European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T007911.20120727 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 27 Juli 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0079/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06001909.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | A01N 25/04 A01N 25/30 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Suspensionskonzentrate auf Ölbasis | ||||||||
Name des Anmelders: | Bayer CorpScience AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Syngenta Limited, European Regional Centre | ||||||||
Kammer: | 3.3.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Verspätet eingereichte experimentelle Daten - nicht zugelassen Verspätet eingereichter Hilfsantrag - zugelassen - keine Verschiebung der mündlichen Verhandlung erforderlich Haupt- und Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit - (nein) - naheliegende Alternative |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, die das Europäische Patent Nr. 1 656 831 widerrufen hat, wurde eine Beschwerde eingelegt.
II. Anspruch 1 des Hauptantrags, der der erteilten Fassung entspricht, lautete wie folgt:
"1. Suspensionskonzentrate auf Ölbasis, bestehend aus
- mindestens einem bei Raumtemperatur festen agrochemischen Wirkstoff,
- mindestens einem Penetrationsförderer, ausgewählt aus Alkanolalkoxylaten der Formel
R-O-(-PO-)r-(EO-)s-H (Ic)
in welcher
R für geradkettiges oder verzweigtes Alkyl mit 4 bis 20 Kohlenstoffatomen steht,
EO für -CH2-CH2-O- steht,
PO für
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
steht,
r für Zahlen von 1 bis 10 steht und
s für Zahlen von 1 bis 10 steht,
- mindestens einem Pflanzenöl,
- mindestens einem nicht-ionischen Tensid bzw. Dispergierhilfsmittel und/oder mindestens einem anionischen Tensid bzw. Dispergierhilfsmittel und
- gegebenenfalls einem oder mehreren Zusatzstoffen aus den Gruppen der Emulgiermittel, der schaumhemmenden Mittel, der Konservierungsmittel, der Antioxydantien, der Farbstoffe und/oder der inerten Füllmaterialien, die nicht als Verdickungsmittel fungieren."
Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags nur dadurch, dass die Suspensionskonzentrate Thiacloprid enthalten sein müssen.
III. In der vorliegenden Entscheidung wird auf die folgenden Druckschriften Bezug genommen:
(1) WO-A-00/35278
(4) WO-A-00/18227
(8) EP-A-0 456 198
(15) WO-A-01/35742
(20) "Examples showing synergistic effects", eingereicht mit Schrift vom 26. Juli 2010
(21) Anlage 1 - "Penetrationstest", eingereicht mit Fax vom 21. Februar 2011
(22) Anlage 2 - Tabelle, eingereicht mit Fax vom 21. Februar 2011
(23) Anlage 3 - "Penetrationstest", eingereicht mit Fax vom 21. Februar 2011
(24) Anlage 1 - "Test auf biologische Wirksamkeit", eingereicht mit Fax vom 27. Juni 2012
(25) Anlage 2 - Erklärung von Prof. Dr. Michael Schindler
(26) Anlage 3 - "Vergleichstest auf biologische Wirksamkeit und Phytotoxizität", eingereicht mit Fax vom 27. Juni 2012
IV. Die Prüfungsabteilung entschied, dass der Gegenstand des Hauptantrags den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ nicht genüge. Nach Auffassung der Einspruchsabteilung würde der Fachmann erwarten, dass der Penetrationsförderer aus Dokument (1) dieselben Eigenschaften und dieselbe Funktion aufweisen würde wie der Penetrationsförderer aus Dokument (4) unabhängig von der Reihenfolge der Propyloxid- und Ethyloxideinheiten. Dokument (8) offenbare stabile Suspensionskonzentrate aus agrochemischen Wirkstoffen, Pflanzenölen und oberflächenaktiven Stoffen. Daher sei der Gegenstand des Streitpatents in Bezug auf Dokument (4) in Kombination mit den Dokumenten (8) und (1) nicht erfinderisch. Ein synergistischer Effekt sei nicht relevant. Auf so einen Effekt wurde auch in den Dokumenten (1) und (4) hingewiesen.
V. Mit Schreiben vom 27. Juni 2012 hat die Beschwerdeführerin einen Hilfsantrag eingereicht. Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass das Merkmal "wobei als agrochemischer Wirkstoff Thiacloprid enthalten ist" nach dem Wort "Wirkstoff hinzugefügt wurde.
