T 1784/10 () of 5.9.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T178410.20130905
Datum der Entscheidung: 05 September 2013
Aktenzeichen: T 1784/10
Anmeldenummer: 03790800.1
IPC-Klasse: A61K 8/04
A61K 8/92
A61K 8/37
A61K 8/39
A61K 8/55
A61Q 1/14
A61Q 19/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung einer kosmetischen und/oder dermatologischen Reinigungsemulsion
Name des Anmelders: Beiersdorf AG
Name des Einsprechenden: 01) BASF Personal Care and Nutrition GmbH
02) Dalli-Werke Wäsche- und Körperpflege GmbH & Co KG
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13
Schlagwörter: Änderung des Vorbringens der Parteien - nicht berücksichtigt
Neue Beweismittel - Zulässigkeit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (nein) - weiteres Verfahren -naheliegende Lösung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden der Einsprechenden 01 und 02 (Beschwerdeführerinnen I und II) richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrecherhaltung des europäischen Patents Nr. 1 536 752 in geändertem Umfang.

II. Der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachtete, geänderte Anspruch 1 gemäß dem damals vorliegenden Hilfsantrag 1 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem erteiltem Anspruch 1 durch die Kammer kenntlich gemacht):

"1. Verfahren zur Herstellung einer kosmetischen und/oder dermatologischen Emulsion enthaltend

a) eine wässrige Phase,

b) eine Ölphase, enthaltend mindestens 20 Gewichts-% mittelpolare Ole mit einer Polarität von 20 bis 35 mN/m, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht der Ölphase gewählt aus der Gruppe der Verbindungen Caprylylcarbonat, Isodecylneopentanoat, Isopropylpalmitat, [deleted: Cyclomethicone, ]

in einer Konzentration von 3 bis 15 Gewichts-%, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht der Emulsion

c) ein Emulgatorsystem aus

i) einem oder mehreren Emulgatoren mit einem HLB-

Wert von größer oder gleich 15 in einer

Konzentration von 0,01 bis 2,5 Gewichts-%,

jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht der

Emulsion

ii) einem oder mehreren Emulgatoren mit einem HLB-

Wert von kleiner oder gleich 10 in einer

Konzentration von 0,05 bis 1,5 Gewichts-%,

jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht der Emulsion,

neben gegebenenfalls weiteren kosmetischen Wirk-, Hilfs- und Zusatzstoffen, dadurch gekennzeichnet, dass die

Ölphase bei einer Temperatur von 15 bis 50ºC mit dem Emulgatorsystem versetzt, in die 15 bis 25ºC warme wãssrige Phase eingerührt und anschließend homogenisiert wird."

III. Im Einspruchsverfahren wurde unter anderem folgender Stand der Technik berücksichtigt:

D1: K. Funke, Die Verkürzung der Herstellzeiten kosmetischer Emulsionen durch Kaltemulgieren, Seifen-Öle-Fette-Wachse, 98 Jg.- Nr.14/1972;

D4: WO 01/01949 A1;

D5: Research Disclosure 441026, Januar 2001;

D6: T. Dietz, basis properties of cosmetic oils and their relevance to emulsion preparation, SÖFW Journal, 125 jahrgang 7/99, Seiten 2-9 and 41);

D7c:Datenblatt Arlacel® P135, PEG-30 Dipolyhydroxystearate;

D7d:Datenblatt GatteFosse M:LABR07D-08/1990, Trivasol BW, Labrasol, PEG-8 caprylic/capric glycerides;

D7e:Tween® 20 (Polysorbat-20), Auszug aus der Internet Seite http://www.omikron-online-de/lshop, showdetail,2004g,d,grund_und_wirkstoffe.grun.

IV. In der angegriffenen Entscheidung wurde unter anderem folgendes ausgeführt:

a) Das erste "jeweils" des Merkmals (b) des erteilten Anspruchs 1 beziehe sich nicht auf die aufgelisteten Verbindungen, weil es im Satzbau weit vor und abgesetzt von dieser Aufzählung stehe. Folglich könne sich "jeweils" nur auf die Gesamtheit der "mittelpolaren Öle" beziehen.

b) Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 unterscheide sich vom Verfahren nach Beispiel 10 in Dokument D4 durch eine geringfügig kleinere Menge an Ölphase (3 - 15 Gew.-% statt 15,345 Gew.-%) und sei somit neu (Artikel 52(1) und 54 EPÜ).

c) Ausgehend von D4, insbesondere Beispiel 10, als nächstliegendem Stand der Technik beruhe der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 auch unter Berücksichtigung des durch Dokument D5 illustrierten Fachwissens nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

d) Die Streichung eines der im erteilten Anspruch 1 definierten Öle ("Cyclomethicone") sei zulässig und erfülle die Erfordernisse des Artikels 123, Absätze 2 und 3, EPÜ.

e) Der Gegenstand des für gewährbar erachteten Anspruchs 1 (Wortlaut unter Punkt II, supra) unterscheide sich von der Offenbarung des Beispiels 10 von D4 auch durch den Einsatz eines anderen Ölkörpers.

f) Ausgehend von D4 stelle der Gegenstand des Anspruchs 1 auch unter Berücksichtigung der Dokumente D5 und D6 eine nicht naheliegende Alternative dar.

