European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T087411.20161025 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 October 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0874/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05018740.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01N 21/35 G01N 21/47 G08G 1/16 G08B 19/02 G08G 1/0967 G08G 1/0962 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zur Bestimmung der Beschaffenheit einer Oberfläche einer Fahrbahn | ||||||||
Name des Anmelders: | Volkswagen Aktiengesellschaft AUDI AKTIENGESELLSCHAFT |
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Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja Erfinderische Tätigkeit - geänderte Ansprüche) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerinnen (Patentanmelderinnen) richteten ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 05018740.0 (Veröffentlichungsnummer 1635163) zurückgewiesen worden ist.
In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Prüfungsabteilung in Bezug auf die damals geltenden Anträge die Auffassung, dass
- der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag und dem ersten und zweiten Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber den Entgegenhaltungen
D1: DE-A-4133359
D3: DE-A-4235104
beruhe (Artikel 56 EPÜ), und
- der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem zweiten Hilfsantrag zudem nicht klar sei (Artikel 84 EPÜ).
II. Mit der Beschwerdebegründung haben die Beschwerdeführerinnen beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der seinerzeit vorliegenden Unterlagen zu erteilen. Zur Stützung ihres Vorbringens haben die Beschwerdeführerinnen folgendes Dokument eingereicht:
X1: "DUDEN - Schülerduden - Die Physik", 1974; Seite mit bibliographischen Daten und Seiten 56 und 57.
Für den Fall, dass die Kammer beabsichtigen sollte, die Anmeldung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen, haben die Beschwerdeführerinnen beantragt, die Anmeldung aufgrund der Besorgnis der Befangenheit der Prüfungsabteilung an eine andere Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.
III. Mit einer der Ladung zu einer anberaumten mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung hat die Kammer folgende Dokumente ins Verfahren eingeführt:
A1: Auszug aus refractiveindex.info, Refractive index database, Optical constants of H2O
A2: DE-A-19747017
und ihre vorläufige Auffassung der Sach- und Rechtslage dargelegt.
IV. Auf die vorgenannte Mitteilung der Kammer hin haben die Beschwerdeführerinnen mit Schreiben vom 9. September 2016 ihre Anträge klargestellt und neue Hilfsanträge eingereicht. Als Hauptantrag haben die Beschwerdeführerinnen die Erteilung eines Patents auf der Grundlage folgender Unterlagen beantragt:
- Ansprüche 1 bis 11, eingereicht mit Schreiben vom 6. September 2010;
- Beschreibungsseiten 1, 3 und 6 bis 12 wie ursprünglich eingereicht, Beschreibungsseiten 2, 2a und 2b, eingereicht mit Schreiben vom 26. April 2007, und Beschreibungsseiten 4 und 5, eingereicht mit Schreiben vom 6. September 2010; und
- Zeichnungsblätter 1/5 bis 5/5 wie ursprünglich eingereicht.
V. In Erwiderung auf eine weitere Mitteilung der Kammer haben die Beschwerdeführerinnen mit Schreiben vom 7. Oktober 2016 einen neuen Anspruchssatz (Ansprüche 1 bis 7) und geänderte Seiten 2a, 3, 4, 7, 8 und 10 der Beschreibung gemäß neuem Hauptantrag eingereicht. Dabei wurde der gesamte Text auf der neu eingereichten Seite 4 gestrichen.
VI. Daraufhin wurde der Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben.
VII. Anspruch 1 gemäß dem geltenden Hauptantrag lautet wie folgt:
"Kraftfahrzeug (1) mit einer Vorrichtung (5) zur Bestimmung der Beschaffenheit einer Oberfläche einer Fahrbahn (2), die Vorrichtung (5) umfassend:
einen lichtempfindlichen Sensor (11) zur Messung eines von der Oberfläche der Fahrbahn (2) reflektierten Lichtsignals (LVR); und
einen Analysator (14) zur Bestimmung einer Fahrbahnbeschaffenheitsangabe (ROAD) in Abhängigkeit der Leistung (Plambda1 , Plambda2 , Plambda3) des Lichtsignals (LVR) bei einer ersten Wellenlänge (lambda1) im Infrarotbereich, bei einer zweiten Wellenlänge (lambda2) im Infrarotbereich sowie bei zumindest einer dritten Wellenlänge (lambda3) im Infrarotbereich,
dadurch gekennzeichnet, dass mittels des lichtempfindlichen Sensors (11) das in einem in Abhängigkeit der Geschwindigkeit (v) des Kraftfahrzeuges (1) einstellbaren Abstand (D) vor dem Kraftfahrzeug (1) von der Oberfläche der Fahrbahn (2) reflektierte Lichtsignal (LVR) messbar ist, wobei die Fahrbahnbeschaffenheitsangabe (ROAD) die Zustandsangaben ,Eis auf der Fahrbahn', ,Schnee auf der Fahrbahn', ,nasse Fahrbahn', und ,trockene Fahrbahn' umfasst."
