European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T199310.20120620 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 Juni 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1993/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05113062.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65H 35/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Voreinstellung einer Druckmaschine und Verfahren zur Einstellung von Bahnbearbeitungswerkzeugen | ||||||||
Name des Anmelders: | Koenig & Bauer AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | manroland AG Maschinenfabrik Wifag AG |
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Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen - unzulässige Erweiterung (nein) Erfinderische Tätigkeit - (ja) Verspätetes Vorbringen - (nicht zugelassen) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 1) hat am 18. September 2010 gegen die am 15. Juli 2010 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über das europäische Patent Nr. 1 655 256 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde gleichzeitig entrichtet und die Beschwerdebegründung am 25. November 2010 eingereicht.
II. Der Einspruch der Beschwerdeführerin stützte sich auf die in Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, Artikel 54 EPÜ; mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) genannten Einspruchsgründe.
Der Einspruch der weiteren Verfahrensbeteiligten (Einsprechende 2) stützte sich auf die in Artikel 100 a) (fehlende Neuheit, Artikel 54 EPÜ; mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) und 100 c) EPÜ genannten Einspruchsgründe.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass das beanspruchte Verfahren in der Fassung des Hauptantrages den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genüge.
III. Am 20. Juni 2012 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
IV. Die Beschwerdeführerin und die weitere Verfahrensbeteiligte beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im Umfang der mit Schreiben vom 11. Mai 2012 eingereichten Unterlagen (Hilfsanträge I und II) aufrechtzuerhalten.
V. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf folgenden Stand der Technik Bezug genommen:
K1: Auszug aus dem Fachbuch "Der Rollenoffsetdruck", Wolfgang Walenski, Fachschriften-Verlag GmbH & Co. KG, 1. Auflage, 1995, ISBN 3-931436-01-2, Seiten 108-115, 146 sowie 186 bis 193.
K2: Vorbenutzung einer Lithoman IV (Werknummer 4080311) bei Bohemia Print A.S. in Teplice, Tschechien;
K3: Vorbenutzung einer Lithoman IV (Werknummer 4080325) bei Mercator Press in Jabbeke, Belgien;
K7: Auszug aus dem Fachbuch "Der Rollenoffsetdruck", Wolfgang Walenski, Fachschriften-Verlag GmbH & Co. KG, 1. Auflage, 1995, ISBN 3-931436-01-2, Seiten 244, 245, 246 und 247.
VI. Der Anspruch 1 in der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Voreinstellung einer Druckmaschine mit einem System (S) zur Voreinstellung, einer Wendestange (37; 38), welcher ein in Signalverbindung mit dem System (S) stehender Antrieb (49) für eine Bewegung der Wendestange (37; 38) quer zur Einlaufrichtung der Bahn zugeordnet ist, wobei unter Verwendung von dem System (S) zur Voreinstellung vorBeginn einer Produktion von einem Produktplanungssystemzur Verfügung gestellten, Produktionsdaten eine aktuelle Lage der Wendestange (37; 38) mit einer für diese Produktion vorgegebenen bzw. vorgebbaren Solllage verglichen und bei Abweichung eine entsprechende Bewegung zur Erreichung der Sollposition über Stellbefehle an den betreffenden Antrieb (49) durch das System (S) veranlasst wird, wobei durch das System (S) im Rahmen der Voreinstellung zwei quer zur Bahn bewegbareMesser (28) für den Längsschnitt in ihrer axialen Lage auf die produktspezifisch vorzunehmende Schnittlinien hin mittels eines Antriebes (34) voreingestellt werden, und wobei zusätzlich eine Voreinstellung von Schnittregister- und Farbregistermessgliedern in axialer Richtung im Hinblick auf die neue Produktion getroffen wird."
