European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2015:T136511.20151015 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 October 2015 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1365/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03706423.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | C07C 51/265 C07C 51/31 C07C 63/16 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG VON PHTHALSÄUREANHYDRID | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | ExxonMobil Chemical Patents Inc. LANXESS Deutschland GmbH Clariant Produkte (Deutschland) GmbH |
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Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Einspruchsgründe - Gegenstand geht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 29. März 2011, mit welcher das Patent widerrufen wurde.
II. Die Einspruchsabteilung hatte in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass das Streitpatent in seiner erteilten Form Änderungen enthielt, die nicht der ursprünglichen Anmeldung entnehmbar seien (Artikel 100 c) EPÜ). Die im Anspruch 1 des damaligen Hilfsantrages 1 vorgenommenen Änderungen erfüllten jedoch die Erfordernisse des Artikels 123(2) und (3) EPÜ. Die Einspruchsabteilung stellte fest, dass der Gegenstand der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 1 ausführbar und neu gegenüber dem Stand der Technik sei, aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung basiert auf den Ansprüchen des Hilfsantrages 1, dessen einziger unabhängiger Anspruch 1 folgenden Wortlaut hat:
"1. Verfahren zur Herstellung von Phthalsäureanhydrid durch Gasphasenoxidation von Xylol, Naphthalin oder Gemischen davon in einem mit einem Wärmeträgermedium thermostatisierten Rohrbündelreaktor an drei oder mehr als drei verschiedenen, schichtweise angeordneten ringförmigen Festbett-Träger-Katalysatoren, bestehend aus einem Träger aus einem Silikat, Siliciumcarbid, Porzellan, Aluminiumoxid, Magnesiumoxid, Zinndioxid, Rutil, Aluminiumsilikat, Magnesiumsilicat (Steatit), Zirkoniumsilicat oder Cersilicat oder Mischungen davon und katalytisch aktiven Bestandteilen, wobei das Verfahren so durchgeführt wird, dass die Maximaltemperatur in der in Strömungsrichtung zweiten Katalysatorschicht um 10 bis 40°C niedriger ist als die Maximaltemperatur in der ersten Katalysatorschicht, die Maximaltemperatur in der vom Gaseintritt her gesehenen dritten Schicht um 30 bis 100°C niedriger ist als diejenige der ersten Katalysatorschicht und die Maximaltemperatur in der ersten Katalysatorschicht weniger als 470°C beträgt."
III. Die Beschwerdeführerin verfolgte im Beschwerdeverfahren nur noch den Gegenstand des Hilfsantrages 1, auf dem die angefochtene Entscheidung basierte. In Bezug auf den Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ brachte sie vor, dass die ursprüngliche Anmeldung nur offenbare, dass der Träger ringförmig sei und nicht der mit diesem Träger hergestellte Katalysator. Der Fachmann wüsste aber, dass bei Verwendung eines ringförmigen Trägers auch der damit hergestellte Festbett-Träger-Katalysator ringförmig sei. Es sei zwar möglich, dass bei der Beschichtung des ringförmigen Trägers auch das Innere des Ringes mit dem Katalysator gefüllt werde. Das dabei entstehende Gebilde wäre dann jedoch kein ringförmiger Festbett-Träger-Katalysator und fiele auch nicht mehr unter die Definition des Festbett-Träger-Katalysators in Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag.
IV. Die Beschwerdegegnerinnen brachten vor, dass sich in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen keine Basis für das geänderte Merkmal im Anspruch 1 finde. Insbesondere sei durch die Änderung eine Eigenschaft, nämlich die geometrische Ausgestaltung, die nur für den Träger offenbart war, auf das Endprodukt, nämlich den Festbett-Träger-Katalysator übertragen worden. Nachdem aber die geometrische Form nicht zwangsläufig bei der Herstellung des Endproduktes beibehalten werde, sei die Übertragung des Merkmales "ringförmig" vom Träger auf den Festbett-Träger-Katalysator nicht durch die ursprünglichen Unterlagen gestützt.
V. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patentes auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 10 des Hilfsantrages 1, wie eingereicht am 1. Dezember 2010.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
VI. Am Ende der mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2015 vor der Kammer wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Artikel 100 c) EPÜ
2.1 Gegen das Streitpatent ist unter anderem der Einspruchsgrund erhoben worden, dass sein Gegenstand über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgehe.
2.2 Eine europäische Patentanmeldung darf nicht in der Weise abgeändert werden, dass ihr Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 123(2) EPÜ). Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob durch eine Änderung ein Gegenstand hinzugefügt wird, der über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinausgeht, ist nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern, ob durch die Abänderung der Anspruch technische Informationen umfasst, die sich nicht unmittelbar und eindeutig aus der Anmeldung in der eingereichten Fassung ableiten lassen (vgl. G 2/10, ABl. 2012, 376, Punkt 4.5 der Entscheidungsgründe; Rechtsprechung der Beschwerdekammern 7. Aufl., II.E.1, m. w. Nachw.).
2.3 Während Anspruch 1 der ursprünglichen Anmeldung auf ein Verfahren unter Einsatz von drei oder mehr als drei verschiedenen, schichtweise angeordneten "Festbettkatalysatoren" gerichtet ist, richtet sich der geltende Anspruch 1, wie auch der erteilte Anspruch 1 auf ein Verfahren unter Einsatz von drei oder mehr als drei verschiedenen, schichtweise angeordneten "ringförmigen Festbett-Träger-Katalysatoren".
2.4 An keiner Stelle der ursprünglichen Beschreibung findet sich eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung für die nunmehr beanspruchten "ringförmigen Festbett-Träger-Katalysatoren". Der einzige Hinweis auf eine ringförmige Ausgestaltung findet sich auf Seite 5, Zeilen 15 bis 16 der ursprünglichen Beschreibung. Diese Passage betrifft jedoch die Ausgestaltung des Trägers und nicht diejenige des damit hergestellten Endproduktes, nämlich des Träger-Katalysators.
Bei der Herstellung des Träger-Katalysators wird auf einen Träger die aktive Katalysatormasse aufgebracht. Wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht erhält man bei Verwendung eines ringförmigen Trägers in den meisten Fällen auch einen ringförmigen Träger-Katalysator. Sie räumte jedoch ein, dass in einigen Fällen bei der Aufbringung der aktiven Katalysatorbestandteile auch das Innere des ringförmigen Trägers mit Katalysatorbestandteilen gefüllt werde. Da somit bei Verwendung eines ringförmigen Trägers nicht zwangsläufig ein ringförmiger Träger-Katalysator erhalten wird, kann die Passage auf Seite 5 der ursprünglichen Anmeldung, die einen ringförmigen Träger betrifft, keine implizite Offenbarung eines ringförmigen Träger-Katalysators darstellen.
2.5 Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass die mit ringförmigen Trägern hergestellten Festbett-Träger-Katalysatoren, deren Inneres mit aktiven Katalysatorbestandteilen gefüllt sei, nicht ringförmig seien, so dass sie auch nicht unter die Definition der Festbett-Träger-Katalysatoren gemäß des geltenden Anspruchs 1 fielen.
2.6 Die Tatsache, dass nicht alle auf ringförmigen Trägern herstellbaren Träger-Katalysatoren unter die Definition des Anspruch 1 fallen, sondern nur diejenigen, die nach Aufbringen der aktiven Katalysatorbestandteile immer noch ringförmig sind, stellt jedoch eine technische Information dar, die der ursprünglichen Anmeldung nicht direkt und eindeutig entnehmbar ist.
2.7 Die Kammer gelangt daher zu der Auffassung, dass die Änderung, dass die gemäß Anspruch 1 einzusetzenden Festbett-Träger-Katalysatoren "ringförmig" sein müssen, nicht den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genügt. Da diese Änderung bereits in den erteilten Ansprüchen enthalten war folgt, dass der Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ durchgreift.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.