Der Anspruchssatz gemäß Hauptantrag beinhaltet auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 7, die sich auf bevorzugte Ausführungsformen des Kraftfahrzeugs nach Anspruch 1 richten.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag - Änderungen
Der geänderte Anspruch 1 gemäß dem geltenden Hauptantrag ergibt sich aus der Kombination der Merkmale des Anspruchs 1 und des abhängigen Anspruchs 8 wie ursprünglich eingereicht mit Merkmalen aus den Passagen auf Seite 7, letzter Absatz und Seite 8, vorletzter Absatz der ursprünglich eingereichten Beschreibung. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 7 gemäß Hauptantrag entsprechen inhaltlich jeweils den abhängigen Ansprüchen 2 bis 6 und 9 wie ursprünglich eingereicht. Der geänderte Anspruchssatz gemäß dem geltenden Hauptantrag erfüllt somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
Die vorgenommenen Änderungen der Beschreibung betreffen die Würdigung des Standes der Technik (Regel 27 (1) (b) EPÜ 1973) und die Anpassung an die beanspruchte Erfindung (Artikel 84 und Regel 27 (1) (c) EPÜ 1973).
3. Hauptantrag - Klarheit
Der Einwand mangelnder Klarheit, der von der Prüfungsabteilung hinsichtlich des damals geltenden zweiten Hilfsantrags erhoben wurde (vgl. Nr. I oben), betraf ein Merkmal, das in den Ansprüchen gemäß dem geltenden Hauptantrag nicht enthalten ist. Im Übrigen ist die Kammer der Auffassung, dass die geltenden Ansprüche hinreichend klar im Sinne von Artikel 84 EPÜ 1973 sind.
4. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
4.1 Anspruch 1 gemäß dem geltenden Hauptantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrag durch die Ersetzung des ursprünglichen Merkmals "Bestimmung der Oberfläche der Fahrbahn" durch das Merkmal "Bestimmung einer Fahrbahnbeschaffenheitsangabe" in der Präambel des Anspruchs, und durch die Hinzufügung des Merkmals "wobei die Fahrbahnbeschaffenheitsangabe die Zustandsangaben ,Eis auf der Fahrbahn', ,Schnee auf der Fahrbahn', ,nasse Fahrbahn', und ,trockene Fahrbahn' umfasst" am Ende des kennzeichnenden Teils des Anspruchs.
Die Prüfungsabteilung hat in ihrer Entscheidung die Auffassung vertreten, dass
- die Entgegenhaltung D1 den nächstliegenden Stand der Technik darstelle und alle Merkmale der Präambel des Anspruchs 1 gemäß dem damals geltenden Hauptantrag offenbare, und
- das Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1, wonach "mittels des lichtempfindlichen Sensors das in Abhängigkeit der Geschwindigkeit des Kraftfahrzeuges einstellbare Abstand von dem Kraftfahrzeug von der Oberfläche der Fahrbahn reflektierte Lichtsignal messbar ist", zwar neu, aber für den Fachmann naheliegend sei, insbesondere aufgrund der Lehre der Druckschrift D3.
Die Beschwerdeführerinnen sind dieser Auffassung entgegengetreten und haben insbesondere die Auslegung des Offenbarungsgehalts der Druckschrift D1 durch die Prüfungsabteilung in mehrerlei Hinsicht beanstandet.
4.2 Die Druckschrift D1 offenbart ein Kraftfahrzeug mit einer Vorrichtung zur Bestimmung der Dicke der Wasserschicht auf einer Fahrbahn (Titel und Zusammenfassung). Die Vorrichtung beinhaltet u.a. einen lichtempfindlichen Sensor zur Messung eines von der Oberfläche der Fahrbahn reflektierten Lichtsignals und einen Analysator zur Bestimmung der Dicke der Wasserschicht auf der Fahrbahn in Abhängigkeit der Leistungen von Lichtsignalen bei Wellenlängen im Infrarotbereich (Zusammenfassung, Fig. 1 bis 4 und entsprechende Beschreibung, insbesondere Spalte 2, Zeile 15 bis Spalte 3, Zeile 23). Dabei wird folgende Gleichung verwendet:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK,
wobei PHIlambdaN die Strahlstärke bei der Wellenlänge lambdaN bezeichnet und betalambdaN einen von der Wellenlänge lambdaN abhängigen Faktor bezeichnet (D1, Spalte 2, Zeile 58 bis Spalte 3, Zeile 23).
