European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T187010.20131205 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 Dezember 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1870/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04714783.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04L 12/64 H04M 7/00 H04L 12/28 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Datensenke/-quelle, Datenübertragungseinrichtung und Datenendeinrichtung für ein leitungs- und paketvermitteltes Netz | ||||||||
Name des Anmelders: | Siemens Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Unzulässige Erweiterung - (nein) Neuheit - (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, zur Post gegeben am 3. Mai 2010, die europäische Patentanmeldung Nr. 04714783.0 aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) bezüglich eines einzigen Antrags gegenüber der Druckschrift
D1: DE-A-196 45 368
zurückzuweisen.
II. Die Beschwerdeschrift ging zusammen mit der Beschwerdebegründung am 2. Juli 2010 ein. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Mit der Beschwerdeschrift reichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche (Ansprüche 1 bis 76) zusammen mit neuen Beschreibungsseiten gemäß einem Hauptantrag und drei Hilfsanträgen ein. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrags oder hilfsweise der Hilfsanträge zu erteilen.
III. Die Kammer hat am 3. September 2013 zu einer für den 5. Dezember 2013 anberaumten mündlichen Verhandlung geladen. Mit der Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zur Beschwerde mit. Hierbei wurden insbesondere Einwände unter Artikel 54 EPÜ gegenüber D1 erhoben und die Gründe hierfür dargelegt.
IV. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, zur Post gegeben am 3. Mai 2010, die europäische Patentanmeldung Nr. 04714783.0 aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) bezüglich eines einzigen Antrags gegenüber der Druckschrift Die Beschwerdeschrift ging zusammen mit der Beschwerdebegründung am 2. Juli 2010 ein. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Mit der Beschwerdeschrift reichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche (Ansprüche 1 bis 76) zusammen mit neuen Beschreibungsseiten gemäß einem Hauptantrag und drei Hilfsanträgen ein. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrags oder hilfsweise der Hilfsanträge zu erteilen.Die Kammer hat am 3. September 2013 zu einer für den 5. Dezember 2013 anberaumten mündlichen Verhandlung geladen. Mit der Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zur Beschwerde mit. Hierbei wurden insbesondere Einwände unter Artikel 54 EPÜ gegenüber D1 erhoben und die Gründe hierfür dargelegt.Am 5. Dezember 2013 fand eine mündliche Verhandlung statt. Alle vorliegenden Anträge wurden hierbei erörtert. Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche des Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 3, alle eingereicht mit dem Schreiben vom 2. Juli 2010, zu erteilen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
V. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, zur Post gegeben am 3. Mai 2010, die europäische Patentanmeldung Nr. 04714783.0 aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) bezüglich eines einzigen Antrags gegenüber der Druckschrift Die Beschwerdeschrift ging zusammen mit der Beschwerdebegründung am 2. Juli 2010 ein. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Mit der Beschwerdeschrift reichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche (Ansprüche 1 bis 76) zusammen mit neuen Beschreibungsseiten gemäß einem Hauptantrag und drei Hilfsanträgen ein. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrags oder hilfsweise der Hilfsanträge zu erteilen.Die Kammer hat am 3. September 2013 zu einer für den 5. Dezember 2013 anberaumten mündlichen Verhandlung geladen. Mit der Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zur Beschwerde mit. Hierbei wurden insbesondere Einwände unter Artikel 54 EPÜ gegenüber D1 erhoben und die Gründe hierfür dargelegt.Am 5. Dezember 2013 fand eine mündliche Verhandlung statt. Alle vorliegenden Anträge wurden hierbei erörtert. Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche des Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 3, alle eingereicht mit dem Schreiben vom 2. Juli 2010, zu erteilen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
