European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T055811.20160113 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 Januar 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0558/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02022206.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B07C 5/342 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zur Selektierung von Kunststoffen und anderen Materialien bezüglich Farbe und Zusammensetzung | ||||||||
Name des Anmelders: | Krieg, Gunther, Prof.Dr.Ing. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen - zulässig (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin hat gegen die am 14. Oktober 2010 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 02 022 206.3 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 15. Februar 2011 eingegangen.
II. Der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Antrag enthielt die während der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2010 eingereichten Ansprüche 1 bis 6 sowie die mit dem Schreiben vom 20.August 2008 eingereichten Ansprüchen 7 bis 11. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass dieser verspätete Antrag den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ nicht genüge. Die Prüfungsabteilung ließ deshalb diesen Antrag nicht ins Verfahren zu und wies die Anmeldung gemäß Artikel 97 (2) EPÜ in Verbindung mit Artikel 113 (2) EPÜ zurück (vgl. Punkt 5, Absatz 2 der Entscheidungsgründen).
III. Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent aufgrund des Anspruchsatzes eines beigefügten Hauptantrags oder hilfsweise aufgrund des Anspruchssatzes eines von vier Hilfsanträgen, die mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden sind, aufrechtzuerhalten. Weiters beantragte die Beschwerdeführerin, falls die Kammer sich nicht sogleich in der Lage sehen sollte, einem der vorangehenden Anträge zu entsprechen, einen Zwischenbescheid zu erlassen, weiters hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
IV. Am 29. September 2015 erließ die Kammer einen Bescheid infolgedessen die Beschwerdeführerin mit ihrem Schreiben vom 2. Dezember 2015 den Antrag auf mündliche Verhandlung zurückzog, unter der Voraussetzung, dass die Angelegenheit an die erste Instanz zurückgewiesen wird.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet (Merkmalsgliederung von der Kammer hinzugefügt):
a) "Verfahren zur Identifikation und zur Separation von Kunststoff-Materialteilchen,
b) wobei mit mindestens einer Lichtquelle (6, 7) zur Erzeugung von Fluoreszenzlicht (8),
c) mindestens einem optischen Spektrometer (10),
d) auf welches das von den Kunststoffteilchen emittierte Fluoreszenzlicht (8) geleitet wird,
e) einer Analyseeinheit (11) zur Messung und Auswertung von Spektren der Kunststoff-Materialteilchen (14),
f) die durch Spektralanalyse der Fluoreszenz sowohl den Typ des jeweiligen Kunststoffes, als auch Farbe und eventuelle Verunreinigungen der Kunststoffmaterialteilchen berechnet
g) sowie einer Separationseinheit,
h) die Kunststoffmaterialteilchen (14) während ihres Weges auf einer schiefen Ebene (13) entsprechend den Signalen des mindestens einen optischen Spektrometers (10) durch ein optisches Erkennungssystem klassifiziert werden und entsprechend der Klassifizierung in der Separationseinheit in mindestens zwei Materialfraktionen getrennt werden."
Ansprüche 2 bis 9 sind vom Anspruch 1 abhängig.
Anspruch 10 des Hauptantrags lautet:
"Vorrichtung zur Identifikation und zur Separation von Materialteilchen zur Identifizierung verschiedener Kunststofftypen sowie zur Erkennung von Einfärbungen zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9, mit:
mindestens einer Lichtquelle (6, 7) zur Erzeugung von Fluoreszenzlicht (8),
mindestens einem optischen Spektrometer (10), auf welches das von den Kunststoffteilchen emittierte Fluoreszenzlicht (8) geleitet wird,
einer Analyseeinheit (11) zur Messung und Auswertung von Spektren der Kunststoff-Materialteilchen (14), die durch Spektralanalyse der Fluoreszenz sowohl den Typ des jeweiligen Kunststoffes, als auch Farbe und eventuelle Verunreinigungen der Kunststoffmaterialteilchen berechnet sowie einer Separationseinheit, wobei
die Kunststoff-Materialteilchen (14) während ihres Weges auf einer schiefen Ebene (13) entsprechend den Signalen des mindestens einen optischen Spektrometers (10) durch ein optisches Erkennungssystem klassifiziert werden und entsprechend der Klassifizierung in der Separationseinheit in mindestens zwei Materialfraktionen getrennt werden."
