T 2002/10 () of 3.11.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T200210.20111103
Datum der Entscheidung: 03 November 2011
Aktenzeichen: T 2002/10
Anmeldenummer: 04739459.8
IPC-Klasse: B23C 5/10
B23B 31/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 32 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schnittstelle zwischen zwei Teilelementen eines Werkzeugsystems
Name des Anmelders: MAPAL Fabrik für Präzisionswerkzeuge
Dr. Kress KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13
Schlagwörter: Zulässigkeit der Änderungen (Hauptantrag, Hilfsanträge 1 und 2) - nein
Zulassung zum Verfahren (Hilfsanträge 1a, 1b, 3, 4) - nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 04739459.8, eingereicht als internationale Anmeldung am 29. Mai 2004 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 16. Juni 2003, wurde von der Prüfungsabteilung mit der am 11. Mai 2010 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen.

Anspruch 1 in der beantragten Fassung vom 9. Dezember 2005 lautet:

"Schnittstelle zwischen zwei Teilelementen eines Werkzeugsystems, insbesondere eines Zerspanungswerkzeugs (1) mit einem eine Ausnehmung (31) aufweisenden Halter (3) und einem einen in die Ausnehmung (31) einsetzbaren Fortsatz (33) umfassenden, in axialer Verlängerung zum Halter (3) angeordneten Wechselkopf (5) sowie mit einer Spannvorrichtung (19) zur Befestigung des Wechselkopfs (5) am Halter (3), dadurch gekennzeichnet, dass die Spannvorrichtung (19) einen Zugbolzen (41) und ein diesen in axialer Richtung verlagerndes Exzenterelement (21) aufweist, wobei das Exzenterelement (21) über eine Umfangsfläche (17) des Zerspanungswerkzeugs (1) betätigbar ist, dass der Zugbolzen (41) einen in das Exzenterelement (21) einführbaren, eine erste Spannfläche (25) aufweisenden Ansatz (43) umfasst, dass das Exzenterelement (21) eine zweite Spannfläche (78) aufweist, deren Abstand zu einer Drehachse(73) des Exzenterelements (21) unterschiedlich ist (*HiA1), wobei die erste Spannfläche (45) des Zugbolzens (41) konvex und die zweite Spannfläche (78) des Exzenterelements (21) konkav ausgebildet ist."

Die Prüfungsabteilung kam zu dem Ergebnis, dass der geltende Anspruch 1 das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfüllte.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin am 7. Juli 2010 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt.

Mit der am 13. September 2010 eingegangenen Beschwerdebegründung hat sie ihren Antrag auf Erteilung eines europäischen Patents mit den am 9. Dezember 2005 eingereichten Ansprüchen weiter verfolgt und drei Hilfsanträge eingereicht.

III. Die Beschwerdekammer übermittelte in ihrem Bescheid als Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung ihre vorläufige Meinung, wonach sie keinen Anlass zur Beanstandung der Prüfungsentscheidung sehe. Auch hinsichtlich der Hilfsanträge erscheine die Beschwerde als wenig erfolgversprechend.

IV. Mit dem am 4. Oktober 2011 beim Europäischen Patentamt eingegangenen Schreiben vom 30. September 2011 reichte die Beschwerdeführerin drei neue Hilfsanträge 1 bis 3 ein, wobei der neue Hilfsantrag 1 dem vormaligen Hilfsantrag 3 entsprach.

V. Am 3. November 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, in der die Beschwerdeführerin weitere Hilfsanträge 1a, 1b und 4 vorlegte.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein europäisches Patent auf der Grundlage des Hauptantrags vom 9. Dezember 2005 oder auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 vom 4. Oktober 2011, 1a oder 1b vom 3. November 2011 oder 2 oder 3 vom 4. Oktober 2011 oder 4 vom 3. November 2011 zu erteilen.

