T 2032/10 () of 27.11.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T203210.20121127
Datum der Entscheidung: 27 November 2012
Aktenzeichen: T 2032/10
Anmeldenummer: 04004601.3
IPC-Klasse: F21S 8/00
F21S 2/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Operationsleuchte
Name des Anmelders: TRUMPF Medizin Systeme GmbH + Co. KG
Name des Einsprechenden: Berchtold Holding GmbH
Brandon Medical Company Limited
Maquet S.A.
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Zwischenentscheidung vom 19. Juli 2010 hat die Einspruchsabteilung das Europäische Patent Nr. 1568935 (Anmeldenummer 04004601.3) in geändertem Umfang auf der Basis des damaligen Hilfsantrags 8 aufrechterhalten.

In ihrer Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zum Ergebnis, dass die geänderten Unterlagen des Antrags die Vorschriften der Artikel 123(2),(3), 84, 54(1) und 56 EPÜ erfüllen. Die Einspruchsabteilung hat zudem festgestellt, dass ein durch die Einsprechende OI anfangs erhobener Einwand unter Artikel 100b) EPÜ nicht weiter geltend gemacht wurde.

II. Gegen vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Einsprechende OI mit einem am 28. September 2010 eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet und die Beschwerdebegründung am 25. November 2010 nachgereicht.

III. Antragslage

In der mündlichen Verhandlung, welche am 27. November 2012 stattgefunden hat, wurden folgende Anträge gestellt:

a) Die Beschwerdeführerin (Einsprechende OI) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Europäischen Patents Nr. 1 568 935.

b) Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragt unter Bestätigung der Zwischenentscheidung die Zurückweisung der Beschwerde.

Die weiteren am Verfahren beteiligten Parteien, nämlich die Einsprechenden OII und OIII, haben keinen Antrag gestellt und sich zur Sache auch nicht geäußert, aber per Telekopie vom 10. September 2012 bzw. 8. November 2012 mitgeteilt, dass sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werden.

IV. Der mit der Zwischenentscheidung aufrechterhaltene Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Operationsleuchte (1), umfassend einzelne Lichtmodule (6a bis 6k) mit jeweils einem Gehäuse (9) und

in dem Gehäuse (9) untergebrachten Leuchtmitteln (10a bis 10c), wobei die Gehäuse an ihren Seitenflächen oder der Rückseite sowohl mechanische als auch elektronische wie elektrische Verbindungselemente oder Konnektoren aufweisen, um Leuchtmittel in den Lichtmodulen (6a bis 6k) anzusteuern und an eine elektrische Stromversorgung anzuschliessen, und um die Lichtmodule, die als Sechsecke ausgebildet sind, zu einer Facettenstruktur zusammenzusetzen, so dass das Lichtfeld die Kontur der Lichtmodulkombination widerspiegelt, wobei die Form der Lichtmodule (6a bis 6g) so gestaltet ist, dass sie auf einer Kugelfläche ohne Zwischenräume angeordnet werden können, und wobei die Lichtmodule (6a bis 6g) durch beliebige Kombination mit weiteren solchen Lichtmodulen zu unterschiedlichsten Gesamtmodulen als Lichtquelle zusammengesetzt werden können, wodurch die Lichtfeldgröße, die Beleuchtungsstärke und die Lichtfeldform des Lichtfelds verändert werden kann."

V. Von der Beschwerdeführerin zitierte relevante Dokumente:

D1: US-A- 2003/0146719

D2: DE-U- 202 14 879

D5: FR-A- 947 482

D16: US-A- 2003/0185009

VI. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin (Einsprechende OI) können wie folgt zusammengefasst werden:

Durch die Änderungen im Anspruch 1 sei dieser unklar, weil sich ein Widerspruch zu den Ausführungsformen der Figuren 6 und 7 ergebe, bei denen das Lichtfeld nicht die Kontur der Lichtmodulkombination widerspiegele.

Die in D5 offenbarte Operationsleuchte weise, anders als in der angefochtenen Entscheidung der Einspruchsabteilung festgehalten, auch die folgenden Merkmale auf:

i) jedes Lichtmodul besitzt ein eigenes Gehäuse; und

iii) die Gehäuse weisen an ihren Seitenflächen oder Rückseiten elektrische oder elektronische Verbindungselemente auf, um Leuchtmittel in den Lichtmodulen anzusteuern und an eine elektrische Stromversorgung anzuschließen.

Das Merkmal iv) mit folgendem Wortlaut:

iv) "wobei die Lichtmodule durch beliebige Kombination mit weiteren solchen Lichtmodulen zu unterschiedlichsten Gesamtmodulen als Lichtquelle zusammengesetzt werden können, wodurch die Lichtfeldgröße, die Beleuchtungsstärke und die Lichtfeldform des Lichtfelds verändert werden kann"

stelle im Grunde eine rein funktionelle Angabe dar, welche keine konkrete eindeutige Gestalt der beanspruchten Leuchte und somit keine Unterscheidung gegenüber der D5 aus folgender Betrachtung definieren könne.