VI. Die schriftlich vorgetragenen relevanten Argumenten der Anmelderin bezüglich des Hauptantrags lauten wie folgt:
Der neue Anspruch 1 setze sich aus den ursprünglichen Ansprüche 1 und 2, sowie den Absätzen [0021] und [0018] und der Abbildung 1 der veröffentlichten Anmeldung (EP 1 300 200 A1) zusammen. In Anspruch 1 sei "Kunststoff" vor "Materialteilchen" eingefügt und "Beleuchtungseinheit" durch "Lichtquelle", wie aus dem ursprünglichen Anspruch 7 bekannt, ersetzt worden. Die Ausdrücke "zur Erzeugung von Fluoreszenzlicht" sowie "auf welches das von den... Fluoreszenzlicht geleitet wird" stammen aus Absatz [0021], Zeilen 50 bis 51 der Spalte 4 und Zeilen 2 bis 8 der Spalte 5, sowie Absatz [0025], Zeilen 25 bis 28 der Spalte 6. Merkmal f) finde sich in Absatz [0018], Zeilen 9 bis 13 der Spalte 4 und Absatz [0021]. Alle weiteren Merkmale des neuen Anspruchs 1 seien im ursprünglichen Anspruch 1 enthalten gewesen. Die übrigen Ansprüche seien unverändert aufrecherhalten und lediglich umnummeriert worden.
Die Prüfungsabteilung habe bestritten, dass das Merkmal "das aus dem Fluoreszenzlicht den Typ des jeweiligen Kunststoffes, Farbe und evtl. Verunreinigungen berechnet" in Absatz [0021] der EP 1 300 200 A1 offenbart sei und meinte, dass eine Einschränkung auf Fluoreszenzlicht nicht offenbart sei.
Tatsächlich ergebe sich aber aus dem Wortlaut des Absatzes [0021] in Zusammenschau mit der darin erläuterten Figur 1 der Zeichnung, dass Fluoreszenzlicht 8 vom Analysesystem ausgewertet werde.
Ganz offensichtlich ergebe sich auch aus der Betrachtung der Zeichnung, insbesondere der Figur 1, die in Absatz [0021] abgehandelt werde, dass Figur 1 eine reine Fluoreszenzmessung beschreibe. Die Beleuchtungseinrichtungen 6, 7 seien in Absatz [0021] expressis verbis als "Beleuchtungseinrichtungen für Fluoreszenz" bezeichnet worden, und es werde Fluoreszenzlicht mit einem Scannersystem erfasst und auf ein Spektrometer geleitet, aus dessen Spektren dann Kunststoff-Typ und Verunreinigungen sowie Farbe berechnet werden. Da hier die Beleuchtungseinrichtung Fluoreszenz auslöse, werde diese analysiert und das dazugehörige Spektrometer sei dann in der Fachnomenklatur ein Fluoreszenzspektrometer, wie auch eine Alternative des ursprünglichen Anspruchs 3 laute, die somit als bevorzugt anzusehen sei.
In den Entscheidungsgründen unter 2.4. führe die Prüfungsabteilung im Wesentlichen aus, dass nicht ursprünglich offenbart sei, dass eine "Berechnung vom Typ, Farbe und eventuelle[n] Verunreinigungen allein aus dem Fluoreszenzlicht" vorgenommen werde.
Der Fachmann entnehme dies jedoch direkt und unmittelbar aus dem Ausführungsbeispiel der Figur 1 : dort sei beschrieben, dass "Beleuchtungseinrichtungen 6, 7 für Fluoreszenz" (Spalte 4, Zeile 50 und 51 ) vorhanden seien. Weiterhin sei in Spalte 5, Zeile 2 bis 8 beschrieben, dass die Kunststoff-Materialteilchen Fluoreszenzlicht 8 emittieren, wenn diese mit den "Lichtquellen 6, 7 mit hohem UV-Anteil" bestrahlt werden. Das von den Kunststoff-Materialteilchen emittierte Licht werde "mit einem ... Scannersystem 9 ... erfasst und auf ein optisches Spektrometer 10 geleitet".