Die Anträge vom 4. Oktober 2011 waren vorab bereits am 30. September 2011 per Telefax eingereicht worden.

i. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 stimmt bis zur Markierung (*HiA1) mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 nach Hauptantrag überein, an den sich anschließt: "... und dass beim Verspannen der Schnittstelle, die eine Ausnehmung (31) umgebende Wandung des Halters (3) beim Eindringen eines kegelstumpfförmigen Fortsatzes (33) des Werkzeugkopfes (5) leicht (*HiA2) aufgeweitet wird, wobei Winkel der Wandung der Ausnehmung (31) und des Fortsatzes (33) gegenüber einer Mittelachse (27) der Schnittstelle so gewählt sind, dass sich eine Selbsthemmung ergibt, wobei vorzugsweise (*HiA2) auch die Winkel zwischen den beiden Spannflächen (45 und 78) so gewählt sind, das auch hier eine Selbsthemmung gewährleistet ist, um zu verhindern, dass das Exzenterelement (21) ungewollt dreht und die Spannkräfte vermindert oder gar aufgehoben werden."

ii. Die an derselben Stelle angefügten Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1a lauten (das fehlerhafte Bezugszeichen im vorhergehenden Text bei Spannfläche "25" wurde in "45" berichtigt, Änderungen sind unterstrichen oder durchgestrichen): "... und dass beim axialen Verspannen der Schnittstelle, der eine Ausnehmung (31) umgebende Mantel des Halters (3) beim Eindringen eines kurzkegelförmigen Fortsatzes (33) des Werkzeugkopfes (5) minimal elastisch aufgeweitet wird, (*HiA1b) wobei Winkel der Wandung der Ausnehmung (31) und des Fortsatzes (33) gegenüber einer Mittelachse (27) der Schnittstelle so gewählt sind, dass sich eine Selbsthemmung ergibt, und wobei [deleted: vorzugsweise ]auch die Winkel zwischen den beiden Spannflächen (45 und 78) so gewählt sind, das auch hier eine Selbsthemmung gewährleistet ist, um zu verhindern, dass das Exzenterelement (21) ungewollt dreht und die Spannkräfte vermindert oder gar aufgehoben werden."

Das Wort "insbesondere" in der zweiten Zeile des Anspruchs 1 wurde auch gestrichen.

iii. Beim Anspruch 1 des Hilfsantrags 1b wurde an der Stelle (*HiA1b) des Hilfsantrags 1a eingefügt: "... wobei jedem Teilelement zugeordnete Ringflächen (35) und (37) plan aufeinander liegen und eine exakte Ausrichtung und eine hohe Steifigkeit der Schnittstelle gewährleistet sind, ..."

iv. Im Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 wurden gegenüber dem nach Hilfsantrag 1 an den Markierungen (*HiA2) die Begriffe "leicht" und "vorzugsweise" gestrichen. Das fehlerhafte Bezugszeichen bei Spannfläche "25" im oberen Teil wurde nicht berichtigt.

v. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 wurde geändert indem der Text nach der Markierung (*HiA1) ersetzt wurde durch (das fehlerhafte Bezugszeichen bei Spannfläche "25" im oberen Teil wurde nicht berichtigt): "... und dass das Exzenterelement (21) in seiner Stirnfläche (52) einen zurückspringenden Bereich (57) aufweist, der die Drehbewegung des Exzenterelements (21) begrenzende Begrenzungsflächen (75, 77) aufweist, wobei ein in eine Umfangsfläche (17) des Halters (3) eingesetztes Sicherungselement (23) vorgesehen ist, das in den zurückspringenden Bereich (57) eingreift."

vi. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 wurde geändert indem der Text nach der Markierung (*HiA1) ersetzt wurde durch (das fehlerhafte Bezugszeichen bei Spannfläche "25" im oberen Teil wurde nicht berichtigt): "... dass der Zugbolzen (41) in den Wechselkopf (5) einbringbar und mit diesem durch Einschrauben oder durch eine Schrumpf-, Klebe- oder Lötverbindung fest verbindbar ist, dass der Zugbolzen (41) einen an die Anschlagfläche (45) anschließenden zylindrischen Bereich (65) aufweist, und dass in einem Abstand zum Ansatz (43), vom Ansatz (43) aus gesehen, jenseits des zylindrischen Bereichs (65) eine Anschlagfläche (67) vorgesehen ist."

