T 2071/10 (Job Definition Format / HP) of 26.9.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T207110.20170926
Datum der Entscheidung: 26 September 2017
Aktenzeichen: T 2071/10
Anmeldenummer: 05819215.4
IPC-Klasse: G06Q 10/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR KOMMUNIKATION
Name des Anmelders: HP Austria GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Übermitteln von Daten an einen Drucker im Job Definition Format (JDF) (nein
Erfinderische Tätigkeit - entspricht dem Zweck des Formats)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung 05819215.4 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückzuweisen. Die Prüfungsabteilung ging von Dokument D1 (US 2002/171857) als nächstliegendem Stand der Technik aus und sah den Unterschied hierzu in der naheliegenden Verwendung des "Job Definition Format".

II. Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des der Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrags oder auf der Basis des ersten Hilfsantrags (entsprechend dem zweiten Hilfsantrag vor der Prüfungsabteilung) zu erteilen. Zudem beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

III. Die Kammer lud zu einer mündlichen Verhandlung ein und teilte ihre vorläufige Meinung in einem der Ladung beiliegenden Bescheid mit.

IV. Die Beschwerdeführerin reichte mit ihrem Antwortschreiben vom 8. September 2017 einen neuen Hauptantrag und neue Hilfsanträge 1 und 2 ein.

V. Die mündliche Verhandlung fand am 26. September 2017 statt. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage des Hauptantrags oder einem der Hilfsanträge 1 oder 2 eingereicht mit Schreiben vom 8. September 2017.

VI. Ansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag lauten:

1. Verfahren zur Kommunikation zwischen einem Management Information System, in dem ein Feldinhalt abgelegt ist, und einem ausführenden System im Job Definition Format, wobei der Feldinhalt von dem Management Information System im Job Definition Format, das in allen Produktionsbereichen einer vernetzten Druckerei als einheitliches Datenformat zur Beschreibung von Prozessen und Produkten dient, an das ausführende System übermittelt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der Feldinhalt zunächst nach einer für das Management Information System und das ausführende System spezifizierten Regel angepasst und anschließend an das ausführende System übermittelt wird.

2. Verfahren zur Kommunikation zwischen einem Ursprungsystem, in dem ein Feldinhalt in einer Datei im Job Definition Format, das in allen Produktionsbereichen einer vernetzten Druckerei als einheitliches Datenformat zur Beschreibung von Prozessen und Produkten dient, abgelegt ist, und einem ausführenden System im Job Definition Format, wobei der Feldinhalt im Job Definition Format von dem Ursprungssystem an das ausführende System übermittelt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der Feldinhalt zunächst nach einer für das Ursprungsystem und das ausführende System spezifizierten Regel angepasst und anschließend an das ausführende System übermittelt wird.

VII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:

1. Verfahren zur Kommunikation zwischen einerseits einem Management Information System, in dem ein Feldinhalt abgelegt ist, oder einem Ursprungssystem in dem ein Feldinhalt in einer Datei im Job Definition Format, das in allen Produktionsbereichen einer vernetzten Druckerei als einheitliches Datenformat zur Beschreibung von Prozessen und Produkten dient, abgelegt ist und andererseits einem ausführenden System im Job Definition Format, wobei der Feldinhalt von dem Management Information System oder dem Ursprungssystem im Job Definition Format an das ausführende System übermittelt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der Feldinhalt zunächst nach einer für einerseits das Management Information System und das Ursprungssystem und andererseits das ausführende System spezifizierten Regel angepasst und anschließend an das ausführende System übermittelt wird.

VIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:

1. Verfahren zur Kommunikation zwischen einem Management Information System, in dem ein Feldinhalt abgelegt ist, und einem ausführenden System im Job Definition Format, wobei der Feldinhalt von dem Management Information System im Job Definition Format, das in allen Produktionsbereichen einer vernetzten Druckerei als einheitliches Datenformat zur Beschreibung von Prozessen und Produkten dient, an das ausführende System übermittelt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der Feldinhalt zunächst nach einer für das Management Information System und das ausführende System spezifizierten Regel angepasst und anschließend an das ausführende System übermittelt wird wobei eine Mehrzahl von für jeweils ein ausführendes System spezifizierten Regeln in einer Konfigurationsdatei abgelegt und nach Auswahl des ausführenden Systems der Feldinhalt nach der für dieses spezifizierten Regel angepasst ist.

