European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2014:T003111.20140109 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 Januar 2014 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0031/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01960057.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | E03D 9/08 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | WASSERKLOSETT | ||||||||
Name des Anmelders: | Geberit International AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Maurer, Peter TOTO LTD. Pagette GmbH |
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Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Haupt- und Hilfsanträge während der mündlichen Verhandlung eingereicht - zugelassen Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus - ja |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent Nr. 1 317 586 (im Folgenden: das Patent) betrifft eine Anordnung mit einer Spülvorrichtung und einem Klosettkörper.
II. Gegen das Patent im gesamten Umfang wurden drei Einsprüche eingelegt, gestützt auf die Gründe des Artikels 100 (a) EPÜ, nämlich mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit, sowie auf die Gründe der Artikel 100 (b) und 100 (c) EPÜ.
III. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten. Die Zwischenentscheidung wurde am 22. November 2010 zur Post gegeben.
IV. Gegen diese Zwischenentscheidung haben der Einsprechende 1 (im Folgenden: Beschwerdeführer II) und die Einsprechende 2 (im Folgenden: Beschwerdeführerin I) am 21. Januar 2011 bzw. am 6. Januar 2011 Beschwerde eingelegt und jeweils gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründungen gingen am 10. März 2011 bzw. am 22. März 2011 ein.
V. Die übrige Einsprechende 3 und auch die Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) haben keine Beschwerde eingelegt.
VI. Mit ihrer Erwiderung vom 4. Oktober 2011 hat die Beschwerdegegnerin neue Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 7 eingereicht.
VII. In der als Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) und 17 (2) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zu den Beschwerden mit.
VIII. Mit Schriftsatz vom 12. November 2013 hat die Beschwerdeführerin I mitgeteilt, dass sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
IX. Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2013 hat die Beschwerdegegnerin acht Anspruchssätze als Basis für einen neuen Hauptantrag und neue Hilfsanträge 1 bis 7 eingereicht.
X. Die mündliche Verhandlung fand am 9. Januar 2014 statt.
Die Beschwerdeführerin I war, wie angekündigt, bei der mündlichen Verhandlung nicht anwesend. Auch die weitere Verfahrensbeteiligte (Einsprechende 3) war, obwohl ordnungsgemäß geladen, nicht anwesend.
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XI. Anträge
Die Beschwerdeführer I und II beantragten jeweils die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des während der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag eingereichten Anspruchssatzes, hilfsweise auf der Basis eines der mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2013 als Hilfsanträge 1 bis 7 eingereichten Anspruchssätze, mit der Maßgabe, dass jeweils die in den Ansprüchen des Hauptantrags handschriftlich vorgenommenen Änderungen aufgenommen werden.
XII. Die weitere Verfahrensbeteiligte (Einsprechende 3) hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
XIII. Ansprüche
a) Hauptantrag
Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags lautet folgendermaßen (Einfügungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 sind fett gedruckt):
Anordnung mit einer Spülvorrichtung und mit einem Klosettkörper (2, 51), der Teil eines als Wandklosett ausgebildeten Wasserklosetts ist, einen Spülrand (3,57), einen Zulauf (17,59) für Spülwasser sowie einen Ablauf (18, 58) aufweist und der an die Spülvorrichtung angeschlossen ist, mit einer Unterdusche (9) mit einem beweglichen Duscharm (6,64), einer Steuereinrichtung (12,16) für die Unterdusche (9) sowie einer Bedienungseinrichtung (46), dadurch gekennzeichnet, dass die Spülvorrichtung ein Unterputzspülkasten (33) ist, dass der Klosettkörper (2,51) mit seiner Rückseite eine Schnittstelle (43) für seine Befestigung bildet und dass die Verbindungsstellen für das Spülrohr (31), das Ablaufrohr (32) sowie für die Wasser- und Elektronikanschlüsse für die Unterdusche an der Rückseite in der Schnittstelle des Wasserklosetts angeordnet sind.
