European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T238210.20130312 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 März 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2382/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05004874.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16D 33/18 F16D 9/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Schmelzsicherung für eine hydrodynamische Kupplung | ||||||||
Name des Anmelders: | Siemens Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Voith Turbo GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit der Beschwerde - bejaht Neuheit - verneint |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit der am 29. September 2010 zur Post gegebenen Entschei dung wurde das Europäische Patent Nr. EP 1 577 577 widerrufen. Als Patentinhaberin war die Fa A. Friedr. Flender AG eingetragen. Diese ist jedoch laut Handelsregisterauszug des Amtgerichts München vom 1. Juni 2010 durch Vertrag vom 8. März 2010 mit der Fa. Siemens AG vollständig verschmolzen.
Am 29. November 2010 reichte die Firma Siemens AG eine Beschwerde ein. Die Beschwerde gebühr wurde am 30. November 2010 entrichtet und die Beschwerde begründung wurde am 4. Februar 2011 eingereicht.
II. Am 12. März 2013 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 8 eingegangen am 1. Oktober 2009 (Hauptantrag) oder der Ansprüche 1 bis 8 eingegangen am 8. März 2013 (Hilfs antrag).
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
III. Folgende Entgegenhaltung war für die Entscheidung relevant:
D22: RU-A-10 595 (sowie D22a und D22b, ihre Über setzungen in die deutsche Sprache).
IV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
"Schmelzsicherung für eine hydrodynamische Kupplung mit einem eine Betriebs flüssigkeit aufnehmenden Kupplungs gehäuse, wobei die Schmelzsicherung (11) aus einem bei einer vorgegebenen Temperatur aufschmelzbaren Pfropfen (16) besteht, der in einen in das Kupplungsgehäuse einschraubbaren und mit einer Durchgangsbohrung (15) versehenen Schraubenkörper (12) eingesetzt ist, der die Durchgangsbohrung (15) des Schraubenkörpers (12) verschließt und der den mit der Betriebsflüssigkeit gefüllten Innenraum der Kupplung gegenüber der Umgebung abdichtet, dadurch gekennzeichnet,
dass der aufschmelzbare Pfropfen (16) in einen Schrauben körper (12) aus Kunst stoff, dessen Wärme leitfähigkeit geringer ist als die des Kupplungsgehäuses, ein gesetzt (Alternative 1) oder
von einer Schicht (19) umgeben ist, deren Wärme leit fähigkeit geringer ist als die des Schraubenkörpers (12) (Alternative 2)."
Die Bezeichnungen Alternative 1 und 2 wurden von der Kammer hinzugefügt.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich hiervon dadurch, dass im Oberbegriff spezifiziert wird, dass das Kupplungsgehäuse aus einem metallischen Werkstoff besteht.
V. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
a) Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde sei nicht zulässig, weil die Siemens AG nie Beteiligte am vor liegenden Verfahren gewesen sei und somit nach Artikel 107 EPÜ nicht legitimiert sei als Beschwerde führerin zu handeln, zumal der Nachweis des Übergangs des Rechts auf das Patent erst nach dem Ablauf der Beschwerdefrist vorgelegt wurde. Hierzu hat sie auf T 428/08 verwiesen.
b) Neuheit
Der Gegenstand der zweiten im Anspruch 1 beschriebenen Alternative sei von der Schmelzsicherung gemäß D22 neuheitsschädlich vorweggenommen.
Diese zeige nämlich eine Schmelzsicherung für einen Dampfkessel, die auch für die Betriebsbedingungen einer hydrodynamischen Kupplung geeignet sei, mit allen Merkmalen der beanspruchten Sicherung, entsprechend der zweiten Alternative des Anspruchs 1.
VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
a) Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde sei durch einen Angestellten der Fa. Siemens AG eingelegt wurde, der bevollmächtigt war, für diese zu handeln. Da am Tag der Beschwerdeeinlegung die ursprüngliche Patentinhaberin - Fa. A. Friedr. Flender AG - bereits mit der Fa. Siemens AG verschmolzen war, war letztere zur Beschwerdeeinlegung legitimiert, da sie zu diesem Zeitpunkt Inhaberin des Patents war.
b) Neuheit
Die in D22 beschriebene Schmelzsicherung sei für einen Dampfkessel vorgesehen und somit nicht für den Einsatz in einer hydrodynamischen Kupplung geeignet. Dies sei insbesondere deshalb der Fall, weil in einem Dampfkessel keine rotierenden Teile vorhanden seien und die Bauteile somit keinen Fliehkräften unterworfen seien.
Außerdem verfolge D22 ein anderes Ziel als das Streit patent, denn - wie aus der Übersetzungen der D22 zu ent nehmen - werde dort versucht dem Schmelzen des Pfropfens vorzu beugen. Hingegen habe die dem Streitpatent zugrundeliegende Erfindung ein besonders schnelles Schmelzen der beanspruchten Schmelzsicherung als Ziel.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
1.1 Die Beschwerdegegnerin bestreitet, dass die Fa. Siemens AG beschwerdeberechtigt ist.
1.2 Durch die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers - hier die Fa. Siemens AG mit Sitz in München - ist die Fa. A. Friedr. Flender AG als juristische Person erloschen, und ihr Vermögen einschließlich der Patentrechte auf die Fa. Siemens AG übergegangen (§ 20 (1) Nr. 1 und 2 Um wandlungs gesetz). Es handelt sich hierbei um eine Universalsukzession, bei der ein Rechtsträger rechtlich vollständig mit einem anderen verschmilzt. Das Handels register bekundet, dass durch den Eintrag der Verschmelzung alle Rechte zum Zeitpunkt des Eintrags im Handelsregister auf den anderen Rechtsträger über gegangen sind und der übertragende Rechtsträger ab diesem Zeitpunkt rechtlich nicht mehr existierte.