4.2.1 Die Beschwerdeführerinnen haben während des Beschwerdeverfahrens bestritten, dass die Bestimmung der Dicke einer Wasserschicht auf einer Fahrbahn gemäß der Druckschrift D1 eine Bestimmung der Beschaffenheit der Oberfläche der Fahrbahn bzw. eine Bestimmung einer Fahrbahnbeschaffenheitsangabe im Sinne der beanspruchten Erfindung darstelle.
Dieser Auffassung kann die Kammer nicht folgen. In der Druckschrift D1 wird die Dicke einer Wasserschicht auf einer Fahrbahn zwecks Bestimmung des Zustands der befahrenen Fahrbahn ermittelt (Spalte 1, Zeilen 5 bis 12). Außerdem wird in der Beschreibung der Anmeldung ausgeführt, dass
- die Beschaffenheit der Oberfläche der Fahrbahn im Sinne der Erfindung ein Material sein kann, "wie z.B. [...] Wasser auf Asphalt oder eine trockene Straßenoberfläche" (Brückenabsatz der Seiten 5 und 6),
- die Fahrbahnbeschaffenheitsangabe gemäß der beanspruchten Erfindung "eine Zustandsangabe wie [...] «nasse Fahrbahn», oder «trockene Fahrbahn»" umfasst (Seite 8, vorletzter Absatz), und
- in einem Ausführungsbeispiel der Erfindung u.a. Zustände wie "trockene Fahrbahn" und "nasse Fahrbahn" erkennbar werden (Seite 10, zweiter Absatz).
Aus diesen Gründen stellt nach Auffassung der Kammer die Bestimmung der Dicke einer Wasserschicht auf einer Fahrbahn gemäß der Druckschrift D1 eine Form der Bestimmung der Beschaffenheit der Oberfläche der Fahrbahn dar. Außerdem enthält der in der Druckschrift D1 ermittelte Wert der Dicke der Wasserschicht Informationen über die Fahrbahnbeschaffenheit. Der Wert stellt daher eine Fahrbahnbeschaffenheitsangabe im Sinne der beanspruchten Erfindung dar.
4.2.2 Die Beschwerdeführerinnen haben während des Beschwerdeverfahrens auch geltend gemacht, dass in der Druckschrift D1 nur zwei Wellenlängen aus einer Gruppe von drei Wellenlängen in Abhängigkeit eines vorgesehenen Messbereichs ausgewählt würden, und dass in Gleichung (Gl. 2) der Druckschrift D1 (vgl. Nr. 4.2 oben) eine dritte Wellenlänge nicht vorgesehen sei und auch nicht ergänzbar sei, sodass die Entgegenhaltung D1 entgegen der Meinung der Prüfungsabteilung keine Bestimmung der Dicke der Wasserschicht auf der Fahrbahn in Abhängigkeit der Leistung des Lichtsignals bei drei Wellenlängen im Infrarotbereich offenbare.
Die Kammer kann den Ausführungen der Beschwerdeführerinnen auch in dieser Hinsicht nicht folgen. Die Gleichung (Gl. 2) beinhaltet zwar nur zwei Wellenlängen. In der Druckschrift D1 wird die Gleichung aber zweimal verwendet: Bei einem "empfindlicheren Meßbereich I" wird die Gleichung auf der Grundlage der Wellenlängen 1450 und 1190 nm, und bei einem "unempfindlicheren Meßbereich II" wird die Gleichung auf der Grundlage der Wellenlängen 1190 und 1080 nm verwendet (Spalte 2, Zeilen 35 bis 46, und Spalte 3, Zeile 36 bis Spalte 4, Zeile 16), wobei die "empfindlichere" und die "unempfindlichere" Bewertung der Dicke der Wasserschicht gleichzeitig durchgeführt werden (Spalte 4, Zeilen 10 bis 16). Dass bei dem Verfahren gemäß der Druckschrift D1 beide Bewertungen gleichzeitig durchgeführt werden, wird noch dadurch gestützt, dass gemäß der Offenbarung der Druckschrift D1 die Ausgangssignale beider Messbereiche I und II auf Plausibilität hinsichtlich der Signalamplitude geprüft werden und Fehler in den beiden Bereichen selektiv auf Anzeigeeinheiten anzeigt werden (Spalte 4, Zeilen 22 bis 28, und Spalte 6, Zeilen 50 bis 56).