Der Fachmann entnehme daher direkt und unmittelbar, dass das emittierte Fluoreszenzlicht 8 letztlich auf das optische Spektrometer 10 treffe. Da also explizit beschrieben sei, dass die Beleuchtungsquellen "für Fluoreszenz" geeignet seien, die Kunststoff-Materialteilchen "Fluoreszenzlicht 8" emittieren und, dass dieses Fluoreszenzlicht an ein optisches Spektrometer weitergeleitet werde, müsse und könne der Fachmann doch nichts anderes entnehmen, als dass allein das Fluoreszenzlicht wesentlich für die spätere Identifikation und Separation der Kunststoff-Materialteilchen sei.
Ein "Analysesystem 11 berechnet aus den Spektren sowohl den Typ des jeweiligen Kunststoffes, als auch die Farbe, als auch eventuelle Verunreinigungen der Kunststoffpartikel". Durch die eindeutige Bezugnahme "den Spektren" sei für den Fachmann klar, dass das Analysesystem 11 das Spektrum des vom optischen Spektrometer aufgenommenen Fluoreszenzlichts analysiere. Die Beschwerdekammer werde in diesem Zusammenhang auch auf den Anspruch 3 hingewiesen, der explizit ein Fluoreszenzspektrometer als eine mögliche Variante des optischen Spektrometers vorsehe.
Nichts anderes ergebe sich auch aus der Zeichnung, insbesondere Figur 1 : Das Analysesystem 11 weise das optische Spektrometer 10 auf, das mit dem Scannersystem 9 verbunden sei, welches das Fluoreszenzlicht 8 erfasse. Also werde das Fluoreszenzlicht aus dem Scannersystem an das Analysesystem 11 gesendet und dort ausgewertet, wie sich aus Figur 1 und der Bezugszeichen 10 mit Bezugszeichen 11 verbindenden rechtwinkeligen Linie ergebe.
Die Prüfungsabteilung führe auf Seite 7 der Entscheidungsgründe aus, dass die Ausführungsform der Figur 5 ausschließlich eine Farberkennung durch eine Farbspektrometer ermögliche. Hierzu dürfe angemerkt werden, dass in Spalte 6, Zeile 29 explizit beschrieben sei, dass eine Farberkennung optimiert werde, nicht jedoch ausschließlich mit dem Farbspektrometer vorgenommen werde. Insoweit könne also zusätzlich eine weitere Lichtquelle angeordnet werden, die die Kunststoff-Materialteilchen mit Licht durchleuchtet. Dieses Licht werde dann in einem Farbspektrometer analysiert.
Ein Gegensatz der Figur 5 zur Figur 1 - wie ihn die Prüfungsabteilung zu erkennen glaubt - sei nicht vorhanden. Es sei klar offenbart, dass die Ausführungsform der Figur 5 eine Optimierung der Farberkennung (siehe Spalte 6, Zeile 29) mittels einer (zusätzlichen) Lichtquelle und eines (zusätzlichen) Farbspektrometers beschreibe. Dies werde auch durch die Formulierung im Anspruch 1 ("mindestens einem optischen Spektrometer") und im Anspruch 3 klar, zeigen diese doch eine mögliche Verwendung mehrerer Spektrometer. Ebenfalls ergebe sich dies für den Fachmann direkt und unmittelbar aus der Beschreibung Spalte 3, Zeilen 5 bis 13. Sämtliche Änderungen des Anspruches 1 gemäß Hauptantrag entsprechen somit den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.
Der geltende Anspruch 1 gemäß Hauptantrag stelle eine ursprünglich offenbarte Präzisierung des ursprünglichen Anspruchs 1 auf die bevorzugte Ausführungsform der Figur 1, bei der Fluoreszenzlicht analysiert werde, dar. Figur 1 zeige nur ein einziges Spektrometer, das als Fluoreszenzspektrometer anzusehen sei. Durch die Umformulierung des Anspruchs 1 seien den Bedenken der Prüfungsabteilung im Hinblick auf Artikel 84 EPÜ Rechnung getragen worden. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sei somit klar.
Die gleiche Argumentation gelte mutatis mutandis für den korrespondierenden Anspruch 10.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Antrag wurde während der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2010 eingereicht. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass dieser spät eingereichte Antrag den Erfordernissen der Artikel 84 und 123 (2) EPÜ nicht genüge. Die Prüfungsabteilung ließ deshalb diesen Antrag nicht ins Verfahren zu und wies die Anmeldung gemäß Artikel 97 (2) EPÜ zurück wegen Nichterfüllung von Artikel 113 (2) EPÜ (vgl. Teil 5, Absatz 2 der Entscheidungsgründen).
Die Kammer versteht dies in dem Sinne, dass die Prüfungsabteilung der Auffassung war, dass die europäische Anmeldung den Erfordernissen des Artikels 78 (1) c) EPÜ, mangels einer im Verfahren befindlichen, zulässigen Anspruchsfassung, nicht entsprach und deshalb nach Artikel 97 (2) EPÜ zurückzuweisen sei.
3. Die Prüfungsabteilung wand ein, dass
- im Anspruch 1 des zu diesem Zeitpunkt einzig vorhandenen Antrags nicht klar (Artikel 84 EPÜ) gewesen sei, ob ein oder zwei Spektrometer vorhanden seien, und dass
- eine Berechnung des Typs und der Farbe des jeweiligen Kunststoffes lediglich aus dem Fluoreszenzlicht in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart gewesen sei (vgl. Punkte 2.3 und 2.4 der Entscheidungsgründe), und dass sogar auch kein Fluoreszenzspektrometer ursprünglich offenbart gewesen sei, sondern nur ein optisches Spektrometer (Artikel 123 (2) EPÜ).
3.1 Der Gegenstand des neuen Anspruchs 1 des Hauptantrags weist nur noch ein optisches Spektrometer (Merkmale c) und h)) sowie eine Analyseeinheit, die in der Lage sein muss, eine Spektralanalyse der Fluoreszenz durch-zuführen. Folglich wird durch diesen neuen Anspruch der frühere Klarheitseinwand (Artikel 84 EPÜ) behoben.
3.2 Gemäß Anspruch 1 werden der Typ des jeweiligen Kunststoffes, sowie die Farbe und eventuelle Verunreinigungen der Kunststoffmaterialteilchen durch Spektralanalyse der Fluoreszenz berechnet (Merkmal f)).
3.2.1 Dieses Merkmal f) stützt sich auf Absatz [0018] der ursprünglichen veröffentlichen Anmeldung, welcher lautet : "Erfindungsgemäß werden..., wobei bspw. aus der von den Kunststoffteilen als Folge der Beleuchtung ausgesandten Fluoreszenz durch Spektralanalyse der Kunststofftyp, ggf. die Farbe und eventuelle Kontaminationen des jeweiligen Kunststoffteilchens infolge von Fremdstoffen ermittelt werden."
3.2.2 Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass die Begriffe "beispielweise" und "gegebenenfalls" in dieser Textstelle keinesfalls übersehen werden dürfen, und dass "die o. g. Eigenschaften unüblich zur Bestimmung durch Fluoreszenz sind" (siehe Punkt 4.3, Absatz 2 der Entscheidungsgründe). Die Prüfungsabteilung wies auch auf Seite 3, Zeilen 20 bis 25 der Anmeldung (entspricht Absatz [0010] der veröffentlichten Anmeldung) hin, um zu belegen, dass "die Erkennung von Farben und von nicht fluoreszierenden und/oder nicht transparenten Stoffen (d.h. von eventuellen Kontaminationen) eben nicht mittels der Fluoreszenzemission sondern unter Einsatz einer weiteren Lichtquelle erfolgt." Die Prüfungsabteilung war auch der Meinung, dass "bei der Auslegung einzelner Passagen der Anmeldung muss die Offenbarung der gesamten Anmeldung berücksichtigt werden".
3.2.3 Absatz [0010] der ursprünglichen veröffentlichten Anmeldung schließt nicht aus, dass die Farbe und eventuelle Verunreinigungen (Kontaminationen) des jeweiligen Kunststoffteilchens mittels Fluoreszenz berechnet werden können. Nach Absatz [0010] "in einer Ausbildung der Erfindung, wird zusätzlich zu einer, die Kunststoffteile beleuchtenden Lichtquelle zur Erzeugung von Fluoreszenzlicht eine weitere Lichtquelle eingesetzt, die zur Durchstrahlung der Kunststoffteilchen und insbesondere zur effizienten Verbesserung der Erkennung von Farben sowie zur Erkennung von nicht fluoreszierenden und/oder nicht transparenten Stoffen, wie z.B. von Holz oder von Metallteilchen, dient".