Durch die Anlage der D5 könne die auf das Operationsfeld gerichtete Beleuchtung ebenfalls verstärkt werden, indem durch das Ansteuern von unterschiedlichen Kombinationen von sieben Lichtmodulen der Beleuchtungswinkel so bestimmt werde (vgl. z.B. Seite 2, Zeilen 27 bis 35), dass Lichtschatten am Operationsplatz weitgehend verhindert werden, bzw. die sonst abgeschwächte Beleuchtung wieder verstärkt werde. Diese Variabilität entspreche einer im Merkmal iv) beanspruchten Veränderbarkeit der Beleuchtung. Im Übrigen werde eine Variabilität durch Zusammensetzen einzelner Module auch durch die D2 nahegelegt.

Das einzige Unterscheidungsmerkmal der beanspruchten Operationsleuchte gegenüber D5 beruhe auf dem Merkmal ii), nämlich dass in einem Gehäuse mehrere Leuchtmittel untergebracht seien, gehöre zum allgemeinen Fachwissen und sei bei LED-Leuchtmodulen üblich, wie durch D1 oder D16 nachgewiesen.

Dem Gegenstand des Anspruchs 1 fehle daher eine erfinderische Tätigkeit.

VII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) stützt sich im Wesentlichen auf folgende Argumente:

Die beanspruchte Operationsleuchte sei ausgehend von der D5 keineswegs nahegeliegend. Sie unterscheide sich von der D5 nicht nur durch das Merkmal ii), sondern auch durch die Merkmale i), iii) und iv). Der Reflektor eines Lichtmoduls gemäss D5 stelle kein Gehäuse bzw. ein elektrisches Kabel kein elektrisches Verbindungselement im Sinne der Erfindung dar.

Ferner könne das Ansteuern von unterschiedlichen Gruppen von jeweils sieben Modulen gemäss D5 ausschliesslich den Winkel des Beleuchtungsstrahls verändern. Die Lichtfeldgröße, die Beleuchtungsstärke und die Lichtfeldform des Lichtfelds seien dagegen nicht änderbar.

Die erfindungsgemässe flexible Gestalt/Bestimmung der drei genannten Beleuchtungsparameter mittels beliebig zusammengesetzter Lichtmodulgruppen sei ohne Beispiel im zitierten Stand der Technik und somit auch nicht naheliegend.

VIII. Am Schluss der Verhandlung hat die Kammer ihre Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Klarheit

Nach Auffassung der Kammer führen die Änderungen des Anspruchs dahingehend, dass nunmehr das Lichtfeld die Kontur der Lichtmodulkombination widerspiegelt, nicht zu einer Unklarheit des Anspruchs 1, da der Fachmann unter dem Begriff "Kontur" den Außenumfang der Lichtmodulkombination versteht, der aber bei den Ausführungsformen der Figuren 6 und 7 ebenso wie bei den anderen Ausführungsformen "das Lichtfeld widerspiegelt", also in seiner etwa kreisförmigen Form dem dargestellten kreisförmigen Lichtfeld entspricht.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Das Dokument D5 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar.

Nach Auffassung der Kammer offenbart D5 eine Operationsleuchte (Titel), die folgende Merkmale des Anspruchs 1, einschliesslich der strittigen Merkmalen i) und iii), aufweist:

- einzelne Lichtmodule (1-28), die jeweils eine Lichtquelle aufweisen, die von einem Reflektor umgeben und davon in der Art eines Gehäuses eingefasst ist, und welche durch geeignete mechanische Verbindungselemente an der Tragstruktur (32) zu befestigen sind (siehe insbesondere Figur 3, Seite 2, Zeile 102 bis 104);

- weitere elektronische bzw. elektrische Verbindungselemente, da für das Ansteuern und für die elektrische Stromversorgung der Leuchtmittel der Lichtmodule in D5 selbstverständlich und üblicherweise zumindest elektrische Kabel einzusetzen sind, welche die beanspruchten elektrischen Verbindungselemente darstellen, zumal diese im Anspruch durch keine weitere Einschränkung konstruktiver Art weiter definiert sind (vgl. Résumé, Absätze 1 und 3 und Seite 3, Zeilen 33 bis 38 und 86 bis 91);

- wobei die Lichtmodule auch als Sechsecke ausgebildet (vgl. Figur 4.bis und 12, Résumé, Absatz 9), zu einer Facettenstruktur zusammengesetzt und so gestaltet sein können, dass sie auf einer Kugelfläche ohne Zwischenräume angeordnet werden können (siehe Figuren 4.bis und 10, Seite 3, Zeilen 7 bis 13 ("calotte sphérique 66").

3.2 Die beanspruchte Operationsleuchte unterscheidet sich damit von der D5 durch die zwei folgenden Merkmale:

ii) in einem Gehäuse sind Leuchtmittel (also mehrere pro Gehäuse) untergebracht;

iv) die Lichtmodule können durch beliebige Kombination mit weiteren solchen Lichtmodulen zu unterschiedlichsten Gesamtmodulen als Lichtquelle zusammengesetzt werden, wodurch die Lichtfeldgröße, die Beleuchtungsstärke und die Lichtfeldform des Lichtfelds verändert werden kann.