VI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Die Offenbarung von Merkmalen in der Zeichnung und in der Beschreibung sei gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern als gleichwertig zu betrachten. Die Merkmale der konvexen Spannfläche 45 des Zugbolzens und der konkaven Spannfläche 78 des Exzenterelements ergäben sich eindeutig aus den Figuren 3, 4 und 5, so dass der Fachmann diese Merkmale den ursprünglich eingereichten Unterlagen klar entnehme. Der in der Beschreibung verwendete Begriff "Pilzansatz" (Seite 8, Zeile 10) stehe dieser Auffassung nicht entgegen. Die Angabe jeweils eines "spitzen Winkels" zwischen Spannfläche 45, Abdrückfläche 63 und der Mittelachse 25 (Seite 11, Zeilen 18 bis 21) würde der Fachmann so verstehen, dass damit die jeweiligen Tangenten gemeint seien, so dass diese Flächen nicht kugelförmig sondern eher linsenförmig seien. Der Begriff "Pilzkopf" mit ebener Ober- und Unterfläche bei den sogenannten "Pilzkopfverriegelungen" stamme aus dem technisch fernliegenden Bereich der Baubeschläge, so dass der hier zuständige Fachmann auf dem Gebiet der Werkzeugmaschinen keinen Anlass habe, etwa an eine solche Form zu denken.

Dem Fachmann sei klar, dass es bei der Bearbeitung von Werkstücken durch einen Werkzeugkopf, beispielsweise durch Fräsen, auf die präzise Fixierung des Werkzeugs im Halter ankomme. Das an sich funktionelle Merkmal, dass durch die Aufweitung der Wandung oder des Mantels des Halters der Werkzeugkopf besonders fest und spielfrei im Halter fixiert werde, gebe dem Fachmann zusätzlich den technischen Hinweis, dass die leichte oder minimal elastische Aufweitung die Stabilität der Schnittstelle erhöhe. Er entnehme der Beschreibung daher ohne weiteres, dass durch einen wohlbekannten, den Mantel aufweitenden Kurzkegel und in Weiterbildung im Zusammenwirken mit den Ringflächen 35 und 37 eine besonders steife Verbindungsschnittstelle zwischen Halter und Werkzeugkopf erzielbar sei.

Die in den verschiedenen Hilfsanträgen vorgenommenen Änderungen seien auch im jeweiligen Kontext ursprünglich offenbart und daher zulässig, weil sie die wesentlichen Merkmale beträfen und lediglich für die Erfindung unwesentliche Merkmale weggelassen wurden. Deshalb sollte zumindest einer der Anträge zugelassen werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag (Artikel 123(2) EPÜ)

2.1 Die Meinung der Beschwerdeführerin, die Zeichnung und die Beschreibung einer Patentanmeldung stellten gleichwertige Offenbarungsquellen dar, steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Beschwerdekammern. Zusätzlich gilt dabei aber, dass die Offenbarung eindeutig und zweifelsfrei sein muss. Dieses Erfordernis ist hier nicht erfüllt.

2.2 Zunächst ist in den Figuren 3 und 5 eindeutig erkennbar, dass die Spannfläche 45 des Zugbolzens eine konvexe Kontur aufweist. Nicht eindeutig ersichtlich aus den Figuren 4 und 5 ist zwar, dass die Fläche 78 des Exzenterelements eine konkave Kontur besitzt. Bei fachmännischer Betrachtung, wie diese beiden Flächen zusammenwirken, ist aber implizit die konkave Kontur der Spannfläche 78 ableitbar.

2.3 In der Beschreibung ist zur Kontur dieser Spannflächen 45 und 78 keine wörtliche Offenbarung vorhanden. Zur Stützung ihrer Argumentation nannte die Beschwerdeführerin den folgenden Absatz der Beschreibung (Seite 8, Zeilen 9 bis 11):

An den dem Halter 3 zugewandten Ende des Zugbolzens ist ein auch als Pilzansatz bezeichneter Ansatz 43 vorgesehen, der eine erste Spannfläche 45 aufweist.

Diese Aussage allein betrachtet steht nicht im Widerspruch mit der Offenbarung der Zeichnung, da ein "Pilzansatz" noch nicht definiert, wie dessen Oberflächen verlaufen.