V. Die Beschwerdeführerin I reichte zusammen mit ihrer Beschwerdebegründung folgende zusätzliche Entgegenhaltung ein:

D16: P. Biehl, H. Gondek, B. Jackwerth, M. Neuss: "Cetiol® CC, The new benchmark for dry emollients", Cognis Deutschland GmbH, Care Chemicals, Information Cosmetic No. 1/00, April 2000, Seiten 1 bis 7.

und machte mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend, unter anderem im Hinblick auf eine Kombination von D4 mit D16.

VI. In ihrer Beschwerdebegründung erhob die Beschwerdeführerin II bezüglich der Streichung von "Cyclomethicone" Einwände unter Artikel 123 (2) und (3) EPÜ, machte aber auch mangelnde erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf Dokument D4 geltend.

VII. Mit Schreiben vom 25. Februar 2011 reichte die Beschwerdegegnerin einen geänderten Anspruchssatz als 1. Hilfsantrag ein.

VIII. In einem in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Bescheid wies die Kammer darauf hin, dass ihrer vorläufigen Ausfassung nach Dokument D16 zu berücksichtigen sei, und dass bezüglich der Frage der erfinderischen Tätigkeit die Kombination der Dokumente D4 und D16 zu diskutieren sein werde.

IX. Die mündliche Verhandlung fand am 5. September 2013 statt. In deren Verlauf zog die Beschwerdegegnerin ihren 1. Hilfsantrag zurück. Erörtert wurde insbesondere die Frage der erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf Dokument D4 - als nächstliegender Stand der Technik - und die Dokumente D16, D1 und D7d.

X. Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechenden) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents.

XI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerden.

XII. Die Argumente der Beschwerdeführerinnen (Einsprechenden), insofern sie für diese Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:

Änderung des eigenen Vorbringens

a) Es werde nicht mehr bestritten, dass eine Ölphase, welche ein einziges mittelpolares Öl (gewählt aus der definierten Gruppe) in einer Menge von 20 Gew.-% davon enthält, die Definition des Merkmals b) des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatents erfülle, trotz der Verwendung des Ausdrucks "mittelpolare Öle".

Zu den Änderungen im Vorbringen der Beschwerdegegnerin

b) Die während der mündlichen Verhandlung geäußerte Behauptung der Beschwerdegegnerin, wonach Cyclomethicone kein mittelpolares Öl im Sinne der Definition nach Anspruch 1 sei, sei erstaunlich, da sie im Widerspruch mit dem Streitpatent stehe (wonach Cyclomethicone und Dicaprylylcarbonat gleichwertig seien), und sei zudem unbewiesen. Eine erschöpfende Auseinandersetzung mit den Implikationen dieser völlig überraschend vorgebrachten Behauptung sei im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht möglich.

c) Das in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgebrachte Argument, wonach in Beispiel 10 nach D4 ein weiterer Emulgator ("PEG-8 caprylic/capric glycerides") vor der Emulgierung mit der wässrigen Phase versetzt werde, komme ebenfalls verspätet und überraschend. Zudem habe die Beschwerdegegnerin bis dahin nie geltend gemacht geschweige denn nachgewiesen, dass dieser Emulgator einen HLB-Wert von kleiner als 10 oder größer als 15 aufweise. Im Gegensatz dazu offenbare D7d für derartige Produkte ausdrücklich einen HLB-Wert von 14. Von letzterem sei in der angegriffenen Entscheidung ausgegangen worden, und bis zur mündlichen Verhandlung sei dies von der Beschwerdegegnerin auch nicht in Frage gestellt worden.

d) Daher seien diese Änderungen des Vorbringen der Beschwerdegegnerin nicht zu berücksichtigen.

Zulässigkeit des neuen Beweismittels D16

e) Die Einreichung der Druckschrift D16 stelle eine direkte Reaktion auf die Begründung der angegriffenen Entscheidung dar. D16 sei von sehr hoher Relevanz und zeige, dass der Austausch von Cyclomethicone (aus Anspruch 1 gestrichen) durch Dicaprylylcarbonat nahe lag. Daher sei D16 zuzulassen und zu berücksichtigen.

Erfinderische Tätigkeit

f) Der nächstliegende Stand der Technik sei unbestritten in Beispiel 10 der D4 beschrieben, das sich mit der Herstellung einer kosmetischen Emulsion befasse, welche unbestritten alle beanspruchten Verfahrenschritte aufweise.

g) Bezüglich der in Absatz [0013] des Streitpatents formulierten Aufgabe, "die Emulsion möglichst zeit- und energiesparen herzustellen", seien keine Wirkungsnachweise eingereicht worden, welche belegten, dass das erfindungsgemäße Verfahren Verbesserungen gegenüber dem Verfahren nach D4 aufweise. Demnach löse das Verfahren nach D4 dieselben Aufgaben wie das Streitpatent. Ausgehend von D4 könne daher die tatsächlich gelöste Aufgabe nur darin bestehen, ein weiteres Verfahren zur Herstellung von kosmetischen und pharmazeutischen Emulsionen bereitzustellen.

