T 1878/10 () of 7.3.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T187810.20130307
Datum der Entscheidung: 07 März 2013
Aktenzeichen: T 1878/10
Anmeldenummer: 99118589.3
IPC-Klasse: F24C 7/08
H05B 3/74
F24C 15/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kochfeld mit integrierter Zeitsteuerung
Name des Anmelders: Electrolux Rothenburg GmbH Factory and Development
Name des Einsprechenden: ZF Friedrichshafen AG
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
-
Schlagwörter: Zulässigkeit der offenkundigen Vorbenutzung (nein)
Zulässigkeit des Einspruchs (ja)
Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 29. Juni 2010, mit der das europäische Patent No. 0 990 855 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde.

II. Hiergegen hat die Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) am 30. August 2010 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 28. Oktober 2010 eingegangen.

III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat die Beschwerdebegründung mit Schreiben vom 3. März 2011 erwidert und ihre Argumentation insbesondere auf folgende Dokumente gestützt:

E3: DE-A-3010714;

E4: DE-U-9419782.2;

E5: DE-C-42 07 772;

E6: DE-A-4007971;

E7: DE 3204575.

IV. Sie hat auch die bereits in erstinstanzlichen Verfahren herangezogene offenkundige Vorbenutzung (OV1) auf Basis folgender Dokumente geltend gemacht:

E1: Miele Gebrauchsanweisung Glaskeramik-Kochfelder KM453 und KM454 mit Aufdruck "M-No. 98978/05 - 1297";

E2: Miele Einbaugeräte Programmübersicht, Stand März 1998, Seite 44, "Autarke Kochfelder"

E8: Kopien eines Email-Schriftverkehrs zwischen Herrn Grädler und Imperial Werke oHG zur Bedeutung der Nr. /05 - 1297.

V. Mit der Ladung vom 29. November 2012 zur mündlichen Verhandlung versandte die Kammer eine Mitteilung gemäss Artikel 15(1) VOBK, in welcher sie den Parteien das vorläufige Ergebnis der Prüfung der Beschwerde mitteilte. Insbesondere wies die Kammer auf einige Unklarheiten und Unstimmigkeiten in den vorgelegten Beweismitteln zur angeblichen offenkundigen Vorbenutzung hin.

VI. Mit Schreiben vom 6. Februar 2013 reichte die Beschwerdeführerin einen weiteren Hilfsantrag 1A ein.

VII. Mit Schreiben vom 7. Februar 2013 entwickelte die Beschwerdegegnerin ihre Argumentation weiter und reichte als Anlagen 2 und 3 weitere Beweismittel zur offenkundigen Vorbenutzung ein.

VIII. Die mündliche Verhandlung fand am 7. März 2013 statt.

Am Ende der Verhandlung stellten die Parteien folgende Anträge:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung oder hilfsweise auf der Basis eines der Anspruchssätze, eingereicht als Hilfsanträge 1 bis 3 mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2010 und als Hilfsantrag 1A mit Schriftsatz vom 6. Februar 2013.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IX. Anspruch 1 in der erteilten Fassung lautet:

"Gargerät (2,30,40) mit

a) einem Glaskeramikkochfeld mit einer vorgegeben Anzahl von Kochstellen (14,16,42,44,46,48,72,74,76,78), wobei jeder Kochstelle jeweils eine Heizeinrichtung (8) zugeordnet ist,

b) wenigstens einer am Glaskeramikkochfeld angeordneten Zeitsteuereinrichtung (12) zur Vorgabe von Zeitdauer und/oder Startzeitpunkt und/oder Endzeitpunkt für den Betrieb wenigstens einer der Heizeinrichtungen mit

b1) wenigstens einem Betätigungselement (7,28,36,38,45,47,54) zum Einstellen einer Zeit, das vorzugsweise wenigstens einen optischen, kapazitiven, induktiven oder piezoelektrischen Sensor umfasst, und (11,26)

b2) wenigstens einem Anzeigeelement zum Anzeigen der über das wenigstens eine Betätigungselement eingestellten Zeit,

dadurch gekennzeichnet, dass

c) die Zeitsteuereinrichtung in das Glaskeramikkochfeld integriert ist, wobei

c1) das wenigstens eine Betätigungselement zum Einstellen der Zeit und das wenigstens eine Anzeigeelement zum Anzeigen der Zeit unterhalb des Glaskeramikkochfeldes angeordnet und von der Oberfläche des Glaskeramikkochfeldes betätigbar bzw. sichtbar sind."