2.4 Die Prüfungsabteilung hat jedoch unter Verweis auf die Beschreibung (Seite 11, Zeilen 14 bis 21) und den ursprünglichen Anspruch 4 zutreffend dargelegt, dass jene Offenbarung sehr wohl im Widerspruch zur Zeichnung steht. Danach soll nämlich die erste Spannfläche 45 einen spitzen Winkel mit der Mittelachse 25 einschließen, was nur möglich ist, wenn sie eine konische oder kegelstumpfförmige Kontur aufweist. Die Beschwerdeführerin brachte vor, der Fachmann würde angesichts dieser Unklarheit ohne weiteres annehmen, dass bei der Winkelangabe eine Tangente an die gekrümmte Fläche gemeint sei. Diesem Vortrag kann sich die Kammer nicht anschließen, weil einerseits jeglicher Hinweis auf eine solche Auslegung fehlt und weil andererseits eine unendliche Anzahl von Tangenten an die konvexe Spannfläche 45 anlegbar wäre, was einer eindeutigen und zweifelsfreien Offenbarung widerspricht, zumal ersichtlich bei einer Tangente im äußersten Randbereich der Spannfläche 45 ein spitzer Winkel nicht einzuhalten wäre.

2.5 Die im Anspruch 1 nach Hauptantrag vorgenommenen Änderungen verstoßen daher gegen das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ), so dass der Antrag nicht gewährt werden kann.

3. Hilfsantrag 1 (Artikel 123(2) EPÜ)

3.1 Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 wurde mit demselben Wortlaut als Hilfsantrag 3 mit der Beschwerdebegründung eingereicht. Die vorgenommenen Änderungen stützen sich auf die Beschreibung des Ausführungsbeispiels der Figuren 7, 8 (Seite 17, Zeilen 17 bis 27):

... Entsprechend sind auch die Winkel zwischen den beiden Spannflächen 45 und 78 gewählt, um auch hier eine Selbsthemmung zu gewährleisten ...

3.2 Der Wortlaut im Anspruch wurde demgegenüber verändert, indem:

... vorzugsweise auch die Winkel zwischen den beiden Spannflächen (45 und 78) so gewählt sind, das auch hier eine Selbsthemmung gewährleistet ist ...

3.3 Von der fakultativen Ausbildung, die Winkel "vorzugsweise" so zu wählen, ist in der Beschreibung keine Rede. Der nun beanspruchte Gegenstand geht daher über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus, so dass ein Verstoß gegen Artikel 123(2) EPÜ vorliegt.

4. Hilfsantrag 2 (Artikel 123(2) EPÜ)

4.1 Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 wurde gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 leicht verändert. In der entsprechenden Textstelle (Seite 17, Zeilen 17 bis 20) der ursprünglichen Offenbarung heißt es:

... beim Verspannen der Schnittstelle, die die Ausnehmung 31 umgebende Wandung des Halters 3 beim Eindringen des kegelstumpfförmigen Fortsatzes 33 des Werkzeugkopfs 5 leicht aufgeweitet wird ...

4.2 Im Anspruch 1 steht:

... beim Verspannen der Schnittstelle, die eine Ausnehmung (31) umgebende Wandung des Halters (3) beim Eindringen eines kegelstumpfförmigen Fortsatzes (33) des Werkzeugkopfs (5) aufgeweitet wird ...

4.3 Obwohl der Begriff "leicht (aufgeweitet)" ohne irgendeine Maßangabe an sich nicht klar ist, fehlt für das Weglassen dieses zumindest qualitativen Merkmals aus dem Offenbarungszusammenhang jegliche Grundlage. Es wird nun ein Gegenstand beansprucht, der so in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht offenbart war, so dass ein Verstoß gegen Artikel 123(2) EPÜ vorliegt.

5. Hilfsanträge 1a, 1b, 3, 4 (Zulassung zum Verfahren, Artikel 13 VOBK)

5.1 Nach Artikel 114 (2) EPÜ 1973 braucht das Europäische Patentamt Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen. Hierzu bestimmt Artikel 13 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK), dass es im Ermessen der Kammer steht, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern wird deshalb ein später Antrag nur zum Verfahren zugelassen, wenn er bestehende Kritikpunkte ausräumt und prima facie als gewährbar erscheint.