h) Das beanspruchte Verfahren nach dem Streitpatent unterscheide sich von dem veranschaulichten Verfahren nach Beispiel 10 von D4 durch die Natur der verwendeten mittelpolaren Öle (anstatt Cyclomethicone werde Dicaprylylcarbonat eingesetzt) und, falls Vitamin A als Ölkörper/Ölkomponente berücksichtigt werde, durch einen geringfügig kleineren Anteil an Ölphase.

i) Es sei jedoch dem Streitpatent nicht zu entnehmen, dass irgendwelche besondere Wirkungen auf einen geringfügigen kleineren Ölphaseanteil von höchstens 15 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Emulsion, zurückzuführen seien.

j) Das Ersetzen von Dicaprylyl-Carbonat durch Cyclomethicone in kosmetischen Emulsionen sei aus D16 bekannt. D16 offenbare ausdrücklich die Eignung und Verwendung von Dicaprylylcarbonat als Ersatzstoff ("Alternative") für Siliconöle, sowie die vorteilhaften Eigenschaften der Emulsionen, die derart erhalten werden können. Insbesondere erwähne D16 die - im Vergleich zu Siliconen - vergleichbar guten sensorischen Eigenschaften (hinsichtlich eines trockenen Gefühls auf der Haut), sowie die guten Reinigungseigenschaften, die durch den Einsatz von Dicaprylylcarbonat erreicht werden könnten (wie in Abbildung 7 von D16 dargestellt). Daher gebe D16 dem Fachmann den entscheidenden Hinweis, Dicaprylylcarbonat als Alternative zu Cyclomethiconölen zu verwenden. Auch die Anwendung von Dicaprylylcarbonat in einer Menge von mindestens 20 Gew.-% der Ölphase sei in D16 veranschaulicht.

k) Die von der Beschwerdegegnerin erwähnte Lehre von D1, wonach bei neuen Emulgier-Verfahren regelmäßig Schwierigkeiten auftreten, betreffe speziell Emulsionen mit hohen Anteilen an Stearin und Hartwachsen, also nicht Emulsionen der in D4 und D16 beschrieben Art. Der vorliegende Anspruch 1 erlaube zudem eine Temperatur von bis 50ºC für die Ölphase und bis 25ºC für die wässrige Phase. Da auch die in D1 erwähnten von 20 auf 25ºC "erhöhten" Emulgiertemperaturen in diesen Bereichen liegen, sei D1 bezüglich der Frage der Kombinierbarkeit von D4 und D16 nicht relevant.

l) Der Wortlaut des Anspruchs 1 schließe die Verwendung von weiteren, mit der wässrigen Phase versetzten Emulgatoren mit einem HLB-Wert von zwischen 10 und 15 nicht aus. Dies sei nicht nur aus dem Terminus "enthaltend" und der offenen Definition der wässrigen Phase ersichtlich. Vielmehr werde in der Patentschrift (Absatz [0074]) selbst offenbart, dass die wässrige Phase "Polyquaternium-Verbindungen" aufweisen könne, worunter auch wasserlösliche Emulgatoren fielen. Daher stelle das Einbringen des nicht abschließend definierten Emulgatorsystem in die Ölphase kein weiteres Unterscheidungsmerkmal gegenüber D4/Beispiel 10 dar. Auch sei nie gezeigt worden, dass ein besonderer Effekt auf diesen vermeintlichen Unterschied zurückgeführt werden könne.

m) Schließlich sei aus keiner Stelle der Patentschrift ersichtlich, dass das Ersetzen von Cyclomethicone durch Caprylylcarbonat zu instabilen Emulsionen führen könne.

n) Somit ergäben sich aus D16 die fehlenden Merkmale des beanspruchten Gegenstands gegenüber D4, wobei für den Fachmann D16 ohne weiteres mit D4 kombinierbar sei. Daher sei die beanspruchte Erfindung naheliegend.

XIII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin), insofern sie für diese Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:

Zum Wortlaut von Anspruch 1

a) Für den Fachmann falle eine Ölphase enthaltend 20 Gew.-% eines einzigen mittelpolaren Öls (gewählt aus der definierten Gruppe) eindeutig unter die Definition des Merkmals b) des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatents, trotz der Verwendung der Mehrzahl in dem Ausdruck "mittelpolare Öle".

Änderung des eigenen Vorbringens

b) Cyclomethicone sei kein mittelpolares Öl im Sinne der Definition nach Anspruch 1, so dass dessen Ersetzen durch Dicaprylylcarbonat lediglich einer rückschauende Betrachtung entspringen könne.

c) Das in Beispiel 10 von D4 veranschaulichte Versetzen der wässrigen Phase mit dem Emulgator "PEG-8 caprylic/capric glycerides" stelle einen weiteren Unterschied zum Verfahren gemäß Anspruch 1 dar, welcher bei der Erwägung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden müsse. Es werde zudem bestritten, dass der HLB-Wert dieses Emulgators erwiesenermaßen zwischen 10 und 15 liege.

Zulässigkeit der neuen Beweismittels D16

a) Der neue Druckschrift D16 zeige nicht, dass der Austausch von Cyclomethicone durch Dicaprylylcarbonat nahe lag. Daher sei D16 nicht relevant.