Die doppelte Bestimmung der Dicke der Wasserschicht auf der Fahrbahn auf der Grundlage der Wellenlängen 1080, 1190 und 1450 nm zusammen mit der Fehlererkennung bei der genannten doppelten Bewertung stellt nach Auffassung der Kammer eine Bestimmung der Beschaffenheit der Oberfläche der Fahrbahn bzw. eine Bestimmung einer Fahrbahnbeschaffenheitsangabe in Abhängigkeit der Leistung des Lichtsignals bei drei Wellenlängen im Infrarotbereich im Sinne von Anspruch 1 dar. Dabei stellen die Mittel, die in der Druckschrift D1 die doppelte Bestimmung der Dicke und die Fehlererkennung gewährleisten, einen Analysator mit den in der Präambel des Anspruchs 1 angegebenen Merkmalen dar. Es ist hierbei noch anzumerken, dass auch bei der beanspruchten Erfindung die drei Wellenlängen auf unterschiedliche Weise zur Bestimmung einer Fahrbahnbeschaffenheitsangabe beitragen können (siehe z.B. abhängige Ansprüche 2 und 3 gemäß Hauptantrag und Beschreibung der Anmeldung, den die Seiten 8 und 9 überbrückenden Absatz), und dass der Anspruch 1 und auch das in der Beschreibung offenbarte neuronale Netz (siehe Fig. 5 und die entsprechende Beschreibung) kein Merkmal beinhalten, das eine Bestimmung der Beschaffenheit der Fahrbahn u.a. auf der Grundlage von drei Wellenlängen im Infrarotbereich gemäß der Druckschrift D1 ausschließen würde.
4.2.3 Aus den oben unter Nr. 4.2.1 und 4.2.2 gemachten Ausführungen folgt, dass die Druckschrift D1 alle Merkmale der Präambel des Anspruch 1 gemäß Hauptantrag offenbart.
4.3 Der lichtempfindliche Sensor des Kraftfahrzeugs nach der Druckschrift D1 ist verschwenkbar bzw. justierbar (D1, Spalte 4, Zeilen 54 bis 57, und Spalte 7, Zeilen 6 bis 9). Wie von der Prüfungsabteilung zutreffend in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, ist aber der Druckschrift D1 nicht zu entnehmen, dass - wie im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegeben - mittels des Sensors "das in einem in Abhängigkeit der Geschwindigkeit des Kraftfahrzeuges einstellbaren Abstand vor dem Kraftfahrzeug von der Oberfläche der Fahrbahn reflektierte Lichtsignal messbar ist". Hinsichtlich dieses Unterscheidungsmerkmals hat die Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
- Das Merkmal bewirkt, dass der Messabstand vor dem Fahrzeug an die Fahrgeschwindigkeit angepasst wird;
- die durch dieses Merkmal zu lösende Aufgabe kann darin gesehen werden, die vorausschauende Überwachung der Fahrbahn, die das aus der Druckschrift D1 bekannte Kraftfahrzeug bereits ermöglicht, zu verbessern;
- die Druckschrift D3 (vgl. Zusammenfassung und Fig. 2 i.V.m. Spalte 1, Zeilen 27 bis 57 und Spalte 2, Zeilen 62 bis 68) offenbart ein Kraftfahrzeug mit einer Vorrichtung zur Bestimmung der Beschaffenheit der Oberfläche einer Fahrbahn durch Detektion und Auswertung eines von der Fahrbahnoberfläche reflektierten Lichtsignals, bei dem der Messabstand an die Fahrzeuggeschwindigkeit angepasst wird; und
- der Fachmann würde die Lehre der Druckschrift D3 betreffend die Anpassung des Messabstands an die Fahrzeuggeschwindigkeit auf das Fahrzeug gemäß der Druckschrift D1 anwenden und so ohne erfinderisches Zutun zu diesem Unterscheidungsmerkmal des Anspruchs 1 gelangen.
4.3.1 Die Beschwerdeführerinnen sind dieser Auffassung der Prüfungsabteilung entgegengetreten und haben im Wesentlichen geltend gemacht, dass die sich auf die Zusammenschau der Entgegenhaltungen D1 und D3 stützende Argumentation der Prüfungsabteilung eine unzulässige Ex-post-Betrachtung darstelle, da sich die Prüfungsabteilung dabei auf eine fehlerhafte Auslegung der Druckschrift D1 gestützt habe, wonach sich der "Abstrahlwinkel von 10°" auf die Wasseroberfläche und nicht auf das Lot beziehe, und dass der Begriff "Abstrahlwinkel" in der Druckschrift D1 unklar sei und er im Sinne des klaren Begriffs der "Dicke der Wasserschicht" ausgelegt werden müsse, und nicht umgekehrt.
4.3.2 Die Kammer stimmt den Beschwerdeführerinnen zu, dass bei der Formulierung der technischen Aufgabe durch die Prüfungsabteilung und auch bei der von der Prüfungsabteilung vorgenommenen Kombination der Druckschrift D1 mit der Lehre der Druckschrift D3 vorausgesetzt wird, dass in der Druckschrift D1 die Überwachung der Fahrbahn durch Detektion von Lichtsignalen erfolgt, die von der Fahrbahn aus einem größeren Abstand des Fahrzeugs bzw. unter einem kleineren Winkel zur Fahrbahnoberfläche reflektiert werden. Denn wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt wäre (d.h. wenn die Überwachung unter dem Fahrzeug oder in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs erfolgen würde), hätte der Fachmann keine Veranlassung, die Überwachungsrichtung in Abhängigkeit der Geschwindigkeit des Fahrzeugs einzustellen. Es stellt sich daher die Frage, ob sich eine solche Voraussetzung für den Fachmann aus dem Offenbarungsgehalt der Druckschrift D1 klar und eindeutig ableiten lässt.