IX. Die von der Beschwerdeführerin zuletzt im Wesentlichen geltend gemachten Argumente können wie folgt zusammengefasst werden.

Die Erfindung betreffe die Kommunikation zwischen einem Management Information System und einem ausführenden System. Für diese Kommunikation werde erfindungsgemäß das JDF verwendet. Die Anwendung des JDF stelle den Fachmann aber vor ein Problem, da das Management Information System (bzw. die Management Information Systeme) nicht JDF-fähig seien. Eine mögliche Lösung sei die Anpassung sämtlicher Management Information Systeme. Die Erfindung sehe aber eine weitere Lösung vor: es können die bestehenden, nicht JDF-fähigen Systeme weiter verwendet werden, wenn die Kommunikation erst durch ein Modul laufe, das die Daten nach einer ersten Regel in JDF-Daten umsetze und die JDF-Daten anschließend nach einer zweiten Regel in an das ausführende System angepasste JDF-Daten umsetze. Dabei seien die angepassten JDF-Daten immer noch JDF-Daten. Es handele sich um JDF-Dialekte.

Ein Beispiel für die erste Regel könne die Entfernung von Umlauten sein, wenn Umlaute nicht im JDF erlaubt seien. So könne zum Beispiel ö durch oe ersetzt werden. Ein Beispiel für die zweite Regel könne die Kürzung eines Feldinhalts auf 20 Zeichen sein, wenn das ausführende System einen längeren Inhalt nicht unterstütze.

Das Dokument D1 offenbare zwar eine Umwandlung entsprechend den Möglichkeiten eines Druckers, und zwar im XML-Format. Doch diese Umwandlung sei lediglich an den Drucker also an das ausführende System angepasst. Sie sei aber nicht an das Management Information System angepasst. Es bestünden also zwischen der Erfindung und der Offenbarung von D1 zwei Unterschiede: die Verwendung des JDF statt XML, und die Umwandlung nach zwei Regeln statt nach einer. Weiterhin erfolge die Umwandlung in D1 nur zwischen BML und dem druckerspezifischen XML, während erfindungsgemäß zwischen mehreren Quellformaten und mehreren Ausgangsformaten umgewandelt werde.

Entscheidungsgründe

Erfindungshintergrund

1. Das Job Definition Format (JDF) ist mit der Zielvorstellung entwickelt worden, im Rahmen einer vernetzten grafischen Produktion für alle Produktionsmöglichkeiten und Eventualitäten flexibel und ohne Einschränkungen die Kommunikation zwischen Druckerei, Designer, Werbeagentur, Auftraggeber von Drucksachen und Unterlieferanten von Auftragnehmern zu vereinheitlichen. (Veröffentlichte Anmeldung, Seite 1, Zeilen 14 - 18.) Es soll ein einheitliches Datenformat für Prepress, Press, und Postpress sein.

2. JDF soll also in allen für die Produktion einer Druckware tätigen Systemen verwendet werden können. Die Wirklichkeit aber entspricht nicht immer diesem Idealfall. Manche Systeme können z.B. keine Umlaute drucken und Dateisysteme haben für Verzeichnisnamen unterschiedliche Zeicheneinschränkungen.

3. Die Erfindung betrifft die Anwendung von JDF zwischen mit solchen Unterschieden behafteten Systemen. Daten, die in einem Management Information System (MIS) vorliegen, werden einer Umwandlung unterzogen, bevor sie im JDF zum ausführenden System (der Druckmaschine) übermittelt werden.