VI. Die Argumente, die von der Beschwerdeführerin im schriftlichen Verfahren sowie während der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurden, können - soweit sie für diese Entscheidung maßgeblich sind - wie folgt zusammengefasst werden:
- Die Einspruchsabteilung habe sich nicht mit den technischen/wissenschaftlichen Ergebnissen des Dokuments (20) beschäftigt, die nämlich einen synergistischen Effekt hinsichtlich der Wirkung einer Kombination aus einem Alkanolalkoxylat der Formel (Ic) und einem Pflanzenöl auf die Penetration von agrochemischen Wirkstoffen in Pflanzenblätter zeigten.
- Da aus den Beispielen von Dokument (4) lediglich Aussagen zu den physikalischen Eigenschaften und nicht zu den biologischen Eigenschaften gemacht wurden, würde der Fachmann Adjuvanzien aussuchen, die eine gute biologische Wirksamkeit aufweisen. Das 2-Ethyl-hexanol-alkoxylat des Dokuments (1) hätte der Fachmann nicht in Betracht gezogen, da dieses Alkoxylat als Vernetzungsmittel eingesetzt wurde.
- Im Gegensatz zu den beanspruchten Suspensionskonzentraten, die kein Verdickungsmittel enthalten, enthalten die bevorzugten Ausführungsformen des Dokuments (4) Verdickungsmittel. Das Weglassen eines Verdickungsmittels verleihe den erfindungsgemäßen Suspensionskonzentraten eine sehr gute Stabilität und eine hohe Wirksamkeit.
- Dokument (4) stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Es sei überraschend, dass bei dem beanspruchten Suspensionskonzentrat mehr Penetration des Wirkstoffs erfolge, obwohl das Öl keine Penetrationseigenschaften aufweise.
- Die Kombination des Öls mit dem Penetrationsmittel wiese einen besonderen Effekt auf. Dies wurde von den experimentellen Daten der Dokumente (20) und (23) nachgewiesen.
- Die Tabelle des Dokuments (25) zeige ebenfalls, dass die Aufgabe gelöst wurde.
- Der Fachmann hätte Dokument (15) nicht herangezogen, da es Herbizid-Zusammensetzungen beschreibe. Dazu beschreibe dieses Dokument keine Formulierungen.
- Sowohl die Dokumente (21)-(26) als auch der mit Fax eingereichte Hilfsantrag 1 sollten zugelassen werden, da die Entscheidung der Einspruchsabteilung überraschend sei und sie die Frage der Kammer beantworten.
VII. Die Beschwerdegegnerin argumentierte wie folgt:
- Weder die verspätet eingereichten Dokumente noch der Hilfsantrag sollten zugelassen werden. Die Möglichkeit, einen weiteren Antrag einzureichen, wurde vor der ersten Instanz von der Beschwerdeführerin nicht wahrgenommen.
- Die experimentellen Daten hätten schon vor der Einspruchsabteilung vorgelegt werden können. Dazu basiere die Beschwerde auf Daten, die schon vor der ersten Instanz vorgelegt wurden.
- Ein unerwarteter Effekt für die erfindungsgemäßen Suspensionskonzentrate wurde nicht nachgewiesen.
- Der Fachmann würde zu den beanspruchten Suspensionskonzentraten durch die Kombination der Dokumente (4) und (15) ohne erfinderisches Zutun gelangen.
VIII. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und das Patent in der erteilten Fassung, oder hilfsweise auf der Basis des mit Fax vom 27. Juni 2012 eingereichten Hilfsantrags aufrechtzuerhalten.
IX. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
X. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulassung der Dokumente (21) bis (23)
2.1 Artikel 12(4) VOBK räumt der Kammer ausdrücklich die Befugnis ein, Beweismittel, die von der Beschwerdeführerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können, nicht zuzulassen. Dieses Ermessen sollte unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände ausgeübt werden.
2.2 Diese experimentellen Daten wurden mit der Beschwerdebegründung vorgelegt. Sie stellen eine deutliche Reaktion auf die Entscheidung dar, wonach ein Synergismus vorhanden ist. Darüber hinaus zielen sie auf die Unterstützung der Argumente der Beschwerdeführerin in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit ab. Obwohl diese Dokumente bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgelegt werden können, stellen sie keine unangemessene Reaktion auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung dar.