b) Hilfsantrag 1
Im Vergleich zu dem Anspruch 1 des Hauptantrags enthält der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 das zusätzliche Merkmal, dass "das Wandklosett (1) mit seiner Rückseite einer [sic] Schnittstelle (43) bildet".
c) Hilfsantrag 2
Im Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist das letzte Merkmal im Kennzeichen des Anspruchs 1 des Hauptantrags durch das Merkmal ersetzt worden, dass "die Verbindungsstellen für das Spülrohr (31), das Ablaufrohr (32) sowie für für die Funktionselemente erforderliche Leitungen, nämlich mindestens die Wasser- und Elektronikanschlüsse für die Unterdusche, an der Rückseite in der Schnittstelle des Wasserklosetts angeordnet sind".
d) Hilfsantrag 3
Im Vergleich zu dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 enthält der Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 die zusätzlichen Merkmale, dass "der Spülrand (57) einen Durchbruch (56) für die Unterdusche (9) aufweist" und dass "hinter dem Durchbruch (56) in einem Heckteil (52) des Klosettkörpers (2, 51) eine Kammer (53) angeordnet ist, welche für den Ein- und Ausbau der Unterdusche (9) wenigstens eine Öffnung (54, 61) aufweist".
e) Hilfsantrag 4
Im Vergleich zu dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 enthält der Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 die zusätzlichen Merkmale, dass "Funktionselemente (2, 16, 9) durch eine Verschalung (22) an dem Klosettkörper (2, 51) abgedeckt sind" und dass "der Duscharm (64) in einem Gehäuse (76) angeordnet und mit einem Antrieb (66) verbunden ist, derart, dass eine Duschvorrichtung mit dem Antrieb (66) eine Einheit bildet".
f) Hilfsantrag 5
Im Vergleich zu dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 enthält der Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 das zusätzliche Merkmal, dass "der Antrieb (66, 67) für den Dusch- und/oder einen Fönarm (62, 81) lösbar am genannten Gehäuse (76) befestigt ist und als Einheit ein- und ausbaubar ist".
g) Hilfsantrag 6
Im Vergleich zu dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 enthält der Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 das zusätzliche Merkmal, dass "der Dusch- und/oder ein Fönarm (62, 81) mit dem Antrieb (66, 67) durch eine Rastverbindung lösbar verbunden ist bzw. sind".
h) Hilfsantrag 7
Im Vergleich zu dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 enthält der Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 die zusätzlichen Merkmale der Hilfsanträge 5 und 6.
XIV. Das schriftsätzliche Vorbringen der Beschwerdeführerin I und das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen des Beschwerdeführers II lassen sich wie folgt zusammenfassen:
a) Zulässigkeit des Hauptantrags und der Hilfsanträge
Der Beschwerdeführer II argumentierte, dass der in der mündliche Verhandlung vorgelegte Hauptantrag erst sehr spät gestellt worden und offensichtlich nicht gewährbar sei, nachdem durch die Änderungen gemäß Hauptantrag keine der wesentlichen Einwände der Beschwerdeführer behoben werde. Die späte Einreichung dieses Hauptantrags stelle einen Verfahrensmissbrauch durch die Beschwerdegegnerin dar, insbesondere da die Beschwerdegegnerin schon mehrmals versucht habe, die Ansprüche zu ändern. Demzufolge sei dieser neue Hauptantrag nicht ins Verfahren zuzulassen. Die neuen Hilfsanträge seien aus diesen Gründen ebenfalls nicht zuzulassen.| |
b) Artikel 100 (c) EPÜ
