmen der Prüfung des Gegenstands von Anspruch 1 auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit geboten. Vor diesem Hintergrund sind die in D1 offenbarten einsilbigen Spracheingabebefehle z.B. in Form von Zahlen (siehe D1, Spalte 1, Zeile 39 und Spalte 2, Zeile 61) als "Sprach-Shortcut-Befehle" im Sinne von "Shortcut" als Abkürzung bzw. Verknüpfung interpretierbar.
2.2 Die Kammer teilt nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass ein "noch nicht aktiviertes Menü" gemäß Anspruch 1 voraussetzt, dass dieses Menü vorher noch nicht aufgerufen wurde, entgegen einem nicht "aktiven" Menü, welches lediglich im Moment nicht angezeigt wird (so vorgetragen während der mündlichen Verhandlung). Diese Auslegung wird nicht durch die Beschreibung gestützt. Vielmehr wird in der Beschreibung explizit zum Ausdruck gebracht, dass "mehrere Befehlsebenen gleichzeitig aktiv" sein können (vgl. Seite 3, letzter Teilsatz). Da dies im Lichte der Beschreibung nicht bedeuten kann, dass mehrere Befehlsebenen gleichzeitig angezeigt werden, kann die Kammer den angeblichen Unterschied zwischen einem "aktiven" und einem "aktivierten" Menü nicht nachvollziehen. Es bleibt vor dem Hintergrund der Offenbarung der Erfindung demnach unklar, was genau ein "noch nicht aktiviertes Menü" gemäß Anspruch 1 darstellt, weshalb dieser Ausdruck breit auszulegen ist. Die Kammer interpretiert diesen Ausdruck daher breit in dem Sinne, dass jedes gerade nicht auf dem Display angezeigte Menü ein "noch nicht aktiviertes Menü" gemäß Anspruch 1 darstellt.
Neuheit
3. Die Kammer stimmt der Auslegung von D1 bzgl. Anspruch 1 in Punkt 1.2 der angefochtenen Entscheidung zu. Die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 sind demnach aus D1 bekannt (vgl. Figuren 1 und 3 mit dem Hinweis auf einsilbige Positionsindikatoren als Sprachbefehle z.B. in Spalte 3, Zeile 25 bis Spalte 4, Zeile 38).
3.1 Die Anmeldung offenbart auf Seite 4, erster Absatz eine Ausführungsform für die genannten "interdisziplinäre Sprach-Shortcut-Befehle", wonach vorgesehen ist, "daß Shortcut-Befehle vorhanden sein können, mit welchen die Befehlsebenen abrupt, d.h. in einem Schritt geschlossen werden können. Ein solcher Shortcut-Befehl kann entweder "abbrechen" oder "schließen" sein. Das heisst, der Bediener muß nicht die Menüstruktur bis zum Menüende zurück, um alle Einzelprogrammschritte und Programmabzweigungen jeweils für sich zu schließen, sondern er kann das im Moment aktive Menü durch einen einzigen Shortcut-Befehl verlassen ".
3.2 Eben eine solche Ausführungsform, die nach Ansicht der Kammer vor dem Hintergrund der gebotenen breiten Auslegung von Anspruch 1 auch vom in diesem beanspruchten Gegenstand umfasst ist, offenbart jedoch auch D1 in Form der in Figur 2 gezeigten Sprachbefehle für "END" und "BACK" (vgl. vor allem D1, Spalte 5, Zeilen 41 bis 46, wo eine Umschaltung direkt auf das Grundmenü der Grundeinstellung über einen Befehl END vorgesehen ist).
Damit verbunden ist auch ein temporärer Wechsel während der Betriebsphase des aktivierten Telefonmenüs in ein anderes nicht aktiviertes Menü, nämlich das Grundmenü, im Sinne von Anspruch 1. Da aus dem Grundmenü jederzeit eine weitere Bedienfunktion aktiviert werden kann, ist der Wechsel in das Grundmenü als temporär anzusehen.
3.3 D1 offenbart somit auch die Merkmale des Kennzeichens von Anspruch 1 und nimmt damit den Gegenstand von Anspruch 1 neuheitsschädlich vorweg (Artikel 52(1) mit 54(2) EPÜ).