2.3 Daher lässt die Kammer diese Dokumente in das Verfahren zu.
3. Zulassung des Dokuments (25)
3.1 Obwohl sie lediglich einen Monat vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde, erläutert die Erklärung von Prof. Dr. Michael Schindler (Dokument (25) wie Synergismus im Sinne des Streitpatents, nämlich zwischen einem Penetrationsmittel und einem Lösungsmittel, zu verstehen ist. Dies stellt eine eindeutige Erwiderung auf die von der Beschwerdekammer im Bescheid vom 2. April 2012 gestellte Frage dar.
3.2 Dieses verspätet eingereichte Dokument wird daher zugelassen.
4. Zulassung der Dokumente (24) und (26)
4.1 Gemäß Artikel 13(1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung der Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen. Wichtige Kriterien bei der Ausübung des Ermessens sind dabei vor allem die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie. Änderungen, die eine Verlegung der mündlichen Verhandlung zur Folge hätten, sind gemäß Artikel 13(3) VOBK nicht zuzulassen.
4.2 Diese experimentellen Ergebnisse wurden knapp einen Monat vor der mündlichen Verhandlung eingereicht, obschon in der Entscheidung der Einspruchsabteilung klar gemacht wurde, dass ausgehend von Dokument (4) und in Kombination mit Dokument (1) ein überraschender Effekt für die beanspruchten Suspensionskonzentrate nicht glaubhaft gemacht wurde. Weiterhin hätten diese Ergebnisse auch mit der Beschwerdebegründung vorgebracht werden können. Das Einreichen dieser Ergebnisse einen Monat vor der mündlichen Verhandlung führt dazu, dass die Beschwerdegegnerin vor der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend Zeit hat, um eventuell andere Versuche durchzuführen und/oder Ergebnisse vorzulegen. Um eine faire Verhandlung sicherzustellen, hätte die Kammer die mündliche Verhandlung daher verschieben müssen. Dies widerspricht der Verfahrensökonomie und den Erfordernissen des Artikels 13 (3) VOBK.
4.3 Die Kammer lehnte die Zulassung der Dokumente (24) und (26) ab.
5. Zulassung des ersten Hilfsantrags
5.1 In diesem ersten Hilfsantrag wurde weiter präzisiert, dass die beanspruchten Suspensionskonzentrate Thiacloprid enthalten müssen.
5.2 Obwohl der erste Hilfsantrag früher hätte eingereicht werden können - die Beschwerdeführerin hat die Möglichkeit dazu vor der Einspruchsabteilung nicht wahrgenommen -, erhöht diese Änderung weder die Komplexität des Verfahrens noch erfordert sie eine Verlegung der mündlichen Verhandlung (Artikel 13 (1) und (3) VOBK).
5.3 Die Kammer lässt daher diesen verspätet eingereichten Hilfsantrag in das Verfahren zu.
6. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
Im Einklang mit den Parteien ist die Kammer der Meinung, dass das Streitpatent den Erfordernissen von Artikeln 123(2) und (3), 83 und 54 genügt.
6.1 Nächstliegender Stand der Technik
6.2 Dokument (4) stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Nichtwässrige Suspensionen von festen biologisch aktiven Wirkstoffen sind im Dokument (4) erwähnt (siehe Seite 2, Zeilen 8 - 15). Weiterhin können die Suspensionen des Dokuments (4) ein oder mehrere Adjuvanzien enthalten (siehe Seite 2, Zeile 11 und Seite 7, Zeile 20). Die Suspensionskonzentrate enthalten auch ein oder mehrere anionische oder nicht-ionische Tenside (siehe Seite 2, Zeilen 13-15) und auch ein oder mehrere wasserunlösliche organische Lösungsmittel (siehe Seite 2, Zeile 12 und Seite 9, Zeilen 23 - 24). Die Suspensionskonzentrate des Dokuments (4) unterscheiden sich von denjenigen des Streitpatents dadurch, dass Pflanzenölester als Lösungsmittel, insbesondere Methylcaprylate wie Witconol® 1095 (siehe Seite 9, Zeilen 26 und 31 - 32) verwendet werden anstatt Pflanzenöle wie im Streitpatent. Beispiele A und B enthalten als Pflanzenölester Witconol® 1095 "95% C10 methylated plant oil (95% methyl caprylate)" (siehe Seite 13, Compound IB). Das Adjuvans der generischen Formel (Ic) gemäß Streitpatent ist im Dokument (4)nicht eindeutig offenbart. Trotzdem überlappt die generische Formel der Adjuvanzien des Dokuments (4) mit der generischen Formel des Penetrationsförderers (Ic) des Anspruchs 1 des Streitpatents (siehe Seite 7, Zeile 20 bis Seite 8, Zeile 2).
6.2.1 Die Beschwerdeführerin behauptete, dass in den Ausführungsformen des Dokuments (4) im Gegensatz zu den erfindungsgemäßen Suspensionskonzentraten ein Verdickungsmittel vorhanden sein muss.
Dies entspricht nicht der Lehre des Dokuments (4). Auch wenn die Hinzufügung eines Verdickungsmittels in die Konzentrate des Dokuments (4) bevorzugt ist (siehe Seite 11, Zeilen 4 - 11), bedeutet dies nicht, dass Konzentrate ohne Verdickungsmittel nicht umfasst sind. Auf der Seite 2, Zeilen 15 - 16 wird offenbart, dass ein Verdickungsmittel optional ist. Darüber hinaus enthalten die beiden erfindungsgemäßen Beispiele A und B (siehe Seite 13 des Dokuments (4)) kein Verdickungsmittel.
6.3 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin kann die zulösende Aufgabe in der Bereitstellung von Suspensionskonzentraten gesehen werden, die eine gute Stabilität sowie eine bessere biologische Wirksamkeit aufweisen. Zudem übertreffen überraschenderweise solche Suspensionskonzentrate hinsichtlich ihrer Aktivität analoge Zubereitungen.
6.3.1 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern kann eine technische Aufgabe nur dann bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden, wenn sie als erfolgreich gelöst angesehen werden kann, d.h. wenn im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht wird, dass die unterscheidenden Merkmale den beanspruchten Suspensionskonzentraten einen unerwarteten Effekt verleihen. Dieser Effekt ist im Vergleich zum nächstliegenden Stand der Technik aussagekräftig zu belegen.
6.3.2 Die Beschwerdeführerin zog Dokument (20) als Nachweis einer verbesserten Penetration des Wirkstoffs heran, wenn das Suspensionskonzentrat einen Penetrationsförderer und ein Pflanzenöl enthält.
Die dargelegten Daten betreffen Penetrationsversuche von verschiedenen Suspensionskonzentraten, die enthalten:
i) einen agrochemischen Wirkstoff (Fenoxyprop, Iprovalicarb, Iodosulfuron oder Tembotrione) + Sonnenblumenöl
ii) einen agrochemischen Wirkstoff (Fenoxyprop, Iprovalicarb, Iodosulfuron oder Tembotrione) + Alkanol Ethoxylate (Ic-1) und
iii) einen agrochemischen Wirkstoff (Fenoxyprop, Iprovalicarb, Iodosulfuron oder Tembotrione) + Sonnenblumenöl + Alkanol Ethoxylate (Ic-1).
Diese Beispiele genügen nicht den Erfordernissen des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes, da sie nicht einen Vergleich mit dem nächstliegenden Stand der Technik darlegen.
Weiterhin kann aus folgenden Gründen kein synergistischer Effekt anerkannt werden:
Als Antwort auf die Frage der Kammer bezüglich des behaupteten synergistischen Effekt hat die Beschwerdeführerin das Dokument (25) eingereicht (siehe Punkt 3.1). Die Erklärung von Prof. Dr. Schindler bezieht sich auf Fachwissen über die bekannte Näherungsformel von Colby (S. Colby, 15, 20 - 23 (1967). Dieser Artikel beschreibt eine mathematische Methode, um theoretisch die Wirkung von zwei oder drei verschiedenen Herbiziden zu berechnen. Wenn die Wirkdaten höher als die erwartete Wirkung sind, kann ein Synergismus anerkannt werden. Allerdings hat Prof. Dr. Schindler keinen Beweis irgendeines Fachwissens vorgelegt, um zu zeigen, dass diese Methode mit einem einzigen agrochemischen Wirkstoff im Zusammenhang mit Lösungsmitteln und/oder Penetrationsförderern verallgemeinert werden kann. Der behauptete Synergismus ist somit nicht gezeigt worden. Diese Schlussfolgerung gilt auch für die von Prof. Dr. Schindler in der Tabelle des Dokuments (25) dargestellten Wirkdaten.
6.3.3 Dokument (21) betrifft erfindungsgemäße Suspensionskonzentrate, die auf isolierte Kutikeln gesprüht wurden. Die Tabelle der Seite 3 zeigt die Prozentangabe der Penetration im Laufe der Zeit.
Obschon der Tabelle entnommen werden kann, dass im Laufe der Zeit eine gute Penetration erfolgt, stellen diese Ergebnisse keinen Vergleich mit dem nächstliegenden Stand der Technik dar, was zur Folge hat, dass diese Daten nicht als aussagenkräftiger Nachweis des Vorhandenseins eines verbesserten Effekts angesehen werden können.
6.3.4 Das Dokument (22) betrifft lediglich Daten aus der Literatur und kann nicht dazu dienen, einen besseren Effekt nachzuweisen.
6.3.5 Dokument (23) beschreibt sechs verschiedene Spritzbrühen. Die Spritzbrühen B, C, E und F bestehen aus Suspensionskonzentraten, die entweder kein Pflanzenöl oder kein Penetrationsmittel (Adjuvans) enthalten. Sie dienen daher nicht dazu, zu zeigen, dass der Ersatz eines Pflanzenölesters gemäß Dokument (4) durch ein Pflanzenöl gemäß dem Streitpatent den im Anspruch 1 beanspruchten Suspensionskonzentraten irgendeinen Vorteil verleiht. Die Spritzbrühe A wurde gemäß Dokument (4) und die Spritzbrühe D gemäß Streitpatent hergestellt. Trotzdem können sie nicht belegen, dass die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe (siehe Punkt 6.4) tatsächlich gelöst wurde. Die Spritzbrühe A enthält Rapsölmethylester, und die Spritzbrühe D enthält Sonnenblumenöl. Diese beiden Öle unterscheiden sich nicht nur durch das unterscheidende Merkmal zwischen dem Dokument (4) und dem beanspruchten Gegenstand des Streitpatents, nämlich ein Methylester gegenüber einem Öl, sondern auch durch die Natur des Pflanzenöls, nämlich Rapsöl und Sonneblumenöl. Es ist weiterhin nicht nachgewiesen worden, dass Rapsölmethlyester 95 % Methylcaprylat enthält.
6.4 Der Vollständigkeit halber enthält das Streitpatent verschiedene Herstellungsbeispiele sowie Stabilitäts- und Penetrationstests, die zwar eine bestimmte Stabilität und/oder Penetration für die Suspensionskonzentrate des Streitpatents zeigen, aber nicht als Vergleich mit dem nächstliegenden Stand der Technik diene können.
6.5 Folglich kommt die Kammer zum Schluss, dass die im Punkt 6.4 behauptete Aufgabe nicht glaubhaft gelöst wurde.
6.6 Infolgedessen kann die zu lösende Aufgabe umformuliert werden, und zwar in die Bereitstellung von Suspensionskonzentraten, die agrochemische Wirkstoffe enthalten.
6.7 In Anbetracht des Inhalts des Streitpatents betrachtet die Kammer diese Aufgabe als gelöst.
6.8 Es ist zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, diese Aufgabe zu lösen.
Ausgehend von Druckschrift (4) würde der Fachmann, der die oben genannte Aufgabe lösen will, auf Dokument (15) stoßen. Das Dokument (15) beschreibt auch Suspensionskonzentrate (siehe Seite 34, siebte Zeile des letzten Absatzes), die Herbizid-Kombinationen enthalten (siehe Seite 34, erster Absatz). Die Suspensionen können ebenfalls auf Ölbasis sein, wobei weitere Tenside hinzugefügt werden können (siehe Seite 36, zweiter Vollabsatz). Weiterhin können diese Suspensionen mit einem oder mehreren verschiedenen Tensiden formuliert werden (siehe Seite 36, Zeile 7, "Fettalkoholpolyglykolether" sowie Seite 35, Mitte des letzten Vollabsatzes, "polyethoxylierte Fettalkohole"). Außerdem wird die herbizide Wirkung durch die Hinzufügung von Pflanzenölen verstärkt (siehe Seite 38, zweiter Vollabsatz). In Bezug auf das im Anspruch 1 erwähnte Adjuvans der Formel (Ic) vertritt die Kammer die Auffassung, dass der Fachmann, der die zugrundeliegende Aufgabe lösen will (siehe Punkt 6.8), die Natur des Penetrationsförderers innerhalb des im Dokument (4) offenbarten Bereichs (siehe Seite 7, Zeilen 20 - 25) variieren, und dabei zwangsläufig zu den Penetrationsförderern der Formel (Ic) gelangen würde. Daher wird die Auswahl der Penetrationsförderer der Formel (Ic), die eine Untergruppe der im Dokument (4) beschriebenen Penetrationsförderer darstellt, nicht als eine gezielte Vorgehensweise, sondern als rein willkürlich angesehen.