Der Hilfsantrag 1 enthält das zusätzliche Merkmal, "wobei die Zeitsteuerung für das gesamte Kochfeld (40) mit nur drei Tastelementen (54,36,38) hinsichtlich Kochzeitdauer oder Kochendzeit jeder der Kochstellen (42 bis 48) betreibbar ist."

In Hilfsantrag 1A ist dieses Merkmal derart geändert, dass

"die Zeitsteuerung für das gesamte Kochfeld (40) mit nur drei Tastelementen (54,36,38), einem Funktionstastelement (54), einer Plus-Taste (36) und einer Minus Taste (38) hinsichtlich Kochzeitdauer oder Kochendzeit jeder der Kochstellen (42 bis 48) betreibbar ist."

In Hilfsantrag 2 ist Merkmal b1 geändert in

"wenigstens einem Betätigungselement (7,28,36,38,45,47,54) zum Einstellen einer Zeit, das wenigstens einen kapazitiven Sensor umfasst, und (11,26)"

Hilfsantrag 3 ist eine Kombination der Hilfsanträge 1 und 2.

X. Die Parteien haben im Wesentlichen folgende Argumente vorgebracht:

a) Beschwerdeführerin (Patentinhaberin)

Zulässigkeit des Einspruchs

Der Einspruch sei unzulässig, weil in der Einspruchsschrift nicht der Staat des Wohnsitzes oder Sitzes des Einsprechenden angegeben ist.

Gültigkeit der offenkundigen Vorbenutzung (OV1)

Die offenkundige Vorbenutzung sei nicht gültig, weil es nicht bewiesen sei, dass das Deckblatt der E2 mit der Angabe "Stand: März 1998" und die Seite 44 mit der Angabe zum Glaskeramik-Kochfeld KM453 aus dem selben Dokument stamme. Die Beschwerdegegnerin habe nicht das vollständige und originale Dokument "Einbaugeräte Programmübersicht" vorgelegt, so dass weder die Beschwerdeführerin noch die Kammer in der Lage seien, dies zu überprüfen.

Bei der Gebrauchsanweisung E1 selbst sei unklar, wann diese tatsächlich an die Öffentlichkeit gelangt sei. Die Zeichenfolge M-No. 98978/05 - 12/97 könnte aufgrund der Zahlenfolge 98 zu Beginn durchaus auch ein Datum im Jahr 1998 bezeichnen. Die Zahlenfolge "5097 könnte die 50te Kalenderwoche im Jahr 1997 und die Angabe 12/97 beispielweise die zwölfte Kalenderwoche oder den zwölften Monat im Jahr 1997 bedeuten.

Soweit man dennoch die Angabe 12/97 als Datumsangabe für Dezember 1997 verstehen wolle, könnte dies durchaus das Datum der ursprünglichen Ausarbeitung des Dokuments oder irgendeiner vorhergehenden internen Revision angeben. Auch die E-Mail von Herrn Brokfeld (E8) mache keine konkrete Angabe, welche Art von Zeitpunkt die Angabe "12/97" tatsächlich bezeichnen soll.

Neuheit

Die einzige Zeichnung der E3 zeigt lediglich ein separates Bedienungstableau, das nicht Teil eines Kochfeldes sei. Die gerade linke Begrenzungslinie könne nicht anderes suggerieren, da Teilstücke einer Gesamtanordnung üblicherweise durch eine Wellenlinie oder dgl. getrennt und gekennzeichnet würden. Die Argumente der Beschwerdegegnerin beruhten daher auf reiner Spekulation.

Erfinderische Tätigkeit

E4 zeige ein Gargerät, das sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch unterscheide, dass bei der E4 eine in das Kochfeld integrierte Zeitsteuereinrichtung mit spezifischer Anordnung derer Betätigungs- und Anzeigeelement unterhalb des Kochfeldes und Sicht- und Betätigbarkeit von dessen Oberfläche fehle.

