T 0777/11 () of 28.6.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T077711.20160628
Datum der Entscheidung: 28 Juni 2016
Aktenzeichen: T 0777/11
Anmeldenummer: 06763667.0
IPC-Klasse: G01J 3/44
G01J 3/10
G01N 21/65
H01S 5/0625
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUR ERZEUGUNG UND DETEKTION EINES RAMAN-SPEKTRUMS
Name des Anmelders: Forschungsverbund Berlin e.V.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Anmelder) richtet seine am 20. Januar 2011 eingegangene Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 23. November 2010, mit der die europäische Patentanmeldung

Nr. 06763667.0 (Veröffentlichungsnummer WO-A-2006/134103) zurückgewiesen wurde. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 23. März 2011 eingereicht. Diese Patentanmeldung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Erzeugung und Detektion eines Raman-Spektrums mithilfe des sogenannten SERDS-Verfahrens ("Shifted Excitation Raman Difference Spectroscopy").

II. Laut Entscheidung beruht das beanspruchte Verfahren bzw. die Vorrichtung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ aufgrund der Kombinationen der Offenbarungen der Druckschriften: D5 mit D8; oder D8 mit D5; oder D5 mit D6.

D5: A.P. Shreve et al.: "Effective Rejection of Fluorescence Interference in Raman Spectroscopy Using a Shifted Exciation Difference Technique", Appl.Spectrosc., 46, Seiten 707 - 711,(1992-04-01);

D6: J. Seufert et al.: "DFB laser diodes in the wavelength range from 760 nm to 2.5 mym", Spectrochimica Acta Part A, 60, Seiten 3243 - 3247, (2004-12);

D8: Wenzel H et al, "High-power 783 nm distributed-feedback laser", Electronics Letters, Vol. 40, No. 2, Seiten 123 - 124, 22. Januar 2004.

Die Druckschrift D5 offenbart ein SERDS-Verfahren unter Verwendung eines Ti:Saphir Lasers als Lichtquelle. Die Druckschriften D6 und D8 offenbaren abstimmbare Laserdioden mit einem internen frequenzselektiven Element.

III. Mit der Beschwerdebegründung beantragte der Beschwerde­führer, das Beschwerdeverfahren mit den am 23. Juli 2008 eingereichten Patentansprüchen fortzusetzen. Er hat ausgeführt, dass die Druckschrift D5 den nächstliegenden Stand der Technik darstelle, da diese Druckschrift ein SERDS-Verfahren offenbare. Die Verwendung eines Ti:Saphir Lasers als Lichtquelle habe zwar als Nachteil, dass eine solche Lichtquelle einen hohen apparativen Aufwand erfordere. Andererseits verfügten diese Laser über deutlich höhere Laser­leistungen als Laserdioden, weshalb der Fachmann eine Implementierung einer Laserdiode anstatt eines Ti-Saphirlasers wie in der D5 für das SERDS-Verfahren nicht in Betracht ziehen würde. Deshalb sei eine Kombination der Druckschriften D5 mit D8 oder mit D6 nicht naheliegend.

IV. Mit Bescheid vom 1. Februar 2016 hat die Kammer zur mündlichen Verhandlung gemäß Regel 115 (1) EPÜ geladen. In einer als Anlage beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK bemerkte sie, dass die Verwendung einer Laserdiode als Lichtquelle beim SERDS-Verfahren vor dem Prioritäts­datum der vorliegenden Patentanmeldung schon bekannt gewesen sei und führte in ihrer Zuständigkeit nach Artikel 111 (1) EPÜ 1973 die folgende Druckschrift in das Beschwerde­verfahren ein:

D10: Applied Spectroscopy vol. 56, nr. 7, Seiten 834 - 845 (2002); Jun Zhao et al: "Automated Fluorescence Rejection Using Shifted Excitation Raman Difference Spectroscopy".

Die Kammer war der Ansicht, dass die in dieser Druckschrift offenbarte SERDS-Vorrichtung eine Laserdiode mit einer optischen Leistung von 70mW enthalte. Nach Verständnis der Kammer würde beim SERDS-Verfahren die Systemleistung (Messgeschwindigkeit, Signal-Rausch­verhältnis) ganz besonders von der eingestrahlten Laserleistung abhängen. Daher würde der Fachmann auf dem Gebiet der Laserspektroskopie zur Verbesserung der SERDS-Vorrichtung aus D10 vor allem die Optimierung und Maximierung der Leistung des Messlasers in Betracht ziehen und deshalb eine leistungs­stärkere Laserdiode vorsehen. Eine solche Diode mit einer optischen Leistung von 200mW werde in der Druckschrift D8 offenbart. Der Fachmann würde die technische Aufgabe durch den Austausch der Laserdiode von D10 durch die Laserdiode von D8 lösen und dadurch nur anhand fachmännischer Überlegungen zum beanspruchten Verfahren und Vorrichtung gelangen. Deshalb fehle dem Gegenstand der vorliegenden Ansprüche die erforderliche erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).

