T 1044/11 () of 28.1.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T104411.20140128
Datum der Entscheidung: 28 Januar 2014
Aktenzeichen: T 1044/11
Anmeldenummer: 05742286.7
IPC-Klasse: B65B 25/14
B65B 51/30
B65B 51/16
B29C 65/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum verpacken von flachen Objekten
Name des Anmelders: Ferag AG
Name des Einsprechenden: SITMA S.p.A.
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Spät eingereichte Hilfsanträge - Zugelassen (1-10 (ja), 11-21 (nein)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 751 005 in geänderter Fassung aufrechtzuerhalten, hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) Beschwerde eingelegt.

Sie beantragte

- die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung in der Hauptsache (ohne Änderung der Nebenentscheidung über die andere Kostenverteilung im Einspruchsverfahren zugunsten der Beschwerdeführerin) und

- den Widerruf des europäischen Patents, und

- die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdegegnerin auf Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte

- die Zurückweisung der Beschwerde,

- hilfsweise, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis eines der Anspruchssätze, eingereicht als Hilfsanträge 1 bis 10 mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2013 und als Hilfsanträge 11 bis 21 während der mündlichen Verhandlung,

- weiter hilfsweise, die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung für den Fall, dass die von der Beschwerdeführerin neu eingereichten Dokumente D15, D16, D16EN, D18 bis D20, die von ihr geltend gemachte Vorbenutzung (Dokumente D21 bis D24), die von der Einspruchsabteilung nicht zugelassenen Dokumente D9 bis D11 und/oder die mit den Einwendungen Dritter eingereichten Dokumente E1 bis E7 ins Verfahren zugelassen werden sollten.

Soweit die Beschwerdegegnerin im schriftlichen Verfahren Anträge auf eine Kostenverteilung gestellt hatte (Schriftsatz vom 20. Dezember 2013, Anträge viii) und ix)) hat sie diese im Termin zur mündlichen Verhandlung wieder zurückgenommen.

II. Die Ansprüche 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge lauten wie folgt:

Hauptantrag

1. Verfahren zum Verpacken von flachen Objekten

wobei die flachen Objekte (1) in einem Förderstrom (3) hintereinander und voneinander beabstandet in einer Verpackungsmittel-Bahn (2a, 2b) in einer Bahnrichtung gefördert werden,

wobei die Verpackungsmittel-Bahn (2a, 2b) die flachen Objekte (1) beidseitig bedeckt und

am Förderstrom (3) mindestens je zwischen zwei aufeinanderfolgenden Objekten (1) mittels eines Bearbeitungsmittels (11) Querverbindungen zwischen einem oberen Bereich (2a) und einem unteren Bereich (2b) des Verpackungsmittels erstellt werden,

wobei das Bearbeitungsmittel (11) und der Förderstrom (3) mit im wesentlichen derselben Geschwindigkeit in dieselbe Richtung bewegt werden,

bei einer Bewegung des Bearbeitungsmittels (11) an den Förderstrom (3) heran ein federnd am Bearbeitungsmittel (11) befestigtes erstes Niederhaltemittel (12a) den oberen Bereich des Verpackungsmittels (2a) gegen den unteren Bereich des Verpackungsmittels (2b) drückt und bewegt, und

anschliessend das Bearbeitungsmittel (11) den oberen Bereich des Verpackungsmittels (2a) gegen den unteren Bereich des Verpackungsmittels (2b) drückt und dabei eine Bearbeitungsoperation ausführt, und

dadurch gekennzeichnet, dass

dass durch das Drücken des Bearbeitungsmittels (11) gegen den oberen und unteren Bereich des Verpackungsmittels (2) das Verpackungsmittel (2) gegen ein Trägerband (20) gedrückt wird, welches den Förderstrom (3) im Bereich der Bearbeitung trägt und fördert.

Das obige kennzeichnende Merkmal wird im Folgenden mit "1g" bezeichnet.

Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 10

Die Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen unterscheiden sich vom Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch die zusätzlichen Merkmale:

Hilfsantrag 1

[1h] mehrere Bearbeitungsmittel (11) jeweils in einer gleichförmigen Bewegung angetrieben und bewegt werden.

Hilfsantrag 2

[1i] ein Bewegungsmittel (14) zur gleichförmigen Bewegung einer Mehrzahl von Bearbeitungsmitteln (11) entlang einer Umlaufbahn ausgebildet ist, welche Umlaufbahn die Bearbeitungsmittel (11) im Bearbeitungsbereich in Kontakt mit dem Förderstrom (3) beginnt.

Hilfsanträge 3 und 4

[1j] das Trägerband (20) durch eine vom Bearbeitungsmittel (11) ausgeübte Kraft ausgelenkt wird.

Hilfsantrag 5

[1l] mehrere Bearbeitungsmittel (11) jeweils in einer gleichförmigen Bewegung an einer Ausgangsstellung vorbei mit im wesentlichen der Geschwindigkeit Förderstrom (3) an den Förderstrom (3) herangeführt werden, die Bearbeitungsoperation ausgeführt wird und anschliessend die Bearbeitungsmittel (11) auf einer Rückführstrecke wieder an der Ausgangsstellung vorbei zurückgeführt werden.

