T 1945/10 () of 12.11.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T194510.20131112
Datum der Entscheidung: 12 November 2013
Aktenzeichen: T 1945/10
Anmeldenummer: 01997444.3
IPC-Klasse: B65D 77/04
B65D 19/44
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: PALETTENCONTAINER
Name des Anmelders: Mauser-Werke GmbH
Name des Einsprechenden: PROTECHNA S.A.
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - alle Anträge (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Patents Nr. 1 343 703 Beschwerde eingelegt.

Mit dem Einspruch war das Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Kombination mit Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

II. Die Einspruchsabteilung befand, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem der Entscheidung zugrunde liegenden, mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2008 eingereichten Anspruchssatz keine erfinderische Tätigkeit aufweise (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).

III. In der vorliegenden Entscheidung werden folgende Entgegenhaltungen aus dem Einspruchsverfahren erwähnt:

D1: US 4 676 373 A,

D5: DE 2 405 118 A.

IV. Am 12. November 2013 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Anspruchssatzes vom 8. Dezember 2008 oder,

hilfsweise, auf der Basis eines der Anspruchssätze, eingereicht als Hilfsantrag mit Schriftsatz vom 16. November 2010 und als 2. Hilfsantrag mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2013.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Der unabhängige Anspruch 1 nach dem Hauptantrag, dem Hilfsantrag bzw. dem 2. Hilfsantrag lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem Anspruch 1 nach dem Hauptantrag sind durchgestrichen oder in Fettschrift):

Hauptantrag

"Palettencontainer (10) zur Lagerung und zum Transport von flüssigen oder fließfähigen Füllgütern, mit einem dünnwandigen starren Innenbehälter (12) aus thermoplastischem Kunststoff, der eine obere Einfüllöffnung und einen am unteren seitlichen Rand in einer muldenförmigen Vertiefung geschützt angeordneten Entnahmestutzen mit Auslauföffnung (32) aufweist, mit einem den Kunststoff-Innenbehälter (12) als Stützmantel dicht umschließenden Gitterrohrrahmen (14) und mit einer Bodenpalette (16), auf welcher der Kunststoff-Innenbehälter (12) aufliegt und mit welcher der Gitterrohrrahmen (14) fest verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass in der Bodenwandung des Kunststoff-Innenbehälters (12) und in der Oberfläche der Bodenpalette (16) bzw. in einer dazwischen angeordneten Zwischenplatte geeignete Mittel (18) vorgesehen sind, die - in Horizontalebenenrichtung betrachtet - formschlüssig ineinander greifen".

Hilfsantrag

"Palettencontainer (10) zur Lagerung und zum Transport von flüssigen oder fließfähigen Füllgütern, mit einem dünnwandigen starren Innenbehälter (12) aus thermoplastischem Kunststoff, der eine obere Einfüllöffnung und einen am unteren seitlichen Rand in einer muldenförmigen Vertiefung geschützt angeordneten Entnahmestutzen mit Auslauföffnung (32) aufweist, mit einem den Kunststoff-Innenbehälter (12) als Stützmantel dicht umschließenden Gitterrohrrahmen (14) und mit einer Bodenpalette (16), auf welcher der Kunststoff-Innenbehälter (12) aufliegt und mit welcher der Gitterrohrrahmen (14) fest verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass in der Bodenwandung des Kunststoff-Innenbehälters (12) nach innen (oben) weisende Einformungen (22) vorgesehen sind und in der Oberfläche der [deleted: Bodenpalette (16) bzw. in einer dazwischen angeordneten Zwischenplatte geeignete Mittel (18) ]Zwischenplatte oder/und in der Oberfläche der Bodenpalette (16) entsprechende nach außen (oben) weisende Vorsprünge oder Aufsätze (18) vorgesehen sind, die [deleted: in Horizontalrichtung betrachtet] formschlüssig ineinander greifen und eine Formschlussverbindung darstellen".