Hauptantrag, Anspruch 1

4. Nach den Erläuterungen der Beschwerdeführerin liegen die Daten im MIS nicht im JDF vor, sondern werden erst durch Umwandlung nach der ersten Regel ins JDF gebracht, zum Beispiel durch das Ersetzen von Umlauten (aus z.B. ä wird ae) wonach eine zweite Umwandlung aus den nun JDF-Daten druckmaschinetaugliche JDF-Daten erzeugt. Dies entspricht jedoch nicht dem Wortlaut des Anspruchs 1.

5. Nach dem Wortlaut ist im MIS ein Feldinhalt abgelegt. Dieser wird nach einer Regel angepasst und im JDF an ein ausführendes System übermittelt. Eine zweifache Umwandlung, wie sie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht wurde, ist nicht erkennbar. Aus dem Wortlaut ist auch nicht erkennbar, dass JDF-Daten aus nicht-JDF-Daten produziert werden. Vielmehr ist zu verstehen, dass das JDF in allen Produktionsbereichen einer vernetzen Druckerei als einheitliches Datenformat zur Beschreibung von Prozessen und Produkten dient. Das heißt, die Daten im MIS sind schon im JDF. Die Umwandlung muss sich nicht mit der Herstellung von JDF-Daten befassen.

6. D1 beschreibt ein System zum Drucken von in einem ersten System in einem ersten Format vorliegenden Daten (D1, Absatz [0016], first markup language). In der Druckmaschine sind Umwandlungsregeln gespeichert, die das erste System zur Umwandlung der Daten in das in der Druckmaschine verwendete Format (D1, Absatz [0016], second markup language) anwenden kann. Die umgewandelten Daten werden anschließend an die Druckmaschine übermittelt.

7. Das in D1 beschriebene System erweitert die vorherige Installation von Druckmaschinentreibern, die zwischen Betriebsystemformate und Druckmaschinenformate umwandelten. Es erlaubt auch das Drucken von Daten im Broadcast Markup Language (BML), eine Version von XML (D1, Absätze [0006] - [0014] und [0040]). Die Druckmaschinen verwenden dagegen andere XML-Versionen, wofür es keinen Standard gab (D1, Absatz [0041]).

8. In D1 werden Daten nicht im JDF an den Drucker übermittelt, sondern in einem dem Drucker angepassten XML-Format. Die Verwendung von JDF ist also in D1 nicht offenbart. Den zweiten von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Unterschied, wonach die Daten zweifach umgewandelt werden, kann die Kammer im Anspruchswortlaut nicht erkennen.

9. Die durch die Anwendung von JDF gelöste technische Aufgabe kann darin gesehen werden, Datenformate zu vereinheitlichen.

10. JDF wurde gerade zu diesem Zweck entwickelt. Nach Auffassung der Kammer ist deshalb diese Anwendung zu diesem Zweck als naheliegend zu betrachten.

11. Selbst wenn man, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, davon ausginge, dass eine Umwandlung in 2 Schritten erfolgt, kann die Kammer hierin keine erfinderische Tätigkeit erkennen.

12. Nach den Erläuterungen liegen die Daten im MIS entweder im JDF vor oder eben nicht (wie die Beschwerdeführerin in Bezug auf Anspruch 2 bzw. 1 argumentiert hat - siehe unten). Dementsprechend werden sie vor der Übermittlung einer ein- bzw. zweischrittigen Umwandlung unterzogen.

13. Ausgehend von D1 war eine Umwandlung in wenigstens einem Schritt zum Format des Druckers vorbekannt. Der einzige Unterschied wäre also die Verwendung des JDF. Dieser Unterschied würde eine Vereinheitlichung der Datenformate bewirken.

14. JDF anzuwenden um diese Wirkung zu erreichen wäre naheliegend, da es eben dem Zweck des JDF entspricht.

15. Bei der Anwendung von JDF würde der Fachmann dazu tendieren, JDF auch im MIS zu verwenden, weil es eben sein Zweck ist, als einheitliches Datenformat für alle Produktionsbereiche zu dienen. In diesem Fall wäre eine einschrittige Umwandlung erforderlich, wie sie aus D1 vorbekannt war.