Das Merkmal ii) liegt im Rahmen der allgemeinen und üblichen Überlegungen des Fachmanns. Bei Lichtsystemen, die wie bereits am Anmeldetag des Patents üblich Leuchtdioden als Leuchtmittel aufweisen, wird nämlich häufig eine Mehrzahl von diesen Dioden pro Beleuchtungseinheit eingesetzt, um die gewünschte Lichtstärke zu erreichen. Das Merkmal ii) gehört somit eindeutig zum allgemeinen Fachwissen und kann an sich keine erfinderische Tätigkeit begründen.

Durch das Merkmal iv) wird eine Flexibilität in Form, Grösse und Stärke des Lichtstrahls geschaffen, so dass das Leuchtfeld der erfindungsgemässen Operationsleuchte an unterschiedliche chirurgische Eingriffe angepasst werden kann (vgl. Absatz [0007] des Patents).

3.3 Die in D5 offenbarte Operationsleuchte weist auch eine gewisse Flexibilität des Lichtstrahls auf, indem das Gerüst (32), auf welchem die Lichtmodule montiert sind, mechanisch beweglich ist und die Lichtmodule in 7er-Gruppen derart unterschiedlich angesteuert werden können, dass der Beleuchtungswinkel geändert werden kann.

Durch die veränderbare Zusammensetzung, nämlich durch Einschalten/Ansteuern von unterschiedlichen Gruppen von sieben Lichtmodulen, kann der Beleuchtungswinkel gegenüber der Vertikale und durch die Rotation der Tragstruktur gegenüber der Horizontalen bestimmt werden. Konkret wird eine bestimmte Gruppe von jeweils sieben Lichtmodulen durch eine verstellbare Kontaktplatte angesteuert (Figur 9, Seite 4, Zeile 71 bis Seite 5, Zeile 8). Durch eine gezielt gewählte Winkelausrichtung des Lichtstrahls kann die Operationsstelle stets mit konstanter Stärke beleuchtet werden (vgl. z.B. Seite 2, Zeilen 27 bis 35). Das Operationsfeld wird somit unabhängig von den durch den chirurgischen Einsatz beeinflussten Umständen optimal und vor allem schattenfrei beleuchtet (vgl. Seite 3, Zeilen 23 bis 28 und 54 bis 91).

An der Form und Grösse des Lichtfelds oder an der Beleuchtungsstärke ist anhand der technischen Lehre der D5 jedoch nichts zu ändern. Ferner ist die Operationsleuchte gemäss D5 eindeutig nicht geeignet, um zusätzlich zu der Winkelausrichtung noch den Wert eines weiteren Parameters des Lichtstrahls zu verändern, zumindest nicht ohne vorab substantielle Änderungen der Ansteuerungsvorrichtung vorgenommen zu haben.

Ein wesentlicher Punkt ist in dieser Hinsicht die Auslegung des Merkmals iv) bzw. die damit wiedergegebene Anweisung an den Fachmann, welche konkreten Mittel und wie diese einzusetzen seien.

Die Kammer ist diesbezüglich der Auffassung, dass das beliebige Zusammensetzen von Lichtmodulen zu unterschiedlichen Gesamtmodulen als Lichtquelle zumindest voraussetzt, dass die Lichtmodulen derart montiert bzw. angeordnet sein müssen, dass die im Merkmal iv) beanspruchte unterschiedlich ausgerichtete Flexibilität erreicht werden kann.

Nach einer Variante besteht die Lichtquelle der Operationsleuchte ausschliesslich aus den einzelnen, zum Erreichen einer bestimmten Lichtquelle in Form, Grösse, Stärke, notwendigen Lichtmodulen je nach einem bestimmten chirurgischen Eingriff. Alternativ wird die Operationsleuchte komplett fertig gestellt, wobei sämtliche verfügbare Lichtmodule in der Operationsleuchte montiert sind und je nach erwünschten Beleuchtungsparametern nur ein bestimmter Anteil angesteuert werden.

In jedem Fall sind aber die einzelnen Lichtmodule derart zu orientieren und zusammenzusetzen, dass sie eine spezifische Lichtfeldgrösse oder Lichtfeldform, welche für einen bestimmten chirurgischen Eingriff angepasst sein müssen, auch gewährleisten können.

Diese wählbare Zusammensetzung von Lichtmodulen ist ohne Beispiel im zitierten Stand der Technik.

Die von der Beschwerdeführerin, zusätzlich zur D5, hierzu noch genannte D2 befasst sich lediglich mit aneinander steckbaren Lichtmodulen zur Bildung einer mehr oder weniger grossen, aber stets flächig ausgebildeten Lichtquelle. Die D2 lehrt keineswegs, eine flexible Gestalt des Lichtfelds durch unterschiedlich kombinierte Lichtmodule zu schaffen.

3.4 Somit beruht der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit und erfüllt das Kriterium der Artikel 100(a)/52(1) und 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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