2. Hilfsantrag

"Palettencontainer (10) zur Lagerung und zum Transport von flüssigen [deleted: oder fließfähigen] Füllgütern der oberen Gefahrenklasse, mit einem dünnwandigen starren Innenbehälter (12) aus thermoplastischem Kunststoff, der eine obere Einfüllöffnung und einen am unteren seitlichen Rand in einer muldenförmigen Vertiefung geschützt angeordneten Entnahmestutzen mit Auslauföffnung (32) aufweist, mit einem den Kunststoff-Innenbehälter (12) als Stützmantel dicht umschließenden Gitterrohrrahmen (14) und mit einer Bodenpalette (16), auf welcher der Kunststoff-Innenbehälter (12) aufliegt und mit welcher der Gitterrohrrahmen (14) fest verbunden ist, wobei der Gitterrohrrahmen in Leichbauweise [sic] ohne massive Eckposten ausgeführt ist, dadurch gekennzeichnet, dass in der Bodenwandung des Kunststoff-Innenbehälters (12) nach innen (oben) weisende Einformungen (22) vorgesehen sind und in der Oberfläche der [deleted: Bodenpalette (16) bzw. in einer dazwischen angeordneten Zwischenplatte geeignete Mittel (18) ]Zwischenplatte oder/und in der Oberfläche der Bodenpalette (16) entsprechende nach außen (oben) weisende Vorsprünge oder Aufsätze (18) vorgesehen sind, die [deleted: in Horizontalebenenrichtung betrachtet] formschlüssig ineinander greifen und eine Formschlussverbindung darstellen".

Die Beschwerdeführerin hat Folgendes vorgetragen:

Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPC

a) Eine Bestimmung der zu lösenden Aufgabe als "nur" die Verringerung der Gefahr eines Verrutschens des Innenbehälters auf der Oberfläche der Bodenpalette sei eine unzulässige Abstraktion der tatsächlich zu lösenden Aufgabe, die der in Absatz [0007] des Streitpatents diskutierten Problematik des Standes der Technik keine Rechnung trage. Die zu lösende Aufgabe sei darin zu sehen, mit einfachen konstruktiven Mitteln einen besseren Schutz der Auslaufarmatur und eine Verminderung der Neigung des Abreißens des Gitterrohrrahmens von der Bodenpalette bei der Durchführung des im Absatz [0007] des Streitpatents erwähnten Diagonal-Falltests zu ermöglichen. Ein Verrutschen des Innenbehälters während dieses Falltests sei dem Betrachter nicht augenscheinlich, da der Gitterrohrrahmen dicht an den Innenbehälter anliege und als Schutzmantel gegen das Verrutschen wirke. Die von der Kammer formulierte Aufgabe, ein Verrutschen zu vermeiden, beinhalte somit bereits Lösungsansätze und sei deshalb zu weitgehend.

b) Der Fachmann werde zur Lösung der o.g. Aufgabe die D5 nicht zu Rate ziehen, da D5 weder einen Gitterrohrrahmen noch eine Auslaufarmatur aufweise. Die Lehren der D1 und D5 lassen sich technisch miteinander nicht kombinieren, da die D1 einen Palettencontainer aus einem verformbaren Thermoplasten betreffe, wobei die D5 für den Container die Benutzung eines starren Plastikwerkstoffs vorschlage. Die in den Figuren der D5 abgebildeten Vorsprünge und Vertiefungen in der Bodenwandung lassen sich nicht durch das für den Palettencontainer nach D1 verwendete Blassformverfahren herstellen und greifen nur systembedingt, jedoch nicht - wie nach dem Anspruch - formschlüssig ineinander, denn sie haben eine beträchtliche Spielfreiheit. D5 lehre daher den beanspruchten Formschluss nicht.

Die in den Figuren 1 und 2 der D5 dargestellten Vorsprünge und Vertiefungen seien am Rande des Containers und somit nicht in dessen Bodenwandung angebracht.