Der Anspruch 10 in der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt:
"10. Verfahren zur Voreinstellung einer Druckmaschine mit einer zwei Falztrichter (06; 07) aufweisenden Falztrichteranordnung, wobei einer oder beide Falztrichter (06; 07) seitlich verschiebbar sind, mit einem System (S) zur Voreinstellung, und mit einer Wendestange (37; 38), welcher ein in Signalverbindung mit dem System (S) stehender Antrieb (49) für eine Bewegung der Wendestange (37; 38) quer zur Einlaufrichtung der Bahn zugeordnet ist, wobei unter Verwendung von dem System (S) zur Voreinstellung vor Beginn einer Produktion von einem Produktplanungssystemzur Verfügung gestellten Produktionsdaten eine aktuelle Lage der Wendestange (37; 38) mit einer für diese Produktion vorgegebenen bzw. vorgebbaren Solllage verglichen und bei Abweichung eine entsprechende Bewegung zur Erreichung der Sollposition über Stellbefehle an den betreffenden Antrieb (49) durch das System (S) veranlasst wird, wobei durch das System (S) im Rahmen der Voreinstellung zwei quer zur Bahn bewegbare Messer (28) für den Längsschnitt in ihreraxialen Lage auf die produktspezifisch vorzunehmende Schnittlinien hin mittels eines Antriebes (34) voreingestellt werden, wobei zwischen den zwei bewegbaren Messern (28) ein mittiges Messer (32) angeordnet ist,wobei vom System (S) einer der verschiebbaren Falztrichter (06; 07) positioniert wird, wobei anhand der Produktionsdaten die aktuelle Lage des Falztrichters (06; 07) mit einer für diese Produktion vorgegebenen bzw. vorgebbaren Lage verglichen und ggf. eine entsprechende seitliche Bewegung über Stellbefehle an einen betreffenden Antrieb (11) veranlasst wird."
VII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Sie schließe sich dem von der Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Einwand der unzulässigen Erweiterung des Anspruchs 1 (Hauptantrag) an.
Im Fachbuch K7 seien auf Seite 245 (rechte Spalte, 2. Absatz) vollautomatische Abtastsysteme zur Passer- und Registerregelung beschrieben, durch welche die Qualität verbessert und Makulatur vermindert werde. Im letzten Absatz der linken Spalte auf Seite 246 werde beschrieben, dass beim Einrichten der Druckmaschine für einen neuen Auftrag, Werte von abgespeicherten Auftragsparametern wieder abgerufen werden könnten (also aus einem PPL zur Verfügung gestellt würden). Auf Seite 246, rechte Spalte, 2. Absatz, sei ausgeführt, dass die Verstellmotoren der Druckmaschine mit dem Motorantriebssystem des Registerregelsystems verbunden seien und mit Hilfe von Korrekturalgorithmen an unterschiedliche Maschinenabmessungen automatisch angepasst würden (Seite 246, rechte Spalte und Figur). Daraus ergebe sich, dass die Schnittregister- und Farbregisterregelung beim Einrichten der Druckmaschine auf einen nächsten Auftrag voreingestellt würden. Somit sei belegt, dass die mit Druckmaschinen gemäß der Vorbenutzungen K2 und K3 nicht explizit offenbarten Merkmale bezüglich der Voreinstellung der Schnittregister- und Farbregistermessglieder zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits zum allgemeinen Fachwissen gezählt hätten. Deshalb ergebe sich der Gegenstand des Anspruchs 1 in naheliegender Weise aus einer Druckmaschine gemäß der Vorbenutzungen K2 und K3 in Verbindung mit der Lehre des Fachbuchs K7.
Weiterhin schließe sie sich dem zusätzlichen Vorbringen der Verfahrensbeteiligten bezüglich der erfinderischen Tätigkeit an.
Die im Anspruch 10 (Hauptantrag) aufgeführten Merkmale stellten eine willkürliche Aneinanderreihung von Merkmalen des Stands der Technik dar, zwischen welchen keine funktionelle Wechselwirkung bestehe, so dass sich keine Synergieeffekte ergäben. Demnach beruhe der Anspruch 10 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Richtungsangabe "seitlich" sei unklar, weil ein Bezugspunkt, bzw. eine Betrachtungsrichtung nicht definiert sei. Daher beschränke der Begriff "seitlich" nicht den Gegenstand des Anspruchs 10 auf irgendeine besondere Richtung. Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 10 nicht von bekannten verschiebbaren Falztrichtern zu unterscheiden (siehe Fachbuch K1, Seite 186, linke Spalte, letzter Absatz). Der Gegenstand des Anspruchs 10 sei somit durch die Kombination der Lehren der Vorbenutzung K3 einerseits und dem Fachwissen (Fachbuchauszug K1) andererseits nahegelegt.