Diese Frage wurde bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens diskutiert und ist von der Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung bejaht worden. Die Beschwerdeführerinnen haben sich gegen diese Auffassung gewandt und diesbezüglich mehrere Argumente vorgebracht.
Die Kammer sieht aber keinen Grund, von der Auffassung der Prüfungsabteilung in dieser Hinsicht abzuweichen:
4.3.3 Die Kammer merkt zuerst an, dass in der Druckschrift D1 ausdrücklich auf eine "relativ große Meßdistanz" (Spalte 1, Zeilen 51 bis 55) verwiesen wird, sowie auch mehrmals sowohl auf das "vorausschauende" Messen bzw. auf die "vorausschauende" Überwachung der Fahrbahn während der Fahrt (Spalte 1, Zeilen 35 bis 40, Zeilen 45 bis 50, und Zeilen 51 bis 55, und Spalte 2, Zeilen 60 bis 63) als auch auf eine Detektion des Lichts "in einem flachen Winkel zur Fahrbahnoberfläche" bzw. auf eine "in flachem Winkel gegen die Fahrbahn" geneigte Achse des Lichtstrahls (Spalte 2, Zeilen 60 bis 63, Spalte 5, Zeilen 15 bis 17, und Spalte 6, Zeilen 9 und 10).
In diesem technischen Kontext wird der "Abstrahlwinkel von etwa 10°" (Spalte 3, Zeilen 24 bis 29) bzw. der "flache Winkel gegen die Fahrbahn" (Spalte 5, Zeilen 15 bis 17), der "in einem Bereich von zehn Grad" liegt (Spalte 5, Zeilen 18 bis 20), von dem fachkundigen Leser, insbesondere von dem einschlägigen Fachmann, als der Winkel zwischen dem Lichtstrahl und der Fahrbahnoberfläche klar und eindeutig identifiziert werden und nicht - wie von den Beschwerdeführerinnen geltend gemacht - als der Winkel zwischen dem Lichtstrahl und dem Lot zur Fahrbahnoberfläche. Denn dieser Winkel würde keinen "flachen" Winkel zur Fahrbahnoberfläche und keine "relativ große Meßdistanz" darstellen und auch keine "vorausschauende" Überwachung in Bezug auf die Reaktionszeiten der Vorrichtung und des Fahrers gewährleisten können. Das weitere Argument der Beschwerdeführerinnen, wonach Brechungswinkel immer gegenüber dem Lot angegeben werden (vgl. Dokument X1, Seite 56), kann nicht greifen, weil sich die Offenbarung der Druckschrift D1 nicht auf den Brechungswinkel (d.h. auf den Winkel zwischen den Lichtstrahlen und dem Lot) bezieht, sondern durchweg auf den Abstrahlwinkel zur Fahrbahnoberfläche bzw. auf den Winkel zwischen den Lichtstrahlen und der Fahrbahnoberfläche (vgl. D1, Spalte 2, Zeilen 60 bis 63, Spalte 3, Zeilen 24 bis 29, Spalte 5, Zeilen 14 bis 17, und Spalte 6, Zeilen 5 bis 10).
4.3.4 Die Beschwerdeführerinnen haben geltend gemacht, dass in Fig. 2 der Druckschrift D1 der Strahl im Wasser ausdrücklich nahezu senkrecht verlaufe. Die Fig. 2 zeigt aber eine rein schematische Darstellung der auf die Fahrbahn auftreffenden und von der Fahrbahn reflektierten Lichtstrahlung, und die Figur kann daher die Auslegung der Beschwerdeführerinnen, wonach der in der Druckschrift D1 erwähnte Abstrahlwinkel nur gegenüber dem Lot gemeint sein könne, nicht stützen. Außerdem würde eine solche Auslegung im offensichtlichen Widerspruch zu den oben unter Nr. 4.3.3 erwähnten Textstellen der Druckschrift D1 stehen, da eine nahezu senkrecht zur Fahrbahnoberfläche erfolgte Messung keine Detektion des zurückgestreuten Lichts in einem "flachen Winkel zur Fahrbahnoberfläche" darstellen würde und auch keine "relativ große Meßdistanz" bzw. keine "vorausschauende Überwachung" der Fahrbahn ermöglichen würde.