Gemäß den Figuren 8 bis 12 der Streitpatentschrift sind die Vorsprünge 30 nur entlang der bei Blasformverfahren üblichen Quetschnaht vorgesehen, siehe [0035], und somit realisierbar. Die in D5 vorgeschlagenen Rippen 11 sind dagegen nicht mit einer Quetschnaht im Blasformverfahren herstellbar.

c) D1 schlage als Lösung für ein mögliches Abreißen des Gitterrohrrahmens von der Palette im Falle einer überhöhten Belastung des Gitterrohrrahmens, die Benutzung von diagonalen Streben oder von zylindrischen Randstäben, ein Punktschweißen an den Gitterstäben oder die Erhöhung der Anzahl der Gitterstäbe vor, siehe Spalte 7, Zeilen 43 bis 48; Spalte 2, Zeilen 52 bis 61; Spalte 3, Zeilen 16 bis 24 und Spalte 4, Zeilen 56 bis 60. D1 lasse sich folglich nicht mit der Lehre der D5 kombinieren, da sie dem Fachmann bereits eigene Lösungsansätze anbiete.

d) Das Alter der Entgegenhaltungen (D5 von 1974 und D1 von 1987) sei ein Indiz dafür, dass der Fachmann deren Lehren nicht miteinander kombinieren würde.

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPC

e) Nach oben weisende Einformungen in der Bodenwandung des Containers (=Innenbehälter) seien weder in D1 noch in D5 zu finden und seien daher für den Fachmann durch diese Entgegenhaltungen nicht nahe gelegt.

In der Bodenwandung des Kunststoff-Innenbehälters gemäß D1 seien nach außen weisende Rinnen vorgesehen, siehe Figuren 6 und 7. Der Fachmann würde in der Bodenwandung nach innen weisende Einformungen vermeiden, da diese einen Volumenverlust des Behälters und ein Verhindern des Abfließens der Flüssigkeit verursachten.

D5 lehre gerade die Benutzung von glatten Wänden für den Innenbehälter, siehe Seite 2, letzter Absatz, und rate daher von der Anwendung von nach innen weisenden Einformungen in der Bodenwandung des Behälters ab.

Anspruch 1 gemäß dem 2. Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPC

f) Obwohl die in den Oberbegriff des Anspruchs 1 des 2. Hilfsantrags neu aufgenommenen Merkmale aus D1 bekannt seien, verdeutlichten diese Merkmale die Inkompatibilität der Lehren der D1 und D5.

Wenn der Fachmann von einem aus D1 bekannten Palettencontainer ausgehen würde, welcher für die Lagerung und den Transport flüssiger Füllgüter der oberen Gefahrenklasse geeignet und dessen Gitterrohrrahmen in Leichtbauweise ohne massive Eckposten ausgeführt sei, dann würde er, zur Lösung der unter Punkt VIa) oben angegebenen Aufgabe, den aus D5 bekannten Palettencontainer nicht in Betracht ziehen, da letzterer einen oben offenen Behälter aufweise, welcher somit für die Lagerung und den Transport flüssiger Füllgüter der oberen Gefahrenklasse nicht geeignet sei, und außerdem keinen in Leichtbauweise ohne massive Eckposten ausgeführten Gitterrohrrahmen aufweise. Während bei dem aus D5 bekannten Palettencontainer an den Ecken des Behälters große, mit Verriegelungselementen versehene Eckpfosten vorgesehen seien, weise der aus D1 bekannte Palettencontainer einen in Leichtbauweise ohne solche Eckposten ausgeführten Gitterrohrrahmen auf. Die in D1 und D5 offenbarten Lehren seien einfach anhand der darin beschriebenen Palettencontainerarten mit einander nicht kompatibel.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat Folgendes vorgetragen:

Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPC

a) In den Absätzen [0012] bis [0015] des Streitpatents sei die zu lösende Aufgabe darin zu sehen, den Rutschwiderstand zwischen Innenbehälter und Palette zu erhöhen und somit ein bei einer Schrägstellung, bzw. bei einem Diagonalfall auftretendes Verschieben des Innenbehälters gegenüber der Palette weitgehend zu verhindern. Nur als Ergebnis davon werde auch das Abreißen des Gitterrohrrahmens verhindert.