Erfinderische Tätigkeit

b) Der nächstliegende Stand der Technik ergebe sich aus Beispiel 10 der Druckschrift D4.

c) Die der Erfindung zugrunde liegende technische Aufgabe sei in den Absätzen [0011] und [0013] des Streitpatents angegeben. Sollte diese Aufgabe, ausgehend von dem in D4 beschrieben Verfahren, umzuformulieren sein, könne sie in der Bereitstellung eines weiteren kalt/kalt oder warm/kalt Verfahrens zur Herstellung einer kosmetischen oder pharmazeutischen Emulsion gesehen werden.

d) Ausgehend vom Verfahren des Beispiels 10 nach D4 unterscheide sich das beanspruchte Verfahren durch zumindest drei Merkmale, nämlich durch eine geringere Menge an Ölphase (Vitamin A sei der Ölphase zuzurechnen), durch die Verwendung von anderen Ölen, sowie durch das Versetzen der Ölphase mit einem einzigen, im Anspruch 1 abschließend definierten Emulgatorsystem.

e) Cyclomethicone sei ein wesentlicher Bestanteil der Zusammensetzungen nach D4, was auch aus dem Wortlaut von dessen Anspruch 1 ersichtlich sei. Darüber hinaus offenbare D4 kein Emulgatorsystem, welches alle eingesetzten Emulgatoren enthalte und mit dem die Ölphase versetzt werde. Das Argument der Beschwerdeführerinnen, wonach die in der ursprünglich eingereichten Anmeldung erwähnten Polyquaternium Emulgatoren für die wässrige Phase darstellten, sei unbewiesen und somit nicht zu berücksichtigen.

f) D1 lehre, dass bei der Herstellung von Emulsionen mit dem Einsatz von neuen Komponenten Schwierigkeiten eintreten, welche durch Temperaturerhöhungen überwunden werden können.

g) Sowohl D16 als auch D6 lehrten, dass Dicaprylylcarbonat und Cyclomethicone völlig unterschiedliche Polaritäten hätten. Dies sei etwa daraus ersichtlich, dass UV-Filterkörper in Dicaprylylycarbonat eine viel größere Löslichkeit aufweisen (Abbildung 3 von D16). In der Tat sei Cyclomethicone kein mittelpolares Öl im Sinne der Definition nach Anspruch 1. Auch werden in D16 Emulsionen mit unterschiedlichen Tröpfchengrößen erhalten, wenn Cyclomethicone durch Dicaprylylcarbonat ersetzt werde. Verfahren zur Herstellung von Emulsionen seien in D16 nicht beschrieben. Daher sei der Ersatz von Cyclomethicone durch Dicaprylylcarbonat auf Grund der unterschiedlichen Polaritäten und der zu erwartenden Instabilität der so erhältlichen Emulsionen nicht naheliegend gewesen.

h) Daraus ergebe sich, dass der Fachmann weder in D4 noch in den Dokumenten D1, D6 oder D16 irgendeinen Hinweis auf die Möglichkeit eines Austauschs von Cyclomethicone durch Dicaprylylcarbonat finde.

i) In D16 finde sich auch keinerlei Hinweis auf den Einsatz einer Menge an Dicaprylylcarbonat von mindestens 20 Gew.-%, bezogen auf die gesamte Ölphase. Wenn überhaupt, könne dieses Merkmal aus D16 nur rückschauend entnommen werden.

j) Auch wenn die Aufgabe des Streitpatents lediglich in der Bereitstellung eines weiteren Verfahrens gesehen werden könne, sei das beanspruchte Verfahren, ausgehend von dem Verfahren nach D4 auch im Hinblick auf D16 nicht naheliegend.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerden sind zulässig.

Verfahrensrechtliche Aspekte

Änderungen des Vorbringen der Parteien

2. In der mündlichen Verhandlung war es zuletzt nicht mehr strittig, dass eine Ölphase, welche ein einziges mittelpolares Öl (gewählt aus der definierten Gruppe) in einer Menge von 20 Gew.-%, bezogen auf die gesamte Menge an Ölphase enthält, unter die in Anspruch 1 enthaltene Definition des Merkmals b) fällt, und zwar trotz der Verwendung des Plural-Ausdrucks "mittelpolare Öle".

2.1 Die Kammer hat aus folgenden Gründen keine Veranlassung, von diesem Verständnis des Anspruchs 1 abzuweichen:

a) Die Patentschrift offenbart, dass die Ölphase der erfindungsgemäßen Formulierungen vollständig aus einem einzigen Öl bestehen kann (Seite 5, Zeilen 13-15 und 25-26).

b) Die Patentschrift veranschaulicht zwei Emulsionen (Beispiele 3 und 5), bei welchen jeweils ein einziges Öl verwendet wird.

2.2 Daher entschied die Kammer, diese Änderung des Vorbringen der Beschwerdeführerinnen zuzulassen und zu berücksichtigen (Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 13(3) VOBK).

3. Bezüglich der in der mündlichen Verhandlung erstmals geäußerten Behauptung, wonach Cyclomethicone kein mittelpolares Öl im Sinne der Definition nach Anspruch 1 sei, merkt die Kammer Folgendes an:

a) Diese verspätet vorgebrachte Behauptung widerspricht dem gesamten Inhalt des Streitpatents.

b) Mit dieser Behauptung hat die Beschwerdegegnerin demnach die Gegenparteien und die Kammer überrascht.

c) Es liegt kein zwingender Beweis für die Richtigkeit der besagten Behauptung vor, zumindest keiner der in der mündlichen Verhandlung ohne Weiteres nachzuvollziehen gewesen wäre.