Der Anspruch 1 des Hauptantrags verlange, dass "der Klosettkörper (2, 51) mit seiner Rückseite eine Schnittstelle (43) für seine Befestigung bildet" und dass "die Verbindungsstellen für das Spülrohr (31), das Ablaufrohr (32) sowie für die Wasser- und Elektronikanschlüsse für die Unterdusche an der Rückseite in der Schnittstelle des Wasserklosetts angeordnet sind". Diese Merkmalskombination des Anspruchs 1 sei den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen, insbesondere der technischen Lehre auf Seite 3, Absatz 1 und Seite 7, Zeilen 19-26 in Verbindung mit der Figur 8, nicht entnehmbar. Der Beschwerdeführer II argumentierte insbesondere, dass diese Merkmalskombination zwei unterschiedliche Schnittstellen definiere, nämlich eine Schnittstelle an der Rückseite des Klosettkörpers und eine Schnittstelle an der Rückseite des Wandklosetts, welche Schnittstellen weder auf Seite 3, Absatz 1 noch auf Seite 7, Zeilen 19-26 bzw. in der Figur 8 offenbart seien. Im Zusammenhang mit der Figur 8 sei ursprünglich nur gelehrt worden, dass die Verbindungen der einzelnen Leitungen und Anschlüsse und die Verbindung der Wand mit einem Traggestell 15 in der ein und derselben Schnittstelle 43 erfolgen (Seite 7, Zeilen 19-26), wobei das Traggestell 15 ein dreidimensionaler Rahmen zur Befestigung des Klosettkörpers 2 an der Wand sei und der Klosettkörper 2 am Traggestell 15 angeschraubt sei (Seite 5, Zeilen 10-15). Dieser Einwand treffe auch auf die Hilfsanträge 1 bis 7, denn der Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen beinhalte jeweils die vorgenannte Merkmalskombination.
XV. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin kann folgendermaßen zusammengefasst werden:
a) Zulässigkeit des Hauptantrags und der Hilfsanträge
Der Hauptantrag sei als Reaktion auf die der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigelegte vorläufige Meinung der Kammer zu Artikel 100 (c) EPÜ sowie auf die erst in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände des Beschwerdeführers II unter Artikel 84 und 123 (3) EPÜ eingereicht worden. Mit der vorgenommenen Änderung werde der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht wesentlich geändert, sondern lediglich klargestellt. Demnach sei dieser neue Hauptantrag zuzulassen. Die Hilfsanträge 1 bis 7 würden sich von den schon mit der Erwiderung eingereichten Hilfsanträgen nur dadurch unterscheiden, dass die Änderungen gemäß dem neuen Hauptantrag aufgenommen worden seien. Die Hilfsanträge seien daher ebenfalls zuzulassen.
b) Artikel 100 (c) EPÜ
Ein fachkundiger Leser der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen würde der technischen Lehre auf Seite 3, Absatz 1 und auf Seite 7, Zeilen 19-26 in Verbindung mit der Figur 8 entnehmen, dass "der Klosettkörper (2, 51) mit seiner Rückseite eine Schnittstelle (43) für seine Befestigung bildet" und dass "die Verbindungsstellen für das Spülrohr (31), das Ablaufrohr (32) sowie für die Wasser- und Elektronikanschlüsse für die Unterdusche an der Rückseite in der Schnittstelle des als Wandklosett ausgebildeten Wasserklosetts angeordnet sind". Das erstgenannte Merkmal sei für den fachkundigen Leser selbstverständlich vorhanden und auch in der Figur 8 eindeutig erkennbar. Das auf Seite 5 bzw. 7 beschriebene Traggestell 15 zur Befestigung des Klosettkörpers 2 an der Wand sei in der Figur 8 nicht gezeigt und demnach nicht vorhanden. Der Leser würde also verstehen, dass in der Schnittstellte 43 der Figur 8 die Verbindung der Rückseite des Klosettkörpers 2 mit der Wand und auch die Verbindungen der einzelnen Leitungen und Anschlüsse erfolgen. Die Ausbildung der Rückseite des Klosettkörpers 2 als Schnittstelle für dessen Befestigung würde der Leser als eine Teilfunktion der in der Figur 8 dargestellten Schnittstelle 43 ansehen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Mündliche Verhandlung
2.1 Die ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführerin I war, wie angekündigt, bei der mündlichen Verhandlung nicht anwesend. Auch die weitere Verfahrensbeteiligte (Einsprechende 3) war, obwohl ordnungsgemäß geladen, nicht anwesend. Diese weitere Verfahrensbeteiligte hat sich im Beschwerdeverfahren gar nicht geäußert.