Der im Streitpatent erwähnte Falltest war vor Prioritätstag des Streitpatents bekannt. Dem Fachmann, der diese Tests kannte, sei auch bewusst gewesen, dass bei einem Fall das Abreißen des Gitterrohrrahmens von der Palette durch die Verschiebung des Innenbehälters verursacht werde.

Die zu lösende Aufgabe sei daher einfach in der Verhinderung der Verschiebung des Innenbehälters entlang der Palettenoberfläche zu sehen.

Es sei im Anspruch 1 nicht angegeben, dass keine Spielfreiheit zwischen den formschlüssig miteinander verbundenen Teilen vorhanden sein dürfe. Auch die Figuren des Streitpatents ließen eine Spielfreiheit erkennen. Somit komme D5 ohne weiteres in Betracht.

D5 erwähne im Anspruch 3, dass jede Art von Kunststoff einsetzbar sei. Somit komme das Blasformverfahren auch dafür in Betracht und dies insbesondere für an den Ecken des Containers angebrachte Vertiefungen, bzw. Einformungen.

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPC

b) Die in den Figuren 1 bis 3 der D5 abgebildeten, die Vorsprünge 4 übergreifenden Teile 3' würden bei Anwendung dieser Lehre nach D5 auf den Innenbehälter nach D1 durch nach innen (oben) weisende Einformungen im Sinne des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 verwirklicht werden. An den nach außen (oben) weisenden Vorsprüngen 4 der Palette brauche nichts geändert werden.

Die Wände des Containers gemäß D5 brauchen nicht glatt sein und können somit Einformungen haben.

D1 erwähne u.a., von innen gesehen, die Anbringung von Rippen ("ribs") in der Bodenwandung des Behälters, siehe Spalte 8, Zeilen 47 bis 55. Dies könne nur durch nach innen (oben) weisende Einformungen erreicht werden.

Anspruch 1 gemäß dem 2. Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPC

c) Da die Änderungen nur im Oberbegriff des Anspruchs 1 vorgenommen worden seien und somit nur aus D1 bekannte Merkmale beträfen, sei die für den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag vorgetragene Argumentation entsprechend gültig.

Entscheidungsgründe

1. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPC

1.1 Es ist unstreitig, dass der Palettencontainer gemäß dem Anspruch 1 sich von dem aus der D1 bekannten Palettencontainer dadurch unterscheidet, dass in der Bodenwandung des Kunststoff-Innenbehälters und in der Oberfläche der Bodenpalette geeignete Mittel vorgesehen sind, die - in Horizontalebenenrichtung betrachtet - formschlüssig ineinander greifen.

1.2 Diese - in Horizontalebenenrichtung betrachtet - formschlüssig ineinander greifende Mittel bewirken, dass zumindest in der Richtung, in der die Formschlüssigkeit vorgesehen ist, entlang der Horizontalebene die Gefahr eines Verrutschens des Kunststoff-Innenbehälters gegenüber der Oberfläche der Bodenpalette verringert wird.

1.3 Die zu lösende Aufgabe ist daher anhand dieser Wirkung der unterscheidenden Merkmale darin zu sehen, den aus D1 bekannten Palettencontainer so weiter zu entwickeln, dass die Gefahr eines Verrutschens des Innenbehälters auf der Oberfläche der Bodenpalette verringert wird.

1.4 Der sich um die Lösung der o.g. Aufgabe bemühte Fachmann zöge dazu, nach der Überzeugung der Kammer, die Lehre der D5 heran. Dieses Dokument ist ihm bekannt, denn es bezieht sich auf das gleiche technische Gebiet der Palettencontainer.