Hilfsantrag 6

[1l] mehrere Bearbeitungsmittel (11) jeweils in einer gleichförmigen Bewegung an einer Ausgangsstellung vorbei mit im wesentlichen der Geschwindigkeit Förderstrom (3) an den Förderstrom (3) herangeführt werden, die Bearbeitungsoperation ausgeführt wird und anschliessend die Bearbeitungsmittel (11) auf einer Rückführstrecke wieder an der Ausgangsstellung vorbei zurückgeführt werden und

[1m] zu jedem Zeitpunkt maximal ein Bearbeitungsmittel (11) zur Ausführung einer Bearbeitungsoperation in Kontakt mit dem Förderstrom (3) ist.

Hilfsantrag 7

[1l] mehrere Bearbeitungsmittel (11) jeweils in einer gleichförmigen Bewegung an einer Ausgangsstellung vorbei mit im wesentlichen der Geschwindigkeit Förderstrom (3) an den Förderstrom (3) herangeführt werden, die Bearbeitungsoperation ausgeführt wird und anschliessend die Bearbeitungsmittel (11) auf einer Rückführstrecke wieder an der Ausgangsstellung vorbei zurückgeführt werden und

[1m] zu jedem Zeitpunkt maximal ein Bearbeitungsmittel (11) zur Ausführung einer Bearbeitungsoperation in Kontakt mit dem Förderstrom (3) ist, wobei

[1n] die Bearbeitungsmittel (11) an einer Trommel (14) montiert sind und in einer Kreisbahn bewegt werden, und eine Förderrichtung Förderstromes (3) im wesentlichen tangential zu dieser Kreisbahn verläuft.

Hilfsantrag 8

[1o] die Bearbeitungsmittel zusammen den Niederhaltern (12a, 12b) im Bearbeitungsbereich durch eine entsprechende Vorrichtung zusätzlich in Richtung des Trägerbands bewegt werden.

Hilfsantrag 9

[1p] die Bearbeitungsmittel in Form von Schweißbalken 11 zur Variation des Abstands untereinander an einer Verstelleinrichtung angebracht sind.

Hilfsantrag 10

[1p] die Bearbeitungsmittel in Form von Schweißbalken 11 zur Variation des Abstands untereinander an einer Verstelleinrichtung angebracht sind, wobei

[1q] an jedem der Schweißbalken 11 jeweils ein vorlaufender und ein nachlaufender und ein nachlaufender

Niederhalter federnd angeordnet sind.

Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 11 bis 21

Die Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 11 bis 21 unterscheiden sich von den Ansprüchen 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 10 jeweils durch das weiter hinzugefügte Merkmal

[1r] wobei des Trägerband im Bearbeitungsbereich nicht unterstützt ist.

III. Stand der Technik

Im vorliegenden Verfahren wird auf die folgenden in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigten Entgegenhaltungen

D8 US-A-4 433 527

D13 US-A-4 058 426

D16 DE-A-1 253 904

Bezug genommen.

Die im Einspruchsverfahren nicht zugelassenen Entgegenhaltungen D9 bis D11, die in der Beschwerdebegründung weiter genannten Entgegenhaltungen D15 und D18 bis D20, die in den Einwendungen eines Dritten genannten Entgegenhaltungen E1 bis E7 und die im Hinblick auf eine behauptete offenkundige Vorbenutzung genannten Dokumente D21 bis D24 sind für die vorliegende Entscheidung nicht relevant.

IV. Angefochtene Entscheidung

Nach der angefochtenen Entscheidung sei dem Argument, dass die Kombination der Lehren der D8 und D13 in naheliegender Weise zum Gegenstand der unabhängigen Ansprüche führe, nicht zu folgen. D13 betreffe ein Verfahren, bei dem eine Folie von einer Rolle ausgehend um ein Objekt herumgeführt und hinter dem Objekt verschweißt werde. Bei diesem Verfahren stelle sich das Problem des Tragens und Förderns eines von einem Verpackungsmittel umgebenen Förderstroms nicht. Darüber hinaus sei die Verwendung eines Trägerbands in einer Vorrichtung nach D8 ohnehin nicht offensichtlich, weil die Funktion des unteren rotierenden Schweißelements nicht von einem Trägerband übernommen werden könne (Gründe, Punkt 18.2.2).