V. Mit Schreiben vom 6. Mai 2016 reichte der Beschwerde­führer neue Anspruchssätze gemäß einem Hauptantrag und einem Hilfsantrag ein.

VI. In einer telefonischer Rücksprache am 25. Mai 2016 teilte der Berichterstatter dem Vertreter des Beschwerdeführers mit, dass die Ansprüche gemäß Hauptantrag, mit Schreiben vom 6. Mai 2016 eingereicht, einige redaktionelle Mängel enthielten und dass die Beschreibung noch an den neuen Anspruchssatz anzupassen sei.

VII. Daraufhin hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. Mai 2016 einen neuen Anspruchssatz und eine daran angepasste Beschreibung eingereicht und hat beantragt, das Verfahren auf der Grundlage der neu eingereichten Unterlagen und den ursprünglich eingereichten Figuren 1 bis 5 fortzusetzen und ein Patent zu erteilen.

VIII. In einer Mitteilung der Geschäftsstelle der Kammer vom 7. Juni 2016 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben worden sei. Diese Mitteilung wurde vorab am 2. Juni 2016 per Fax dem Vertreter des Beschwerdeführers übermittelt.

IX. Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Verfahren zur Erzeugung und zur Detektion eines Raman-Spektrums (20) eines zu untersuchenden Mediums (8) mit folgenden Verfahrensschritten:

- Erzeugung elektromagnetischer Anregungsstrahlung mittels einer Laserdiode (1) mit einem internen frequenzselektiven Element,

- Einkoppeln der Anregungsstrahlung in das zu untersuchende Medium (8),

- wobei die Laserdiode (1) zur alternierenden Erzeugung unterschiedlicher Anregungswellenlängen (lambda1, lambda2) mittels des an die Laserdiode (1) angelegten elektrischen Stroms alternierend mit zwei unterschiedlichen Anregungsbedingungen angesteuert wird, wobei das Hin- und Herschalten zwischen den Anregungsbedingungen mit einer Frequenz größer als 1 Hz erfolgt,

spektrale Analyse der vom zu untersuchenden Medium (8) gestreuten elektromagnetischen Strahlung durch Einkoppeln der gestreuten Strahlung in ein spektral-optisches System (10), wobei das spektral-optische System (10) ein Spektrograph (14) mit CCD-Zeile (13) ist,

- wobei aus der gestreuten Strahlung für die unterschiedlichen Anregungswellenlängen (lambda1, lambda2) jeweils mindestens ein Raman-Spektrum (16, 17) detektiert wird und aus den mindestens zwei detektierten Raman-Spektren (16, 17) unterschiedlicher Anregungswellenlängen (lambda1, lambda2) ein Raman-Spektrum (20) des zu untersuchenden Mediums (8) ermittelt wird, in dem der Fluoreszenzuntergrund rechnerisch eliminiert ist, und

- wobei die Detektion der einzelnen Raman-Spektren (16, 17) unterschiedlicher Anregungswellenlängen (lambda1, lambda2) mit der alternierenden Ansteuerung der Laserdiode (1) synchronisiert wird, und

- wobei die Detektion eines Raman-Spektrums (16, 17) jeweils innerhalb eines Zeitintervalls erfolgt, in dem die Stromstärke des an die Laserdiode (1) angelegten Stroms konstant gehalten wird."

Anspruch 13 lautet wie folgt:

"Vorrichtung zur Erzeugung einer Anregungsstrahlung und zur Detektion eines Raman-Spektrums (20) eines zu untersuchenden Mediums (8) aufweisend:

eine als Anregungslichtquelle fungierende Laserdiode (1) mit einem internen frequenz-selektiven Element,

- wobei die Laserdiode (1) zur Erzeugung unterschiedlicher Anregungswellenlängen (lambda1, lambda2) mit einer von einem Modulator (4) modulierten Stromquelle (3) verbunden ist, und der Modulator (4) die Stromquelle (3) alternierend moduliert, wobei das Hin- und Herschalten mit einer Frequenz größer als 1 Hz erfolgt,

- Mittel zur Einkopplung der von der Laserdiode (1) emittierten Anregungsstrahlung in das zu untersuchende Medium (8),