D5 setzt sich überdies mit derselben Aufgabe auseinander, nämlich mit der Problematik des Verrutschens eines auf einer Palette ("Containerunterteil 2") liegenden Behälters ("Containeroberteil 1"), siehe D5, Figur 1, Seite 2, Zeilen 3 bis 19, und Seite 7, letzter Absatz.

1.5 Zur Lösung dieser Aufgabe offenbart D5 in ihren Figuren 1 bis 3 eine Ausführungsform eines Palettencontainers, wobei der Containeroberteil 1 einen nach außen glatten Boden aufweist. Die Bodenwandung dieses Kunststoff-Behälters weist an ihrem Rand nach innen (oben) weisende Aufnahmen 3' auf, die an der Oberfläche der Bodenpalette 2 entsprechend vorgesehene, nach außen (oben) weisende Vorsprünge 4 übergreifen und somit eine Formschlussverbindung verwirklichen. Ein Verrutschen des Containeroberteils gegenüber der Palette wird somit verhindert.

1.6 Es ist daher für den Fachmann naheliegend, insbesondere wenn dasselbe Ergebnis erzielt werden soll, Mittel nach dieser Lehre mit entsprechender Wirkung bei dem aus D1 bekannten Palettencontainer vorzusehen. Dabei würde er L-förmige, nach außen (oben) weisende Vorsprünge an den Ecken und geradlinige Vorsprünge dazwischen auf der Palette anordnen und in der Bodenwandung des Kunststoff- Innenbehälters dementsprechende nach innen (oben) weisende Einformungen vorsehen, d.h. am Rande dieser Bodenwandung. Diese Mittel greifen formschlüssig ineinander und stellen miteinander eine Formschlussverbindung dar. Somit gelangte er zum Palettencontainer gemäß Anspruch 1, ohne dabei erfinderisch tätig werden zu müssen.

1.7 Die Kammer kann den unter den Punkten VIa) bis VId) oben erwähnten Argumenten der Beschwerdeführerin aus den folgenden Gründen nicht folgen:

1.7.1 Gemäß dem "Aufgabe-Lösungs-Ansatz" werden die zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und dem nächstliegenden Stand der Technik bestehenden Unterscheidungsmerkmale festgestellt, anschließend wird die aus diesen Unterscheidungsmerkmalen resultierende technische Wirkung bestimmt und dann, anhand der so bestimmten technischen Wirkung, die technische Aufgabe formuliert.

Dadurch, dass man zunächst die technische Wirkung feststellt und letztere verwendet, um die technische Aufgabe zu formulieren, ist sichergestellt, dass die Aufgabe objektiv definiert wird, keine Lösungsmerkmale beinhaltet und somit nicht in Kenntnis der Erfindung formuliert wird.

Es ist im vorliegenden Fall unstreitig, dass die durch die beanspruchten "geeigneten" Mittel hergestellte formschlüssige Verbindung zwischen Randbereichen der Bodenwandung des Kunststoff-Innenbehälters und Vorsprünge auf der Oberfläche der Bodenpalette bewirkt, dass zumindest in einer bestimmten, nicht näher definierten Richtung entlang der Horizontalebene, die Möglichkeit einer relativen Verschiebung, bzw. eines relativen Verrutschens zwischen der Bodenwandung des Kunststoff-Innenbehälters und der Oberfläche der Bodenpalette verringert wird, siehe Punkt 1.2 oben.

Diese Tatsache wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt, jedoch vertrat sie die Meinung, dass das Verringern des Verrutschens nicht in die zu lösende technische Aufgabe einfließen dürfe, denn es war erst der Erfinder, der zur Erkenntnis gelang, dass bei einem Diagonalfall das Abreißen des Gitterrohrrahmens von der Palette durch das Verrutschen des Behälters auf der Palette verursacht werde. Das Verrutschen in die Aufgabe aufzunehmen, schließe somit Lösungsansätze ein und stelle infolgedessen eine rückschauende Betrachtungsweise dar.