Die Kammer entschied daher, diese verspätet vorgebrachte Behauptung unberücksichtigt zu lassen (Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 13(3) VoBK).

4. Bezüglich der von der Beschwerdegegnerin auch erstmalig während der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Arguments, wonach der HLB-Wert der in Beispiel 10 von D4 verwendeten "PEG-8 caprylic/capric glycerides" nicht notwendigerweise im Bereich 10 bis 15 liege, stellt die Kammer Folgendes fest:

a) Die Beschwerdegegnerin hat keinerlei Beweis oder nachvollziehbare Begründung für das Gegenteil vorgelegt.

b) Hingegen ist in Dokument D7d, welches ein derartiges kommerzielles Produkt (Labrasol®) beschreibt, ein Wert von ca. 14 ausdrücklich angegeben (wie in der angegriffenen Entscheidung anerkannt).

c) Mit dieser von den Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung abweichenden Behauptung hat die Beschwerdegegnerin demnach die Gegenparteien und die Kammer überrascht.

Die Kammer entschied daher, dieses verspätet vorgebrachte Argument ebenfalls unberücksichtigt zu lassen (Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 13(3) VoBK).

Neues Beweismittel D16 - Zulässigkeit zum Verfahren

5. D16 wurde mit der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin I (Einsprechenden 01) eingereicht.

5.1 Die Kammer sieht in der Einreichung von D16 mit der Beschwerdebegründung eine Reaktion auf eine erst in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgenommene Änderung von Anspruch 1 (Streichung von Cyclomethicone) und die anschließende Begründung der angefochtene Entscheidung.

5.2 Zudem geht aus D16 unmittelbar und ausdrücklich hervor, dass die sensorischen Eigenschaften von Dicaprylylcarbonat denen von Silikonen gleich kommen, und dass Dicaprylylcarbonat bezüglich Emulgierbarkeit und Stabilität der erhältlichen Emulsionen Vorteile gegenüber Cyclomethicone aufweist (siehe: Seite 1 "Properties; Seite 2, linke Spalte, fünfter Absatz, und rechte Spalte, erster Absatz, Tabelle vor Figur 1 und Absatz unter Figur 1; Figur 7).

Für die Kammer ist die Relevanz von D16 bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit somit bereits prima facie ersichtlich.

[deleted: ]

5.3 Die Beschwerdegegnerin hatte genügend Zeit und Gelegenheit, sich zu Dokument D16 zu äußern, und hat dies auch ausgiebig getan. Dementsprechend beanstandete sie dessen spätes Einreichen auch nicht.

5.4 Die Kammer entschied daher, D16 ins Verfahren zuzulassen (Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 12(2) und (4) RPBA).

Erfinderische Tätigkeit

Die Erfindung

6. Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer kosmetischen und/oder dermatologischen Reinigungsemulsion (siehe Abschnitt [0001] des Streitpatents).

Nächstliegender Stand der Technik

7. Dokument D4, und insbesondere das darin enthaltene Beispiel 10, wurde in der mündlichen Verhandlung von allen Parteien als geeigneter Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen. Auch für die Kammer stellt das in Beispiel 10 von D4 offenbarte Verfahren aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem beanspruchten Verfahren und der in D4 ebenfalls angesprochenen Zielsetzungen den nächstliegenden Stand der Technik dar.

7.1 Insbesondere ist D4 mit Reinigungszusammensetzungen (Titel) befasst, welche überlegene Reinigungseigenschaften aufweisen sollen, ohne dabei irritierende Eigenschaften zu haben, insbesondere bei empfindlicher Haut und Augen (Seite 1, Zeilen 7 bis 11). Darüber hinaus sollen die Zusammensetzungen nach D4 der Haut auch ein angenehmes, nicht öliges Nachgefühl (Seite 2, Zeilen 1 bis 4) verleihen.

7.2 Die Zusammensetzungen nach D4 enthalten ein flüssiges Esteröl, welches unter anderem aus der Klasse der Ester mit verzweigten und asymmetrischen Alkylketten ausgewählt sein kann (Seite 8, erster Absatz), und gegebenenfalls ein flüssiges Siliconöl (Seite 2, Zeilen 6 bis 20). Mischungen aus zwei oder drei Esterölen sind bevorzugt (Seite 8, letzter Absatz).

7.3 Beispiel 10 von D4 veranschaulicht die Herstellung einer 0/W Emulsion, welche unter anderem folgende Bestandteile enthält (Tabelle E, Seite 35):

- 78,81 Gew.-% Wasser;

- 15 Gew.-% einer Ölphase (Isononylisononanoate, Hexyldecyl und Butyloctyl Benzoate, Cyclomethicone), wobei Cyclomethicone mehr als 30 Gew.-% davon darstellt;

- 1,1 Gew,-% von PEG-30-Dipolyhydroxystearate (ein Emulgator mit einem HLB Wert von 6,0, nach dem Datenblatt D7c);

- 0,69 Gew.-% einer 1:1 Mischung aus Vitamin A Alkohol und Tween-20/Polysorbat-20, einem Emulgator mit einem HLB-Wert von 16,7 (siehe Datenblatt D7e).