Somit lehrt dieses Dokument, dass in Herbiziden, die Suspensionskonzentrate auf Ölbasis enthalten, sowohl Öle aus Pflanzen als auch ihre Umesterungsprodukte, wie zum Beispiel Rapsölmethylester, eingesetzt werden können (siehe Seite 38, zweiter Vollabsatz). Infolgedessen würde der Fachmann, der die im Punkt 6.8 angeführte Aufgabe lösen will, die Pflanzenester der Konzentrate der Druckschrift (4) durch die Pflanzenöle, wie im Dokument (17) aufgeführt, austauschen und somit zu den erfindungsgemäßen Suspensionskonzentraten gelangen.
6.9 Die Beschwerdegegnerin vertrat die Auffassung, dass Dokument (4) keinen Anreiz gibt, die darin verwendeten Pflanzenölester durch Pflanzenöle zu ersetzen.
6.9.1 Ein Anreiz im Dokument (4) ist nicht notwendig, um die Aufgabe des Punkts 6.8 zu lösen, da der Fachmann alternative Suspensionskonzentrate sucht. Es steht ihm daher nicht nur der Inhalt des Dokuments (4), sondern auch der gesamte Stand der Technik zur Verfügung, um dieses Ziel zu erreichen.
6.10 Die Beschwerdeführerin hat weiter angeführt, dass der Fachmann das Dokument (4) niemals in Betracht gezogen hätte, da die Alkoxylate im Dokument (4) als Vernetzungsmittel und nicht Penetrationsförderer eingesetzt werden.
6.10.1 Wie ein Bestandteil einer Zusammensetzung (hier eine Suspension) fungiert, ist irrelevant, da lediglich die physikalischen und/oder chemischen Eigenschaften der gesamten erhaltenen Zusammensetzung und nicht die Eigenschaften der individuellen Komponenten für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit und daher für die vom Fachmann unternommenen Vorgehensweisen eine Rolle spielen.
6.11 Auch wurde von der Beschwerdeführerin argumentiert, dass der Fachmann keinen Anreiz hätte, Dokument (15) zu berücksichtigen, da keine Formulierung bzw. Suspensionen beschrieben würden.
6.11.1 Dem kann die Kammer nicht zustimmen. Auf Seite 34 letzter Absatz des Dokuments (15) werden die verschiedenen Formulierungsmöglichkeiten aufgeführt, und darunter sind die Suspensionskonzentrate genannt (siehe auch Seite 36, zweiter Vollabsatz).
6.12 Anspruch 1 des Hauptantrags beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Da ein Anspruchssatz als Ganzes zu beurteilen ist, ist der Hauptantrag nicht gewährbar.
7. Erster Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit
7.1 Da die beanspruchten Suspensionskonzentrate zwangsläufig das Insektizid Thiacloprid enthalten, macht die Beschwerdeführerin geltend, dass der Fachmann Dokument (15) nicht in Betracht gezogen hätte, da es lediglich Herbizid-Kombinationen betrifft. Von daher sei der Gegenstand des Anspruchs 1 für den Fachmann nicht naheliegend.
7.2 Dieser Auffassung kann sich die Kammer nicht anschließen. Dokument (4) lehrt, dass Pflanzenölester als Lösungsmittel den agrochemischen Suspensionskonzentraten hinzugefügt werden können. Diese Lehre gilt in gleicher Weise für Herbizide, Fungizide, Insektizide (Seite 3). Daher können sowohl Pflanzenöle als auch ihre Umesterungsprodukte als Lösungsmittel mit Herbiziden verwendet werden. Im Hinblick auf Dokument (15) ist es naheliegend, auch für Insektizide wie Tiacloprid in Anbetracht des Dokuments (4) Pflanzenöle statt ihre Umesterungsprodukte zu verwenden.
7.3 Folglich steht der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ der Aufrechterhaltung des Hilfsantrags entgegen.
7.4 Somit beruht das Streitpatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.