- Mittel zur Einkopplung der vom zu untersuchenden Medium (8) gestreuten Strahlung in ein spektral-optisches System (10), wobei das spektral-optische System (10) ein Spektrograph (14) mit CCD-Zeile (13) ist,

- ein Datenverarbeitungsgerät (11), das mit dem spektral-optischen System (10) verbunden ist, wobei das Datenverarbeitungsgerät (11) aus den mindestens zwei detektierten Raman-Spektren (16, 17) unterschiedlicher Anregungswellenlängen (lambda1, lambda2) ein Raman-Spektrum des zu untersuchenden Mediums (8) berechnet, in dem der Fluoreszenzuntergrund rechnerisch eliminiert ist, und

- wobei das spektral-optische System (10) und/oder das Datenverarbeitungsgerät (11) mit dem Modulator (4) verbunden und die Detektion der einzelnen Raman-Spektren (16, 17) unterschiedlicher Anregungswellenlängen (lambda1, lambda2) mit der alternierenden Ansteuerung der Laserdiode (1) synchronisiert ist."

Die Ansprüche 2 bis 12 und 14 bis 18 sind abhängige Ansprüche.

X. Die Argumente des Beschwerdeführers lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der neue Anspruch 1 sei durch die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 3, 7, 9, 14, 16 sowie durch S.7, Zeile 15 und S.9, zweiter Absatz der ursprünglich eingereichten Unterlagen gestützt. Der neue Anspruch 13 sei durch die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 3, 16, 18, 19, Fig. 1, S.7, Zeile 15. S.7, letzter Absatz bis S.8, Zeile 5 und S.9 zweiter Absatz der ursprünglich eingereichten Unterlagen gestützt. Die Beschreibung sei an die neuen Patentansprüche angepasst und die Druckschriften D8 und D10 seien in der Beschreibungseinleitung zitiert.

Die unabhängigen Patentansprüche seien durch Präzisierung der Frequenz für das Hin- und Herschalten (größer 1 Hz) weiter vom Stand der Technik abgegrenzt worden. Dieses Merkmal sei auf S.7, Zeile 15 der ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart. Durch die in den unabhängigen Ansprüchen definierten Ansteuerungs­bedingungen der Laserdiode, nämlich die alternierende Ansteuerung mit zwei unabhängigen Anregungsbedingungen mit einem Hin- und Herschalten mit einer Frequenz größer als 1 Hz werde die technische Aufgabe gelöst, sich schnell ändernde Prozesse mittels Raman-Spektroskopie überwachen zu können und hierbei eine Echtzeit-Untergrundunterdrückung für die Raman-Spektroskopie zu ermöglichen.

Die als nächstliegender Stand der Technik betrachtete Entgegenhaltung D10 beschreibe ein SERDS-Verfahren, bei dem ein Diodenlaser mit einer Wellenlänge von 785 nm und einer Leistung von 70 mW verwendet werde. Zum Erhalt eines Spektrums werde über die verwendete CCD für 20 Sekunden integriert (siehe S. 838, rechte Spalte, unten). Nach Auffassung der Beschwerdekammer werde der Fachmann, der das Messverfahren der D10 hinsichtlich Messgeschwindigkeit und Signal-Rausch-Verhältnis verbessern wolle, auf den in D8 offenbarten Laser zurückgreifen, da dieser bereits eine höhere Leistung von 200 mW bei 783 nm aufweise und explizit als Lichtquelle für die Raman-Spektroskopie benannt werde. Die höhere Laserleistung (200 mW statt 70 mW) dieses Lasers ermögliche auch eine entsprechend kürzere Integrationszeit (7 s statt 20 s) und führe somit zu einer Frequenz für das Hin- und Herschalten von etwa 0,1 Hz.

Es liege jedoch für den Fachmann ausgehend von D10 nicht nahe, die Frequenz für das Umschalten der Anregungsbedingungen auf größer als 1 Hz zu erhöhen, insbesondere weil der Fachmann davon ausgehen würde, dass eine Integrations­zeit kleiner als 7 Sekunden keine ausreichende integrierte Lichtmenge für die Aufnahme eines Raman-Spektrums ermöglichen würde. Auch erwähnten weder die Druckschrift D10 noch die Druckschrift D8 ein alternierendes Hin- und Herschalten zwischen zwei unterschiedlichen Anregungsbedingungen. Auch werde nicht angeregt, eine Echtzeit-Raman-Spektroskopie mit reduziertem Fluoreszenzuntergrund zu verwenden.