"Datensenke/-quelle für ein leitungsvermitteltes Netz und paketvermitteltes Netz, mit
a) einem Datenübertragungsgerät (DÜG) zum Senden und Empfangen von Daten in das leitungsvermittelte bzw. aus dem leitungsvermittelten Netz (LVN), das mit dem leitungsvermittelten Netz (LVN) verbindbar ist,
b) einem als Datenverarbeitungsgerät bezeichneten universell einsetzbaren Gerät (DVG) zur automatischen Verarbeitung von Daten und zum Senden und Empfangen von Daten in das paketvermittelte bzw. aus dem paketvermittelten Netz (PVN), das dem paketvermittelten Netz (PVN) zuordbar ist und dem das Datenübertragungsgerät (DÜG) zugeordnet ist,
c) mindestens einem Datenendgerät (DEG) zum Senden und Empfangen von Daten sowohl in das leitungsvermittelte bzw. aus dem leitungsvermittelten Netz (LVN) als auch in das paketvermittelte bzw. aus dem paketvermittelten Netz (PVN), das dem Datenübertragungsgerät (DÜG) zugeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
d) in dem Datenübertragungsgerät (DÜG) Umschaltmittel (USM1) vorhanden sind, die derart steuerbar sind, dass das Datenendgerät (DEG), das in einem ersten Betriebsmodus zum Senden und Empfangen von Daten über das Datenübertragungsgerät (DÜG) mit dem leitungsvermittelten Netz (LVN) verbunden ist, aus dem ersten Betriebsmodus in einen zweiten Betriebsmodus, in dem das Datenendgerät (DEG) zum Senden und Empfangen von Daten über das Datenübertragungsgerät (DÜG) und das Datenverarbeitungsgerät (DVG) mit dem paketvermittelten Netz (PVN) verbunden ist, umschaltbar ist und umgekehrt."
Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags enthält alle Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags und umfasst zusätzlich, dass
"mit dem Umschalten der von dem Datenendgerät (DEG) bislang genutzte Übertragungsweg zum leitungs- oder paketvermittelten Netz auflösbar und stattdessen ein neuer Übertragungsweg zum paket- bzw. leitungsvermittelten Netz einrichtbar ist, um wahlweise Dienste des paket- bzw. leitungsvermittelten Netzes in Anspruch nehmen zu können".
Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags darin, dass die Begriffe "Datenübertragungsgerät (DÜG)" und "Datenendgerät (DEG)" durch die Begriffe "Datenübertragungseinrichtung (DÜE)" und "Datenendeinrichtung (DEE)" ersetzt wurden.
Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags darin, dass die Begriffe "Datenübertragungsgerät (DÜG)" und "Datenendgerät (DEG)" durch die Begriffe "Datenübertragungseinrichtung (DÜE)" und "Datenendeinrichtung (DEE)" ersetzt wurden.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, zur Post gegeben am 3. Mai 2010, die europäische Patentanmeldung Nr. 04714783.0 aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) bezüglich eines einzigen Antrags gegenüber der Druckschrift Die Beschwerdeschrift ging zusammen mit der Beschwerdebegründung am 2. Juli 2010 ein. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Mit der Beschwerdeschrift reichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche (Ansprüche 1 bis 76) zusammen mit neuen Beschreibungsseiten gemäß einem Hauptantrag und drei Hilfsanträgen ein. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrags oder hilfsweise der Hilfsanträge zu erteilen.Die Kammer hat am 3. September 2013 zu einer für den 5. Dezember 2013 anberaumten mündlichen Verhandlung geladen. Mit der Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zur Beschwerde mit. Hierbei wurden insbesondere Einwände unter Artikel 54 EPÜ gegenüber D1 erhoben und die Gründe hierfür dargelegt.Am 5. Dezember 2013 fand eine mündliche Verhandlung statt. Alle vorliegenden Anträge wurden hierbei erörtert. Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche des Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 3, alle eingereicht mit dem Schreiben vom 2. Juli 2010, zu erteilen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 und Regel 99 EPÜ (vgl. Punkt II oben) und ist daher zulässig.
2. HAUPTANTRAG
Dieser Antrag unterscheidet sich von dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden einzigen Antrag darin, dass das Datenendgerät gemäß der unabhängigen Ansprüche 1, 35 und 63 - neben dem leitungsvermittelten Netz - auch in das paketvermittelte bzw. aus dem paketvermittelten Netz Daten senden und empfangen kann.
Diese Änderung findet ihre Stütze in der Offenbarung von Seite 8, Zeile 32 bis Seite 9, Zeile 15 in Verbindung mit Fig. 2 der ursprünglichen Anmeldung.