Beispiel 10 enthält somit 0,345 Gew.-% von diesem Emulgator.

7.4 Die Emulsion des Beispiels 10 von D4 wird wie folgt hergestellt (Seite 34, Zeilen 10 ff):

Die Ölphase wird mit dem Emulgatorsystem (d.h. PEG-30-Dipolyhydroxystearate sowie Polysorbat-20) gemischt, wobei die Temperatur dabei maximal 45ºC beträgt. Die wässrige Phase wird durch Mischen von Wasser mit "PEG-8-caprylic/capric glycerides" bei 25 ºC erhalten. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Emulgator "PEG-8-caprylic/capric glycerides" eine HLB Wert von etwa 14 aufweist, siehe D7d und Punkt 2.2 (Seite 8, zweiter Absatz) der angegriffenen Entscheidung, und somit kein Emulgator gemäß der Definition laut vorliegendem Anspruch 1. Die lipophile Phase (aus Ölkörper und Emulgatorsystem) wird zur wässrigen Phase bei 25 ºC gegeben, und zwar unter konstanter Rührung bis die Emulsion homogen ist.

7.5 Es war bis zuletzt streitig, ob die Menge des im Beispiel 10 von D4 verwendeten Vitaminalkohols dem Gesamtgewicht der Ölphase zuzurechnen ist oder nicht. Diesbezüglich wurde argumentiert, dass Vitamin A kein Ölkörper sei.

7.5.1 Anspruch 1 definiert aber eine Ölphase (spricht also, streng betrachtet, nicht von einer Ölkomponente oder einem Ölkörper). Vitamin A Alkohol ist unbestritten öllöslich, d.h. er bildet mit Ölen eine einzige Phase. Beispiel 10 von D4 (Seite 34, Zeilen 10 bis 20) offenbart zudem, dass Vitamin A Alkohol bei der Herstellung der lipophilen Phase zugesetzt wird, und zwar bis die Mischung homogen ist.

7.5.2 Daraus ergibt sich für die Kammer eindeutig, dass Vitamin A Alkohol auch im Rahmen von D4 als Teil der Ölphase zu berücksichtigen ist, wodurch die Menge an letzterer laut Berechnung der Beschwerdegegnerin 15,345 Gew.-%, bezogen auf des Gesamtgewicht der Emulsion ausmacht.

7.6 Während der mündlichen Verhandlung ist erstmalig auch ausgeführt worden, dass die in Beispiel 10 von D4 durch Mischen von Wasser mit "PEG-8-caprylic/capric glycerides" bei 25 ºC erhaltene wässrige Phase ein weiteres Unterschiedsmerkmal gegenüber dem beanspruchten Gegenstand darstellt. Mit anderen Worten schließe der Wortlaut des Anspruchs 1 die Verwendung von weiteren, mit der wässrigen Phase versetzten Emulgatoren aus. Hierzu merkt die Kammer Folgendes an:

7.6.1 Aus dem Wort "enthaltend" ist ersichtlich, dass die gemäß Anspruch 1 herzustellende Emulsion offen definiert ist. Auch die Definition der wässrigen Phase ist offen.

7.6.2 Dies wird auch durch die Patentschrift selbst bestätigt, da in Absatz [0074] angegeben ist, dass die wässrige Phase "Polyquaternium-Verbindungen" enthalten könne, worunter auch (wasserlösliche) oberflächenaktive Verbindungen fallen.

7.6.3 Zudem offenbart D7d, dass "PEG-8-caprylic/capric glycerides" einen HLB-Wert von 14 hat (also zwischen 10 und 15).

7.6.4 Demnach ist "PEG-8-caprylic/capric glycerides" weder ein Emulgator mit einem HLB-Wert von kleiner oder gleich 10 noch ein Emulgator mit einem HLB-Wert größer oder gleich 15. Somit fällt er nicht unter der Definition des Emulgatorsystem des Anspruchs 1.

7.6.5 Daher stellen die Merkmalen, die das Versetzen der Ölphase mit dem definierten Emulgatorsystem betreffen, für die Kammer kein weiteres Unterscheidungsmerkmal gegenüber D4/Beispiel 10 dar.

Aufgabe

8. In der mündlichen Verhandlung hat sich die Beschwerdegegnerin generell auf die folgende, im Streitpatent (Absatz [0011], letzter Satz, und Absatz [0013]) genannte Aufgabe berufen:

a) gründlich reinigende Reinigungszubereitungen in Form von Emulsionen bereitzustellen, welche die Haut nicht reizen, sondern vielmehr einen angenehmen samtig, weich, gepflegten und doch reinlichen sensorischen Eindruck auf der haut zurücklassen, und

b) welche in der Herstellung möglichst zeit- und energiesparend sind.

8.1 Es ist jedoch unstreitig, dass diese im Streitpatent genannte Aufgabe durch die Zusammensetzung gemäß D4/Beispiel 10 bereits gelöst ist. Zu diesem Schluss ist auch die Kammer gelangt, insbesondere im Hinblick auf Folgendes:

8.1.1 D4 ist in der ursprünglich eingereichten Anmeldung jedoch nicht gewürdigt. Die unter Punkt 8 supra genannte technische Aufgabe ist aber bereits in der Anmeldung so formuliert worden, das heißt ohne Berücksichtigung der Offenbarung von D4.