V. Das für die vorliegende Entscheidung wesentliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Dem Merkmal [1g] des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei die Bedeutung, dass es für sich alleine den Förderstrom im Bereich der Bearbeitung trage, nicht zu entnehmen.

b) Das Verfahren nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von dem Verfahren nach D8 als nächstkommenden Stand der Technik sei es nämlich naheliegend dessen Bearbeitungsbereich unter Berücksichtigung desjenigen nach D13 so zu modifizieren, dass in diesem das Verpackungsmittel von einem über Rollen geführtes Trägerband getragen und gefördert werde.

c) Die mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2013 als Hilfsanträge 1 bis 10 eingereichten Anspruchssätze seien nicht zuzulassen. Bezüglich sämtlicher Anträge gelte dies u.a. aufgrund des verspäteten Einreichens ohne ausreichenden Rechtfertigungsgrund, mangelnder Substantiierung, mangelnder prima facie Gewährbarkeit im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit sowie mangelnder Konvergenz dieser Hilfsanträge. Betreffend die einzelnen Hilfsanträge stünden weiterhin Mängel bezüglich der ursprünglichen Offenbarung und der Klarheit einzelner Anspruchsänderungen dem Zulassen dieser Anträge entgegen.

d) Die während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer als Hilfsanträge 11 bis 21 eingereichten Anspruchssätze seien u.a. aus den betreffend die Hilfsanträge 1 bis 10 genannten Gründen nicht zuzulassen. Weiterhin sei das in sämtlichen Ansprüchen 1 dieser Anträge enthaltene Merkmal [1r] der Beschreibung isoliert, außerhalb des Kontexts, in dem es dort genannt sei, entnommen, so dass für jeden dieser Ansprüche 1 das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfüllt sei.

e) Die gleichlautenden Gegenstände der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 3 und 4 beruhten gegenüber einer Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen D8 und D13 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

VI. Das für die vorliegende Entscheidung wesentliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Der Angabe des Merkmals [1g], dass das Trägerband den Förderstrom im Bereich der Bearbeitung trägt und fördert, entnehme der Fachmann eindeutig, dass diese Funktionen auf das Trägerband als solches, ohne dass es seinerseits noch anderweitig unterstützt werde, zurückgehen.

b) Das Verfahren nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von dem Verfahren nach D8 als nächstkommenden Stand der Technik habe der Fachmann aufgrund der im Vergleich zu diesem Verfahren unterschiedlichen Vorgehensweise zum Verpacken nach D13 keine Veranlassung, diese Entgegenhaltung im Zusammenhang mit einer Weiterbildung des Verfahrens nach D8 in Betracht zu ziehen. Dafür sprächen im Übrigen auch die unterschiedlichen internationalen Patentklassifizierungen beider Entgegenhaltungen. Selbst wenn der Fachmann D13 berücksichtigt hätte, hätte dies nicht zu einer Modifizierung des Bearbeitungsbereichs dahingehend zu führen vermocht, anstelle der nach D8 notwendigen Anordnung eines Gegenstücks zu dem Bearbeitungsmittel ein Trägerband entsprechend dem Merkmal [1g] vorzusehen.

Die mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2013 als Hilfsanträge 1 bis 10 eingereichten Anspruchssätze seien ungeachtet ihrer Verspätung zuzulassen. Es sei diesbezüglich offensichtlich, dass sie den Versuch darstellten auf die zahlreichen, auf die Beschwerdeführerin und die Einwendungen eines Dritten zurückgehenden, verspätet eingereichten Entgegenhaltungen einschließlich einer behaupteten offenkundige Vorbenutzung einzugehen. Da nicht abzusehen war, ob und ggfs. welche dieser Entgegenhaltungen zugelassen werden, sei die Formulierung von Hilfsanträgen mit in unterschiedliche Richtungen gehenden unabhängigen Ansprüchen gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung der Entgegenhaltungen D8, D13 und D16 könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Hilfsanträge nicht prima facie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.

c) Dies gelte auch im Hinblick auf die während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer als Hilfsanträge 11 bis 21 eingereichten Anspruchssätze. Diese Hilfsanträge seien eingereicht worden, nachdem ersichtlich geworden sei, dass die Kammer dem Verständnis der Beschwerdegegnerin betreffend das Merkmal [1g] nicht folge.

d) Die gleichlautenden Gegenstände der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 3 und 4 beruhten gegenüber einer Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen D8 und D13 auf erfinderischer Tätigkeit, weil keiner dieser Entgegenhaltungen entnommen werden könne, dass das Trägerband entsprechend dem Merkmal [1j] durch eine vom Bearbeitungsmittel ausgeübte Kraft ausgelenkt wird. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass diese Auslenkung, wie der Beschreibung deutlich zu entnehmen, dazu dient, dass die Kontaktfläche wie auch die Dauer des Kontaktes zwischen dem Bearbeitungsmittel, wie bspw. einem Schweißbalken, und dem Verpackungsmittel verlängert wird.

VII. Die Kammer hat in ihrer Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung (im Folgenden: Ladungsbescheid) u.a. im Hinblick auf die angefochtene Entscheidung ausgeführt, dass, abhängig von der Relevanz der Entgegenhaltungen D19 und D20, zu prüfen sein werde, inwieweit die angefochtene Entscheidung und der darin als Ausgangspunkt berücksichtigte Stand der Technik betreffend die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit noch als von Bedeutung angesehen werden können (Punkt 6.1).