Im Sinne der Erfindung bedeute die Integration der Zeitsteuereinrichtung gemäss Absatz 8 der Patentschrift EP-B-990855, dass in ergonomischer Weise eine Kochstelle direkt am Kochfeld zeitprogrammiert und automatisch ohne ständige Überwachung des Kochendes betrieben werden könne. Die Zeitsteuerung sei eine Funktion des Kochfeldes, die während eines Garvorgangs nicht häufig geändert werden müsse, anders als beispielweise die Heizleistungssteuerung, so dass ein Zustellen des Bereichs des Kochfelds mit der eingebauten Zeitsteuereinheit durch Gargutbehälter die Arbeitsabläufe beim Garen nicht negativ beeinflusse.

Der Fachmann entnehme aus diesen Passagen der Beschreibung, dass gemäss der Erfindung die Formulierung "in das Glaskeramikkochfeld integriert" so zu lesen sei, dass die Zeitsteuerung tatsächlich innerhalb des (ebenen) Bereichs des Kochfelds direkt an den Kochstellen angeordnet sein solle.

Gemäss E4 seien explizit die Anzeige, Kontroll- und Bedienelemente in einem Bereich angeordnet, der nicht durch Töpfe verstellt werden könne (Seite 4, 9. Zeile von unten). Insofern offenbare die E4 die Integration in eine Glaskeramik-Kochfläche, im Gegensatz zur Erfindung nach Anspruch 1, die ein Kochfeld beanspruche.

Bei der E4 sei nämlich der Begriff "Kochfläche" als die gesamte, teilweise geneigte Fläche zu verstehen, über die sich die Glaskeramik erstrecke. Im schrägen Teil der Kochfläche sei ein Bedienfeld und im ebenen Teil ein Kochfeld, das dem Kochfeld gemäss Anspruch 1 entspreche, angeordnet.

Damit könne die Kochfläche der E4 nicht als Kochfeld im Sinne des Anspruchs 1 aufgefasst werden.

In dem von der Einspruchsabteilung zitierten Abschnitt der E4 (Seite 3, 4. bis 11. Zeile von unten) sei in keiner Weise offenbart, wo das wenigstens eine Betätigungselement zum Einstellen der Zeit und das wenigstens eine Anzeigeelement zum Anzeige der Zeit jeweils angeordnet und insbesondere ob diese unterhalb des Glaskeramikkochfelds angeordnet seien.

Die E4 gebe dem Fachmann keinerlei Hinweis, eine Zeitsteuereinrichtung in ein Glaskeramikkochfeld zu integrieren, und dass eine solche, in das gezeigte Kochfeld integrierbar sei. Stattdessen zeige die E4 eine Lösung zur Einstellung der in den Kochstellen gewünschten Temperatur. Zudem ordnete die E4 das Bedienfeld bewusst im kühlen Bereich an, was für den Fachmann ein Hinweis dafür sei, die Bedienelemente nicht in das Kochfeld zu integrieren, sondern diese getrennt von diesem anzuordnen.

Auch die E3 ordne die Bedienelemente zur Steuerung der Heizleistung ausserhalb des Kochfelds an.

Die Integration der Zeitsteuereinrichtung in das Kochfeld sei damit in E3 und E4 nicht offenbart und hierdurch auch nicht nahegelegt.

Hilfsanträge

Das in Hilfsanträgen 1 und 3 hinzugefügte Merkmal, dass

"die Zeitsteuerung für das gesamte Kochfeld (40) mit nur drei Tastelementen (54,36,38) hinsichtlich Kochzeitdauer oder Kochendzeit jeder der Kochstellen (42 bis 48) betreibbar ist."

finde eine Basis im Absatz [0040] der veröffentlichten Anmeldung. Damit seien die Erfordernisse des Artikels 123(2) erfüllt.

In Hilfsantrag 1A sei der genaue Wortlaut des Abschnitts [0040] übernommen. Dieser Abschnitt sei nicht abhängig von dem vorherigen Teil der Beschreibung.