Hilfsantrag 1
4. Anspruch 1 dieses Antrags weist als zusätzliches Teilmerkmal auf "dass Sprach-Shortcut-Befehle zur Ansteuerung der Audioanlage vorgesehen sind". Dabei bleibt offen, ob dies andere Sprach-Shortcut-Befehle sind als die vorher eingeführten interdisziplinären Sprach-Shortcut-Befehle. Die Sprach-Shortcut-Befehle des zusätzlichen Teilmerkmals können demnach auch als isolierte weitere Sprach-Shortcut-Befehle speziell zur Ansteuerung der Audioanlage interpretiert werden.
4.1 D1 offenbart auch die Verwendung von einsilbigen Sprachbefehlen zur Ansteuerung der Audioanlage (siehe z.B. Figur 1, Funktion 28 "AUD" und Spalte 2, Zeilen 43-44). D1 nimmt damit auch das entsprechende zusätzliche Teilmerkmal von Anspruch 1 dieses Antrags vorweg. Auf die übrigen Merkmale des Anspruchs 1 finden die Argumente zur mangelnden Neuheit des Hauptantrags entsprechende Anwendung.
D1 nimmt demnach auch den Gegenstand von Anspruch 1 dieses Antrags neuheitsschädlich vorweg (Artikel 52(1) mit 54(2) EPÜ).
Hilfsantrag 2
5. Neuheit und Erfinderische Tätigkeit (Artikel 54, 56 EPÜ)
5.1 Anspruch 1 dieses Antrags hebt im Oberbegriff und in den ersten Zeilen des Kennzeichens nunmehr auf die Befehlsebene ab und sorgt dahingehend für eine einheitliche Terminologie. Gleichwohl sind die entsprechenden Teilmerkmale analog zur Argumentation zum Hauptantrag aus D1 bekannt, ebenso wie eine Bedienung einer Navigationseinheit und eines Telefons (siehe z.B. Figur 1, Elemente NAV 30 und TEL 34). Gegenüber D1 als nächstliegendem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 dieses Antrags von D1 durch folgende Merkmale:
"wenn während des aktiven sprachgesteuerten Betriebes einer Navigationseinheit ein Telefon klingelt, ein Bediener, ohne die Navigationsbefehlsebene verlassen zu müssen, durch einen übergeordneten interdisziplinären Sprach-Shortcut-Befehl, welchen er ebenfalls sprachgesteuert eingibt, den Anruf entgegennehmen kann und nach Beendigung des Telefonanrufes das Telefonat auch wiederum spracheingabegesteuert quittieren oder beenden kann und zu dem letzt eingestellten Betätigungsstatus des Navigationssystems zurückkehrt, ohne dass er sich wieder von oben, also von der jeweiligen Befehlsebene beginnend, menügesteuert an die zuletzt verlassene Stelle im Navigationssystem hinarbeiten müsste."
5.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 dieses Antrags ist somit neu gegenüber der Offenbarung von D1 (Artikel 54(2) EPÜ).
5.3 Die zugrunde liegende objektive technische Aufgabe sieht die Kammer (in Übereinstimmung mit der vorliegenden Anmeldung, vgl. Seite 3, dritter Absatz) darin, eine bessere interdisziplinäre Sprachbedienung von wenigstens zwei Geräten zu ermöglichen.
5.4 Die weitere Druckschrift D2 offenbart unter anderem, dass ein Windows-basierter Desktop-PC mittels Sprachbefehlen gesteuert werden kann. Dabei ist eine direkte Ansteuerung per Sprachbefehl z.B. zum Start einer gewünschten Applikation vorgesehen (vgl. D2 ab Seite 17, Abschnitt B. ActiveWord Services). So ist zum Beispiel dem Sprachbefehl "excel" jederzeit fest zugeordnet, dass die zugehörige Applikation gestartet wird (vgl. z.B. Seite 18, letzter Absatz).
5.5 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Fachmann aus dem Prioritätsjahr 1999 die Lehre der D2 nicht mit der der D1 kombiniert hätte (wie in der angefochtenen Entscheidung angenommen), weil er Bedienkonzepte aus dem Bereich von Windows-basierten Desktop-PCs nicht für den Einsatz in Kfzs in Betracht gezogen hätte, da die Rechenleistung von Kraftfahrzeug computern hierzu zu begrenzt war (vgl. z.B. Seite 2 der Beschwerdebegründung, Absatz 2).
