T 0632/11 (Adaption der Wärmeleistung/TECHEM) of 9.12.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T063211.20141209
Datum der Entscheidung: 09 Dezember 2014
Aktenzeichen: T 0632/11
Anmeldenummer: 02796657.1
IPC-Klasse: G05D 23/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUR ADAPTION DER WÄRMELEISTUNG IN HEIZUNGSANLAGEN
Name des Anmelders: Techem Energy Services GmbH
Name des Einsprechenden: Ista Shared Services GmbH
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 54(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Neuheit - Hilfsantrag 2 (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 2 (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Ein Einspruch wurde gegen das europäische Patent Nr. 1456727 in seiner Gesamtheit gestützt auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (1), (2) und 56 EPÜ eingelegt. Das Patent wurde von der Einspruchsabteilung widerrufen.

In ihrer Entscheidung bezog sich die Einspruchsabteilung unter anderem auf die Druckschrift:

E2: EP 594886 A1

und gelangte zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 13 des Hauptantrags, des ersten und des zweiten Hilfsantrags für den von E2 ausgehenden Fachmann unter Verwendung seiner allgemeinen Fachkenntnisse naheliegend war.

II. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) Beschwerde ein und begründete diese. Sie beantragte, die Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage von Ansprüchen gemäß einem Hauptantrag oder hilfsweise auf der Grundlage von Ansprüchen gemäß einem von sechs Hilfsanträgen aufrecht zu erhalten. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.

III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Dazu reichte sie den weiteren Stand der Technik

E3: "EIB-Beschreibung Funktionsmodul FM 446 -EIB-Schnittstelle- für das Buderus Heiztechnik Regelsystem Logamatic 4000", Ausgabe V1.3 vom Oktober 2001 (12. Oktober 2001)

ein.

Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte, dieses Dokument wegen seines unklaren Veröffentlichungsdatums und mangelnder prima facie Relevanz nicht in das Verfahren zuzulassen.

In Antwort auf die Stellungnahme der Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin weitere Dokumente

E4: "Planungsinformation EIB-Schnittstelle FM 446 für modulares Regelsystem Logamatic 4000", von Buderus, Ausgabe 1/2001

und

E5: "Buderus auf der ISH 2001: Neue Akzente bei Heiztechnik und Dienstleistungen", Modernisierungs-Magazin 5/2001, Seiten 47-49

eingereicht, aus denen die öffentliche Zugänglichkeit des Funktionsmoduls FM 446 der Firma Buderus vor dem relevanten Prioritätsdatum hervorgehen solle.

In einer weiteren Eingabe hat die Beschwerdeführerin die diesbezügliche Relevanz und auch die Relevanz dieser beiden Dokumente als eigenständige technische Lehre bestritten und beantragt, sie daher nicht in das Verfahren zuzulassen.

V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung nahm die Kammer zu den Sachverhalten vorläufig Stellung.

VI. In Antwort auf die Mitteilung der Kammer änderte die Beschwerdeführerin ihre Anträge dahingehend, dass der bisherige Hilfsantrag 3 den bisherigen Hilfsantrag 2 ersetzt und dass ein neuer Hilfsantrag 3 und ein neuer Hilfsantrag 4 eingereicht wurden. Alle anderen bisherigen Anträge werden unverändert weiterverfolgt. Alle Anträge wurden mit dem Schreiben vom 17. November 2014 neu eingereicht.

VII. Die mündliche Verhandlung fand am 9. Dezember 2014 vor der Kammer statt. In ihrem Verlauf reichte die Beschwerdeführerin unter anderem Ansprüche geänderter Hilfsanträge 1 bis 6 ein und nahm später den Hilfsantrag 1 zurück. Sie beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der Ansprüche des mit Schreiben vom 17. November 2014 eingereichten Hauptantrags oder auf der Grundlage der Ansprüche einer der in der mündlichen Verhandlung zuletzt eingereichten Hilfsanträge 2 bis 6.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Am Ende der mündlichen Verhandlung und nach Beratung der Kammer verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.