Die Verwendung von kapazitiven Sensoren in den Betätigungselementen zum Einstellen einer Zeit beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil derartige Sensoren zwischen einem Finger und einem Topf unterscheiden könnten. Damit werde eine unabsichtliche Aktivierung oder Veränderung der Zeitfunktion vermieden.

b) Einsprechende - Beschwerdegegnerin

Zulässigkeit des Einspruchs

Das Argument der Beschwerdeführerin sei unrichtig, weil R. 77(1) auf R. 76(2)(c) und nicht aber auf R. 76(2)(a) verweise. Ein Fehlen der Angabe des Staates, in dem die Einsprechende ihren Sitz hat, führe nicht automatisch zur Unzulässigkeit des Einspruchs, sondern könne gemäss R. 77(2) von der Einspruchsabteilung gerügt werden. Eine solche Rüge bzw. Aufforderung zur Angabe des Staates sei aber nicht ergangen. Ganz im Gegenteil, die Einspruchsabteilung habe die Aufgabe auf sich genommen, zu ermitteln, dass die Einsprechende Ihren Sitz in Deutschland hat, und habe diese Angabe auch in die Mitteilung des Einspruchs an die Patentinhaberin vom 6. September 2007 aufgenommen.

Gültigkeit der Offenkundigen Vorbenutzung (OV1).

Die offenkundige Vorbenutzung sei gültig, weil es sich hier um ein in Massenfertigung hergestelltes Gerät handele, so dass eine konkrete Angabe und der passende Beweis für eine/n einzelne/n Verkauf oder Auslieferung der in den Dokumenten E1,E2 und E8 erwähnten Geräte nicht notwendig sei. Unter diesen Umständen reiche es aus, dass das Dokument E1 wahrscheinlich der Öffentlichkeit zugänglich war. Dieses sei durch E2 bewiesen, weil dieses Dokument klar mache, dass die Glaskeramik-Kochfelder KM 453 und KM 454 bereits in März 1998 in Massenfertigung hergestellt und zum Verkauf an der Öffentlichkeit angeboten worden seien.

Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei angesichts E3 nicht neu.

Die Beschwerdeführerin versuche mit Verweis auf Absatz 8 des Streitpatents, den Begriff der "Integration der Zeitsteuereinrichtung in das Kochfeld" extrem eng als "Anordnung direkt an den Kochstellen" auszulegen. Dabei ignoriere sie die Offenbarung des Absatzes 7:

"Die wenigstens eine Zeitsteuereinrichtung ist nun am Kochfeld angeordnet oder, in anderen Worten mit dem Kochfeld integriert, insbesondere an dessen Rand und/oder unterhalb des Kochfeldes."

Damit sei sogar eine Anordnung am Rand des Kochfeldes eine Integration im Sinne des Patents. Weiterhin erläutere Absatz 11 des Streitpatents:

"Die Zeitsteuereinrichtung kann aber auch in einem Kochfeldrahmen integriert sein."

Aus den Zeichnungen des Streitpatents ergebe sich nichts anderes, insbesondere aus der Figur 3 des Patents sei klar ersichtlich, dass die Zeitsteuereinrichtung zumindest für die beiden nicht dargestellten hinteren Kochstellen nicht direkt neben den Kochstellen angeordnet sei.

Die einzige Zeichnung der E3 mit den abgerundeten Ecken auf der rechten Seite und nicht abgerundeten Ecken auf der linken Seite werde so verstanden, dass das Bedienfeld mit den Betätigungselement für die Heizleistungs- und Zeitsteuerung Teil des Kochfeldes oder zumindest an dessen Rahmen angeordnet sei. Da auch eine Anordnung im Rahmen des Kochfeldes eine Integration in das Kochfeld im Sinne des Streitpatents ist, sei E3 neuheitsschädlich.

Damit zeige E3 alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1

Erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags ergebe sich in naheliegender Weise aus der Kombination der E3 und E4.

Ausgehend von E3 sei der einzige Unterschied nur die Integration der Anzeige- und Betätigungselementen in das Kochfeld. Dieses zusätzliche Merkmal löse die Aufgabe der Vereinfachung der Bedienung des Kochfeldes. Diese Lösung werde dem Fachmann aber durch das Kochfeld der E4 offenbart. Dort, wie auch in E5 und E6 gezeigt, seien wie bei Glaskeramikkochfeldern üblich die Anzeige und Betätigungselemente unterhalb des Glaskeramikkochfelds angeordnet und von dessen Oberfläche aus betätigbar bzw. sichtbar.