2.2 In der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer, dass die Abwesenheit dieser beiden Beteiligten kein Grund war, die Entscheidung aufzuschieben (Artikel 15 (3) VOBK). Gemäß Artikel 15 (3) VOBK wurde das schriftliche Vorbringen der Beschwerdeführerin I berücksichtigt.
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3. Zulässigkeit des Hauptantrags und der Hilfsanträge
3.1 Der erst während der mündlichen Verhandlung eingereichte Hauptantrag der Beschwerdegegnerin ist als angemessene Reaktion auf die erst in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände des Beschwerdeführers II unter Artikel 84 und 123 (3) EPÜ zu dem mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2013 eingereichten Hauptantrag zu werten, welcher wiederum offensichtlich in Reaktion auf die der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigelegte vorläufige Meinung der Kammer zu Artikel 100 (c) EPÜ eingereicht wurde. Die Kammer kann in dieser Vorgangsweise der Beschwerdegegnerin keinen Verfahrensmissbrauch erkennen.
3.2 Außerdem wird durch die Änderung im Anspruch 1 des neuen Hauptantrags lediglich klargestellt, dass in der beanspruchten Anordnung der Klosettkörper "Teil eines als Wandklosett ausgebildeten Wasserklosetts ist", wie die Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren stets betonte. Diese Änderung warf also keine Fragen auf, deren Behandlung der Kammer oder dem Beschwerdeführer II nicht ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung zuzumuten gewesen wäre.
3.3 Der neue Hauptantrag der Beschwerdegegnerin war daher zuzulassen (siehe Artikel 13 (1) und (3) VOBK).
3.4 Die während der mündlichen Verhandlung geänderten Hilfsanträge 1 bis 7 unterscheiden sich von den schon mit der Erwiderung eingereichten Hilfsanträgen im Wesentlichen nur dadurch, dass die Änderungen des neuen Hauptantrags aufgenommen worden ist. Diese neuen Hilfsanträge waren demnach ebenfalls zuzulassen.
4. Hauptantrag - Artikel 100 (c) EPÜ
4.1 Der Anspruch 1 des Hauptantrags verlangt, dass "der Klosettkörper (2, 51) mit seiner Rückseite eine Schnittstelle (43) für seine Befestigung bildet" und dass "die Verbindungsstellen für das Spülrohr (31), das Ablaufrohr (32) sowie für die Wasser- und Elektronikanschlüsse für die Unterdusche an der Rückseite in der Schnittstelle des Wasserklosetts angeordnet sind".
4.2 Ein fachkundiger Leser kann diese Merkmalskombination des Anspruchs 1 den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht direkt und eindeutig entnehmen, auch nicht unter Heranziehung seines allgemeinen Fachwissens.
4.3 Auf Seite 3, Absatz 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen heißt es: "Das Wasserklosett ist gemäß einer Weiterbildung ein Wandklosett und seine Rückseite ist vorzugsweise im wesentlichen eine Schnittstelle für die Befestigung des Klosettkörpers, für die Befestigung des Ablaufs und des Spülrohres sowie die Wasser- und Elektronikanschlüsse. Sämtliche Verbindungsstellen sind somit an der Rückseite des Wasserklosetts angeordnet. Dies ergibt eine kompakte Bauweise sowie eine einfachere Montage."