Betreffend das Merkmal [1g] (sämtlicher Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 10) wurde ausgeführt (Punkt 8.5.2) dass

"im Sinne des Verständnisses der Beschwerdegegnerin (vgl. den Schriftsatz vom 28. November 2012, Seite 2, Punkt 3. Zu Punkt 1.f)) zuzutreffen (scheine), dass das Trägerband den Förderstrom im Bereich der Bearbeitung trägt und fördert.

Dem Merkmal scheint jedoch bspw. nicht zu entnehmen zu sein, dass das Trägerband als für sich alleine tragend zu erachten ist und insofern einen "nicht unterstützten" Bereich aufweist wie sich dies nur aus der Beschreibung (vgl. Abschnitte [0033] und [0034] sowie Figur 1) zu ergeben scheint. Vgl. dazu auch die in Abschnitt [0013] angegebene Alternative: "Das Trägerband vorzugsweise im Bearbeitungsbereich nicht unterstützt, wird also nur außerhalb des Bearbeitungsbereiches über Rollen geführt." sowie die Ansprüche 4 und 13 der erteilten Fassung.

Im Hinblick auf die Offenbarung der Beschreibung und der Figuren des Streitpatents sei der Vollständigkeit wegen darauf verwiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung an sich klare Ansprüche und Merkmale (wie im vorliegenden Fall) so wie im Anspruch definiert, ohne Rückgriff auf die Beschreibung und die Figuren zu verstehen sind".

VIII. Am 28. Januar 2014 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, an deren Ende die Entscheidung verkündet worden ist.

Entscheidungsgründe

1. Zulassen der während der mündlichen Verhandlung als Hilfsanträge 11 bis 21 eingereichten Anspruchssätze

1.1 Die genannten Anspruchssätze wurden während der mündlichen Verhandlung eingereicht, nachdem mangelnde erfinderische Tätigkeit bezüglich des Verfahrens nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag festgestellt worden war.

Der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit liegt anspruchsseitig das in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörterte und im Anschluss daran den Parteien mitgeteilte Verständnis der Kammer bezüglich der Bedeutung des Merkmals [1g] zugrunde. Danach ist dieses Merkmal mangels einer weiteren Definition in struktureller und/oder funktioneller Hinsicht entgegen der Sichtweise der Beschwerdegegnerin nicht so zu verstehen, dass das Trägerband für sich allein und ohne Unterstützung im Bearbeitungsbereich den Förderstrom dort trägt und fördert.

1.2 Das Merkmal [1g] sämtlicher Ansprüche 1 der angesprochenen Hilfsanträge 11 bis 21 wurde ergänzt durch das der Beschreibung (Abschnitte [0013] und [0028]) entnommene Merkmal [1r], nach dem das Trägerband im Bearbeitungsbereich nicht unterstützt ist.

1.3 Diesbezüglich wurde seitens der Beschwerdeführerin ein Verstoß gegen das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ geltend gemacht, weil das neu aufgenommene Merkmal isoliert, und damit herausgelöst von dem Kontext des dieses alleinig enthaltenden Beschreibungsteils, aufgenommen worden sei. Die angesprochenen Beschreibungsteile (Abschnitte [0013] und [0028]) offenbarten nämlich unmittelbar und eindeutig, jedoch ausschließlich, dass das im Bearbeitungsbereich nicht unterstützte Trägerband außerhalb des Bearbeitungsbereiches über Rollen geführt werde.

1.4 Die Kammer hat während der mündlichen Verhandlung den Parteien mitgeteilt, dass sie diesen Einwand als zutreffend erachtet und allein aus diesem Grunde die Anspruchssätze nach den Hilfsanträgen 11 bis 21 nicht zuzulassen seien.

1.5 Die Beschwerdegegnerin hat zwar zu erkennen gegeben, dass sie bereit sei, diesen Einwand durch eine entsprechende Änderung des Merkmals [1r] auszuräumen. Sie hat aber weder bei der Erörterung des Zulassens der in Rede stehenden Hilfsanträge 11 bis 21 noch bei der Erörterung des Zulassens der Hilfsanträge 1 bis 10 oder während des Verlaufs der mündlichen Verhandlung entsprechend gehandelt.

Der Vollständigkeit wegen sei angemerkt, dass während der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit gegeben war, entsprechende geänderte Anträge, deren Zulassen in das Verfahren nach wie vor zu prüfen gewesen wäre, einzureichen und sich die Kammer, aufgrund der in inter-partes Beschwerdeverfahren gebotenen Pflicht zur Gleichbehandlung der Parteien und damit zur Unparteilichkeit außer Stande sah, zum Einreichen derartiger Anträge explizit aufzufordern.

1.6 Die Kammer hat folglich ihr Ermessen bezüglich des Zulassens der Hilfsanträge 11 bis 21 in das Verfahren aufgrund des angesprochenen Mangels der unzulässigen Erweiterung und der daraus resultierenden fehlenden prima facie Gewährbarkeit jedes der Ansprüche 1 dieser Hilfsanträge dahingehend ausgeübt, diese Hilfsanträge nicht in das Verfahren zuzulassen.