Hilfsanträge

Die Hilfsanträge 1, 1A, 2 und 3 sind der Einspruchsabteilung nicht vorgelegt worden. Weiterhin führten die Hilfsanträge 1, 1A und 3 Merkmale ein, die lediglich eine Basis in der Beschreibung des Streitpatents haben. Sie erfüllten aber nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2), weil die hinzugefügte Merkmale in der Beschreibung nur in einen konkreten Zusammenhang offenbart seien und die Hinzufügung daher eine Verallgemeinerung darstelle.

Die Verwendung von kapazitiven Sensoren in Betätigungselementen von Glaskeramikkochfelden sei allgemein bekannt (siehe z.B. E7, Seite 5, Zeilen 21 bis 25), so dass der Gegenstand des Anspruchs 2 gemäss Hilfsantrag 2 ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulässigkeit des Einspruchs

2.1 Die Kammer folgt im Wesentlichen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin, da Regel 77(1) auf Regel 76(2)(c) nicht aber auf Regel 76(2)(a) verweist. Ein Fehlen der Angabe des Staates, in dem die Einsprechende ihren Sitz hat, führt daher nicht automatisch zur Unzulässigkeit des Einspruchs, sondern kann gemäss Regel 77(2) von der Einspruchsabteilung gerügt werden. Eine solche Rüge bzw. Aufforderung, den festgestellten Mangel zu beseitigen, ist aber nicht ergangen. Vielmehr hat die Einspruchsabteilung selbst ermittelt, dass die Einsprechende ihren Sitz in Deutschland hat, und damit den Mangel rechtzeitig beseitigt.

2.2 Der Einspruch ist daher zulässig.

3. Gültigkeit der offenkundigen Vorbenutzung (OV1)

3.1 Die Kammer sieht es als nicht bewiesen an, dass das Deckblatt der E2 mit der Angabe "Stand: März 1998" und die Seite 44 mit der Angabe zur Glaskeramik-Kochfelder KM453 und KM454 aus dem selben Dokument stammen. In diesem Fall ist der anzuwendende Beweisstandard derjenige der festen Überzeugung, weil es hier um die Gültigkeit des Dokuments selbst geht, welche die Beschwerdeführerin bezweifelt hat.

3.2 Die Beschwerdegegnerin hat das Original des ganzen Dokuments "Einbaugeräte Programmübersicht" E2 weder im Einspruchsverfahren noch im Beschwerdeverfahren vorgelegt, so dass die Kammer sich nicht selbst überzeugen konnte, dass die beiden Seiten aus demselben Dokument stammen, weil die Beschwerdegegnerin ihr nicht die Gelegenheit gegeben hat, das Original zu überprüfen.

3.3 Auch die öffentliche Zugänglichkeit des Dokuments E1 ist nicht nachgewiesen. Nach den Angaben der Beschwerdegegnerin wurde diese Gebrauchsanweisung zusammen mit den Kochfeldern ausgeliefert. Ein Nachweis für eine solche Auslieferung fehlt aber. Selbst wenn man davon ausgeht, dass dieses Dokument im Dezember 1997, also vor dem Prioritätstag des Streitpatents, gedruckt wurde, kann ohne weitere Nachweise nicht zweifelsfrei darauf geschlossen werden, dass es in genau dieser Form über den Weg einer Auslieferung eines entsprechenden Gargeräts an die Öffentlichkeit gelangt ist.

