T 0251/11 () of 13.11.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T025111.20121113
Datum der Entscheidung: 13 November 2012
Aktenzeichen: T 0251/11
Anmeldenummer: 05016630.5
IPC-Klasse: E05B 65/12
E05B 65/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verschluss für Klappen oder Türen von Fahrzeugen
Name des Anmelders: Huf Hülsbeck & Fürst GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Kiekert Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - bejaht
Erfinderische Tätigkeit - verneint
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurück weisung des Einspruchs gegen das Europäische Patent Nr. 1 637 674 wurde am 3. Dezember 2010 zur Post gegeben.

Die Einspruchsabteilung war zu der Auffassung gekommen, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber der

D1: DE-A-196 52 012

neu sei und gegenüber der Kombination der D1 mit der

D6: US-B-6 572 159

auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen diese Entscheidung, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, am 27. Januar 2011 Beschwerde ein gelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 4. Februar 2011 eingereicht.

III. Die Beschwerdeführerin beantragt die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Europäische Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Außer D1 und D6 wurde folgendes weitere Dokument im Beschwerdeverfahren herangezogen:

D3: DE-A-44 20 185.

V. Der erteilte Anspruch 1 lautet:

"Verschluss für Klappen oder Türen von Fahrzeugen, bestehend einerseits aus einem Schloss mit einem Schloss gehäuse (10) an der Klappe bzw. Tür oder an der Karosserie des Fahrzeugs und andererseits aus einem Schließteil (11) an der Karosserie oder an der Klappe bzw. der Tür, wobei im Schlossgehäuse (10) das Schloss eine federbelastete Drehfalle (20) mit mindestens einer Rast (23, 24) schwenkbar gelagert (21) ist, die Dreh falle (20) beim Schließen der Klappe bzw. Tür den Schließ teil (11) erfasst (22), und im Schlossgehäuse (20) eine federbelastete Klinke (30) gelagert ist, die im Schließzustand die Rast (23, 24) hintergreift und dadurch den Eingriff des Schließteils (11) mit der Dreh falle (20) sichert, und zum Öffnen der Klappe bzw. Tür die Klinke (30) manuell und/oder motorisch aus der Rast (23, 24) der Drehfalle (20) aushebbar ist, dadurch gekenn zeichnet, dass zwischen der Drehfalle (20) und dem Schlossgehäuse (10) ein einseitig wirkendes Dämpfungs glied (40) geschaltet ist, wodurch die Öffnungsbewegung der Drehfalle (20) verlangsamt wird."

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin folgendes vorgetragen:

D3 offenbare einen Verschluss mit allen Merkmalen des Anspruchs 1. Insbesondere beschreibe der letzte Absatz der Beschreibung sowie der kenn zeichnende Teil des Anspruchs 1 ein Dämpfungsglied, bei dem die Dämpfung beim Schließvorgang erst un mittel bar vor dem Erreichen der Schließstellung ein tritt, so dass wie beim Patent gegenstand ein einseitig wirkendes Dämpfungsglied vor liege. Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 gegen über D3 nicht neu.

Falls dieser Auffassung nicht gefolgt werde, unter scheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 vom Ver schluss gemäß D3 allenfalls dadurch, dass das Dämpfungs glied einseitig wirke. Durch dieses Merkmal werde die Aufgabe gelöst, bei der Öffnung der Tür eine Dämpfung zu erzielen, ohne dabei die Bewegung der Tür unnötig zu beeinträchtigen.

D6 offenbare eine Türklinke, die in Analogie zur Dreh falle des beanspruchten Verschlusses aus schließ lich in einer Bewegungsrichtung eine Dämpfung benötige, und bei der dafür ein einseitig wirkendes Dämpfungsteil ein gesetzt werde. Diese Entgegenhaltung rege den Fachmann dazu an, ein einseitig wirkendes Dämpfungsteil im Ver schluss gemäß D3 vorzusehen, um die gestellte Aufgabe zu lösen. Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin folgendes vorgebracht:

D3 offenbare zwar einen gattungsgemäßen Verschluss mit einem zwischen Drehfalle und Schlossgehäuse wirkenden Dämpfungsglied, das die Öffnungsbewegung verlangsamt. Jedoch offenbare sie nicht, dass dieses Dämpfungsglied einseitig wirksam sei. Selbst wenn die Dämpfung erst unmittelbar vor dem Erreichen der Schließposition ein setze, wirke das in D3 eingesetzte Dämpfungsglied in beiden Bewegungsrichtungen und könne somit nicht als einseitig wirkendes Dämpfungsglied betrachtet werden. Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber D3 neu.