VIII. Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"Verfahren zur Adaption der Wärmeleistung in Heizungsanlagen (2) mittels einer Wärmeleistungsregelung (7) der Heizungsanlage (2), insbesondere durch Variation von Vorlauftemperatur (thetaHVL) und/oder Massenstrom (FORMEL/TABELLE/GRAPHIK), dadurch gekennzeichnet, dass eine Versorgungszustandsregelung, insbesondere ein Versorgungszustandsadaptionsmodul (6), vorgesehen ist, wodurch ein den Wärmebedarf der Räume berücksichtigender Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand (BST) als Regelgröße mit einem vorgebbaren Sollwert, der zeitabhängig variiert werden kann, für den Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand (BSTS) verglichen und daraus ein Sollwert (VLTS) und/oder Korrekturwert (DeltaVLT) für die Wärmeleistungsregelung (7) ermittelt wird."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 hat folgenden Wortlaut:

"Verfahren zur Adaption der Wärmeleistung in Heizungsanlagen (2) mittels einer Wärmeleistungsregelung (7) der Heizungsanlage (2), deren Wärmeleistungsregelung (7) die externe Aufschaltung eines Sollwertes nicht ermöglicht, jedoch die Aufschaltung eines Korrektursignals (DeltaVLT) zulässt, insbesondere durch Variation von Vorlauftemperatur (thetaHVL) und/oder Massenstrom (FORMEL/TABELLE/GRAPHIK), wobei ein den Wärmebedarf der Räume berücksichtigender Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand (BST) und daraus ein Korrekturwert (DeltaVLT) für die Wärmeleistungsregelung (7) ermittelt wird, dadurch gekennzeichnet, dass eine Versorgungszustandsregelung, insbesondere ein Versorgungszustandsadaptionsmodul (6), vorgesehen ist, wodurch der Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand (BST) als Regelgröße mit einem vorgebbaren Sollwert, der zeitabhängig variiert werden kann, für den Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand (BSTS) verglichen und in eine Stellgröße der Versorgungszustandsregelung umgerechnet wird, welche den Korrekturwert (DeltaVLT) für die Wärmeleistungsregelung als Korrekturwert des Sollwertes einer Basis-Heizungsfahrkurve der Wärmeleistungsregelung (7) bildet, wobei der Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand (BST) aus der Hubposition (Y) der Stellventile aller zur raumweisen Regelung der Raumtemperatur beitragenden Heizelemente des Heizkreises oder Gebäudes abgeleitet wird."

Der nebengeordnete Anspruch 11 bezieht sich auf eine Vorrichtung zur Durchführung eines solchen Verfahrens und hat folgenden Wortlaut:

"Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche, mit einer Wärmeleistungsregelung (7) zur Vorgabe von Vorlauftemperatur (thetaHVL) und/oder Massenstrom (FORMEL/TABELLE/GRAPHIK) einer Heizungsanlage (2), welche die externe Aufschaltung eines Sollwertes nicht ermöglicht, jedoch die Aufschaltung eines Korrektursignals (DeltaVLT) zulässt, wobei ein Versorgungszustandsanalysator (5) dazu eingerichtet ist, einen den Wärmebedarf der Räume berücksichtigenden Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand (BST) zu ermitteln, und wobei daraus ein Korrekturwert (DeltaVLT) für die Wärmeleistungsregelung (7) ermittelt wird, gekennzeichnet durch eine Versorgungszustandsregelung, insbesondere ein Versorgungszustandsadaptionsmodul (6), wodurch der Heizkreis- bzw. Gebäudeversorgungszustand (BST) als Regelgröße mit einem vorgebbaren Sollwert, der zeitabhängig variiert werden kann, für den Heizkreis- bzw. Gebäudeversorgungszustand (BSTS) verglichen und in eine Stellgröße der Versorgungszustandsregelung umgerechnet wird, welche den Korrekturwert (DeltaVLT) für die Wärmeleistungsregelung als Korrekturwert des Sollwertes einer Basis-Heizungsfahrkurve der Wärmeleistungsregelung (7) bildet und wobei der Versorgungszustandsanalysator (5) zur Ermittlung eines Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand (BST) aus der Hubposition (Y) der Stellventile aller zur raumweisen Regelung der Raumtemperatur beitragenden Heizelemente des Heizkreises oder Gebäudes eingerichtet ist."

Die weiteren Ansprüche des Hilfsantrags 2, d.h. die Ansprüche 2 bis 10 und 12 bis 14, sind von Anspruch 1 bzw. 11 abhängige Ansprüche.