Die Kammer kann sich dem nicht anschließen, denn der einen Diagonal-Falltest durchführende Fachmann wird entweder mit bloßen Augen oder mittels optischen technischen Geräts, ohne weiteres feststellen können, dass im Moment des Bodenaufpralls das Abreißen des Gitterrohrrahmens von der Bodenpalette durch das Ausbeulen des Gitterrohrrahmens aufgrund des Drucks, der von dem gefüllten, relativ flexiblen Behälter ausgeübt wird und/oder durch das Verrutschen des Behälters auf der Bodenpalette verursacht wird. Beide sind Aufgaben, die gelöst werden müssen.

1.7.2 Hinzu kommt, dass die unter Punkt VIa) oben von der Beschwerdeführerin aufgestellte Aufgabe verlangt, dass die vorzusehenden Mitteln ihre Wirkung in einer von der jeweiligen Positionierung der Auslaufarmatur bestimmten spezifischen Richtung entfalten. Da jedoch die im Anspruch 1 beanspruchten Mittel keine spezifische Wirkungsrichtung der beanspruchten formschlüssigen Verbindung definieren, kann eine solche Wirkungsrichtung ohnehin nicht in die objektiv zu definierende Aufgabe einfließen.

1.7.3 Die Kammer bemerkt weiter, dass zum einen alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, und somit auch der Gitterrohrrahmen, unstreitig in D1 offenbar sind, so dass sich ein wiederholter Nachweis dieses Merkmals beim aus der D5 bekannten Palettencontainer erübrigt; es geht somit nur darum, dass D5 die von der Kammer definierte Aufgabe anspricht und dafür eine Lehre nach den Figuren 1 bis 3 anbietet. Dabei ist das Material des Behälters nach D5 unbeachtlich, sondern nur die Frage, ob diese Lehre der D5 bei einem Innenbehälter nach D1 realisiert werden kann. In dieser Hinsicht folgt die Kammer der Argumentation der Beschwerdegegnerin, wonach solche Einformungen, besonders wenn sie, entsprechend der Lehre der Figuren 1 und 2 der D5, am Rand des Containers positioniert sind, mittels Blasformverfahrens problemlos hergestellt werden können.

Auf Seite 3, Zeilen 8 und 9 der D5 ist angegeben, dass Figur 2 "die Unterseite des Containerunterteils, wie mit den Pfeilen II-II in Fig. 1 angedeutet" zeigt. Für die Kammer ist daher der Figur 2 zu entnehmen, dass sie darin gezeigten Vertiefungen 3' Teile des Bodens und somit der Bodenwandung des Containers sind.

Die Kammer bemerkt weiter, dass das eventuelle Vorhandensein eines Spiels bei den in den Figuren 1 bis 3 der D5 abgebildeten Einformungen und Vorsprüngen, nicht als Beweis für das Fehlen einer formschlüssigen Verbindung zwischen diesen Teilen im Sinne des Anspruchs 1 verstanden werden kann, da zu einem im Anspruch 1 kein Grad der "Formschlüssigkeit" und somit keine Passgenauigkeit zwischen den ineinander greifenden Mitteln angegeben ist, und zum anderen auch in den Figuren 3, 6, 7, 8, 11 und 12 der Streitpatentschrift ein Abstand zwischen den korrespondierenden Vorsprüngen und Vertiefungen bzw. Öffnungen zu erkennen und somit vorhanden ist.

1.7.4 In keiner der von der Beschwerdeführerin erwähnten Passagen der D1, siehe Punkt VIc) oben, wird eine Lösung für das relative Verrutschen zwischen dem Innenbehälter und der Oberfläche der Bodenpalette vorgeschlagen. Somit ist es dem Fachmann offensichtlich, dass er für die Lösung der o.g. Aufgabe außerhalb der Lehre der D1 zu suchen hat. Wie unter Punkt 1.4 oben ausgeführt, wendete er sich dabei der Lehre der D5 zu.