4.3.5 Die Beschwerdeführerinnen haben auch geltend gemacht, dass bei der Ableitung der Gleichung (Gl. 2) in der Druckschrift D1 vorausgesetzt werde, dass die Lichtstrahlen bei den unterschiedlichen Wellenlängen im Wesentlichen dieselbe Streckenlänge (x1 = x2) in der Wasserschicht zurücklegten, und dies bedeutete, dass von einem Abstrahlwinkel nahe dem Lot ausgegangen würde, da sonst die Streckenlängen im Wasser bei den unterschiedlichen Wellenlängen unterschiedlich wären (x1 ? x2) und außerdem die erheblichen auftretenden Laufwegsabweichungen für die verschiedenen Wellenlängen und die Rauigkeit der Fahrbahnoberfläche die Messergebnisse verfälschen würden (vgl. Skizze auf Seite 5 der Beschwerdebegründung).<RES> Die Kammer stimmt den Beschwerdeführerinnen insoweit zu, als in der Druckschrift D1 bei der Ableitung der Gleichung (Gl. 2) bzw. bei der Berechnung der Wasserdicke vorausgesetzt wird, dass Lichtstrahlen bei den unterschiedlichen Wellenlängen im Wesentlichen dieselbe Streckenlänge im Wasser zurücklegen, und dass der Brechungsindex im Wasser von der Wellenlänge abhängig ist. Die weitere Argumentation der Beschwerdeführerinnen kann aber die Kammer nicht überzeugen. Wie von der Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung festgestellt, liegt der Brechungsindex von Wasser bei den Wellenlängen 1080 nm, 1190 nm und 1450 nm auf zwei Nachkommastellen bei 1,32. Genauer gesagt liegt der Brechungsindex jeweils bei 1,324, 1,322 und 1,317 (siehe z.B. Dokument A1). Bei einer Wasserschichtdicke zwischen 1 und 10 mm und bei einem Abstrahlwinkel zur Fahrbahnoberfläche von 10° beträgt der Abstand zwischen den Einfallspunkten der Strahlen auf der Fahrbahnoberfläche bei den Wellenlängen 1080 und 1190 nm nur 0,003 bis 0,032 mm, und bei den Wellenlängen 1190 und 1450 nm nur 0,008 bis 0,087 mm. Ein qualitativer Vergleich dieser Werte mit der Länge der Strecke, die die Lichtstrahlen im Wasser zurücklegen (d.h. etwa 1,5 mm bis 15 mm bei einer Wasserschichtdicke von 1 bis 10 mm), zeigt, dass die Lichtstrahlen mit unterschiedlichen Wellenlängen in erster Näherung dieselbe Streckenlänge in der Wasserschicht zurücklegen. Auch ein qualitativer Vergleich dieser Werte mit der Rauigkeit der Fahrbahnoberfläche, die - wie von der Beschwerdeführerinnen angenommen, siehe Beschwerdebegründung, Seite 5, Zeilen 6 bis 8 - im Bereich von 0 bis 1 mm liegt, zeigt, dass der von den Beschwerdeführerinnen dargelegte Effekt (siehe Skizze auf Seite 5 der Beschwerdebegründung und auf Seite 6 des Schreibens vom 9. September 2016) nur bei einem relativ kleinen Teil der Lichtstrahlen eintritt, und dass bei dem größeren Teil der Lichtstrahlen die Gleichung x1 = x2 - entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen - auch bei einem Abstrahlwinkel von 10° zur Fahrbahnoberfläche eine sinnvolle Näherung zu den zugrunde liegenden physikalischen Vorgängen darstellt.
Was die Auslegung durch die Prüfungsabteilung des Begriffs "Dicke der Wasserschicht" betrifft, stimmt die Kammer mit den Beschwerdeführerinnen überein, dass ein fachkundiger Leser, insbesondere der einschlägige Fachmann, den Begriff "Dicke der Wasserschicht x" im technischen Kontext der Druckschrift D1 als die geometrische Dicke der Wasserschicht interpretiert und nicht als die Länge der Strecke, die die Lichtstrahlen durch die Wasserschicht durchlaufen. Da aber die ganze Berechnung in der Druckschrift D1 auf der Absorption der Lichtstrahlen durch die Wasserschicht basiert (D1, Spalte 2, Zeile 64 bis Spalte 3, Zeile 23), und die auf diese Weise abgeleitete Gleichung (Gl. 2) die halbe Streckenlänge "X" der Lichtstrahlen durch die Wasserschicht darstellt, wird der einschlägige Fachmann erkennen, dass sich aus der Gleichung (Gl. 2) nicht die geometrische Dicke "x" der Wasserschicht unmittelbar ergibt, sondern die tatsächlich zurückgelegte halbe Streckenlänge "X", wobei dieser Wert - wie in der Druckschrift D1 erwähnt - "einen Wert" bzw. "ein[en] Meßwert für die Dicke x" der Wasserschicht darstellt (Spalte 3, Zeilen 16 und 23). Außerdem weiß der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens (siehe z.B. Dokument X1, Seiten 56 und 57), dass sich die zurückgelegte halbe Streckenlänge "X" - wie von der Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung ausgeführt - einfach in die geometrische Dicke "x" der Wasserschicht umrechnen lässt, und zwar durch einen Faktor (cos arcsin [nw**(-1) cos alpha]), der nur von dem Abstrahlwinkel zur Wasseroberfläche (alpha) und dem Brechungsindex von Wasser (nw) abhängt. Der Fachmann wird daher verstehen, dass die erwähnte Passage der Druckschrift D1 entweder in dem Sinne unvollständig ist, dass in der Druckschrift nicht auf diesen Umrechnungs-Faktor eingegangen wird, oder in dem Sinne fehlerhaft ist, dass in der Druckschrift D1 "X" und "x" für die gleiche physikalische Größe stehen bzw. der Umrechnungs-Faktor irrtümlicherweise als 1 angenommen wird.