2. Zulassen der mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2013 als Hilfsanträge 1 bis 10 eingereichten Anspruchssätze

2.1 Seitens der Beschwerdegegnerin wurde nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung der Feststellung nicht widersprochen, dass durch das Einreichen der o.g. Hilfsanträge 1 bis 10 der mit Schriftsatz vom 28. November 2012 eingereichte Hilfsantrag 2 ersetzt worden ist. Auf den mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2011 eingereichten Hilfsantrag hatte die Beschwerdegegnerin mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2013 verzichtet.

2.2 Betreffend das Zulassen der Hilfsanträge 1 bis 10 wurde, ausgehend von dem Vorbringen der Parteien, u.a. ein Rechtfertigungsgrund für das verspätete Vorbringen, die Substantiierung im Hinblick auf diese Hilfsanträge, deren ursprüngliche Offenbarung, deren Konvergenz bzw. Divergenz, und deren prima facie Gewährbarkeit im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit, erörtert.

2.3 Das Ergebnis der Ermessensausübung der Kammer (Artikel 13(1) VOBK) betreffend das Zulassen dieser Hilfsanträge unter Berücksichtigung der seitens der Parteien vorgebrachten Umstände ist im Folgenden angegeben:

2.3.1 Die Hilfsanträge 3 und 4 wurden trotz ihres verspäteten Einreichens in das Verfahren zugelassen. Ihnen liegt nach Auffassung der Kammer der Versuch zu Grunde, auf seitens der Beschwerdeführerin und durch Einwendungen eines Dritten neu vorgebrachten Stand der Technik, über dessen Zulassen in das Verfahren zum Zeitpunkt des Einreichens der Hilfsanträge noch nicht entschieden worden war (vgl. den Ladungsbescheid, Punkte 8.1.4 und 8.2.3), zu reagieren.

Die gleichlautenden Ansprüchen 1 beider Anträge wurden weiter gekennzeichnet durch das gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hinzugefügte Merkmal [1j], das dessen kennzeichnendes Merkmal [1g] weiterbildet in einer Richtung die, wie seitens der Beschwerdegegnerin argumentiert, in der Beschreibung als vorteilhaft hervorgehoben ist (vgl. den nachfolgenden Punkt 5.2).

2.3.2 Die Hilfsanträge 1 und 2 wurden mangels prima facie Gewährbarkeit nicht zugelassen. Die zusätzlichen Merkmale der Ansprüche 1 dieser Anträge betreffen, wie auch diejenigen des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 7, nicht die Weiterbildung des kennzeichnenden Merkmals [1g] dieser Ansprüche, sondern die Anzahl und den Antrieb der Bearbeitungsmittel.

Nach dem Merkmal [1h] des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 werden mehrere Bearbeitungsmittel jeweils in einer gleichförmigen Bewegung angetrieben und bewegt.

Nach dem Merkmal [1i] des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist ein Bewegungsmittel zur gleichförmigen Bewegung einer Mehrzahl von Bearbeitungsmitteln entlang einer Umlaufbahn ausgebildet, welche Umlaufbahn die Bearbeitungsmittel im Bearbeitungsbereich in Kontakt mit dem Förderstrom bringt.

Wie ausführlich in Zusammenhang mit dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 dargestellt (siehe Punkt II), nach dessen zusätzlichen Merkmalen mehrere Bearbeitungsmittel an einer Trommel montiert sind und in einer Kreisbahn bewegt werden, ist im Rahmen der gebotenen prima facie Prüfung davon auszugehen, dass es bekannt ist bei derartigen Verfahren mehrere Bearbeitungsmittel einzusetzen. Die geht auch aus Absatz [0007] des Streitpatents hervor. In diesem Zusammenhang wurde seitens der Beschwerdeführerin auf die auf die Beschwerdegegnerin zurückgehende dort erwähnte D16 verwiesen, nach der mehrere Bearbeitungsmittel in Form von Werkzeugelementen 3 auf einer Bearbeitungstrommel 1 angeordnet sind (vgl. bspw. den die Seiten 9 und 10 überbrückenden Absatz; Figuren 1, 2). Die Beschwerdegegnerin hat sich in der mündlichen Verhandlung auf die Berücksichtigung der D16 in diesem Zusammenhang eingelassen und keinen Einwand betreffend des Nichtzulassens der D16 erhoben. Die Kammer erachtet - im Rahmen der prima facie Prüfung - die Auffassung der Beschwerdeführerin als zutreffend, dass es im Rahmen handwerklichen Handelns liegend anzusehen ist eine Trommel mit derartigen Bearbeitungsmitteln auch bei dem Verfahren nach D8 bedarfsweise einzusetzen.

Dieses Ergebnis auf die Verfahren nach den Ansprüchen 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 anwendend kam die Kammer im Rahmen ihrer Ermessensausübung betreffend das Zulassen der Hilfsanträge 1 und 2 zu dem Ergebnis, dass diese mangels prima facie Gewährbarkeit aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D8 in Verbindung mit D13 und D16 nicht zuzulassen sind.