Der Leser erfährt an dieser Stelle, dass bei einer besonderen Ausführungsform eines Wandklosetts die Befestigung des Klosettkörpers an der Wand, die Befestigung des Ablaufs und des Spülrohres sowie die Wasser- und Elektronikanschlüsse in ein und derselben Schnittstelle an der Rückseite des Wandklosetts erfolgen.
Die vorgenannte, strittige Merkmalskombination des Anspruchs 1 geht über diese ursprüngliche Lehre hinaus,
denn diese Merkmalskombination definiert eine (erste) Schnittstelle an der Rückseite des Klosettkörpers für dessen Befestigung und eine (zweite) Schnittstelle an der Rückseite des Wandklosetts für die Verbindungen des Spülrohrs, des Ablaufrohrs und der Wasser- und Elektronikanschlüsse für die Unterdusche, wobei die Schnittstelle des Klosettkörpers nicht zwangsläufig Teil der Schnittstelle des Wandklosetts ist, entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin. Diese zwei Schnittstellen sind auf Seite 3, Absatz 1 weder explizit noch implizit offenbart.
Darüber hinaus ist von einer Ausbildung der Rückseite des Klosettkörpers als Schnittstelle für dessen Befestigung auf Seite 3, Absatz 1 keine Rede. An dieser Stelle ist nicht einmal gesagt, dass die Rückseite des Klosettkörpers mit der Wand verbunden ist. Der Leser würde es auch als möglich erachten, dass der Klosettkörper mittels eines Traggestells mit der Wand verbunden ist, wobei das Traggestell seitlich am Klosettkörper, zwischen dessen Vorder- und Rückseite, befestigt ist. Dass eine solche Befestigung des Klosettkörpers technisch sinnvoll wäre, geht z. B. aus der Installation in der Figur 8 mit dem dreidimensionalen Traggestell 5 der Figuren 2 bis 6 hervor.
Die vorgenannte Merkmalskombination des Anspruchs 1, vor allem das erste Merkmal dieser Merkmalskombination, kann dieser Lehre auf Seite 3, Absatz 1 also nicht direkt und eindeutig entnommen werden.
4.4 Auf Seite 7, Zeilen 19-26 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen heißt es, mit Verweis auf die Figur 8, welche einen Schnitt durch ein installiertes Wandklosett gemäß einer Ausführungsform zeigt, dass in der mit gestrichelter Linie angedeuteten Schnittstelle 43 "die Verbindungen der einzelnen Leitungen und Anschlüsse erfolgt [sic]" (Zeilen 19-22), wobei "in der Schnittstelle 43 ... sich auch die Verbindung des Traggestelles 15 mit der Gebäudewand oder dem Gestell 40 (befindet)" (Zeilen 24-26). Das Traggestell 15 ist bereits auf Seite 5, Absatz 2 wie folgt definiert worden: es bildet einen dreidimensional Rahmen zur Befestigung des Klosettkörpers 2 an der Wand, wobei der Klosettkörper 2 am Traggestell 15 angeschraubt ist und das Traggestell 15 an der Wand befestigt ist (Seite 5, Zeilen 10-15). Das Traggestell 15 ist in den Figuren 2 bis 6 schematisch dargestellt.
Diese Ausführungsform des Wandklosetts entspricht offensichtlich der Lehre auf Seite 3, Absatz 1, denn gemäß dem Wortlaut dieser Lehre die Rückseite des Wandklosetts 1 "ist eine Schnittstelle für die Befestigung des Klosettkörpers" (und zwar mittels des Traggestells 15) und "für die Befestigung des Ablaufs und des Spülrohres sowie die Wasser-und Elektronikanschlüsse".
Wie auf Seite 3, Absatz 1 ist aber hier ebenfalls nicht offenbart, dass eine (erste) Schnittstelle an der Rückseite des Klosettkörpers für dessen Befestigung und eine (zweite) Schnittstelle an der Rückseite des Wandklosetts für die Verbindungen des Spülrohrs, des Ablaufrohrs und der Wasser- und Elektronikanschlüsse für die Unterdusche vorgesehen sind, wie nun von der strittigen Merkmalskombination verlangt wird.
Es ist hier auch keineswegs offenbart, dass der Klosettkörper 2 "mit seiner Rückseite eine Schnittstelle für seine Befestigung bildet", gemäß dem ersten Merkmal der strittigen Merkmalskombination. Dieses Merkmal kann weder der schematischen Darstellung der Figur 8 noch der zugehörigen Beschreibung entnommen werden. Es ist nämlich nur offenbart, dass der Klosettkörpers 2 mit Hilfe des Traggestells 15 in Form eines dreidimensionalen Rahmens an der Wand befestigt ist, wobei implizit ist, dass sich die Rückseite des Traggestells 15, nicht die Rückseite des Klosettkörpers 2, in der Schnittstelle 43 befindet. Dabei ist auch zu beachten, dass das Traggestell 15 möglicherweise nicht an der Rückseite des Klosettkörpers 2 befestigt ist, sondern seitlich am Klosettkörper, zwischen dessen Vorder- und Rückseite (siehe dazu die Figuren 2 bis 6).
Die vorgenannte Merkmalskombination des Anspruchs 1 geht also auch über diese Ausführungsform eines Wandklosetts in der Figur 8 hinaus.
4.5 In den Figuren 9 bis 14 der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen ist ein Wandklosett "nach einer Variante" gezeigt (Seite 4, Zeilen 11 und 12 und Seite 8, Zeilen 16 und 17), dessen Befestigung an der Wand ohne das Traggestell 15 erfolgt (Seite 9, Zeilen 14-16). Zur Befestigung des Klosettkörpers 51 dieses Wandklosetts an der Wand weist dieser rückseitig Befestigungslöcher 60 auf (Seite 9, Zeilen 12-14). Somit scheint diese Variante des Wandklosetts eine Stütze für das strittige Merkmal des Anspruchs 1 zu bieten, dass "der Klosettkörper mit seiner Rückseite eine Schnittstelle für seine Befestigung bildet". Es ist den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen jedoch nicht direkt und eindeutig entnehmbar, dass bei dieser Variante das Wandklosett gemäß der genannten Lehre auf Seite 3, Absatz 1 bzw. gemäß der Figur 8 installiert wird, d. h. so installiert wird, dass sämtliche Verbindungsstellen in ein und derselben Schnittstelle an der Rückseite des Wasserklosetts angeordnet sind. Vielmehr scheint die auf Seite 3, Absatz 1 beschriebene bzw. in der Figur 8 gezeigte Installation des Wandklosetts nur für die Ausführungsform der Figuren 1 bis 8 mit einem Traggestell 15 zur Befestigung des Klosettkörpers 2 vorgesehen zu sein.
Demnach kann die vorgenannte Merkmalskombination auch dieser Variante der Figuren 9 bis 14 nicht direkt und eindeutig entnommen werden.
4.6 Folglich geht der Gegenstand des Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Der Hauptantrag verstößt somit gegen Artikel 100 (c) EPÜ und ist also nicht gewährbar.
5. Hilfsanträge 1 bis 7 - Artikel 100 (c) EPÜ
5.1 Die vorgenannte Merkmalskombination des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag ist auch im Anspruch 1 nach jedem der Hilfsanträgen 1 bis 7 vorhanden, selbst wenn der Wortlaut des zweiten Merkmals dieser Merkmalskombination in den Hilfsanträgen 2 bis 7 im Vergleich zum Haupt- und Hilfsantrag 1 geringfügig geändert worden ist.
5.2 Aus den vorgenannten Gründen geht der Gegenstand des Anspruchs 1 jedes Hilfsantrags also ebenfalls über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Die Hilfsanträge verstoßen somit alle gegen Artikel 100 (c) EPÜ und sind demnach nicht gewährbar.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.