3.4 Damit ist die offenkundige Vorbenutzung nicht gültig.

4. Neuheit, Erteilter Anspruch 1

4.1 Für die Beschwerdegegnerin ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 angesichts E3 nicht neu.

4.2 E3 offenbart ein Bedienungstableau für ein:

Gargerät mit

- einem Glaskeramikkochfeld mit einer vorgegeben Anzahl von Kochstellen, wobei jeder Kochstelle jeweils eine Heizeinrichtung zugeordnet ist (siehe Anspruch 1),

- wenigstens einer am Glaskeramikkochfeld angeordneten Zeitsteuereinrichtung (5) zur Vorgabe von Zeitdauer und Endzeitpunkt für den Betrieb wenigstens einer der Heizeinrichtungen (siehe Anspruch 1) mit

- wenigstens einem Betätigungselement (5) zum Einstellen einer Zeit, und

- wenigstens einem Anzeigeelement (1) zum Anzeigen der über das wenigstens eine Betätigungselement eingestellten Zeit (siehe Seite 7, letzter Absatz, und Seite 9, 2**(er) Absatz).

4.3 Nach Auffassung der Kammer ergibt sich aus Absatz [0007] des Streitpatents, dass eine Anordnung am Rand und/oder unterhalb des Kochfeldes eine Integration im Sinne des Patents ist. Diese Auslegung entspricht den Zeichnungen des Streitpatents: insbesondere aus der Figur 3 ist ersichtlich, dass die Zeitsteuereinrichtung nicht direkt neben den Kochstellen angeordnet sein muss, weil dies für die beiden hinteren Kochstellen nicht der Fall ist.

4.4 Die einzige Zeichnung der E3 zeigt jedoch lediglich ein Bedienungstableau als ein separates Bauteil, das nicht direkt und unmittelbar als Teilstück eines Kochfeldes zu erkennen und dessen Anordnung im Gargerät nicht beschrieben ist. Wie von der Beschwerdeführerin bemerkt ist es üblich, Teilstücke einer Gesamtanordnung klar als solche, z.B. durch eine Wellenlinie, Schnittlinie oder dgl., zu kennzeichnen. Eine solche Linie ist jedoch am Rand der Figur von E3 nicht dargestellt.

4.5 Damit sind die weiteren Merkmale des Anspruchs 1 wonach:

c) die Zeitsteuereinrichtung in das Glaskeramikkochfeld integriert ist, wobei

c1) das wenigstens eine Betätigungselement zum Einstellen der Zeit und das wenigstens ein Anzeigeelement zum Anzeige der Zeit unterhalb des Glaskeramikkochfeldes angeordnet und von der Oberfläche des Glaskeramikkochfeldes betätigbar bzw. sichtbar ist

nicht direkt und unmittelbar aus der E3 zu entnehmen, so dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1 Für die Frage der erfinderischen Tätigkeit bildet E3 den nächstliegenden Stand der Technik, weil diese Entgegenhaltung bereits eine Zeitsteuereinrichtung enthält. Die Vorrichtung nach E4 weist keine derartige Zeitsteuereinrichtung auf, so dass fast alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 fehlen.

5.2 Die Unterscheidungsmerkmale des Anspruchs 1 stellen sicher, dass die Anzeige- und Betätigungselemente für den Benutzer gut sicht- und erreichbar sind. Ausgehend von E3 besteht daher die zugrundeliegende Aufgabe darin, das Bedienungstableau derart anzuordnen, dass die Bedienung des Kochfeldes vereinfacht wird.

5.3 Der Fachmann, der sich diese Aufgabe stellt, wird E4 in Betracht ziehen, die sich ebenfalls mit der verbesserten Bedienung befasst (siehe Seite 2 oben), und findet dort die Lösung, das Bedienungstableau am Rand des Kochfeldes anzuordnen. Damit liegt das Unterschiedsmerkmal c) auf der Hand.

5.4 Die Anordnung von Betätigungselementen und Anzeigeelementen unterhalb eines Glaskeramikkochfeldes, wobei sie von der Oberfläche des Glaskeramikkochfeldes betätigbar bzw. sichtbar sind, ist eine übliche Anordnung auf diesem Fachgebiet und ist z.B. aus E5 (siehe Spalte 3, Zeilen 50 bis 67 und Figur 1) und E6 (siehe Spalte 3, Zeilen 28 bis 42 und Spalte 4, Zeilen 5 bis 29 sowie Figuren 1 bis 3) bekannt.