8.1.2 Es wurde nicht vorgetragen, dass die Teilaufgabe a) (Punkt 8, supra) durch die Zusammensetzung nach Beispiel 10 von D4 nicht gelöst wird. Ferner wurde zuletzt nicht mehr bestritten, dass die Teilaufgabe b) (Punkt 8, supra) auch durch das Verfahren gemäß dem Beispiel 10 nach D4 gelöst wird, in dessen Rahmen eine wässrige Phase mit einer relativ niedrigen Temperatur von 25ºC eingesetzt wird.

8.1.3 Es liegt kein Vergleich mit einer Zusammensetzung nach D4, Beispiel 10, vor. Die Beispiele 1 bis 5 des Streitpatents betreffen lediglich Rezepturbeispiele ohne Wirkungsnachweis, die in der Tabelle des Absatzes [0100] zusammengefasst sind.

8.1.4 Dem Streitpatent ist auch nicht zu entnehmen, dass besondere Wirkungen auf einen geringfügigen kleineren Ölphaseanteil von höchstens 15 Gew.-% der gesamten Emulsion zurückzuführen sind. Vielmehr enthalten die im Streitpatent veranschaulichten Rezepturen 1 und 4 alle einen Ölphaseanteil von über 15 Gew.-%, so dass die obere Grenze von 15 Gew.-% nicht als kritisch angesehen werden kann.

8.2 Es ist daher nicht gezeigt worden, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 laut Hauptantrag im Vergleich zu dem Verfahren nach D4, Beispiel 10, eine wie auch immer geartete Verbesserung darstellt.

8.3 Dementsprechend kann die durch das beanspruchte Verfahren tatsächlich gelöste Aufgabe - unter Berücksichtigung der Kategorie von Anspruch 1 - lediglich in der Bereitstellung eines weiteren, ebenfalls zeit- und energiesparenden Verfahrens zur Herstellung einer kosmetischen und/oder dermatologischen Emulsion mit vergleichbaren Eigenschaften sein.

Lösung

9. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das geänderte Streitpatent nunmehr das Verfahren gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 (Hauptantrag) vor (siehe Punkt II, supra), welches unter anderem durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist (Hervorhebungen durch die Kammer):

"eine Ölphase, enthaltend mindestens 20 Gewichts-% mittelpolare Öle mit einer Polarität von 20 bis 35 mN/m, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht der Ölphase gewählt aus der Gruppe der Verbindungen Caprylylcarbonat, Isodecylneopentanoat, Isopropylpalmitat, in einer Konzentration von 3 bis 15 Gewichts-%, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht der Emulsion".

Naheliegen der Lösung

10. Es verbleibt demnach zu untersuchen, ob es ausgehend von dem Herstellverfahren gemäß D4/Beispiel 10 für den mit der technischen Aufgabe befassten Fachmann eine naheliegende Möglichkeit darstellt, die Komponenten der zu bildenden Emulsion derart abzuwandeln, dass sich dabei eine wie in Anspruch 1 definierte Zusammensetzung ergibt.

11. Dokument D4

11.1 D4 (Seite 9, Zeilen 13 und 14) offenbart auch Zusammensetzungen, welche 5 bis 10 Gew.-% an Reinigungszusammensetzung (enthaltend Ester- und Siliconöle), daher weniger als 15 Gew.-% an Ölphase enthalten. Ferner veranschaulicht D4 in Beispiel 11 eine Zusammensetzung enthaltend 9 Gew.-% an Ölphase. Daraus ergibt sich, dass der mit der technischen Aufgabe befasste Fachmann auch Zusammensetzungen mit Ölphase-Anteilen von weniger als 15 Gew.-% durchaus, und zwar ohne erfinderisches Zutun, als eine Möglichkeit in Betracht ziehen würde.

11.2 Was die "mittelpolaren Öle" angeht, stellt die Kammer fest dass Isodecylneopentanoat und Isopropylpalmitat als solche in D4 zwar nicht explizit erwähnt sind, aber von der Lehre der D4 bezüglich der als Komponenten der Ölphase in Frage kommenden, bevorzugten Ester mitumfasst sind (siehe den die Seiten 7 und 8 verbindenden Absatz, insbesondere Seite 8 "Ester mit asymmetrischen Alkylketten"). Mit anderen Worten werden in D4 derartige Öle als geeignete Bestandteile der Ölphase der Zusammensetzungen angesehen. Allerdings enthält D4 keinerlei Hinweis auf die Anwendung von Dialkyl-Carbonaten wie Caprylylcarbonat.

12. Dokument D16

12.1 D16 betrifft hingegen unstreitig die Verwendung eines der drei laut vorliegendem Anspruch 1 einsetzbaren mittelpolaren Öle, nämlich (Di)Caprylylcarbonat, (als "dry emollient") in kosmetischen Zubereitungen zur Pflege der Haut. In D16 (Seite 1 "Properties", Seite 2, linke Spalte, fünfter Absatz) werden unter anderem Eigenschaften wie Spreitbarkeit, Hautverträglichkeit, Hautreinigungswirkung und Emulgierbarkeit dieses Produkts hervorgehoben. Bereits angesichts dieses Eigenschaftsprofils würde der von D4 ausgehende Fachmann Dicaprylycarbonat mit Sicherheit als einen potentiell geeigneten, alternativen Ölphasen-Bestandteil ansehen.