Im Hinblick auf die nachfolgende Entscheidung erübrigt es sich, auf die Ansprüche der Hilfsanträge 3 bis 6 einzugehen.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag: erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

1.1 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sind die Merkmale, die mit "insbesondere" eingeleitet werden als fakultative Merkmale nicht zu berücksichtigen.

Ferner versteht die Kammer unter dem Begriff "ein den Wärmebedarf der Räume berücksichtigender Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand" jedwede Größe, die vernünftigerweise dazu in Betracht zu ziehen ist. Insbesondere ist auch die Ist-Temperatur von Räumen eine solche Größe. Denn diese reflektiert den Gebäudeversorgungszustand, da sie angibt, ob ein Gebäude gut (hohe Ist-Temperatur) oder schlecht (niedrige Ist-Temperatur) versorgt ist.. Weiterhin berücksichtigt die Ist-Temperatur auch den Wärmebedarf von Räumen. Ist die Temperatur nämlich niedrig, ist der Wärmebedarf hoch, und entsprechend umgekehrt.

1.2 Die Kammer geht von einer notorisch bekannten Etagenheizung als nächstliegendem Stand der Technik aus. Eine derartige Heizung besteht zum Beispiel aus einer Gastherme, in der durch einen Brenner eine Wärmeleistung erzeugt wird. Sie weist ferner eine Wärmeleistungsregelung auf, die aus einer Bedieneinheit besteht, die das Einstellen einer Solltemperatur ermöglicht. In diese Bedieneinheit ist eine Wärmeleistungsregelung integriert, die den Wert der eingestellten Solltemperatur mit einer über einen integrierten oder fernen Sensor erfassten Ist-Temperatur vergleicht und die von der Gastherme erzeugte Wärmeleistung entsprechend anpasst. Diese Temperaturregelung bildet demzufolge eine Versorgungszustandsregelung.

Somit ist ein Verfahren zur Adaption der Wärmeleistung in Heizungsanlagen mittels einer Wärmeleistungsregelung der Heizungsanlage notorisch bekannt. Nach den Ausführungen unter Punkt 1.1 ist in diesem notorisch bekannten Verfahren auch eine Versorgungszustandsregelung vorgesehen, durch die ein den Wärmebedarf eines den Sensor beherbergenden Raums berücksichtigender Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand (nämlich die Ist-Temperatur) als Regelgröße mit einem vorgebbaren Sollwert (die Solltemperatur) für den Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand verglichen wird. Aus diesem Vergleich wird in notorisch bekannter Weise ein entsprechendes Signal, das als Korrekturwert für die Wärmeleistungsregelung verstanden werden kann, ermittelt. Ferner kann der vorgebbare Sollwert zum Beispiel durch händische Veränderung zeitabhängig variiert werden.

Das Verfahren des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von dem notorisch bekannten Verfahren dadurch, dass der Heizkreis- und Versorgungszustand den Wärmebedarf der Räume berücksichtigt, während in dem notorisch bekannten Verfahren typischerweise nur die Temperatur eines Raumes dessen Wärmebedarf angibt.

Die durch diesen Unterschied zu lösende Aufgabe, nämlich eine ausreichende Versorgung möglichst aller Räume zu erreichen, ist für den Fachmann naheliegend.

Die beanspruchte Lösung dieser Aufgabe hat rein deklaratorischen Charakter. Sie war auch für den von dem oben beschriebenen, notorisch bekannten Verfahren ausgehenden Fachmann naheliegend und hätte zum Beispiel durch Verwendung mehrerer Raumsensoren oder durch Offenhalten der Raumtüren gelöst werden können.

1.3 Folglich war der beanspruchte Gegenstand für den von dem oben beschriebenen, notorisch bekannten Verfahren ausgehenden Fachmann naheliegend und erfüllt somit nicht die Erfordernisse des Artikels 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ.

1.4 Die Kammer möchte an dieser Stelle anmerken, dass dieses Ergebnis eine Folge der weiten Interpretation des Begriffs "ein den Wärmebedarf der Räume berücksichtigender Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand" ist. Wenn dieser, wie unter Punkt 1.1 so weit gesehen wird, dass er die Ist-Temperatur umfasst, ist die Regelung dieser Größe mit der Wärmeleistungsregelung identisch.

Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen argumentiert, dass ein solches Verständnis des Begriffs "ein den Wärmebedarf der Räume berücksichtigender Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand" unüblich sei und dazu auf das Patent (siehe z.B. Anspruch 2 des Streitpatents) und das Dokument E2 verwiesen (siehe z.B. die Zusammenfassung), aus denen hervorginge, dass sich in der Technik der Gebäudeversorgungszustand unter Verwendung des Öffnungsgrads der Steuerventile berechne.

Die Kammer ist davon nicht überzeugt, denn wenn sich der Gebäudeversorgungszustand in der Technik regelmäßig unter Verwendung des Öffnungsgrads der Steuerventile berechnet, hätte die Beschwerdeführerin ein entsprechendes Merkmal in Anspruch 1 aufnehmen können, ohne den Gegenstand übermäßig einzuschränken. Da sie dies, zumindest beim Hauptantrag, nicht tat, muss sie eine weite Interpretation des Begriffs "ein den Wärmebedarf der Räume berücksichtigender Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand" hinnehmen.

2. Hilfsantrag 2: Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ) und erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf E2 (Artikel 56 EPÜ)

2.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 basiert auf den erteilten Ansprüchen 1 and 2 und weist weitere, hinzugefügte Merkmale auf, die aus Seite 3, Zeile 57 bis Seite 4, Zeile 1 und Seite 4, Zeilen 4-5 und Zeilen 13-15 der Patentschrift, die in diesen Punkten mit der ursprünglichen Offenbarung identisch ist, hervorgehen. Somit erfüllen die Änderungen in Anspruch 1 und die entsprechenden Änderungen in Anspruch 11 des Hilfsantrags 2 die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ. Dies wurde auch nicht von der Beschwerdegegnerin bestritten.

2.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unter anderem dadurch, dass der Heizkreis- und Gebäudeversorgungszustand explizit aus der Hubposition der Stellventile aller zur raumweisen Regelung der Raumtemperatur beitragenden Heizelemente des Heizkreises oder Gebäudes abgeleitet wird. Für diesen Gegenstand ist die notorisch bekannte Etagenheizung nicht mehr von Relevanz, da es bei dieser keine Trennung zwischen einer Regelung der Wärmeleistung und des Heizkreis- und Gebäudeversorgungszustands gibt, wobei es insbesondere nur eine Regelgröße gibt, nämlich die Raumtemperatur oder deren Differenz zu einem Sollwert.

Die Kammer geht daher von E2 als nächstliegendem Stand der Technik aus, da gemäß diesem Stand der Technik nicht nur eine Wärmeleistungsregelung durchgeführt wird (Seite 2, Zeilen 3-5) sondern auch der aus dem Öffnungsgrad der an den Heizkörpern angebrachten Steuerventile erhaltene Wärmebedarf berücksichtigt wird (Seite 2, Zeilen 31-42).

Im Detail ist aus E2 ein Verfahren zur Adaption der Wärmeleistung in Heizungsanlagen mittels einer Wärmeleistungsregelung der Heizungsanlage bekannt. Dies ergibt sich implizit aus der Verwendung von Heizkörpern mit daran angebrachten Steuerventilen (Seite 2, Zeilen 33-35). Bei diesem Verfahren wird ein den Wärmebedarf der Räume berücksichtigender Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand aus der Hubposition der Stellventile aller zur raumweisen Regelung der Raumtemperatur beitragenden Heizelemente des Heizkreises oder Gebäudes ermittelt (Seite 2, Zeilen 36-42).

2.3 Der für die Frage der erfinderischen Tätigkeit wesentliche Unterschied zwischen dem beanspruchten Verfahren und dem aus E2 bekannten Verfahren liegt, wie auch schon die Einspruchsabteilung festgestellt hat, darin, dass der Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand mit einem vorgebbaren Sollwert, der zeitabhängig variiert werden kann, für den Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand verglichen wird und dass darüber hinaus der Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand als Regelgröße dient.

Die dem Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand entsprechende Größe in E2, nämlich das Gesamtbedarfsignal G, hat dort einen festen Sollwert, nämlich Null (das ergibt sich zum Beispiel aus Seite 3, Zeilen 52-57 in Verbindung mit der Wertetabelle auf Seite 4), der, wie im Folgenden unter 2.5 weiter ausgeführt, weder zeitabhängig variiert werden noch als Regelgröße dienen kann.

2.4 Diese Merkmale lösen die Aufgabe, die Wärmeleistung der Heizungsanlage dem tatsächlichen Bedarf anpassen zu können (Absatz [0012] des Streitpatents).

2.5 In der angefochtenen Entscheidung wurde argumentiert (siehe Punkt 4.3, dritter Absatz), dass es zur allgemeinen Praxis des Fachmanns gehöre, zur optimalen Einstellung einer Größe verschiedene Parameter auszuprobieren. Er würde dies auch bei dem Gesamtbedarfsignal G tun und den Sollwert für dieses Signal je nach Bevorzugung von Über- oder Unterversorgung auf einen von Null verschiedenen Wert einstellen.

Die Kammer akzeptiert dieses Argument im vorliegenden Fall nicht. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Eingabe vom 17. November 2014 im Detail für ein auf dem Ausführungsbeispiel der E2 aufbauendes Beispiel mit einem von Null verschiedenen Sollwert für das Gesamtbedarfsignal nachgewiesen, dass eine Vorgabe eines von Null verschiedenen Werts eine Regelung der Wärmeleistung unmöglich macht. Dieses Verhalten des in E2 beschriebenen Systems ist eine Folge der Tatsache, dass das Gesamtbedarfsignal G eine Funktion der Hubposition der Stellventile und einer Regelabweichung der Raumtemperatur (Regeldifferenz) ist (siehe die Wertetabelle auf Seite 4 und Anspruch 2) und dass die Wertetabelle für die Wärmebedarfsignale der einzelnen Stellventile derart ist, dass Abweichungen von einer mittleren Regeldifferenz (in diesem Falle 0 K) und einer mittleren Hubposition (in diesem Falle 50%) zu Wärmebedarfssignalen führen, die in der gemäß Figur 2 berechneten Summe für das Gesamtbedarfsignal G zu einer Regelung des Heizsystem auf den Wert G=0 führt. Mit anderen Worten, der stabile Zustand in E2 ist immer ein Zustand mit G=0..

An diesem Regelverhalten würde sich auch nichts ändern, wenn der Wertetabelle andere Regelgrößen als die Regelabweichung der Raumtemperatur, wie etwa die Regelabweichung der Vorlauf- oder Rücklauftemperatur oder die Spreizung zwischen diesen (Seite 3, Zeilen 23-26) zu Grunde lägen.

2.6 Da eine Regelung des Gesamtbedarfsignals auf einen anderen als den durch die Wertetabelle vorgegebenen Wert (im Ausführungsbeispiel ist dieser Wert gleich Null) nicht möglich ist, würde der von E2 ausgehende Fachmann das Gesamtbedarfsignal nicht als Regelgröße mit einem vorgebbaren Sollwert, der zeitabhängig variiert werden kann, vergleichen.

Statt dessen würde der von E2 ausgehende Fachmann zur Anpassung der Wärmeleistung an den tatsächlichen Bedarf, wie dort vorgeschlagen (Seite 5, Zeilen 43-53), den Gewichtungsparameter a variieren.

2.7 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 für den von E2 ausgehenden Fachmann auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

2.8 Dieselben Argumente gelten auch, mutatis mutandis, für den Gegenstand des Vorrichtungsanspruchs 11, der eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 zum Gegenstand hat und alle Merkmale des Verfahrens entsprechend aufweist. Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 11 für den von E2 ausgehenden Fachmann ebenso auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

3. Dokumente E3-E5: Zulassung in das Verfahren und Vorveröffentlichung

3.1 Die Ansprüche 1 und 13 des Hauptantrags basieren auf den entsprechenden Ansprüchen des Streitpatents und wurden während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung durch das zusätzliche Merkmal, dass der Sollwert zeitabhängig variiert werden kann, geändert. Laut Beschwerdegegnerin wurde E3 eingeführt, um dieser Änderung, die auch in allen vorliegenden Anträgen besteht, Rechnung zu tragen.

Da diese Änderung, die während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht wurde, ihre Grundlage in der ursprünglichen Beschreibung findet, ist es nachvollziehbar, dass die Beschwerdegegnerin dieses Dokument nicht im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorbringen können (Artikel 12 (4) VOBK). Auch gemäß Artikel 13 (1) VOBK besteht kein Grund, E3 nicht in das Verfahren zuzulassen, da dieses Dokument mit der ersten Erwiderung der Beschwerdegegnerin auf die Beschwerdebegründung eingereicht wurde.

Dieses Dokument wird daher in das Verfahren zugelassen.

3.2 Die weiteren Dokumente E4 und E5 wurden von der Beschwerdeführerin eingeführt, um die Vorveröffentlichung des Dokuments E3 nachzuweisen. Die Kammer macht von ihrem Ermessen gemäß Artikel 13 (1) VOBK Gebrauch und lässt auch diese Dokumente in das Verfahren zu.

3.3 Das Dokument E3 stammt von Buderus Heiztechnik und betrifft eine "EIB-Beschreibung" eines Funktionsmoduls FM 446. Das Dokument ist in einer Version V1.3/10.2001 erstellt und weist in den Fußnoten der Seiten 2 bis 12 das Datum 12. Oktober 2001 ("12. 10. 2001") auf. Dieses liegt zwar etwa 9 Wochen vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents vom 19. Dezember 2001, jedoch ergibt sich aus E3 nicht, dass es sich bei diesem Datum um ein Veröffentlichungsdatum handelt.

3.4 Als Nachweis für die öffentliche Zugänglichkeit von E3 vor dem Prioritätsdatum reichte die Beschwerdegegnerin die Druckschriften E4 und E5 ein, und trug dabei zum ersten Mal vor, dass diese Dokumente die offenkundige Vorbenutzung des Moduls FM 446 vor dem Prioritätsdatum belegen würden. Abgesehen von der Frage, ob dieses Vorbringen als verspätet zu betrachten ist, wurde die behauptete offenkundige Vorbenutzung nicht ausreichend substantiiert, und wird daher von der Kammer außer Betracht gelassen. Da beide Dokumente laut Vorbringen der Beschwerdegegnerin außerdem vor dem auf dem Dokument E3 vermerkten Datum veröffentlicht wurden, können im vorliegenden Fall daraus keine Rückschlüsse auf das Veröffentlichungsdatum von E3 gezogen werden.

3.5 Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, dass E4 und E5 vor dem Prioritätsdatum veröffentlicht wurden, und die Kammer betrachtet die Dokumente als zum Stand der Technik gehörend.

3.6 Aus oben Gesagtem folgt, dass E3 kein Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ ist, dass jedoch E4 und E5 zum Stand der Technik gehören.

4. Hilfsantrag 2: Neuheit und erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf E4 (Artikel 54 (1) und (2), 56 EPÜ)

4.1 Während der mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdegegnerin erstmals auf E4 als für die Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit des in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 beanspruchten Gegenstands relevantes Dokument Bezug genommen. Bis dahin nahm die Beschwerdegegnerin auf dieses Dokument lediglich als Nachweis für die Vorveröffentlichung von E3 Bezug. Es handelt sich somit um eine spät vorgebrachte Änderung des Vorbringens der Beschwerdegegnerin, deren Zulassung gemäß Art. 13 (1) VOBK dem Ermessen der Kammer unterliegt. Aufgrund seiner geringen Komplexität lässt die Kammer dieses neue Vorbringen zu.

4.2 E4 zeigt auf Seite 3 ein Anlagenbeispiel für die Heizkreisfunktionen des Funktionsmoduls FM 441 in Verbindung mit einer EIB-Einzelraumregelung und einem EIB-Modul FM 446.

Bei diesem Anlagenbeispiel sendet ein Fensterkontakt beim Öffnen ein Signal an die Einzelraum-Regelung, die eine Wärmeleistungsregelung im Sinne des Anspruchs 1 darstellt, die ihrerseits das Heizkörperventil schließt und die Wärmeleistungsregelung durch Verschieben der Heizkurve nach unten steuert. Daraus ergibt sich eine bedarfsabhängige Wärmeerzeugung (Seite 3, linke Spalte, Absätze 2 und 3).

Weiterhin ergibt sich aus dem letzten vollständigen Absatz in der linken Spalte der Seite 4, dass die Ventilstellung der im System vorhandenen EIB-Heizkörperventil-Stellantriebe zusätzlich zur Außentemperaturführung eine wichtige Regelgröße ist.

4.3 Die Kammer sieht auch hier wie zuvor im Hinblick auf E2 (siehe Punkt 2.3) den für die Frage der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit wesentlichen Unterschied zwischen dem beanspruchten Verfahren und dem aus E4 bekannten Verfahren darin, dass der Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand als Regelgröße mit einem vorgebbaren Sollwert, der zeitabhängig variiert werden kann, verglichen wird.

Wenn man die Ventilstellung der Einzelraumregelung auf Seite 3 von E4 oder die Ventilstellung der Stellantriebe von mutmaßlich mehreren Räumen als eine dem Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand entsprechende Größe betrachtet, ergibt sich aus E4 nicht, dass eine solche Größe als Regelgröße verwendet wird, die mit einem vorgebbaren Sollwert, der zeitabhängig variiert werden kann, verglichen wird, da kein Vergleich zwischen dem Ist-Wert der Regelgröße und einem Sollwert durchgeführt wird und damit keine Rückkopplung auf die Ventilsteuerung erfolgt.

Statt dessen wird bei dem auf Seite 3 beschriebenen Vorgang des Öffnens eine Fensters eine Steuerung durch den Einzelraumregler durchgeführt, der nach Erkennen der Fensteröffnung durch einen Fensterkontakt das Heizkörperventil zusteuert. In dieser Folge verschiebt das Modul FM 446 abhängig von der Ventilstellung die Heizkennlinie.

Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs neu gegenüber E4 (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ).

4.4 Das gilt auch für den Gegenstand des Vorrichtungsanspruchs 11, der eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 zum Gegenstand hat und alle Merkmale des Verfahrens entsprechend aufweist. Dessen Gegenstand ist somit ebenfalls neu gegenüber E4 (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ).

4.5 Wie zuvor sieht die Kammer die durch diesen Unterschied gelöste Aufgabe darin, die Wärmeleistung der Heizungsanlage dem tatsächlichen Bedarf anpassen zu können.

Es mag dahin gestellt bleiben, ob die auf Seite 3 von E4 beschriebene Einzelraumregelung tatsächlich diese Aufgabe löst, denn zumindest die dort vorgeschlagene Lösung (das vollständige Schließen des Heizventils) gibt für den Fachmann keinen Hinweis auf die beanspruchte Lösung, nämlich den Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand als Regelgröße mit einem vorgebbaren Sollwert, der zeitabhängig variiert werden kann, zu vergleichen, da es sich bei diesem Vorgang um eine einfache Steuerung (Schließen des Heizventils) handelt, bei der kein Vergleich der Regelgröße, also der Stellung des Heizventils, mit dem Sollwert (Heizventil geschlossen) vorgesehen ist und somit auch nicht für eine Regelung des Schließvorgangs verwendet wird. In Anbetracht dieses einfachen Vorgangs (Schließen des Heizventils), war für den Fachmann eine Regelung mit Soll/Ist-Vergleich auch nicht?? naheliegend.

Der Fachmann erhält auch aus E2 keine Anregung, dieses Merkmal in dem in E4 beschriebenen Verfahren zu integrieren. Wie schon unter Punkt 2.6 ausgeführt, erlaubt das aus E2 bekannte Verfahren keine Regelung des Gesamtbedarfsignals auf einen anderen als den durch die Wertetabelle vorgegebenen Wert (im Ausführungsbeispiel ist dieser Wert gleich Null). Somit würde der von E4 ausgehende Fachmann aus E2 keine Anregung erhalten, eine dem Heizkreis- oder Gebäudeversorgungszustand entsprechende Größe (die Ventilstellung in E4, bzw. das Gesamtbedarfsignal in E2) als Regelgröße mit einem vorgebbaren Sollwert, der zeitabhängig variiert werden kann, zu vergleichen.

Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 für den von E4 ausgehenden Fachmann auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

4.6 Dieselben Argumente gelten auch, mutatis mutandis, für den Gegenstand des Vorrichtungsanspruchs 11, der eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 zum Gegenstand hat und alle Merkmale des Verfahrens entsprechend aufweist. Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 11 für den von E4 ausgehenden Fachmann ebenso auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

5. Die Ansprüche des Hilfsantrags 2, d.h. die unabhängigen Ansprüche 1 und 11 und die davon abhängigen Ansprüche 2 bis 10 bzw. 12 bis 14, erfüllen somit die Erfordernisse des EPÜ, so dass das Patent auf der Grundlage dieses Antrags aufrecht erhalten werden kann.

Eine Untersuchung der weiteren Anträge erübrigt sich somit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der Ansprüche des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2 und eine daran anzupassende Beschreibung aufrechtzuerhalten.

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