5.6 Die Kammer geht jedoch prima facie davon aus, dass auch im Kfz eine ausreichende Rechenleistung zur Verfügung gestanden haben muss, was ja ohnehin eine Vorraussetzung auch für die Ausführbarkeit der vorliegenden Erfindung darstellt, weshalb der Fachmann bei der Suche nach neuen Bedienkonzepten im Kfz auch in benachbarten technischen Gebieten wie etwa anderen Rechnersystemen, auch Desktopsystemen, nach Anregungen gesucht hätte. Die Aufgabe einer Bedienung einer Vielzahl von Geräten oder Funktionen mit einer begrenzten Anzahl von Bedienelementen (Stichwort: Bedienelementeersatz) ist und war so universell, dass der Fachmann routinemäßig versuchte, die diesbezüglich offenbarten Konzepte und Lösungen auf Szenarien mit ähnlich gelagerter Bedienproblematik zu übertragen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin würde der Fachmann dabei keineswegs davon ausgehen, dass er gleich das ganze Windows-Konzept in das Kfz übernehmen muss, sondern durchaus das dahinter stehende Bedienkonzept erkennen und in Betracht ziehen. Dies allein erfordert aus Sicht der Kammer keine erfinderische Tätigkeit. Eine solche könnte allenfalls vorliegen, wenn bei der Implementierung technische Hürden mit technischen Mitteln zu überwinden waren.
5.7 Die von der Beschwerdeführerin diesbezüglich angeführte Problematik hoher Störpegel im Kfz kommt hierbei nicht in Betracht. Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt (vgl. Seite 4, Absätze 3 und 4 der Beschwerdebegründung) ist dieses Problem bereits in der D1 (siehe Spalte 1, Zeilen 23-33) als nächstliegendem Stand der Technik angesprochen. In der vorliegenden Anmeldung selbst hingegen ist es nicht erwähnt, weshalb die Kammer davon ausgeht, dass diesbezüglich keine solchen technischen Hürden zu überwinden waren. Auch bestand für eine Übertragung des Bedienkonzeptes von D2 auf die Lehre der D1 keine Veranlassung, die aus D1 bekannte Lösung der Problematik hoher Störpegel im Kfz zu modifizieren, da nicht die Art der Spracheingabe und -auswertung, sondern die Handhabung der Bedienung der Menüstruktur unterschiedlicher Geräte das zu lösende technische Problem darstellt. Diese Handhabung war mit den in D1 vorhandenen einsilbigen Sprachbefehlen ohne weiteres möglich.
5.8 Jedoch stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin dahingehend zu, dass der Fachmann bei der Übertragung der Kontext übergreifenden Sprach-Shortcut-Befehle wie z.B. "excel" aus D2 auf das Bedienkonzept in D1 auf technische Inkompatibilitäten stoßen würde. So ist in D1 vorgesehen, dass der Sinngehalt der Positionsindikatoren, denen die Sprach-Shortcut-Befehle zugeordnet sind, mit dem Wechsel einer Bedienebene ebenfalls wechselt und damit veränderlich ist (vgl. z.B. den Sprachbefehl "EINS" mit einer wechselnden Zuordnung von Funktionen wie anhand der Figuren 1 und 2 erkennbar). Die in D1 verwendeten Sprach-Shortcut-Befehle sind, anders als in D2, eben gerade nicht Kontext übergreifend, d.h. sie haben keine fest zugewiesenen menüunabhängigen Funktionen.
Der Fachmann, der ausgehend vom Bedienkonzept in D1 eine Lösung der objektiven Aufgabe sucht, würde bei einer Berücksichtigung der Anregungen in D2 also vor die Entscheidung gestellt, genau die Vorteile in D1 aufzugeben. Dies würde der Fachmann jedoch nicht in Betracht ziehen, da er keine Veranlassung hat, das in D1 als vorteilhaft dargestellte Bedienkonzept, welches bereits eine Bedienung einer Mehrzahl von unterschiedlichen Geräten ermöglicht, aufzugeben. Auf Grund besagter technischer Inkompatibilität ist die Kammer der Auffassung, dass eine Kombination der Lehre von D1 mit der in D2 für den Durchschnittsfachmann nicht nahegelegt war.
5.9 Der Gegenstand von Anspruch 1 dieses Antrags beruht daher in Bezug auf die Kombination von D1 und D2 auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent zu erteilen auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hilfsantrags 2 und einer daran anzupassenden Beschreibung.