2.1 Artikel 123(2) EPÜ
2.1.1 Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass die Umformulierung der ursprünglichen Ausdrücke "Datenübertragungseinrichtung" bzw. "Datenendeinrichtung" in "Datenübertragungsgerät" bzw. "Datenendgerät" unzulässige Änderungen der Ansprüche darstellten (vgl. angefochtene Entscheidung, Abschnitte II.3 und II.5).
2.1.2 Die Kammer ist jedoch der Ansicht, dass - auch wenn der Begriff "Einrichtung" in der Regel breiter als der Begriff "Gerät" zu interpretieren ist - die Abbildung Fig. 4 der ursprünglichen Anmeldung bereits zeigt, dass als Datenübertragungseinrichtung eine Schnurlos-basisstation ("SLB") und als Datenendeinrichtung ein Schnurlosmobiltelefon ("SLM"), also "Datengeräte", verwendet werden. Hieraus folgt, dass die beanstandeten Änderungen nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen.
2.1.3 Folglich erfüllt dieser Antrag das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ.
2.2 Artikel 52(1) EPÜ: Neuheit und erfinderische Tätigkeit
Die Kammer urteilt, dass Anspruch 1 dieses Antrags nicht die Erfordernisse des Artikels 52(1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ erfüllt. Die Gründe sind wie folgt:
2.2.1 Die Prüfungsabteilung befand, dass der Gegenstand des früheren Anspruchs 1 zwar neu aber nicht erfinderisch gegenüber D1 sei, da sowohl die Aufteilung der beanspruchten Funktionen auf die jeweiligen Geräte als auch die architektonische Anordnung der beanspruchten Geräte selbst naheliegende Entwurfsmöglichkeiten für den Fachmann darstellten (vgl. angefochtene Entscheidung, Abschnitt II.1.2).
2.2.2 Nach Auffassung der Kammer offenbart D1 in Bezug auf die Terminologie des Anspruchs 1 die folgenden Merkmale:
Eine Datensenke/-quelle (siehe Gesamtsystem in Fig. 3) für ein leitungsvermitteltes Netz ("ISDN/POTS") und paketvermitteltes Netz ("Internet"), mit
a) einem Datenübertragungsgerät ("Steuereinrichtung 71" des "Infrastruktur-Router 7") zum Senden und Empfangen von Daten in das leitungsvermittelte bzw. aus dem leitungsvermittelten Netz, das mit dem leitungsvermittelten Netz verbindbar ist (siehe Spalte 9, Zeilen 38-46 und Fig. 3);
b) einem Datenverarbeitungsgerät ("IP-Router 72" des "Infrastruktur-Router 7") zur automatischen Verarbeitung von Daten und zum Senden und Empfangen von Daten in das paketvermittelte bzw. aus dem paketvermittelten Netz, das dem paketvermittelten Netz zuordbar ist und dem das Datenübertragungsgerät zugeordnet ist (siehe Spalte 9, Zeilen 1-17 und Fig. 3);
c) ein Datenendgerät ("Endeinrichtung 1, 2") zum Senden und Empfangen von Daten sowohl in das leitungsvermittelte bzw. aus dem leitungsvermittelten Netz als auch in das paketvermittelte bzw. aus dem paketvermittelten Netz, das dem Datenübertragungsgerät zugeordnet ist (siehe z. B. Fig. 3);
d) wobei in dem Datenübertragungsgerät Umschaltmittel ("Zwischenregister 712"; "Paketierungs-/Depaketierungseinrichtung 711"; Fig. 3) vorhanden sind, die derart steuerbar sind, dass das Datenendgerät, das in einem ersten Betriebsmodus ("leitungsorientierte Vermittlung"; "line-switching") zum Senden und Empfangen von Daten über das Datenübertragungsgerät mit dem leitungsvermittelten Netz verbunden ist, aus dem ersten Betriebsmodus in einen zweiten Betriebsmodus ("paketorientierte Vermittlung"; "IP-switching"), in dem das Datenendgerät zum Senden und Empfangen von Daten über das Datenübertragungsgerät und das Datenverarbeitungsgerät mit dem paketvermittelten Netz verbunden ist, umschaltbar ist und umgekehrt (siehe Spalte 9, Zeilen 59-64: "Über einen Steuerbefehl ... erfolgt eine Umstellung der Vermittlungsart auf leitungsorientierte bzw. paketorientierte Vermittlung ..."; Spalte 10, Zeilen 13-19: "Für den betrachteten Kanal erfolgt nun eine leitungsvermittelte Übertragung, bis erneut ein Steuerbefehl an die Einrichtung 71 ergeht, wieder auf IP-switching umzuschalten ...").