Die von den Beschwerdeführerinnen vorgetragene Auslegung der Druckschrift D1 widerspricht daher dem Offenbarungsgehalt dieser Druckschrift, da der Fachmann aus dem gesamten Offenbarungsgehalt der Druckschrift D1, insbesondere aus den oben unter Nr. 4.3.3 zitierten Textstellen, klar und eindeutig entnehmen wird, dass die Überwachung der Fahrbahn bzw. die Detektion der Lichtstrahlen unter einem kleinen Winkel zur Fahrbahnoberfläche erfolgt und nicht in einer Richtung senkrecht zur Fahrbahnoberfläche. Die Passage der Druckschrift D1, die die Gleichung (2) betrifft (Spalte 2, Zeile 64 bis Spalte 3, Zeile 23), vermag zwar unvollständig bzw. fehlerhaft sein. Beim Lesen würde der Fachmann aber die erwähnte Passage entsprechend seinem Fachwissen nach ihrem technischen Sinngehalt auslegen und sie dementsprechend unter Heranziehung der gesamten Lehre der Druckschrift vervollständigen bzw. richtigstellen.
4.3.7 Auch der Verweis der Beschwerdeführerinnen auf die Entscheidungen T 319/03 und T 422/07 bietet keine Stütze für eine andere Schlussfolgerung:
Die zitierte Entscheidung T 319/03 stellt fest (vgl. Entscheidungsgründe, Nr. 2.2.4), dass bei der Lektüre einer zum Stand der Technik gehörenden Offenbarung die darin enthaltenen Informationen so auszulegen sind, wie der Fachmann sie zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Offenbarung verstanden hätte, und dass Angaben, die der Fachmann als falsch erkannt hätte, unberücksichtigt zu lassen sind. In der Rechtsprechung wird auch die Auffassung vertreten, dass der Fachmann von sich aus versuchen wird, eine solche als falsch erkannte Angabe im Kontext der gesamten Offenbarung und unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens richtigzustellen (siehe z.B. Entscheidungen T 89/87 (Entscheidungsgründe, Nr. 2.1), T 591/90 (Nr. 4.2.2) und T 1071/04 (Nr. 4.2)). Im vorliegenden Fall wird der Fachmann die Textstelle auf Spalte 3, Zeilen 4 bis 23 der Druckschrift D1 als unvollständig bzw. fehlerhaft erkennen, und er wird versuchen, sie zu vervollständigen bzw. richtigzustellen (vgl. Nr. 4.3.6 oben).
In der zitierten Entscheidung T 422/07 ging es um ein zweideutiges Merkmal der Offenbarung einer Druckschrift (Nr. 5.2.2, erster Absatz), das unter Heranziehung der gesamten Lehre der Druckschrift von dem einschlägigen Fachmann bzw. dem fachkundigen Leser nicht eindeutig ausgelegt werden konnte (Nr. 5.2.2, zweiter und dritter Absatz). In dieser Entscheidung hat die Kammer das beanstandete Merkmal nicht berücksichtigt (Nr. 5.2.3, dritter Absatz). Im vorliegenden Fall geht es aber um eine unvollständige bzw. fehlerhafte Passage, die vom Fachmann unter Heranziehung der gesamten Lehre der Druckschrift (vgl. Nr. 4.3.3 oben) eindeutig ausgelegt werden kann (vgl. Nr. 4.3.6 oben).