VIII. Die Verfahrensbeteiligte hat sich im schriftlichen Verfahren nicht geäußert und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Anspruch 1 (Hauptantrag) sei unzulässig über die Offenbarung der Anmeldung hinaus erweitert worden (Artikel 123(2) EPÜ): Absatz [0072] (veröffentlichte Fassung der dem Streitpatent zugrundeliegenden Anmeldung) offenbare nur eine seitliche und nicht eine axialeVerstellung der Schnittregister- und Farbregistermessglieder.Absatz [0083] erwähne die im Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale bezüglich der Messglieder nur in Kombination mit den in der Beschreibung bereits genannten Ausbaustufen und deren Varianten. Anspruch 1 stelle somit eine in dieser Form nicht offenbarte Zwischenverallgemeinerung dar.
Der Auszug aus dem Fachbuch K7 belege, dass abgesehen von fest montierten Messgliedern für Farb- und Schnittregister auch solche, die auf beweglicher Mechanik beruhten, zum allgemeinen Fachwissen gehörten. Ausgehend von den offenkundigen Vorbenutzungen K2 und K3, stelle sich dem Fachmann die Aufgabe, kleinere Sensoren für die Messglieder für Farb- und Schnittregister zu verwenden. Damit solche kleineren Sensoren noch ihre Aufgabe erfüllen könnten, müsse der Fachmann diese zwingend durch bewegliche Mechanik axial verstellbar machen. Derartige bewegliche Messglieder müssten für jede Produktion ebenfalls voreingestellt werden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei somit für den Fachmann naheliegend.
Der Begriff "ggf." im letzten Merkmal des Anspruchs 10 sei unklar und stelle deshalb die Ausführbarkeit der Erfindung in Frage.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der verspätet vorgebrachte Einwand der unzulässigen Erweiterung des Gegenstandes des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei nicht zuzulassen und zudem unbegründet. Der Fachmann für Rollenrotationsdruckmaschinen verstehe die "seitliche Verstellung" in Bezug auf die Bahn so, dass "axial" und "seitlich" in diesem Fall gleichbedeutend seien. Absatz [0083] der Anmeldung (veröffentlichte Fassung) beziehe sich ebenfalls auf die Ausführungsvariante gemäß Absatz [0080], die die sonstigen im Anspruch 1 beanspruchten Merkmale in Kombination offenbare. Somit sei die Merkmalskombination gemäß Anspruch 1 bereits in der Anmeldung offenbart.
Das Fachbuch K7 offenbare keine axiale Verstellung der Abtastköpfe bzw. Messmodule und könne des Weiteren auch nicht deren Voreinstellung durch ein System (S) nahelegen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei nicht naheliegend.
Sofern das Fachbuch K7 belege, dass verstellbare Abtastköpfe bzw. Messmodule bekannt seien, benötige der Fachmann dennoch mehrere Schritte, um von den Vorbenutzungen K2 und K3 zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
Die Beschwerdegegnerin sei durch die erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgebrachten neuen Einwände gegen Anspruch 10 bezüglich der Ausführbarkeit der Erfindung einerseits und der erfinderischen Tätigkeit in Bezug auf den Fachbuchauszug K1 andererseits überrascht worden und habe sich nicht dementsprechend vorbereiten können. Diese Einwände sollten deshalb nicht zugelassen werden.
Gleichwohl werde der Begriff "ggf." im letzten Merkmal des Anspruchs 10 im Kontext eines Vergleichs verwendet und könne deshalb nur als "im Falle einer Abweichung zwischen Soll- und Ist-Wert" verstanden werden. Anspruch 10 sei somit klar.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anspruch 1 in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung (Hauptantrag)
2.1 Artikel 123(2) EPÜ
Der erst in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer und somit verspätet vorgebrachte Einwand bezüglich Artikel 123(2) EPÜ ist nach Einschätzung der Kammer klar, überschaubar und der Beschwerdeführerin zumutbar (Artikel 13(3) VOBK). Die Kammer übt dementsprechend ihr Ermessen gemäß Artikel 13(1) VOBK dahingehend aus, diese Änderung des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten und der Beschwerdeführerin ins Verfahren zuzulassen.