12.2 In Figur 6 von D16 wird eine kosmetische Zubereitung zur Reinigung der Haut exemplifiziert, welche unter anderem 7,5 Gew.-% Isopropylpalmitat (von der Lehre der D4 umfasster Ester, siehe Punkt 14.2, supra) und 7,5 Gew.-% eines Mineralöls als "Emollients" enthält. Aus Figur 7 von D16 in Verbindung mit dem Absatz zwischen Figur 6 und Figur 7 geht hervor, dass ein teilweiser Austausch dieser Emollients (minus 1,5 Gew.-% der jeweiligen Öle) mit Dicaprylycarbonat (plus 3 Gew.-%) zu einer tendenziell besseren Reinigungswirkung in Vergleich zu Cyclomethicone führt. Diese Information würde der Fachmann als zusätzliche Anregung verstehen, das Ersetzen von zumindest einem Teil der Ölphasenkomponenten der Zusammensetzung laut Beispiel 10 von D4 durch Dicaprylylcarbonat zu erwägen.

12.3 D16 enthält keine ausdrücklichen allgemeinen Angaben zu gegebenenfalls einzuhaltenden Mengen-Verhältnissen von Dicaprylylcarbonat zur gesamten Ölphase. Allerdings beträgt in der exemplifizierten Zusammensetzung (siehe den Absatz zwischen den Figuren 6 und 7 von D16: teilweiser Ersatz von Isopropypalmitat und Mineralöl durch Dicaprylylcarbonat) das Verhältnis der mittelpolare Öle Isopropylpalmitat und Dicaprylylcarbonat zu der gesamten Ölphase mehr als 20 Gew.-%. Die mittelpolaren Öle Isopropylpalmitat (7.5% minus 1.5%) and Dicaprylylcarbonat (3 Gew.-%) machen zusammen 9 Gew.% der Emulsion aus. Die Gesamtmenge an Ölphase beträgt 15 Gew.%, inklusive der 7,5% minus 1,5% Mineralöl). Demnach liegen die beiden mittelpolaren Öle in einer Menge von etwa 56%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Emulsion vor.

12.4 Es stellt sich noch die Frage, ob der mit der technischen Aufgabe befasste Fachmann Veranlassung hatte, in der konkreten Zusammensetzung gemäß Beispiel 10 von D4, den Cylcomethicone-Anteil von etwa 30%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Ölphase, teilweise oder vollständig durch das in D16 empfohlene Dicapyrylylcarbonat zu ersetzen, um derart zu einer weiteren, schnell und energiesparend herstellbaren Zusammensetzung zur Hautreinigung mit vergleichbaren Eigenschaften zu gelangen.

12.5 Grundsätzlich lehrt D16, dass ein hoher Anteil an Dicaprylylcarbonat in Hautreinigungszusammensetzungen von Vorteil ist. Die weiteren, in D16 (Seiten 5 und 6) offenbarten Zusammensetzungen enthalten stets einen hohen Anteil des mittelpolaren Dicaprylylcarbonats. Die letzte der auf Seite 5/7 von D16 beschriebenen Zusammensammensetzungen wird mittels eines kalt/kalt Verfahrens hergestellt, bei dem das Emulgatorsystem mit der Ölphase versetzt wird. Dies illustriert, dass Dicaprylylcarbonat, entsprechend der ausdrücklich betonten einfachen Emulgierbarkeit (D16, Seite 1/7: "readily emusifiable"), durchaus auch für den Einsatz im Rahmen eines energiesparenden kalt/kalt Emulgierverfahrens geeignet ist. Die Möglichkeit eines teilweisen oder gänzlichen Austauschs des Cyclomethicones in Hautpflege-Emulsionen, auch in solchen die nach einem kalt/kalt Verfahren hergestellbar sind, ergibt sich daher unmittelbar aus D16. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das dort verdeutlichte Eigenschaftsprofil (siehe z.B. die Figuren 1 bis 4 und 7), welches Dicaprylylcarbonat als sehr interessante Alternative zu dem bekannten Cyclomethicone erscheinen lässt.

12.6 Den Hinweisen in D16 folgend, würde der Fachmann ausgehend von D4, Beispiel 10, das Abwandeln dieser Zusammensetzung durch den Einsatz von Dicaprylylcarbonat in einem Anteil von gleich oder mehr als 20 Gew.-%, bezogen auf die gesamte Ölphase, unmittelbar als eine erfolgversprechende Lösung der technischen Aufgabe in Betracht ziehen. Dabei würde sowohl der vollständige als auch ein lediglich partieller Austausch des Cyclomethicone-Anteils in der Zusammensetzung gemäß Beispiel 10 von D4 in naheliegender Weise zu einem Verfahren zur Herstellung einer Emulsion mit einer Zusammensetzung wie in Anspruch 1 definiert führen.

12.7 Daher beruht das Verfahren laut vorliegendem Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52(1) und 56 EPÜ).

13. Der einzige Antrag der Beschwerdeführerin ist demnach nicht gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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