2.3.3 Die Gegenstände der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 5 bis 10 divergieren gegenüber den Gegenständen der Ansprüche 1 der vorhergehenden Anträge bereits aus dem Grund, dass in ihnen Merkmal [1j] der Ansprüche 1 der vorhergehenden Hilfsanträge 3 und 4 (vgl. obigen Punkt 2.3.1) nicht mehr enthalten ist. Die Beschwerdegegnerin, die diese Divergenz nicht in Abrede gestellt hat, argumentierte, dass es ihr erlaubt sein müsse, angesichts der Unsicherheit zum Zeitpunkt des Einreichens dieser Hilfsanträge bezüglich des Zulassens der verspätet eingereichten Entgegenhaltungen, Hilfsanträge einzureichen, deren Ansprüche 1 in unterschiedlichen Richtungen weitergebildet seien. Die Kammer erachtet angesichts der Umstände des vorliegenden Falles dieses Argument jedoch als nicht geeignet, das Zulassen der divergierenden Hilfsanträge 5 bis 10 zu rechtfertigen.

2.3.4 Das Merkmal [1g] trage nach der angefochtenen Entscheidung (Gründe, Punkt 18.2.2) maßgeblich dazu bei, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruhend angesehen werden kann. Im Ladungsbescheid (vgl. Punkt 8.5.2) wurde ausführlich dargelegt, welche, in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigte, Aspekte bei der Ermittlung der Bedeutung des Merkmals [1g] zu berücksichtigen sind.

Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 3 und 4 umfassen das zusätzliche Merkmal [1j] das, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, als Weiterbildung des Merkmals [1g] zur Klärung der Bedeutung dieses Merkmals beitragend erachtet werden kann (vgl. obigen Punkt 2.3.1).

Die Ansprüche 1 der weiteren Hilfsanträge 5 bis 10, die das der Klärung dienende Merkmal [1j] nicht mehr enthalten, müssen folglich als gegenüber den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 3 und 4 divergierend angesehen werden und können folglich bereits aus diesem Grund - ungeachtet der seitens der Beschwerdeführerin diesbezüglich vorgebrachten weiteren Einwände - nicht zugelassen werden.

3. Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag (aufrechterhaltene Fassung)

Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag betrifft unstreitig, wie in dem Ladungsbescheid (vgl. Punkt 8.5.1) ausgeführt, ein Verfahren zum Verpacken von flachen Objekten die in einem Förderstrom in einer Verpackungsmittel-Bahn nach dem Merkmal [1a] gefördert werden und entsprechend dem Merkmal [1b] von der Verpackungsmittel-Bahn beidseitig bedeckt sind.

Nach den Merkmalen [1c] bis [1f] werden am Förderstrom mindestens je zwischen zwei aufeinanderfolgenden Objekten mittels eines Bearbeitungsmittels Querverbindungen zwischen einem oberen Bereich und einem unteren Bereich des Verpackungsmittels erstellt.

Betreffend das Merkmal [1g] scheint, wie im Ladungsbescheid (Punkt 8.5.2) ausgeführt, im Sinne des Verständnisses der Beschwerdegegnerin (vgl. den Schriftsatz vom 28. November 2012, Seite 2, Punkt 3. Zu Punkt 1.f)) zuzutreffen, dass das Trägerband den Förderstrom im Bereich der Bearbeitung trägt und fördert.

Die Beschwerdegegnerin vermochte die Kammer jedoch nicht davon zu überzeugen, dass ihre in dem Ladungsbescheid als vorläufig angegebene Meinung nicht zutrifft. Danach ist dem "Dem Merkmal ... nicht zu entnehmen ..., dass das Trägerband als für sich alleine tragend zu erachten ist und insofern einen "nicht unterstützten" Bereich aufweist wie sich dies nur aus der Beschreibung (vgl. Abschnitte [0033] und [0034] sowie Figur 1) zu ergeben scheint. Vgl. dazu auch die in Abschnitt [0013] angegebene Alternative: "Das Trägerband vorzugsweise im Bearbeitungsbereich nicht unterstützt, wird also nur außerhalb des Bearbeitungsbereiches über Rollen geführt." sowie die Ansprüche 4 und 13 der erteilten Fassung".

Wie im Ladungsbescheid weiter angegeben, ist im vorliegenden Fall eines unstreitig klaren Anspruchs 1 nach ständiger Rechtsprechung dieser Anspruch und damit auch dessen Merkmal [1g] so wie im Anspruch definiert, ohne Rückgriff auf die Beschreibung und die Figuren, zu verstehen.

4. Erfinderische Tätigkeit

a) Verfahren nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag

4.1 Gegen die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von dem Verfahren nach D8 als nächstkommenden Stand der Technik wurde seitens der Beschwerdegegnerin kein Einwand erhoben.

4.2 Diese Vorgehensweise entspricht derjenigen nach der angefochtenen Entscheidung.

Danach (vgl. Gründe, Punkt 18.2.2) unterscheidet sich das Verfahren nach dem Anspruch 1 von demjenigen nach D8 dadurch, "dass die Niederhaltemittel das Verpackungsmittel gegen ein Trägerband drücken, welches den Förderstrom im Bereich der Bearbeitung trägt und fördert".

Soweit damit neben dem Merkmal [1g] auch das Merkmal [1e] als Unterscheidungsmerkmal angesehen wird, vermag dem die Kammer, wie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, nicht zu folgen. Bei dem Verfahren nach der D8 sind nämlich, was seitens der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten wurde, Niederhaltemittel 46 vorhanden die den oberen Bereich des Verpackungsmittels gegen den unteren Bereich drücken und bewegen (Spalte 4, Zeilen 6 - 19; Figuren 3, 4 und 7 bis 10).

4.3 Bei dem Verfahren nach D8 wird durch das Drücken des Bearbeitungsmittels gegen den oberen und unteren Bereich des Verpackungsmittels das Verpackungsmittel gegen ein Amboßelement als Gegenstück (anvil assembly 39, vgl. Spalte 4, Zeilen 6 - 19; Figuren 1, 3, 4 und 7 - 10) gedrückt.

4.4 Das Verfahren nach dem Anspruch 1 unterscheidet sich somit von demjenigen nach D8 durch das Unterscheidungsmerkmal [1g]. Danach wird durch das Drücken des Bearbeitungsmittels gegen den oberen und unteren Bereich des Verpackungsmittels das Verpackungsmittel gegen ein Trägerband als Gegenstück gedrückt. Das Trägerband hat dabei die im Merkmal [1g] definierte Wirkung gemäß der es den Förderstrom im Bereich der Bearbeitung trägt und fördert.

4.5 Ausgehend von dieser Wirkung kann die ausgehend von dem Verfahren nach D8 durch dasjenige nach dem Anspruch 1 des Streitpatents gelöste Aufgabe, übereinstimmend mit der angefochtenen Entscheidung (Gründe, Punkt 18.2.2), darin gesehen werden, "das bekannte Verfahren ... dahingehend zu verbessern, dass der Förderstrom aus Objekten in dem Verpackungsmittel auch bei der Bearbeitungsoperation ununterbrochen getragen und gefördert wird".

4.6 Nach einer ersten Argumentationslinie der Beschwerdegegnerin würde der Fachmann ausgehend von der D8 die Entgegenhaltung D13 gänzlich unberücksichtigt lassen, weil bei dem dortigen Verfahren das Verpacken der Objekte auf grundsätzlich andere Art erfolge als dies nach der D8 und auch dem Verfahren nach dem Anspruch 1 des Streitpatents der Fall sei. Die Beschwerdegegnerin verwies in diesem Zusammenhang auch auf die unterschiedlichen Klassifizierungen nach der Internationalen Patentklassifikation. So gehöre D8 der IPC B65B 9/12; B30B 5/02 und D13 der IPC B31F 31/00 an, was ein Indiz dafür sei, dass der Fachmann eine Kombination von Lehren dieser beiden Entgegenhaltungen nicht in Betracht gezogen hätte.

Die Kammer erachtet die diesbezügliche Argumentation der Beschwerdeführerin als zutreffender nach der, unabhängig von Unterschieden betreffend die Klassifikation, beide Entgegenhaltungen übereinstimmend mit dem Streitpatent Verfahren zum Verpacken von flachen Objekten beträfen und folglich davon auszugehen sei, dass der Fachmann auf der Suche nach Möglichkeiten zur Lösung der das Verfahren nach D8 betreffenden Aufgabe auch das Verfahren nach D13 berücksichtigen werde.

4.7 Nach einer zweiten Argumentationslinie der Beschwerdegegnerin würde der Fachmann, der ausgehend von dem Verfahren nach D8 eine Lösung der genannten Aufgabe anstrebe und die Entgegenhaltung D13 in Betracht ziehe, dieser keine Anregung in Richtung auf die Lösung nach dem Anspruch 1 entnehmen können, weil nach dem dort offenbarten Verfahren die Objekte in anderer Weise als nach der D8 oder dem Anspruch 1 des Streitpatents verpackt würden. Diese Argumentationslinie stimmt mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung überein (Gründe, Punkt 18.2.2). Danach betrifft die D13 ein Verfahren, bei dem "eine Folie von der Rolle um ein Objekt herumgeführt und hinter dem Objekt verschweißt wird", so dass es sich "um ein wesentlich anderes Verfahren (handelt), wobei sich das Problem des Tragens und Förderns eines Förderstroms in einem Verpackungsmittel (richtigerweise: in einem Bearbeitungsbereich) nicht stellt".

Bei dieser Argumentationslinie bzw. Begründung bleibt außer Betracht, dass das Verfahren nach D8 den nächstkommenden Stand der Technik darstellt von dem aus die Aufgabe zu lösen ist. Im Gegenzug ist D13 als weiterer Stand der Technik zu berücksichtigen im Hinblick auf eine deren Offenbarung zu entnehmende, zu einer Lösung der Aufgabe beitragende, Anregung.