2.2.3 Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 dieses Antrags nicht neu gegenüber D1 (Artikel 54 EPÜ), abweichend von der Einschätzung der Prüfungsabteilung.
2.2.4 Die Beschwerdeführerin ist im Hinblick auf das Merkmal d) der Auffassung, dass D1 - insbesondere aufgrund der Textstelle von Spalte 4, Zeilen 27 bis 29 ("... Hierdurch hat der Nutzer ständig die Möglichkeit, die gewählte Art der Datenübertragung auf Wunsch zu wechseln") - ein "Datenrouting" beschreibe, bei dem während einer Datenübertragung ein Übertragungsartwechsel stattfinde, wohingegen die Erfindung ein "Verbindungsrouting" umsetze, bei dem ein Betriebsmoduswechsel vor der Datenübertragung durchgeführt werde. Darüber hinaus lehre D1 die Integration von Leitungs- und Paketvermittlung, anstatt diese als Alternativen gemäß der Erfindung zu benutzen (vgl. Beschwerdebegründung, Abschnitte II.1.2.1 und
II.1.2.2).
Die Kammer stellt hierzu fest, dass zum einen in den vorliegenden Ansprüchen weder ein sogenanntes "Verbindungsrouting" (d. h. eine verbindungsorientierte Verkehrswegelenkung in Abgrenzung zum verbindungslosen "Datenrouting") noch ein Betriebsmoduswechsel vor einer etwaigen Datenübertragung beansprucht wird. Zum anderen wird auch in D1 bei einem Wechsel zwischen einem Paketvermittlungs- und Leitungsvermittlungsmodus vor der Datenübertragung eine logische Verbindung aufgebaut, um die entsprechenden Daten über das jeweilige Netz übertragen zu können (siehe z. B. Spalte 10, Zeilen 1-9: "Zur Umstellung von einer Paketvermittlung auf eine Leitungsvermittlung wird zunächst ... eine Verbindung zur nächsten Vermittlungsstelle ... aufgebaut. Nach Aufbau der Verbindung werden sämtliche ankommenden Daten ... über die Line-switching-Einrichtung 73 geleitet ..." bzw. Spalte 12, Zeilen 38-41: "... Zum Führen eines Telefongespräches zwischen den Teilnehmern ... erfolgt zunächst ein Verbindungsaufbau über das Internet ..."). Somit erfolgt in D1 ein Betriebsmoduswechsel vor der eigentlichen Datenübertragung. Zudem stimmt die Kammer in diesem Zusammenhang der Auffassung der Prüfungsabteilung zu, wonach das Wort "ständig" in der zitierten Textstelle von Spalte 4, Zeilen 27 bis 29 die Möglichkeit einschließt, dass der Nutzer auch vor der Datenübertragung die Art der Übertragung wechseln kann (vgl. angefochtene Entscheidung, Abschnitt II.4.3.1).
2.2.5 Aus den oben genannten Gründen ist der Hauptantrag nicht gewährbar nach Artikel 54 EPÜ.
3. ERSTER HILFSANTRAG
Dieser Antrag unterscheidet sich vom Hauptantrag darin, dass die geänderten unabhängigen Ansprüche 1, 2, 35, 52, 63 und 64 zusätzlich angeben, dass
e) mit dem Umschalten der von dem Datenendgerät bislang genutzte Übertragungsweg zum leitungs- oder paketvermittelten Netz auflösbar und stattdessen ein neuer Übertragungsweg zum paket- bzw. leitungsvermittelten Netz einrichtbar ist, um wahlweise Dienste des paket- bzw. leitungsvermittelten Netzes in Anspruch nehmen zu können.