1.7.5 Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass ein Zeitraum von mehr als 15 Jahren zwischen der Veröffentlichung der Dokumente D1 und D5 (1987 und 1974) einerseits und dem Prioritätstag des Streitpatents (2003) andererseits als Anzeichen für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit angesehen werden könnte.

Es stimmt, dass in der Rechtsprechung gelegentlich eine so lange Zeit als sekundäre Indikation für das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit betrachtet wurde.

Im vorliegenden Fall ist die Kammer jedoch der Überzeugung, dass ein eine Lösung suchender Fachmann für die Situation, die bei einem Diagonalfall entsteht, auch die in zurückliegenden Dokumentationen vorhandene Lösungen zu Rate zieht. Wenn dabei in einem Dokument, wie im vorliegenden Fall die D5, so eindeutig diese Situation angesprochen wird, siehe Seite 7, letzter Absatz der D5, kann ein Fachmann dies nicht übersehen.

1.8 Die Kammer ist aus den o.g. Gründen der Auffassung, dass der Palettencontainer nach Anspruch 1 keine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ aufweist.

2. Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPC

2.1 Im Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag werden die formschlüssig ineinandergreifenden Mittel in der Form weiter präzisiert, dass in der Bodenwandung des Kunststoff-Innenbehälters nach innen (oben) weisende Einformungen vorgesehen sind und in der Oberfläche der Zwischenplatte oder/und in der Oberfläche der Bodenpalette entsprechende nach außen (oben) weisende Vorsprünge oder Aufsätze vorgesehen sind.

2.2 Die Kammer hat bereits in Punkt 1.6 oben dargelegt, wie nach ihrer Meinung die Lehre der D5 in dem Palettencontainer nach D1 verwirklicht wird und dabei im Container nach innen (oben) weisende Einformungen für die nach außen (oben) weisende Vorsprünge auf der Palette vorgesehen werden. Damit gelangt der Fachmann auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag. Solche Einformungen in der Bodenwandung, am Außenrand des Containers, sind ohne weiteres im Blasformverfahren herstellbar.

Daher findet die unter den Punkten 1.3 bis 1.7 oben angegebene Argumentationslinie der Kammer hier entsprechend Anwendung.

2.3 Was die Behauptung der Beschwerdeführerin betrifft, wonach der Fachmann in der Bodenwandung des aus D1 bekannten Innenbehälters nach oben weisende Einformungen vermeiden würde, da diese einen Volumenverlust im Inneren des Behälters und ein Verhindern des Abfließens der Flüssigkeit verursachen würden, bemerkt die Kammer, dass obwohl die D1 in den Figuren 6 und 7 die Elemente mit der Referenznummer 18 als nach unten weisende Ausformungen ("channels") darstellt, gleichzeitig im Text der D1 angegeben ist, dass diese auch als Stege ("ribs"), siehe Spalte 8, Zeilen 47 bis 58, und somit als nach innen (oben) weisende Einformungen ausgebildet sein können.

Die Kammer ist der Ansicht, dass ein eventueller Volumenverlust wegen der Anbringung solcher Einformungen in die Bodenwandung, wie die Beschwerdeführerin argumentiert hat, vom Fachmann, angesichts des Vorteils des Verhinderns des Abrutschen des Behälters und somit des Bestehens des Diagonal-Falltests, ohne weiteres in Kauf genommen wird. Ein Verhindern des Abfließens der Flüssigkeit wegen dieser Art von Einformungen, wie es von der Beschwerdeführerin argumentiert wurde, kann die Kammer nicht feststellen bzw. nicht nachvollziehen, wenn sie, wie oben dargelegt, am Rand der Bodenwandung vorgesehen werden, um die in den Figuren 1 und 2 der D5 abgebildeten Vorsprünge 4 aufzunehmen.