16. Würde der Fachmann auch herkömmliche, JDF-unfähige MIS, weiter betreiben wollen, wäre es naheliegend die Daten dementsprechend umzuwandeln, eben wie in D1 Daten ins Druckerformat umgewandelt werden. Ob das nun in einem Schritt, in zwei, oder in sogar mehreren Schritten erfolgt, wäre eine alltägliche Routineaufgabe für den Programmierer.

Hauptantrag, Anspruch 2

17. Anspruch 2 definiert kein MIS sondern ein Ursprungssystem. Wenn es zwischen den Begriffen einen Unterschied gibt, dann ist das MIS eine besondere Art von Ursprungsystem.

18. Nach den Erläuterungen der Beschwerdeführerin unterscheidet sich Anspruch 2 von Anspruch 1 dadurch, dass die Daten anfangs schon im JDF vorliegen und deshalb keine erste Umwandlung, sondern nur die zweite benötigen.

19. Dies vermag die Kammer aber nicht als Unterschied anzuerkennen. Wie oben dargelegt (siehe Punkt 5) liegen auch gemäß Anspruch 1 die Daten anfangs im JDF vor.

20. Somit sieht die Kammer im Verfahren gemäß Anspruch 2 eine Verallgemeinerung des Verfahrens gemäß Anspruch 1, die aus denselben Gründen nahegelegt ist.

Hilfsantrag 1, Anspruch 1

21. Dieser Anspruch fasst die zwei in den Ansprüchen 1 und 2 gemäß Hauptantrag definierten Möglichkeiten als Alternativen in einem Anspruch zusammen. Dies ändert nichts an der erfinderischen Tätigkeit. Somit ist Hilfsantrag 1 aus denselben Gründen wie der Hauptantrag nicht gewährbar.

Hilfsantrag 2, Anspruch 1

22. Gemäß des zusätzlich definierten Merkmals liegt eine Konfigurationsdatei vor, aus der, nach Auswahl eines ausführenden Systems, die richtige Regel zur Umwandlung entnehmbar ist.

23. In D1 wird die Umwandlungsregel vom Drucker zum Ursprungssystem gesendet. Diese Regel liegt also im Drucker in einer Datei vor. Dies wird in D1 deshalb so ausgeführt, weil eben verschiedene Drucker verwendet werden können (z.B. D1 Absätze 0005 und 0041).

24. Nach dem Wortlaut des Anspruchs müssen eine Mehrzahl von für jeweils ein ausführendes System spezifizierten Regeln in einer Konfigurationsdatei abgelegt sein. In D1 sind unterschiedliche Regeln abgelegt, für jeweils unterschiedliche Betriebssysteme bzw. unterschiedliche Ursprungsformate. Alle im Drucker abgelegten Regeln sind dagegen für denselben Drucker. Nach D1 wird also zwar die Regel angepasst, die für den ausgewählten Drucker spezifiziert ist, aber eine Datei, in der unterschiedliche Regeln für unterschiedliche Drucker gespeichert sind, gibt es nicht.

25. Dieser Unterschied entspricht einer anderen Aufteilung der in D1 schon vorhandenen Daten. In D1 werden alle für Drucker A anwendbaren Regeln in Drucker A abgelegt. Nach Anspruch 1 von Hilfsantrag 2 werden hingegen in einer Datei sowohl eine Regel für Drucker A als auch für Drucker B abgelegt. Die Ablegung wird also zentralisiert.

26. Ein Programmierer muss sich bei der Entwicklung eines Systems stets überlegen welche Daten zusammen und welche getrennt gespeichert werden sollen. Der Schwerpunkt in D1 liegt bei der Vielzahl an möglichen Druckern, wogegen das BML-Format von Fall zu Fall gleich bleibt. In der Erfindung liegt der Schwerpunkt hingegen anders. Druckmaschinen werden nicht ständig ausgetauscht, so dass eine zentrale Speicherung von Regeln interessanter wird.

27. Solche Überlegungen gehören zur täglichen Arbeit eines Programmierers. In der Wahl, eine zentralisierte Speicherung zu verwenden, kann die Kammer keine erfinderische Tätigkeit erkennen.

28. Somit ist auch Hilfsantrag 2 nicht gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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