Nach Einschätzung der Kammer versteht der Fachmann für Rollenrotationsdruckmaschinen, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, eine "seitliche Verstellung" in Bezug auf die Bahn, so dass "axial" und "seitlich" in diesem Fall gleichbedeutend sind (Absatz [0072] der Anmeldung, veröffentlichte Fassung).
Gemäß Absatz [0080] der Anmeldung (veröffentlichte Fassung) wird die Voreinstellung vom System (S) für die Längschneideeinrichtung und das Wendewerk vorgenommen. Das im Einspruchsverfahren hinzugefügte Merkmal "wobei zusätzlich eine Voreinstellung von Schnittregister- und Farbregistermessgliedern in axialer Richtung im Hinblick auf die neue Produktion getroffen wird" ist im Absatz [0083] der Anmeldung (veröffentlichte Fassung) als "zusätzlich zu den o.g. Ausbaustufen und deren Varianten" offenbart. Absatz [0083] bezieht sich somit auch auf die Ausführung gemäß Absatz [0080]. Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung offenbart, so dass die Anforderungen des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt sind.
2.2 Artikel 56 EPÜ 1973
2.2.1 Die Vorbenutzungen K2 und K3 bilden den nächstliegenden Stand der Technik. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) unterscheidet sich davon durch folgende Merkmale:
- ein in axialer Richtung verfahrbares Schnittregistermessglied;
- ein in axialer Richtung verfahrbares Farbregistermessglied; sowie
- die Voreinstellung dieser Messglieder über das System zur Voreinstellung der Druckmaschine.
Keine der Parteien stellte diese bereits in der Entscheidung der Einspruchsabteilung aufgeführte Feststellung (Punkt 6.1) in Frage.
Das Merkmal "eine Voreinstellung von Schnittregister- und Farbregistermessgliedern in axialer Richtung im Hinblick auf die neue Produktion getroffen wird" (Anspruch 1, Hauptantrag) ist hierbei so zu verstehen, dass "gleichzeitig eine seitliche Verstellung von Schnittregister- und/oder Farbregistermessgliedern, z.B. Köpfe, und/oder eine Bahnkantenregelung 57 in axialer Richtung an die neue Produktion" erfolgt (Streitpatent in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung, Absatz [0074]).
2.2.2 Kombination mit der Lehre aus dem Fachbuch K7
Das Fachbuch K7 offenbart ein System für die automatische Regelung für das Farbregister als auch für das Seitenregister am Falzapparat im Akzidenz- und Zeitungs-Rollenoffsetdruck (Seite 244, Text zur Figur). Die hierfür benötigte "zweidimensionale Photo-Dioden-Matrix-Abtastoptik" ist in der Druckmaschine "fest montiert": "So wird fehleranfällige bewegliche Mechanik vermieden und wartungsfreier Suchlauf bei seitlicher Verschiebung der Registermarken gewährleistet" (Seite 246, linke Spalte, Zeilen 9 bis 29). Das Fachbuch K7 lehrt somit weg von der seitlichen Verstellung von Schnittregister- und/oder Farbregistermessgliedern. Wo nichts verstellt wird, ist auch keine Voreinstellung notwendig.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag kann somit nicht von der im Fachbuch K7 offenbarten Lehre nahegelegt werden.