3.2.4 Bei der Auslegung der Ansprüche sollte die gesamte Offenbarung der Anmeldung berücksichtigt werden. Eine Passage der Beschreibung kann auch unter Berücksichtigung von anderen Passagen ausgelegt werden, wenn, zum Beispiel, zwei Passagen widersprüchlich erscheinen. Dies ist hier nicht der Fall. Dass es unüblich sei, den Typ und insbesondere die Farbe von Kunststoff-Materialteilchen durch Fluoreszenz zu ermitteln, ist kein Anzeichen für einen Widerspruch und hat für die Frage, ob das bestrittene Merkmal offenbart ist, keine Bedeutung.
Das bestrittene Merkmal scheint sich deutlich auf Absatz [0018] zu stützen, welcher lautet: "Erfindungsgemäss werden die auf einer schiefen Ebene gleitenden Kunststoffteile mit optischer Strahlung beleuchtet, wobei bspw. aus der von den Kunststoffteilen als Folge der Beleuchtung ausgesandten Fluoreszenz durch Spektralanalyse der Kunststofftyp, ggf. die Farbe und eventuelle Kontaminationen des jeweiligen Kunststoffteilchens infolge von Fremdstoffen ermittelt werden".
Aus Konsistenzgründen (Artikel 84 EPÜ) sollten eventuell die Begriffe "bspw." sowie "ggf." gestrichen werden, um die Beschreibung an dem Anspruch 1 anzupassen.
Ob die Ermittlung lediglich auf Basis einer Spektralanalyse der von den Kunststoffteilen ausgesandten Fluoreszenz erfolgreich sein kann, könnte höchstens eine Frage sein, die bei der Beurteilung, ob die Anmeldung die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ, ggf. in Verbindung mit Regel 42 (1) e) EPÜ erfüllt, zu berücksichtigen wäre. Eine Frage der Offenbarung im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ ist es im vorliegenden Fall jedoch nicht.
3.2.5 Die übrigen Merkmale von Anspruch 1, außer Merkmal d), stammen aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 2 und wurden ggfs. leicht geändert wie Merkmal e), das die Materialteilchen als Kunststoff-Materialteilchen bezeichnet, sowie Merkmal b), das die Beleuchtungseinheit als Lichtquelle zur Erzeugung von Fluoreszenzlicht spezifiziert. Die Kunststoff-Materialteilchen waren schon als bevorzugte Materialteilchen im ursprünglichen Anspruch 1 genannt, und die Lichtquellen, die im ursprünglichen Anspruch 7 erwähnt worden waren, wurden auch in Absatz [0010] als Fluoreszenzlicht erzeugend charakterisiert. Merkmal d) ist aus dem Absatz [0021] direkt ableitbar. Der jetzige Anspruch 1 stellt daher keinen Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ dar. Aus diesem Grund wird der Hauptantrag formell ins Verfahren zugelassen.
4. Die Prüfungsabteilung merkte in der angefochtenen Entscheidung auch an, dass, im Hinblick auf die folgenden Entgegenhaltungen:
D1 : EP 0 461 616 A2; D2 : WO 96 06 690 A2;
D5 : US 4 848 590 A; D6 : WO 01 00 333 A1;
D7 : JP 2001009384A; D11: US 5 917 585 A,
die Erfordernisse der Artikel 52 (1), 54 und 56 EPÜ nicht erfüllt seien (siehe die zusätzlichen Bemerkungen unter Punkt 6. der Entscheidung).
Obwohl diese Bemerkungen betreffend den Stand der Technik der Entscheidung beigefügt worden sind, wurden die darin erwähnten Einwände während der mündlichen Verhandlung nicht besprochen (siehe die Abschrift der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Prüfungsabteilung). Eine Überprüfung durch die Kammer, ob der Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags und ggfs. der Hilfsanträge die Bedingungen der Artikel 52 (1), 54 und 56 EPÜ erfüllt, wäre daher verfrüht (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts 7. Auflage 2013, Seite 1121, letzter Absatz).
5. Mit den Ansprüchen des neuen Hauptantrags erfüllt die Anmeldung die Erfordernisse des Artikels 78 (1) c) EPÜ und die oben unter Punkt 3 aufgelisteten und von der Prüfungsabteilung erhobenen Einwände sind mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags beseitigt.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.