5.5 Damit beruht der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6. Zulässigkeit der Hilfsanträge

6.1 Die Hilfsanträge 1, 1A, 2 und 3 sind der Einspruchsabteilung nicht vorgelegt worden. Weiterhin führen die Hilfsanträge 1 und 3 Merkmale ein, die lediglich eine Basis in der Beschreibung des Streitpatents haben könnten. Daher ist die Zulässigkeit der Hilfsanträge hinsichtlich Artikel 12(4) VOBK zu prüfen.

6.2 Neben der späten Vorlage erst im Beschwerdeverfahren kommt es hierbei noch darauf an, ob die in diesen Anträgen enthaltenen Änderungen den formalen Anforderungen der Artikel 84 und 123 EPÜ entsprechen und prima facie eine geeignete Reaktion auf die Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit und erfinderischen Tätigkeit darstellen.

6.3 In dem Hilfsanträgen 1 und 3 wird der erteilte Anspruch 1 um das Merkmal, dass

"die Zeitsteuerung für das gesamte Kochfeld (40) mit nur drei Tastelementen (54,36,38) hinsichtlich Kochzeitdauer oder Kochendzeit jeder der Kochstellen (42 bis 48) betreibbar ist."

ergänzt.

6.4 Angeblich soll sich eine Basis für diese Änderung im Absatz [0040] der veröffentlichten Anmeldung finden. An dieser Stelle ist aber nicht von drei Tastelementen allgemein die Rede, sondern von drei genauen spezifizierten Tastelementen, nämlich einem Funktionselement, einer Plustaste und einer Minustaste. Auch schliesst sich der Absatz über die Einleitung "Auf diese Weise" an den vorhergehenden Absatz an, in den das Funktionstastelement näher beschrieben ist. Nur ein solches spezielles Funktionstastelement lässt sich daher dem Absatz [0040] entnehmen, sodass die Offenbarung in diesem Absatz auf das spezielle Funktionstastelement in Verbindung mit einer Plustaste und einer Minustaste beschränkt ist. Die Verallgemeinerung auf beliebige Tastelemente geht daher über den Offenbarungsgehalt der Anmeldung hinaus, sodass die Erfordernisse des Artikels 123(2) nicht erfüllt sind.

6.5 In Anspruch 1 des Hilfsantrags 1A sind die drei Tastelemente so definiert:

"dass, die Zeitsteuerung für das gesamte Kochfeld (40) mit nur drei Tastelementen (54,36,38), einem Funktionstastelement (54), einer Plus-Taste (36) und einer Minus Taste (38) hinsichtlich Kochzeitdauer oder Kochendzeit jeder der Kochstellen (42 bis 48) betreibbar ist."

6.6 Damit sind zwar die Tastelement genannt, aber hinsichtlich des Funktionstastelements aus den oben im Absatz 6.4 genannten Gründen noch nicht ausreichend spezifiziert. Die Angabe eines "Funktionstastelements" in allgemeiner Form geht daher immer noch über die Offenbarung im Absatz [0040] der Anmeldung hinaus, sodass die Erfordernisse des Artikels 123(2) ebenfalls nicht erfüllt sind.

6.7 Damit erfüllen die Hilfsanträge 1, 1A und 3 nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nicht.

6.8 Hilfsantrag 2

6.8.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 beschränkt sich auf eine der im erteilten Anspruch 1 spezifizierten Sensorvarianten. Damit sind die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt.

6.8.2 Die Verwendung von wenigstens einem kapazitiven Sensor in dem Betätigungselement zum Einstellen der Zeit beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Solche Sensoren sind auf dem Gebiet der Glaskeramikkochfelder üblich und sind z.B. in E7 beschrieben (siehe Seite 5, Zeilen 21 bis 24).

6.8.3 Das Argument der Beschwerdeführerin, dass nur derartige Sensoren eine unabsichtliche Aktivierung oder Veränderung der Zeitfunktion vermeiden, weil sie zwischen einem Finger und einem Topf unterscheiden können, ist im Streitpatent nicht erwähnt und wurde während des Beschwerdeverfahrens nicht belegt. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Vorteile and Nachteile der verschiedenen Sensoren dem Fachmann bekannt sind, der die jeweilige Sensorvariante nach den Umständen auswählt.

6.8.4 Damit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäss Hilfsantrag 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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