4.4 Die Kammer sieht daher in der Auslegung der Druckschrift D1 durch die Prüfungsabteilung und in der Zusammenschau der Druckschriften D1 und D3 - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen - keine Ex-post-facto Betrachtung der Sachlage. Im Übrigen sieht die Kammer keinen Grund, die oben unter Nr. 4.2.1 dargelegte Argumentation der Prüfungsabteilung in Frage zu stellen, wonach das beanspruchte Merkmal "mittels des lichtempfindlichen Sensors das in einem in Abhängigkeit der Geschwindigkeit des Kraftfahrzeuges einstellbaren Abstand vor dem Kraftfahrzeug von der Oberfläche der Fahrbahn reflektierte Lichtsignal messbar ist" an sich keine erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstands begründen kann.
Andererseits erfordert der geänderte Anspruch 1 gemäß dem geltenden Hauptantrag, dass die Fahrbahnbeschaffenheitsangabe, die durch den Analysator bestimmt wird, sowohl die Zustandsangaben "trockene Fahrbahn" und "nasse Fahrbahn" als auch die Zustandsangaben "Eis auf der Fahrbahn" und "Schnee auf der Fahrbahn" umfasst. Dieses Merkmal führt dazu, dass der Analysator des beanspruchten Kraftfahrzeugs nicht nur - wie es in der Druckschrift D1 der Fall ist, vgl. oben Nr. 4.2 und 4.2.1 - die Ermittlung der Fahrbahnzustände "trockene Fahrbahn" und "nasse Fahrbahn" gewährleistet, sondern auch die Ermittlung der Fahrbahnzustände "Eis auf der Fahrbahn" und "Schnee auf der Fahrbahn". Dieses Merkmal wird von keinem der vorliegenden Dokumente des Standes der Technik beschrieben und ergibt sich auch nicht in naheliegender Weise aus diesem Stand der Technik. So werden in der Druckschrift D3 Veränderungen in der Rauigkeit der Oberfläche der Fahrbahn detektiert, die durch Wasser bzw. durch Eis verursacht werden (D3, Zusammenfassung, Spalte 1, Zeilen 6 bis 37, und Anspruch 1), und in der Druckschrift A2 werden Wasser- und Eisschichten auf der Fahrbahn unter Verwendung einer gepulsten Lichtquelle im Infrarot-Bereich detektiert (Spalte 1, Zeilen 3 bis 32). Die Detektion von Wasser, Eis und Schnee auf der Fahrbahn, insbesondere die Ermittlung und Unterscheidung der Fahrbahnzustände "Eis auf der Fahrbahn" und "Schnee auf der Fahrbahn" auf der Grundlage der Infrarot-Reflexionseigenschaften von Wasser und Eis (mit ähnlich verlaufenden Reflexions-Absorptionsspektren, aber mit einem unterschiedlichen Reflexionsvermögen in einer vorgegebenen Richtung, vgl. Fig. 3 und 4 der Anmeldung und die entsprechende Beschreibung auf Seite 7, dritter Absatz), wird aber in keinem der verfügbaren Dokumente des Standes der Technik offenbart oder hieraus nahegelegt.
Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem geltenden Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973). Das Gleiche gilt für die abhängigen Ansprüche 2 bis 7, die sich auf bevorzugte Ausführungsformen des Gegenstands nach Anspruch 1 richten.
5. Da nach Auffassung der Kammer die Patentanmeldung gemäß dem geltenden Hauptantrag und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, auch den übrigen Erfordernissen des EPÜ im Sinne von Artikel 97 (1) EPÜ genügen, ist der Hauptantrag gewährbar.
Der von den Beschwerdeführerinnen gestellte Antrag, die Anmeldung aufgrund der Besorgnis der Befangenheit der Prüfungsabteilung an eine andere Prüfungsabteilung zurückzuverweisen, war nur in dem Fall zu berücksichtigen, dass die Kammer die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz zur weiteren Prüfung beabsichtigt hätte (vgl. Nr. II oben). Da die Angelegenheit an die erste Instanz nicht zur weiteren Prüfung zurückverwiesen wird, sondern mit der Anordnung, ein Patent zu erteilen, braucht auf den von den Beschwerdeführerinnen bedingt gestellten Antrag und auf die diesbezüglichen Argumente - mangels Eintritts der Bedingung - nicht eingegangen zu werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
- Ansprüche: Ansprüche 1 bis 7, eingereicht mit Schreiben vom 7. Oktober 2016;
- Beschreibung: Seiten 1, 6, 9, 11 und 12 wie ursprünglich eingereicht, Seiten 2 und 2b, eingereicht mit Schreiben vom 26. April 2007, Seite 5, eingereicht mit Schreiben vom 6. September 2010, und Seiten 2a, 3, 4 (leere Seite), 7, 8 und 10, eingereicht mit Schreiben vom 7. Oktober 2016; und
- Zeichnungen: Zeichnungsblätter 1/5 bis 5/5 wie ursprünglich eingereicht.