Das Merkmal e) ist gestützt durch die Offenbarung von z. B. Seite 11, Zeile 32 bis Seite 12, Zeile 1 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung.
3.1 Artikel 52(1) EPÜ: Neuheit und erfinderische Tätigkeit
3.1.1 Die Merkmalsanalyse und die Feststellungen bezüglich des Hauptantrags gemäß der Punkte 2.2.1 und 2.2.4 oben gilt mutatis mutandis auch für Anspruch 1 dieses Antrags.
3.1.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, dass gemäß der Lehre in D1 die Daten ohne Unterbrechung übertragen und daher zwangsweise immer parallele Verbindungen zum leitungs- und paketvermittelten Netz unterhalten werden würden, wohingegen das Merkmal e) des Anspruchs 1 vorschreibe, dass zuerst die "alte" Verbindung aufgelöst und dann die "neue" Verbindung eingerichtet wird. Mit anderen Worten würde gemäß D1 stattdessen stets eine "seamless"-Übertragung stattfinden.
Die Kammer kann sich dieser Argumentation nicht anschließen. Einerseits lässt nämlich der Wortlaut des Merkmals e) des Anspruchs 1 nicht den Schluss zu, dass der neue Übertragungsweg ausschließlich erst dann "einrichtbar" ist, wenn der bislang genutzte Übertragungsweg aufgelöst wurde. Somit können hier durchaus - zumindest temporär - auch parallele Verbindungen auftreten. Andererseits offenbart D1 unmissverständlich, dass die alte Verbindung abgebaut wird, bevor die neue Verbindung aufgebaut werden kann (siehe Spalte 4, Zeilen 56-60: "... Sobald die Überlastung des Internet wieder aufgehoben ist ... wird ggf. die leitungsvermittelte ISDN-Verbindung wieder fallen gelassen und es erfolgt erneut eine Datenübertragung über das Internet ..." bzw. Spalte 10, Zeilen 13-19: "... Daraufhin wird durch die Steuereinrichtung die durchgeschaltete Leitung abgebrochen und die eingehenden Daten werden wieder an den IP-Router 72 geleitet"). Zwar lehrt D1 im Rahmen von bestimmten Ausführungsformen, dass die Gespräche bzw. Datenübertragungen ohne Unterbrechung durchgeführt werden könnten (siehe Spalte 12, Zeilen 14-18; Spalte 13, Zeilen 18-26; Anspruch 1), jedoch ist nach Auffassung der Kammer der Druckschrift D1 nirgends zu entnehmen, dass zu jeder Zeit parallele Verbindungen zu beiden Netzen aufgebaut und unterhalten werden. Auch eine angeblich in dem Dokument D1 verwendete "seamless"-Übertragung, auf die im Vortrag der Beschwerdeführerin mehrmals hingewiesen wurde, ohne aber eine entsprechende Textpassage der D1 zitieren zu können, ist tatsächlich weder wörtlich noch inhaltlich in demselbigen zu finden.
3.2 Daher wird der Gegenstand des Anspruchs 1 durch D1 vorweggenommen. Folglich ist auch dieser Antrag nach Artikel 54 EPÜ nicht gewährbar.
4. ZWEITER UND DRITTER HILFSANTRAG
4.1 Diese Anträge unterscheiden sich vom Hauptantrag bzw. vom 1. Hilfsantrag lediglich darin, dass in den geänderten Ansprüchen jeweils die Begriffe "Datenübertragungsgerät (DÜG)" und "Datenendgerät (DEG)" durch "Datenübertragungseinrichtung (DÜE)" und "Datenendeinrichtung (DEE)" ersetzt wurden.
4.2 Nach Ansicht der Kammer haben diese unwesentlichen Änderungen keinerlei Einfluss auf die Bewertung der Neuheit gemäß der Punkte 2.2 bzw. 3.1 oben, zumal der Ausdruck "Einrichtung" im Vergleich zum Begriff "Gerät" als breiter aufzufassen ist (vgl. auch Punkt 2.1.2 oben). Daher ist auch der Gegenstand des Anspruchs 1 dieser Anträge nicht neu gegenüber D1 (Artikel 54 EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.