2.2.3 Kombination mit allgemeinem Fachwissen
Es ist nicht klar, warum der Fachmann ausgehend von den offenkundigen Vorbenutzungen K2 und K3 sich die Aufgabe, kleinere Sensoren für die Messglieder für Farb- und Schnittregister zu verwenden, stellen würde. Die Verwendung einer zweidimensionalen Photo-Dioden-Matrix-Abtastoptik, welche die Punktmarken automatisch auf beiden Papierbahnseiten erkennt, ist zwar aus dem Fachbuchauszug K7 bekannt (Seite 246, linke Spalte, Zeilen 9 bis 12), zu deren Größe werden aber keine Aussagen gemacht. Somit müsste der Fachmann in einem ersten Schritt die Größe der zweidimensionalen Photo-Dioden-Matrix-Abtastoptik ohne entsprechenden Anlass als verkleinerungswürdig einstufen.
Indem das Fachbuch K7 (Seite 246, linke Spalte, Zeilen 9 bis 29) von beweglicher Mechanik für die Abtastoptik weglehrt, ist implizit belegt, dass der Fachmann mit der Möglichkeit, bewegliche Mechanik zu verwenden, vertraut ist. Es geht aber nicht aus dem Fachbuch K7 hervor, dass diese bewegliche Mechanik zwangsläufig eine axiale Bewegung der Schnittregister- und Farbregistermessgliederbeinhaltet. Somit müsste der Fachmann diesbezüglich einen zweiten Schritt ohne einen entsprechenden Anlass ausführen.
Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass der Fachmann weiß, dass es bei beweglichen Messgliedern einer produktionsabhängigen Voreinstellung bedarf, müsste er in einem dritten Schritt wieder ohne entsprechenden Anlass diese Voreinstellung einem System zur Voreinstellung u.a. der Wendestange und der zwei Messer hinzufügen.
Die Kammer kann dem Argument der Verfahrensbeteiligten deshalb nicht folgen, weil der Fachmann zu viele Schritte, für die es keinen offensichtlichen Anlass gibt, benötigt, um zum Gegenstand nach Anspruch 1 (Hauptantrag) zu gelangen.
2.2.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3. In der Beschwerdebegründung wertet die Beschwerdeführerin die Ansprüche 1 und 10 als "eine willkürliche Aneinanderreihung von Merkmalen des Stands der Technik", "zwischen welchen keine funktionelle Wechselwirkung besteht, sodass sich keine kombinatorischen Effekte d.h. keine Synergieeffekte ergeben"(Fax vom 25. November 2010, Seite 2, Absatz 2). Demnach würden die Ansprüche 1 und 10 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeitberuhen.
Dieses Argument wurde bereits von der Einspruchsabteilung im Punkt 6.1.2 bezüglich Anspruch 1 und im Punkt 6.2.1, dritter Absatz bezüglich Anspruch 10 der Entscheidung abgehandelt.Mangels weiterer Aussagen der Beschwerdeführerin bzw. Verfahrensbeteiligten zu diesem Punkt ist nicht klar, was an der Entscheidung der Einspruchsabteilung kritisiert wird. Dieser Punkt der Beschwerde ist somit nicht ausreichend begründet.
4. Zulässigkeit der weiteren Einwände
Die Beschwerdeführerin und Verfahrensbeteiligte erhoben erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer zusätzliche Einwände bezüglich mangelnder Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973), mangelnder Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ 1973) und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973) ausgehend von der Vorbenutzung K3 in Kombination mit dem Fachbuchauszug K1 des Gegenstandes des Anspruchs 10 (Hauptantrag).
Rechfertigungsgründe, warum diese Einwände nicht bereits mit der Beschwerdebegründung, bzw. der Antwort darauf oder in der in der vorläufigen Stellungnahme der Beschwerdekammer im Anhang zur Ladung zur mündlichen Verhandlung gesetzten Frist vorgebracht wurden, sind nicht vorgetragen worden.
Zudem wirft dieses Vorbringen Fragen auf, die bisher nicht im Verfahren angesprochen worden sind, und, was die mangelnde Ausführbarkeit angeht, sogar einen neuen Einspruchsgrund darstellen. Nach Einschätzung der Kammer sind diese zusätzlichen Einwände somit der Beschwerdegegnerin zu diesem späten Zeitpunkt nicht zuzumuten und deshalb gemäß Artikel 13(3) VOBK nicht zuzulassen.
5. Auf die Hilfsanträge braucht bei dieser Sachlage nicht eingegangen zu werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.