Die gleichen Erwägungen würden für eine in der Entscheidung genannte Kombination der Dokumente D5 und D8 gelten, da eine Umrechnung der Integrationszeit der D5 (360 Sekunden) bei erhöhter Leistung (200 mW statt 3 mW) zu einer Integrationszeit von zirka 5 Sekunden führen würde.

Folglich werde das Verfahren nach Anspruch 1 und die Vorrichtung nach Anspruch 13 weder durch die Kombination der Offenbarungen in den Druckschriften D10 und D8 noch durch eine Zusammenschau der D5 mit der D8 nahegelegt. Der Gegenstand dieser Ansprüche beruhe deshalb auf der notwendigen erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Die vom Beschwerdeführer gemachten Angaben zur Stützung der Merkmale der Ansprüche 1 und 13 in den ursprünglich eingereichten Unterlagen sind überzeugend. Die Ansprüche sind daher unter Artikel 123 (2) EPÜ und Artikel 84 EPÜ 1973 nicht zu beanstanden.

Die Anpassung der Beschreibung und die Würdigung der Druckschriften D8 und D10 sind ebenfalls im Einklang mit Regel 42 EPÜ.

3. Neuheit

3.1 Die Druckschrift D10 offenbart eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Erzeugung und zur Detektion eines Raman-Spektrums (SERDS-Verfahren, siehe Titel der D10) eines zu untersuchenden Mediums (z.B. Figur 6) mit den folgenden Merkmalen:

- Erzeugung elektromagnetischer Anregungsstrahlung mittels einer Laserdiode (Fig. 5 und Seite 837, rechte Spalte: 785nm, 70mW Laserdiode);

- Einkoppeln der Anregungsstrahlung in das zu untersuchende Medium, wobei die Laserdiode zur Erzeugung unterschiedlicher Anregungswellenlängen (Fig.7(a) und Seite 839, linke Spalte, Zeile 1: 12732.8 und 12742.4 cm**(-1)) mit zwei unterschied­lichen Anregungsbedingungen angesteuert wird;

spektrale Analyse der vom zu untersuchenden Medium gestreuten elektromagnetischen Strahlung durch Einkoppeln der gestreuten Strahlung in einen spektral-optisches System, nämlich einen Spektrographen mit CCD-Zeile (Fig. 5 und Seite 837, rechte Spalte, Abschnitt "Experimental": Chromex Sentinel Raman Spectrometer und Andor Technology 1024x256 CCD);

- wobei aus der gestreuten Strahlung für die unterschiedlichen Anregungswellenlängen jeweils ein Raman-Spektrum detektiert wird und aus den zwei detektierten Raman Spektren (Fig.7(a)) unterschiedlicher Anregungswellenlängen ein Raman-Spektrum des zu untersuchenden Mediums ermittelt wird (Fig.7(d)), in dem der Fluoreszenz­untergrund rechnerisch eliminiert ist (Fig.7(b)), und

- wobei die Detektion der einzelnen Raman-Spektren unterschiedlicher Anregungs­wellenlängen mit der Ansteuerung der Laserdiode synchronisiert wird (siehe z.B. Seite 838, rechte Spalte, dritter Absatz).

3.2 Das Verfahren nach Anspruch 1 und die Vorrichtung nach Anspruch 13 unterscheiden sich von der Offenbarung aus der Druckschrift D10 durch folgende Merkmale:

3.2.1 Die Laserdiode enthält ein internes frequenz­selektives Element; in der Druckschrift D10 gibt es keine Einzelheiten über die Beschaffenheit der Laserdiode, außer dass die Emissionswellenlänge 785nm ist und in einem 4nm breitem Fenster abstimmbar ist, und dass diese Abstimmung rechnergesteuert über die Temperatur erfolgt (Seite 837, rechte Spalte, Abschnitt "Experimental").

3.2.2 Die Wellenlängen werden mittels des an die Laserdiode angelegten elektrischen Stroms alternierend geschaltet; in der Vorrichtung der D10 wird temperaturgeschaltet und dies nur ein einziges Mal.

3.2.3 Im beanspruchten Gegenstand erfolgt ein Hin- und Herschalten zwischen den Anregungsbedingungen mit einer Frequenz größer als 1 Hz; laut D10, siehe Seite 738, rechte Spalte, vorletzter Absatz, wurden die beiden Spektren jeweils 20 s integriert, dies würde einer Umschaltfrequenz 0,025 Hz entsprechen.

3.3 Die in Punkt II genannten Druckschriften aus dem Prüfungsverfahren D5, D6 und D8 sind weniger relevant.

3.4 Daher ist das Verfahren nach Anspruch 1 und die Vorrichtung nach Anspruch 13 neu (Artikel 52 (1) EPÜ und 54 (1) EPÜ 1973).

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Druckschrift D10

4.1.1 Die Druckschrift D10 wird als nächstliegender Stand der Technik betrachtet. Das beanspruchte Verfahren und die beanspruchte Vorrichtung unterscheiden sich von der Offenbarung in dieser Druckschrift durch die oben genannten Merkmale (Punkt 3.2.1 - 3.2.3). Diese Merkmale lösen zusammen mit den weiteren Merkmalen aus den Ansprüchen die objektive technische Aufgabe einer Verbesserung des bekannten Verfahrens und der Vorrichtung, damit zwischen den unterschiedlichen Anregungsbedingungen schnell hin- und hergeschaltet werden kann, so dass sich schnell ändernde Prozesse mittels Raman-Spektroskopie trotz geringem apparativen Aufwand mit einer hohen Empfindlichkeit überwacht werden können (Seite 5, letzte 5 Zeilen der veröffentlichten Patent­anmeldung) und eine Echtzeit-Untergrund-Unterdrückung für die Raman-Spektroskopie ermöglicht wird (Seite 7, 1. Absatz).

4.1.2 Wie von der Beschwerdekammer in ihrem Bescheid vom 1. Februar 2016 ausgeführt, würde der Fachmann zwecks einer Verbesserung der Vorrichtung aus der Druckschrift D10 einen Austausch der Laserdiode von D10 (mit Leistung 70mW) durch eine leistungsstärkere Diode wie aus der Druckschrift D8 (Leistung 200mW) vornehmen. Diese Laserdiode enthält ein internes frequenz­selektives Element (DFB-Laser, Merkmal 3.2.1).

4.1.3 Beim Austausch der Laserdiode aus D10 durch die Diode aus D8 würde sich die Integrationszeit für die beiden Spektren von 20 Sekunden auf 7 Sekunden per Spektrum verringern. Dies würde einer Umschaltfrequenz von 1/(2*7)APPROX 0,07 Hz entsprechen.

4.1.4 Bezüglich der Merkmale der alternierenden Erzeugung der unterschiedlichen Anregungswellenlängen und des Hin- und Herschaltens zwischen den Anregungsbedingungen stellt die Kammer fest, dass ein solcher Betriebsmodus aus der Druckschrift D10 nicht bekannt ist: wie in der Figur 7(a) gezeigt, werden zwei Raman-Spektren erzeugt mit jeweiliger Integrationszeit von 20 Sekunden. Die Abstimmung der Laserdiode zwischen den beiden Wellenlängen erfolgt durch Änderung der Dioden­temperatur (Seite 837, rechte Spalte, Abschnitt "Experimental", Zeilen 5 - 8). Es erscheint fraglich, ob ein häufigeres Umschalten zwischen beiden Anregungs­wellenlängen bei einer solchen Temperaturabstimmung der Laserdiode technisch ausführbar wäre, da dann die Diode nicht nur erwärmt sondern, bei einem zweiten Messzyklus, auch wieder gekühlt werden müsste. Deshalb findet nach Überzeugung der Kammer der Fachmann in der Druckschrift D10 keine Anregung, mehr als zwei Einzelspektren zu erzeugen und auszuwerten.

4.2 Eine solche Anregung findet sich ebenso wenig in den übrigen Druckschriften aus dem Prüfungsverfahren. Insbesondere die Druckschrift D5, die einzige weitere Druckschrift auf dem Gebiet des SERDS-Verfahrens, offenbart eine Integrationszeit pro Spektrum von 6 Minuten, d.h. 12 Minuten pro Messzyklus. Eine Aufzeichnung mehrerer Messzyklen mittels Hin- und Herschaltens des hier benutzten Ti:Saphir Lasers wird nicht vorgeschlagen oder angedeutet.

4.3 Da mittels des Verfahrens nach Anspruch 1 und der Vorrichtung nach Anspruch 13 die in Punkt 4.1.1 aufgeführte technische Aufgabe auf nicht naheliegende Weise gelöst wird, beruht der Gegenstand dieser Ansprüche auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52 (1) EPÜ und 56 EPÜ 1973).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent auf folgender Grundlage zu erteilen:

Ansprüche: 1 bis 18, eingereicht mit Schreiben vom 30. Mai 2016;

Beschreibung: Seiten 1 bis 11, eingereicht mit Schreiben vom 30. Mai 2016;

Zeichnung: Figuren 1 bis 5 der veröffentlichten Patentanmeldung.

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