2.4 Die Kammer ist daher aus den o.g. Gründen der Auffassung, dass der Palettencontainer nach Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag keine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ aufweist.

3. Anspruch 1 gemäß dem 2. Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPC

3.1 Anspruch 1 gemäß dem 2. Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag dadurch, dass im Oberbegriff des Anspruchs 1 die Art der Füllgüter und des Gitterrohrrahmens weiter spezifiziert wird, in dem Sinne, dass die Füllgüter der oberen Gefahrenklasse angehören und dass der Gitterrohrrahmen in Leichtbauweise ohne massive Eckposten ausgeführt ist.

3.2 Es ist unstreitig, dass diese Merkmale bei dem Palettencontainer nach der D1 bekannt sind, und somit in Bezug auf die Bestimmung der D1 als nächstliegenden Stand der Technik, die entsprechenden Unterscheidungsmerkmale und die zu lösenden Aufgabe gegenüber dem Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag keinen Einfluss haben.

3.3 Die Kammer kann den unter den Punkt VIf) oben erwähnten Argumenten der Beschwerdeführerin, wonach die Lehren der D1 und D5 miteinander nicht vereinbar seien, aus den folgenden Gründen nicht folgen.

3.3.1 Die zu lösende Aufgabe betrifft die Verringerung der Gefahr des Verrutschens des aus D1 bekannten Behälters entlang der Oberfläche der Bodenpalette, siehe Punkt 1.3 oben.

3.3.2 Die jeweilige Art der Ausbildung der oberen Seite des Behälters, d.h. ob er an seiner Oberseite offen (D5) oder verschließbar (D1) ausgebildet ist, des im Behälter gelagerten Füllguts, der Versteifung der vertikalen Wände des Behälters, d.h. mittels eines in Leichtbauweise ohne massive Eckposten ausgeführten Gitterrohrrahmes (D1) oder anhand von an den Ecken des Behälters vorgesehenen massiven Eckpfosten (D5) versteift sind, oder einer zusätzlichen Arretierung zwischen dem Container und der Palette, d.h. anhand eines Gitterrohrrahmens (D1) oder anhand von an den Container- und den Palettenecken vorgesehenen Verriegelungsmitteln (D5), hat keinen Einfluss auf die Bestimmung der zu lösenden Aufgabe, siehe Punkt 3.3.1 oben, und/oder auf die zur Lösung dieser Aufgabe einzusetzenden Mitteln.

Soweit die Argumente der Beschwerdeführerin dazu dienen sollten, die D5 als vom Fachmann zu berücksichtigenden Stand der Technik auszuschließen, kann sich die Kammer diesen nicht anschließen, weil nach ihrer Meinung D5 sich gerade dem Fachmann damit erschließt, eine Lösung für die von der Kammer objektiv aufgestellten Aufgabe anzubieten. Die gesamten zusätzlichen Merkmale des Containers nach D5 werden von der Kammer deswegen auch als nebensächlich angesehen, weil sie sich nicht mit der Problematik des Verrutschens des Containers befassen.

3.3.3 Die Kammer ist daher der Überzeugung, dass der mit der Lösung der im Absatz 3.3.1 oben angegebenen Aufgabe betraute Fachmann, der mit der Problematik des Verrutschens eines auf einer Palette liegenden Behälters entlang der Oberfläche dieser Palette konfrontiert ist, die Lehre der D5 zu Rate zöge, da diese sich gerade mit einer solchen Problematik auseinandersetzt, siehe Punkt 1.4 oben. Daher findet die unter den Punkten 1.3 bis 1.6 oben angegebene Argumentationslinie der Kammer hier entsprechend Anwendung.

3.3.4 Die Kammer ist aus den o.g. Gründen der Auffassung, dass der Palettencontainer nach Anspruch 1 gemäß dem 2. Hilfsantrag keine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ aufweist.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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