Von dem Verschluss gemäß D3 ausgehend, liege die vom Gegenstand des Anspruchs 1 zu lösende Aufgabe darin, eine Beeinträchtigung der Bewegung der Tür durch das Dämpfungsglied zu reduzieren.

Die Vorrichtung gemäß D6 betreffe die Dämpfung einer Türklinke, und nicht einer Drehfalle. Da diese Elemente grundsätzlich unterschiedliche Funktionen hätten und unterschiedliche Aufgaben lösten, könne D6 den Fachmann nicht dazu anregen ein einseitig wirkendes Dämpfungs teil im Verschluss gemäß D3 vorzusehen. Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auch auf einer erfinde rischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit und erfinderische Tätigkeit

2.1 D3 offenbart unstrittig einen

Verschluss für Klappen oder Türen von Fahrzeugen, bestehend einerseits aus einem Schloss mit einem Schloss gehäuse (1) an der Klappe bzw. Tür oder an der Karosserie des Fahrzeugs und andererseits aus einem Schließ teil (5) an der Karosserie oder an der Klappe bzw. der Tür, wobei im Schlossgehäuse (1) eine federbelastete Drehfalle (3) mit mindestens einer Rast schwenkbar ge lagert ist, die Drehfalle (3) beim Schließen der Klappe bzw. Tür den Schließteil (5) erfasst, und im Schloss gehäuse (1) eine federbelastete Klinke (9) gelagert ist, die im Schließzustand die Rast hinter greift und dadurch den Eingriff des Schließteils (5) mit der Drehfalle (3) sichert, und zum Öffnen der Klappe bzw. Tür die Klinke (9) manuell aus der Rast der Drehfalle (3) aushebbar ist, wobei zwischen der Dreh falle (3) und dem Schlossgehäuse (1) ein Dämpfungs glied (13) geschaltet ist, wodurch die Öffnungsbewegung der Drehfalle (3) verlangsamt wird.

2.2 D3 beschreibt zwar, im letzten Absatz der Beschreibung und im kenn zeichnen den Teil des Anspruchs 1, dass beim Schließ vorgang erst unmittelbar vor dem Erreichen der Schließ stellung die Reibbremse wirksam wird. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass beim Schließvorgang überhaupt keine Dämpfung erfolgt. Vielmehr wird eben doch zumindest das Ende der Schließbewegung der Dreh falle gedämpft. Da die Bewegung der Drehfalle somit anders als beim Gegenstand des Streitpatents in beiden Richtun gen beeinträchtigt wird, kann bei dem Verschluss gemäß D3 nicht von einem einseitig wirkenden Dämpfungs glied die Rede sein.

Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gegen über D3 neu.

2.3 Ausgehend von der Vorrichtung gemäß D3 besteht die durch den Gegenstand des Anspruchs 1 zu lösende Aufgabe darin, einen Verschluss bereitzustellen, bei dem das beim Öffnen entstehende, störende Geräusch reduziert (siehe [0002]) und die durch das Dämpfungs glied hervorgerufene Beeinträchtigung der Bewegung der Tür minimiert wird.

Zur Lösung dieser Aufgabe umfasst der Verschluss des Anspruchs 1 ein ein seitig wirkendes Dämpfungsglied.

Für den Fachmann ist es grundsätzlich offensichtlich, dass die Bewegung einer Tür durch ein Dämpfungsglied dann am wenigsten beeinflusst wird, wenn die Dämpfung nur dann einsetzt, wenn sie benötigt wird, beim Streit patent also beim Öffnen der Drehfalle. Aus dem benach barten technischen Gebiet der Türklinken, das sich wie das Streitpatent mit der Thematik einer feder belasteten Schwenk bewegun gen befasst, kennt der Fachmann einseitig wirkende Dämpfungs glieder, die dann zum Einsatz kommen, wenn die Dämpfungsfunktion nur in einer Richtung ge wünscht ist.

Ein derartiges Dämpfungs glied ist z. Bsp. aus D6, Anspruch 8 bekannt. Auch wenn diese Entgegen haltung eine Türklinke und nicht einen Verschluss für Klappen oder Türen betrifft, offenbart sie das grund sätzliche Prinzip des Einsatzes von einseitig wirkenden Dämpfungsgliedern bei feder belaste ten Schwenk mechanismen. Folglich ist es für den Fachmann nahe liegend auch für die Drehfalle der Vorrichtung nach D3 ein ein seitig wirkendes Dämpfungs glied vorzusehen.

Deswegen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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