Am 29. November 2010 konnte daher nur die Fa. Siemens AG über das Streitpatent verfügen und Beschwerde einlegen.
1.3 Da die Übertragung des Patents ins Europäische Patent register zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde noch nicht eingetragen worden war, erschien im Europäischen Patentregister als Patent inhaberin immer noch die Fa. A. Friedr. Flender AG. Diese Eintragung ändert jedoch nichts daran, dass die Fa. A. Friedr. Flender AG zu diesem Zeitpunkt nicht existiere, und dass die Fa. Siemens AG über das Patent verfügen konnte.
Ein anderer Beteiligter kann nicht nur dann an die Stelle des ursprünglichen Anmelders treten, wenn die Eintragung ins Europäische Patentregister vorgenommen worden ist, sondern auch wenn ein eindeutiger Nachweis des Übergangs des Rechts auf das Patent vorliegt (J 26/95, ABl. EPA 1999, 668).
Da der Handelsregisterauszug des Amtsgerichts München ein eindeutiger Nachweis ist, dass die Rechte auf das in Frage stehende Patent auf die Fa. Siemens AG vor dem Datum der Einlegung der Beschwerde übertragen worden sind, und die A. Friedr. Flender AG zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung nicht mehr existierte, ist die Fa. Siemens AG berechtigt, im Verfahren an deren Stelle zu erscheinen.
1.4 Die rechtliche Lage wird durch die Tatsachen zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde begründet. Folglich ist es irrele vant, dass der Nachweis der Ein tra gung der Verschmelzung nach Einreichung der Beschwerde erfolgt ist.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich in mehrerer Hinsicht von dem der Entscheidung T 428/08 zugrunde liegenden Fall. Dort war der übernehmende Unternehmer der Einsprechende und die Übertragung des Unter nehmens erfolgte aufgrund eines Rechtsgeschäfts.
In einem solchen Fall gelten jedoch andere Maßstäbe als bei der Universal sukzession des Patentinhabers, wie selbst die T 428/08 unter Punkt 7 der Entschei dungs gründe ausführt.
1.5 Somit ist die Beschwerdeberechtigung der Fa. Siemens AG als Beschwerde führerin nicht fraglich und die Beschwerde ist zulässig.
2. Neuheit
2.1 D22 betrifft eine Schmelzsicherung für einen Dampfkessel.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin liegen die Druck- und Temperaturverhältnisse an der Gehäusewand einer hydrodynamischen Kupplung in der gleichen Größen ordnung wie die an der Gehäusewand eines Dampf kessels. Außerdem findet die Rotation und die dadurch entstehen den Fliehkräfte in einer hydro dynamischen Kupplung an den Rotoren und nicht an der Gehäusewand statt, so dass sie auf die Gehäusewand und folglich auf die Schmelz sicherung keinen Einfluss haben.
Deswegen ist die in D22 offenbarte Schmelzsicherung dafür geeignet, in einer hydrodynamischen Kupplung ein gesetzt zu werden.
2.2 D22 offenbart somit eine
Schmelzsicherung, die für eine hydrodynamische Kupplung mit einem eine Betriebs flüssigkeit aufnehmenden Kupplungs gehäuse geeignet ist, wobei die Schmelz sicherung aus einem bei einer vorgegebenen Temperatur aufschmelzbaren Pfropfen (e) besteht, der in einen in das Kupplungs gehäuse einschraubbaren und mit einer Durchgangsbohrung versehenen Schraubenkörper (g) eingesetzt ist, der die Durchgangsbohrung des Schrauben körpers (g) verschließt und der den mit der Betriebs flüssigkeit gefüllten Innenraum der Kupplung gegenüber der Umgebung abdichtet, wobei der aufschmelzbare Pfropfen (e) von einer Schicht (ab cd) umgeben ist, deren Wärme leitfähigkeit geringer ist als die des Schrauben körpers (g) (die Schicht besteht z. Bsp. aus Asbest).
2.3 Es mag zwar sein, dass aus der Übersetzung D22b ent nommen werden kann, dass dort - anders als im Streit patent - es das Ziel der Isolierung ist, dem Schmelzen des Pfropfens vorzubeugen.
Bei der Beurteilung der Neuheit sind jedoch lediglich die gegenständlichen Merkmale der beanspruchten Erfindung mit dem Stand der Technik zu vergleichen. Solange beide Gegenstände für den gleichen Einsatz geeignet sind und sie die gleichen Merkmale aufweisen, ist es irrelevant, ob der Stand der Technik ausdrücklich das gleiche Ziel bezweckt wie die Erfindung oder nicht.
Deswegen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt antrag gegenüber der aus D22 bekannten Vorrichtung nicht neu.
2.4 Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, wurde das in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag hinzugefügte Merkmal vorgesehen, um das Merkmal gemäß der ersten Alternative des Anspruchs 1 klarzustellen und nicht, um den Neuheits einwand zu beheben.
Nachdem diese Änderungen keinen Einfluss auf die Schmelz sicherung gemäß der zweiten Alternative des Anspruchs 1 hat, gilt dafür die gleiche Beurteilung wie für den Haupt antrag.
Folglich ist auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht neu gegenüber D22.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.