Es ist folglich, wie seitens der Beschwerdeführerin ausgeführt, unbeachtlich, dass sich die Aufgabe eines Tragens und Förderns eines Förderstroms im Bearbeitungsbereich bei dem Verfahren nach D13 nicht ausdrücklich stellt. Maßgeblich ist, wie gleichfalls seitens der Beschwerdeführerin ausgeführt, dass bei dem Verfahren nach D13 im Bearbeitungsbereich ein Tragen und Fördern des jeweils zu verpackenden Objektes erfolgt.

Dazu ist nach der D13 dem Bearbeitungsmittel gegenüberliegend als Gegenstück ein Trägerband 40 angeordnet, das im Bearbeitungsbereich durch eine nachgiebige Rolle 16 unterstützt wird (D13, Spalte 4, Zeilen 22 - 32; 56 - 63; Figuren 1 und 7).

4.8 Der Fachmann, der ausgehend von dem Verfahren nach D8 eine Lösung der angesprochenen Aufgabe anstrebt, wird folglich durch das Verfahren und die Vorrichtung nach D13 dazu angeregt, anstelle des als Amboßelement ausgebildeten Gegenstücks nach D8, das Trägerband nach der D13 einzusetzen um auch im Bearbeitungsbereich den Förderstrom tragen und fördern zu können.

Für einen derartigen Ersatz des Gegenstücks durch die Anordnung nach D13 bedarf es auch insofern, entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin keiner erfinderischen Tätigkeit, weil unter Beibehaltung des Verfahrens nach D8 im Übrigen lediglich das ein vorrichtungsseitiges Element bildende Gegenstück durch das aus D13 bekannte Gegenstück auszutauschen ist. Es wurde nicht dargetan, dass eine derartige Modifikation bezüglich des Verfahrens nach D8 nicht durch eine im Rahmen handwerklichen Könnens liegende Maßnahme vorgenommen werden kann.

4.9 Das Verfahren nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

b) Verfahren nach dem Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 3 und 4

5. Die übereinstimmenden Ansprüche 1 der Hilfsanträge 3 und 4 betreffen ein Verfahren, dass gegenüber demjenigen nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch weitergebildet ist, dass entsprechend dem Merkmal [1j] das Trägerband durch eine vom Bearbeitungsmittel ausgeübte Kraft ausgelenkt wird.

5.1 Bezüglich der Merkmale des Anspruchs 1, die mit denjenigen des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag übereinstimmen, gelten die obigen Ausführungen hinsichtlich der mangelnden erfinderischen Tätigkeit sinngemäß.

5.2 Bezüglich des hinzugefügten Merkmals [1j] war die Beschwerdegegnerin der Auffassung, dass dem Auslenken eine besondere, in der Beschreibung genannte Wirkung zukomme.

Danach sei das Auslenken derart, dass sich dadurch die Kontaktfläche und auch die Dauer des Kontaktes zwischen dem Bearbeitungsmittel und dem Verpackungsmittel vergrößere (vgl. die Abschnitte [0033] und [0038] der Beschreibung des Streitpatents).

Die Beschwerdegegnerin hat zur Untermauerung ihrer Argumentation auch auf die in der Beschreibung genannten Größenangaben betreffend die Auslenkung verwiesen (wenige Millimeter, weniger als 2 bis 3 Zentimeter), wie auch die Schweißzeit von 0.05 Sekunden bei einer Leistung von 30.000 Einheiten pro Stunde und einer Fördergeschwindigkeit von 2 m/s sowie der entsprechenden Länge des Bearbeitungsbereichs von ca. 2 cm (vgl. die Abschnitte [0034] und [0035]).

Die Kammer hat betreffend diese Ausführungen der Beschwerdegegnerin jedoch in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen, dass sich die angesprochenen Angaben in keinster Weise in konkreten Merkmalen des Anspruchs 1 widerspiegeln und sie deshalb bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens nach dem Anspruch 1 nicht berücksichtigt werden können.

Der im Merkmal [1j] nicht weiter definierten Auslenkung kann folglich, übereinstimmend mit der Auffassung der Beschwerdeführerin, keine spezifische, bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigende, Wirkung zuerkannt werden. Das Merkmal [1j] ist folglich ohne Einfluss auf die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit.

Das Verfahren nach dem Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 3 und 4 in beruht demzufolge aus den bezüglich des Verfahrens nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag genannten Gründen (vgl. obigen Punkt 4) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

Dies gilt umso mehr, als auch das Trägerband nach D13 mittels einer flexiblen Rolle 16 abgestützt ist und deshalb auch dieses Trägerband übereinstimmend mit dem Merkmal [1j] durch eine vom Bearbeitungsmittel ausgeübte Kraft ausgelenkt wird (siehe Figur 7).

6. Es beruht somit keines der Verfahren nach den Ansprüchen 1 der in das Beschwerdeverfahren zugelassenen Anträge auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass das Patent zu widerrufen ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben, unbeschadet der Nebenentscheidung zur anderen Kostenverteilung.

2. Das Patent wird widerrufen.

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