5.2 Die Hilfsanträge 3 und 4 wurden nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung und Mitteilung der Kammer über die vorläufige Einschätzung der Sachlage eingereicht. Aus den nachstehenden Gründen erfüllen sie nicht die oben beschriebenen Anforderungen, um zu diesem späten Zeitpunkt zum Verfahren zugelassen zu werden.

5.2.1 Die in den neuen Hilfsantrag 3 aufgenommenen Merkmale sind der Beschreibung des Ausführungsbeispiels entnommen (Seite 6, Zeilen 16 bis 19; Seite 9, Zeilen 12 bis 19).

5.2.2 Die neuen Merkmale des Hilfsantrags 4 kommen ebenfalls aus der Figurenbeschreibung (Seite 8, Zeilen 3 bis 8).

5.2.3 Diese neuen Merkmale waren nicht in den Ansprüchen enthalten und bringen somit neue Sachverhalte ein, die selbst weder Gegenstand des Recherche- noch des Prüfungsverfahrens waren, noch weniger in Kombination mit den vorhergehenden Merkmalen der Ansprüche. Das neue Vorbringen ist somit von einer Komplexität, die es in diesem Verfahrensstand nicht ermöglicht, die Erfolgsaussicht abschließend zu beurteilen, so dass diese Anträge unter Berücksichtigung der gebotenen Verfahrensökonomie nicht zum Verfahren zugelassen werden können.

5.3 Die Hilfsanträge 1a und 1b wurden während der mündlichen Verhandlung eingereicht. Aus den nachstehenden Gründen erfüllen sie ebenfalls nicht die oben beschriebenen Anforderungen, um zu so einem späten Zeitpunkt zum Verfahren zugelassen zu werden.

5.3.1 Die neuen Merkmale des jeweiligen Anspruchs 1 beider Hilfsanträge sind der Figurenbeschreibung entnommen (Seite 10, Zeilen 5 bis 13; Seite 17, Zeilen 17 bis 20). Dabei beziehen sich die Begriffe "Kurzkegel" als "kurzkegelförmig", "Mantel" und "minimal elastisch" auf die Figuren 1 und 2, die auf die Selbsthemmung gerichteten Begriffe "Winkel der Wandung der Ausnehmung 31 und des Fortsatzes 33" auf die Figuren 7 und 8. Diese letzteren Merkmale sind dort im Zusammenhang mit den Begriffen "kegelstumpfförmig" und "leicht aufgeweitet" offenbart.

5.3.2 In beiden Fällen wird das Merkmal beansprucht, dass "Winkel der Wandung der Ausnehmung (31) und des Fortsatzes (33) gegenüber einer Mittelachse (27) der Schnittstelle so gewählt sind, dass sich eine Selbsthemmung ergibt". Dieses Merkmal ist nur bei den Figuren 7 und 8 in der dort verwendeten Formulierung offenbart. In der Beschreibung zu den Figuren 1 und 2 werden andere Begriffe verwendet, deren Begriffsinhalt zumindest nicht mit den bei Figuren 7 und 8 übereinstimmt. So heißt es dort "Mantel" statt "Wandung", "Kurzkegel" statt "kegelstumpfförmig", "minimal elastisch aufgeweitet" statt "leicht aufgeweitet".

5.3.3 Da durch Isolierung und neue Kombination der in verschiedenen Ausführungsbeispielen beschriebenen Merkmale zumindest nicht unmittelbar feststellbar ist, ob ein in dieser Kombination ursprünglich offenbarter Gegenstand beansprucht wird, sind die in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen nicht geeignet, prima facie die bestehenden Einwände wegen Verstoßes gegen Artikel 123(2) EPÜ zu beseitigen, beziehungsweise werfen in diesem Zusammenhang sogar neue Fragen auf. Deshalb sind die Hilfsanträge 1a und 1b nicht zum Verfahren zuzulassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation