T 0452/11 () of 27.1.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T045211.20120127
Datum der Entscheidung: 27 Januar 2012
Aktenzeichen: T 0452/11
Anmeldenummer: 02019273.8
IPC-Klasse: B60P 7/08
B60P 7/15
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anordnung zur Sicherung von Ladung
Name des Anmelders: Fahrzeugwerk Bernard Krone GmbH
Name des Einsprechenden: Fliegl Fahrzeugbau GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
Schlagwörter: Zulässigkeit der Änderungen (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0079/96
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der gegen das europäische Patent Nr. 1 291 239 eingelegte Einspruch führte zum Widerruf des Patents durch die am 30. Dezember 2010 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 22. Februar 2011 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 21. April 2011 eingereicht.

III. Am 27. Januar 2012 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage folgender Unterlagen:

- Ansprüche 1 bis 3 gemäß einzigem Antrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2012;

- Beschreibungsseiten 2 und 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2012;

- Figuren 1 bis 3, wie erteilt.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Unter Verwendung der in der ersten Instanz vorgeschlagenen Merkmalsgliederung hat der Anspruch 1 gemäß dem einzigen Antrag (vormaliger Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 der ersten Instanz) den folgenden Wortlaut:

a) Anordnung zur Sicherung von Ladung auf Lastfahrzeugen,

b) welche aus zumindest annähernd quer zur Fahrtrichtung (F) ausgerichteten Balken besteht,

c) die jeweils über voneinander unabhängige Befestigungsmittel (11) mit Halterungsmitteln (6) verbindbar sind,

d) und damit in Bezug zur Fahrzeuglängsrichtung in unterschiedlichen Positionen an diesen Halterungsmitteln (6) arretierbar sind,

e) wobei die zumindest annähernd quer zur Fahrtrichtung (F) ausgerichteten Balken (3) über ihre Länge verteilt mit Zurrlöchern (18) zur Aufnahme von in Fahrzeuglängsrichtung wirksamen Spannmitteln (8) versehen sind,

f) dadurch gekennzeichnet, dass die Halterungsmittel (6) an den Längsaußenseiten der Ladefläche angeordnet sind

g) und dass die an den Längsaußenseite (4,5) der Ladefläche (2) angeordneten Halterungsmittel (6) als Zurrlochleisten mit über ihre Länge verteilt angebrachten Zurrlöchern ausgebildet sind,

h) wobei zumindest eines der Befestigungsmittel (11) lösbar mit dem entsprechenden Balken (3) verbunden ist

i) und wobei die Befestigungsmittel so gestaltet sind, dass beim Verbinden der Befestigungsmittel (11) mit einem Balken (3) eine Arretierung der Befestigungsmittel (11) mit den als Zurrlochleisten (9) ausgeführten Halterungsmitteln (6) erreichbar ist

j) und wobei die Befestigungsmittel (11) als Endstücke (12) gestaltet sind, die mit einem im montierten Zustand zur Ladefläche (2) gerichteten Profilrohrstück (13) zur Aufnahme des Balkens (3) und mit im montierten Zustand zur Ladefläche (2) gerichteten Bolzen (15) zur Arretierung der Endstücke (12) in den Zurrlöchern der Zurrlochleiste (9) versehen sind."

V. Im Beschwerdeverfahren haben folgende Druckschriften des Standes der Technik eine besondere Rolle gespielt:

D1: US-A-5 954 465,

D3: US-A-3 051 099.

Zusätzlich hat die Beschwerdegegnerin sich auf die mit Schreiben vom 30. Juli 2010 eingereichten Dokumente D6-D7 und die Anlagen 1 bis 5 bezogen, um eine offenkundige Vorbenutzung zu belegen. Insbesondere wurde von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, dass ein gemäß den Anlagen 1 bis 5 hergestellter Radanschlagbügel der Firma FIT-ZEL Fahrzeugbau GmbH an das Autohaus Levak am 10. Februar 1999 verkauft wurde. Das Dokument D6 ist eine diesbezügliche Erklärung von Herrn Roland Sutter, der zu den behaupteten Tatsachen zusätzlich als Zeuge genannt wurde.

VI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Der Einwand der Beschwerdegegnerin, dass das Merkmal c) des Patentanspruchs 1, wonach die Balken "jeweils über voneinander unabhängige Befestigungsmittel mit Halterungsmittel verbindbar sind", über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe, sei zurückzuweisen. Wie auch in der Entscheidung der Einspruchsabteilung zutreffend begründet, gehe dieses Merkmal aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen eindeutig hervor. Auf Seite 5, erster Absatz der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen sei im Zusammenhang mit der Erläuterung der Fig. 1 bis 3 aufgeführt, dass zum Zwecke der Arretierung der Balken 3 an den Zurrlochleisten 9 (Halterungsmittel) die als Endstücke 12 ausgebildete Befestigungsmittel so vorgesehen und gestaltet seien, dass beim Verbinden der Endstücke 12 mit dem Balken 3 eine Arretierung dieser mit den Zurrlochleisten 9 erreichbar sei. Die Befestigungsstücke 11 seien Bestandteil der Fig. 2 und dort als Einzelbauteile gezeigt, so dass diese separate Bauteile darstellten. Mithin seien diese Bauteile voneinander unabhängig. Damit gehe der Einwand der unzulässigen Erweiterung ins Leere.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe gegenüber dem von der Beschwerdegegnerin zitierten Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Auffassung der Einspruchsabteilung, wonach die Anordnung zur Sicherung einer Ladung gemäß der Druckschrift D1 das Merkmal f) des Anspruchs 1 aufweise, könne nicht zugestimmt werden. Die Einspruchsabteilung habe hier verkannt, was der Fachmann unter "Längsaußenseiten der Ladefläche" verstehe. Wie in der Figur 1 der Patentschrift offenbart, sei unter dem Begriff "Längsaußenseite der Ladefläche" gemäß Merkmal f) eine vertikale, die Ladefläche begrenzende Außenseitenfläche der Ladefläche zu verstehen. Die Längsaußenseiten mit den daran angeordneten Halterungsmittel nähmen die als Endstücke 12 ausgebildeten Befestigungsmittel 11 unmittelbar auf. Wie in der Patentschrift erwähnt (vgl. Spalte 3, Zeilen 47-52), griffen die Befestigungsmittel 11 im montierten Zustand in die Halterungsmittel (Zurrlöcher 10 der Zurrlochleisten 9) hinein und stellten dadurch eine formschlüssige Verbindung mit den Halterungsmitteln her, so dass die auf die Querbalken 3 einwirkenden Kräfte direkt in die Ladefläche eingeleitet werden könnten.

Dieses entscheidende Merkmal des Anspruches 1 sei bei der Druckschrift Dl nicht verwirklicht. D1 zeige einen separaten Rahmen, woran die Balken 60 montiert seien. Dieser Rahmen 32,50 sei von der Ladefläche 14 getrennt und auf dieser befestigt und zwar über Spannbügel 38, die mit einer Leiste 18 eines U-Profils 16 der Ladefläche verspannt würden. Demzufolge hätten die Längsaußenseiten der Ladefläche auch nicht irgendwelche Halterungsmittel. Vielmehr sind die Halterungsmittel (Zurrlöcher 34) dort vorgesehen, wo der separate Rahmen 32 auf die Ladefläche aufzusetzen sei. Dies sei erfindungswesentlich, da insofern die einwirkenden Kräfte nicht direkt in die Ladeflache eingeleitet werden könnten. Der Rahmen 32,50 mit seinen Halterungsmitteln 34 habe daher nichts mit der Längsaußenseite 16 der Ladefläche zu tun.

Sollte die Kammer das Merkmal f) dennoch in der Vorrichtung gemäß D1 erkennen, werde die beanspruchte Anordnung auch nicht durch die von der Beschwerdegegnerin angeführten Zusammenschau der Druckschriften D1 mit D3 nahegelegt, denn die Art der Verbindung des Querbalkens 20 (Endstücken 34) mit den Halterungsmitteln 60 gemäß den Figuren 1 bis 5 der Druckschrift D3 sei nicht geeignet, eine Ladung zu sichern.

Die von der Beschwerdegegnerin behaupteten Vorbenutzungshandlungen würden mit Nichtwissen bestritten. Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin sei verspätet und als unsubstantiiert zu werten. Der Gegenstand der behaupteten Vorbenutzung sei ohnehin nicht relevant. Er betreffe einen Radanschlagbügel und könne die Anordnung zur Sicherung einer Ladung gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 weder neuheitsschädlich treffen noch nahelegen.

VII. Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin lassen sich die Gegenargumente der Beschwerdegegnerin wie folgt zusammenfassen:

Zur unzulässigen Erweiterung

Das Merkmal c) des vorliegenden Anspruchs 1, dass die Balken "jeweils über voneinander unabhängige Befestigungsmittel mit Halterungsmitteln verbindbar sind", gehe aus den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht hervor. Betrachte man das Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 2 und 3 der Patentschrift, sei feststellbar, dass eine unabhängige Befestigung des jeweiligen Balkens 3 mit einem der offenbarten Befestigungsmittel 11 gar nicht möglich sei, da der Balken quer zur Fahrtrichtung dann nicht gesichert wäre. Die Verbindung der Balken mit den Halterungsmitteln sei erst durch das Zusammenwirken beider gegenüberliegenden Befestigungsmittel sichergestellt. Insofern stelle der Ausdruck "voneinander unabhängige Befestigungsmittel" eine Spezifizierung der Befestigungsmittel dar, die auf das in der Anmeldung offenbarte Ausführungsbeispiel nicht zutreffe und aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht hervorgehe. Die Patentinhaberin interpretiere offensichtlich den Begriff "voneinander unabhängig" dahingehend, dass er synonym mit "separat" zu verstehen sei. Diese Auslegung sei jedoch viel zu eng. So beinhalte der Begriff "voneinander unabhängig" auch die Funktion, dass die Balken schon mit einem dieser Befestigungsmittel arretierbar seien. Genau dies sei jedoch gerade nicht offenbart. Der Anspruch 1 gehe somit über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

Zur erfinderischen Tätigkeit

Der geänderte Anspruch 1 sei zwar gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik neu, beruhe jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Wie bereits von der Einspruchsabteilung festgestellt, ergebe sich der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 (vormaliger Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 in der ersten Instanz) in naheliegender Weise aus der Kombination der Druckschriften D1 mit D3. Gehe man vor der Anordnung zur Sicherung einer Ladung nach der Figur 6 der Druckschrift D1 als nächstliegenden Stand der Technik aus, so unterscheide sich der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 von diesem Stand der Technik lediglich durch das Merkmal j).

Aus diesem sich ergebenden Unterschied kann als objektive Aufgabe angesehen werden, eine andere, einfachere Art der Verbindung der Querbalken mit den Zurrlochleisten zu schaffen. Der für die Lösung dieser Aufgabe zuständige Fachmann, insbesondere ein Maschinenbauingenieur mit Erfahrung auf dem Gebiet der Ladesicherung, werde sich zunächst bei bekannten Lösungen umschauen und dabei insbesondere auf die Druckschrift D3 stoßen. D3 zeige ebenfalls eine Anordnung zur Sicherung von Ladung, wobei es für die Verbindung zwischen den Querbalken und den äußeren Längsprofilen völlig unerheblich sei, ob es sich bei den Längsprofilen um an den Längsaußenseiten der Ladefläche angeordnete Zurrlochleisten oder oberhalb der Ladefläche verlaufende Profilleisten handele. Die Befestigungsmittel der D3 sind als Endstücke 34 ausgebildet, die in den Figuren 3 bis 5 näher dargestellt seien. Jedes Endstück 34 weise ein Profilrohrstück, das in den Balken (loader beam 20) einschiebbar sei und ferner Bolzen 57, 58 auf, die in entsprechenden Löchern der Längsprofile eingesetzt seien. Dabei sei das in den Balken einschiebbare Profilstück im montierten Zustand ebenso zur Ladefläche ausgerichtet wie die Bolzen 57,58. Die Einspruchsabteilung habe zutreffend festgestellt, dass der Anspruch 1 nicht verlange, dass das Profilstück und die Bolzen parallel ausgerichtet sein sollten. Wie in D3 offenbart, könne das Profilstück zur Aufnahme der Balken in horizontaler Richtung zur Ladefläche gerichtet sein, während die Bolzen in vertikaler Richtung zur Ladefläche gerichtet seien. Die Anwendung dieser Merkmale mit entsprechender Wirkung auf die Anordnung gemäß der Druckschrift D1 führe in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.

Aber auch ausgehend vom Radanschlagbügel gemäß den Anlagen 1 bis 5 der offenkundigen Vorbenutzung beruhe der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. So handele es sich bei der Vorbenutzung zweifelsohne um eine Anordnung zur Sicherung von Ladung (vgl. Anlage 5), hier einem Auto auf einem Anhänger (Merkmal a). Diese Anordnung weise Querbalken auf, die sich von den Längsaußenseiten quer zur Fahrtrichtung erstreckten (Merkmal b). Weiterhin seien an beiden Enden der Balken Befestigungsmittel vorgesehen, die auf die Querbalken aufgesteckt und dort mit Hilfe eines Sicherungsmittels (vgl. Anlage 4) fixiert würden. Diese Befestigungsmittel wiesen Bolzen auf, die in entsprechende Löcher der am Fahrzeug seitlich vorhandenen Lochreihe eingeschoben würden (Merkmale c und j). Jeder Querbalken könne an beliebigen Positionen der Lochreihe befestigt werden (Merkmal d). Der Querbalken sei quer zur Fahrtrichtung ausgerichtet. Die Halterungsmittel gemäß dem Merkmal f) würden hierdurch an den Längsaußenseiten der Ladefläche eines Anhängers vorgesehenen Lochreihen gebildet. Die Zurrlochleiste mit einer Vielzahl von Zurrlöchern sei unmittelbar aus der Anlage 5 zu ersehen. Das auf den Balken aufsteckbare Endstück mit seinem Bolzen (Merkmal i) gehe unmittelbar aus der Anlage 2 hervor. Die Ausführung der Endstücke gemäß der offenkundigen Vorbenutzung entspreche fast in jedem Detail der nun beanspruchten Anordnung.

Vergleiche man den Gegenstand des Anspruchs 1 mit dem Radanschlagbügel gemäß der Vorbenutzung, so unterscheide er sich davon lediglich durch die über die Länge des Querbalkens verteilt angeordneten Zurrlöcher (Merkmal e). Die sich aus diesem Unterschied ergebende Aufgabe könne somit wie folgt formuliert werden: die Anordnung zur Sicherung von Ladung dahingehend zu verbessern, dass nicht nur Fahrzeuge, sondern auch andere Arten von Ladungen sicher fixiert werden können. Zur Lösung dieser Aufgabe erhalte der Fachmann beispielsweise aus der Druckschrift D3, die eine sehr ähnliche Anordnung von Querbalken offenbare, die Anregung die Querbalken mit Löchern bzw. Aussparungen zu versehen, um etwaige Spanngurte zur Sicherung der Ladung zuverlässig fixieren zu können (vgl. D3: Fig. 1, Balken 85, Spannmittel 82-83). Nachdem also beispielsweise aus D3 die Verwendung von Zurrlöchern an Querbalken für den gleichen Zweck bereits bekannt gewesen sei, bedürfe es keiner erfinderischen Tätigkeit, derartige Zurrlöcher auf den Querbalken gemäß der offenkundigen Vorbenutzung zu übertragen, um die obige Aufgabe zu lösen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Unzulässige Erweiterung

2.1 Die Ansprüche gemäß vorliegendem Antrag entsprechen den Ansprüchen gemäß dem der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrundeliegenden Hilfsantrag 4. Wie bereits von der Einspruchsabteilung festgestellt, besteht der geänderte Anspruch 1 aus der Kombination sämtlicher Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 mit den Merkmalen der erteilten abhängigen Ansprüche 2, 3, 4 und 6.

2.2 Die Beschwerdegegnerin war der Auffassung, dass durch das Merkmal c) des Anspruchs 1, welches bereits im erteilten Anspruch 1 vorhanden war, Befestigungsmittel definiert seien, die unabhängig voneinander mit den Halterungsmitteln gesichert würden. Da jedoch entsprechende völlig unabhängige Befestigungsmittel in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht offenbart seien, decke Merkmal c) des Anspruchs 1 Ausführungsformen der Befestigungsmittel, die über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen (Artikel 100 c) EPÜ 1973).

2.3 Die Kammer teilt diese Auffassung nicht. Der Beschwerdegegnerin kann zugestimmt werden, dass der genaue Wortlaut des Merkmals c) in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht explizit enthalten ist. Die Beschwerdegegnerin interpretiert den Ausdruck "voneinander unabhängige Befestigungsmittel" mit Schwerpunkt auf eine sichere Festlegung des jeweiligen Balkens. Der Ausdruck "voneinander unabhängige Befestigungsmittel" bezieht sich jedoch nur auf die Verbindung eines jeweiligen Balkens mit Halterungsmitteln. Merkmal c) verlangt daher nicht, dass der Balken bereits über ein einziges Befestigungselement unabhängig von weiteren Befestigungselementen mit den Halterungsmitteln fest sichergestellt werden soll.

2.4 Die Textstelle der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen auf der Seite 5, Zeilen 1-9 in Verbindung mit den Figuren 1-2 offenbart eindeutig, dass der jeweilige Balken 3 erfindungsgemäß mit zwei als Endstücke 12 gestalteten Befestigungsmitteln 11 verbunden ist, die mit einem im montierten Zustand zur Ladefläche gerichteten Profilstück 13 zur Aufnahme des Balkens versehen sind und über Bolzen 15 unabhängig voneinander mit den Halterungsmitteln 6 verbindbar sind. Diese spezifische Ausgestaltung der Verbindung der Befestigungsmittel mit den Halterungsmitteln ist zudem durch die Merkmale g) bis j) des vorliegenden Anspruchs 1 präzisiert worden. Durch diese im Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale g) bis j) kann das Merkmal c) nicht mehr isoliert betrachtet werden, sondern es erlangt eine eingeschränkte und spezifische Bedeutung, die durch den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung eindeutig gestützt ist.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin stellt daher das Merkmal c) des Anspruchs 1, wenn es in Kombination mit den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1 gelesen wird, keine unzulässige Erweiterung im Sinne des Artikels 100 c) EPÜ 1973 dar.

2.5 Die abhängigen Ansprüche 2,3 entsprechen den erteilten Ansprüchen 6,7 und die Beschreibung des Streitspatents ist lediglich dem geänderten Wortlaut des Anspruchs 1 angepasst worden.

2.6 Der Schutzumfang des Patents wurde durch die Änderungen lediglich weiter eingeschränkt, so dass die Anforderungen des Artikels 123 (3) EPÜ ebenfalls erfüllt sind.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Der nächstliegende Stand der Technik wird unstrittig durch die Druckschrift D1 wiedergegeben, welche eine Anordnung zur Sicherung von Ladung auf Lastfahrzeugen mit den Merkmalen a) bis i) des Anspruchs 1 aufweist. Die Figur 6 der Druckschrift D1 zeigt Querbalken 60, die über ihre Länge verteilt mit Zurrlöchern 70 zur Aufnahme von in Fahrzeuglängsrichtung wirksamen Spannmitteln 84,74,40 versehen sind (vgl. D1: Spalte 5, Zeilen 6-15 und Spalte 6, Zeilen 15-22 i.V.m. Figur 6).

3.2 Der Ansicht der Beschwerdeführerin, dass das Merkmal f) aus D1 nicht zu entnehmen sei, ist zu widersprechen. Die Kammer findet in der Beschreibung der Patentschrift keine Stütze für eine enge Auslegung des Merkmals f) im dem Sinne, dass die Längsaußenseiten der Laderfläche mit ihren Halterungsmitteln sich vertikal ausstrecken, dass die Befestigungsmittel unmittelbar an diesen Flächen angebracht werden und dass die Befestigungsmittel eine formschlüssige Verbindung mit den Halterungsmitteln herstellen.

Bei der Beurteilung, ob ein Merkmal aus dem Stand der Technik bekannt ist oder nicht, sollte seinem Wortlaut die breiteste technisch sinnvolle Bedeutung beigemessen werden (vgl. T 79/96). Merkmal f) ist sehr breit formuliert: es verlangt lediglich die Anordnung der Halterungsmittel an den Längsaußenseiten der Ladefläche, was bei der Anordnung gemäß der Druckschrift D1 zweifelsohne der Fall ist: die Querbalken 60 sind jeweils über voneinander unabhängige Befestigungsmittel 66 mit Halterungsmitteln 32 verbindbar, wobei die Halterungsmittel 32 an den Längsaußenseiten (support beams 16) der Ladefläche 14 angeordnet sind (vgl. Figur 6).

3.3 Unumstritten zwischen den Parteien ist, dass die Anordnung gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 sich von derjenigen gemäß der Druckschrift D1 durch das Merkmal j) unterscheidet.

3.4 Unter Berücksichtigung der durch dieses unterscheidende Merkmal erzielten Wirkungen ergibt sich als objektive technische Aufgabe die Schaffung einer besonders einfachen Ausgestaltung der die Balken mit den Halterungsmitteln verbindenden Befestigungsmittel.

3.5 Die Beschwerdegegnerin hat in den Figuren 1 bis 5 der Druckschrift D3 Befestigungsmittel 34 mit dem Merkmal j) erkannt und ihre Anwendung in der Anordnung gemäß D1 als naheliegend betrachtet.

Diese Auffassung wird von der Kammer nicht geteilt. Wenn der Fachmann eine Alternative bei der Ausgestaltung der Befestigungsmittel ins Auge fasst, dann soll diese Alternative die Grundaufgabe der Anordnung weiterhin erfüllen, nämlich eine sichere Verzurrung der Ladung in Fahrzeuglängsrichtung (vgl. Absatz [0003] der Patentschrift).

Betrachtet man die Figur 1 der Druckschrift D3, ist feststellbar, dass eine sichere Arretierung der Querbalken mit den Befestigungsmitteln 34 gar nicht gegeben ist, weil solche Querbalken nicht uneingeschränkt zur Aufnahme von in Fahrzeuglängsrichtung wirksamen Spannmitteln 82,83 geeignet sind. Insbesondere sind die Balken 20 über die gegenüberliegenden Befestigungsmittel 34 gemäß den Figuren 1, 3 und 5 der Druckschrift D3 gegen nach oben gerichtete Kräfte nicht gesichert. Diese Ausgestaltung der Befestigungsmittel 34 kann mit den als Zurrlochleisten angeführten Halterungsmitteln 60,61 die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe, die Ladung sicher zu verzurren, nicht erfüllen. Sie kann auch nicht als Alternative für die in der Figur 6 von D1 verwendeten Befestigungsmittel 66 fungieren. Die Argumentation der Beschwerdegegnerin beruht daher erkennbar auf einer rückschauenden Betrachtungsweise und hat die Kammer nicht überzeugt.

3.6 Behauptete Vorbenutzung eines Radanschlagbügels

3.6.1 Weil die Beschwerdeführerin Zweifel an der Offenkundigkeit der Vorbenutzung geäußert hat, hielt es die Kammer für zweckmäßig, die Überprüfung der Glaubhaftigkeit der behaupteten Handlungen gegebenenfalls in einem späteren Verfahrensstadium durchzuführen und sich zunächst mit der Frage der erfinderischen Tätigkeit zu befassen und zwar unter der Annahme, dass die Behauptungen der Beschwerdegegnerin zum angeblich vorbenutzten Radanschlagbügel sowohl hinsichtlich seiner konstruktiven Ausgestaltung als auch bezüglich seiner Verwendung in einem Autotransport-Anhänger auf der Grundlage der eingereichten Anlagen 1 bis 6 sowie der Dokumente D6 und D7 als Tatbestand zu unterstellen sind.

3.6.2 Zur technischen Ausgestaltung des Radanschlagsbügels hat selbst die Beschwerdegegnerin festgestellt, dass der vorbenutzte Anschlagbügel keine über seine Länge verteilte Zurrlöcher zur Aufnahme von in Fahrzeuglängsrichtung wirksamen Spannmitteln aufweist und behauptet, dass es keiner erfinderischen Tätigkeit bedürfe, den Bügel mit derartigen Zurrlöchern zu versehen, wenn nicht nur Fahrzeuge sondern auch andere Arten von Ladungen durch den Bügel sicher fixiert werden sollten.

Betrachtet man die technischen Zeichnungen nach den Anlagen 1-4 sowie die Bilder nach der Anlage 5, so muss festgestellt werden, dass es sich bei diesem Bügel um ein Konzept handelt, das für den speziellen Einsatz in einem Autotransport-Anhänger entwickelt wurde. Der Rad-Anschlagbügel ist als gekröpftes Profil mit zwei Endabschnitten ausgebildet, wobei diese Endabschnitte als Anschlag für die Autoreifen des zu transportierenden Fahrzeuges fungieren. Die zwei Abschnitte des Bügels werden jeweils über Befestigungsmittel an zwei Metallplanken des Anhängers befestigt, die die Reifen des zu transportierenden Fahrzeugs aufnehmen. Der angeblich vorbenutzte Autotransport-Anhänger bietet keine Möglichkeit, eine andere Art von Ladung zu transportieren. Eine Ladefläche für eine vermeintliche Ladung, die im mittleren Bereich des Anhängers (zwischen den Metallplanken) zu sichern wäre, ist nicht vorhanden. Nach Auffassung der Kammer gibt es deshalb auch keine Veranlassung für den Fachmann, den Bügel mit über seine Länge verteilten Zurrlöchern zu versehen, wie von der Beschwerdegegnerin behauptet. Auch diese Argumentation der Beschwerdegegnerin ist nach Meinung der Kammer von einer rückschauenden Betrachtungsweise geprägt.

3.7 Aus den vorstehenden Überlegungen kommt die Kammer zum Ergebnis, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ 1973 beruht.

4. Die abhängigen Ansprüche betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 und haben in Zusammenhang mit diesem Bestand.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geänderter Fassung mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 3 gemäß einzigem Antrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2012;

- Beschreibungsseiten 2 und 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2012;

- Figuren 1 bis 3, wie erteilt.

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