T 1673/10 () of 18.10.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T167310.20121018
Datum der Entscheidung: 18 October 2012
Aktenzeichen: T 1673/10
Anmeldenummer: 01984662.5
IPC-Klasse: F25D 23/02
F25D 29/00
A47L 15/42
A47L 15/46
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 145 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Griff mit Anzeigeelement für ein Einbauelektrogerät
Name des Anmelders: BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH
Name des Einsprechenden: Arçelik Anonim Sirketi
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit: Haupt- und 1. Hilfsantrag - nein, Hilfsantrag 2 - ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Zwischenentscheidung vom 7. Juli 2010 hat die Einspruchsabteilung das Europäische Patent Nr. 1319158 (EP 01984662.5 auf der Basis der internationalen Patentanmeldung PCT/EP01/10496, Veröffentlichungsnummer WO-A-02/23106) in geändertem Umfang aufrechterhalten.

In ihrer Entscheidung kam die Einspruchsabteilung insbesondere zum Ergebnis, dass die durch die hinzugefügte Abhängigkeit "nach Anspruch 1" im erteilten Anspruch 4 vorgenommene Änderung den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genüge, und dass das Gerät gemäß dem erteilten Anspruch 1 neu und erfinderisch sei.

II. Gegen vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Einsprechende mit einem am 5. August 2010 eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet und die Beschwerdebegründung am 17. November 2010 nachgereicht.

III. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom

18. Oktober 2012 folgende Anträge gestellt:

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents Nr. 1 319 158.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) stellte als Hauptantrag die Zurückweisung der Beschwerde und damit die Aufrechterhaltung des Patents in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung. Hilfsweise beantragte sie unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß einem der folgenden Hilfsanträge:

- Hilfsantrag 1, mit der Beschwerdeerwiderung vom 21. März 2011 eingereicht;

- Hilfsantrag 2, wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht; oder

- Hilfsantrag 3, mit Eingabe vom 11. September 2012 eingereicht.

IV. Der Anspruch 1 bzw. der Anspruch 4 der Anträge der Beschwerdegegnerin hat folgenden Wortlaut (Änderungen in den Hilfsanträgen sind durch Unterstreichen gekennzeichnet):

a) Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (Anspruch 1 wie erteilt):

" Einbauelektrogerät für den Einbau hinter einer Möbelfrontplatte (2, 12), mit einer schwenkbaren Frontklappe (4, 14) zur Befestigung der Möbelfrontplatte (2, 12) und einem an der Möbelfrontplatte (2, 12) anbringbaren Griff (7, 8) zum Schwenken der Frontklappe, dadurch gekennzeichnet, dass an dem Griff (7, 8) wenigstens ein Anzeigeelement (9) zum Anzeigen eines Betriebszustandes oder einer Betriebsgröße des Einbauelektrogeräts angeordnet ist."

b) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1:

" Vollintegriertes Einbauelektrogerät ... [mit den Merkmalen des Anspruchs 1 des Hauptantrags]."

c) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2:

" Vollintegriertes Einbauelektrogerät für den Einbau hinter einer Möbelfrontplatte (2, 12), mit einer schwenkbaren Frontklappe (4, 14) zur Befestigung der Möbelfrontplatte (2, 12) und einem an der Möbelfrontplatte (2, 12) anbringbaren Griff (7, 8) zum Schwenken der Frontklappe, dadurch gekennzeichnet, dass an dem Griff (7, 8) wenigstens ein Anzeigeelement (9) zum Anzeigen eines Betriebszustandes oder einer Betriebsgröße des Einbauelektrogeräts angeordnet ist, dass der Griff (7a,7b,8) eine mit Hilfe von Abstandsstücken (7a,7b) vor der Möbelfrontplatte (2,12) anbringbare Stange (8) umfasst, und dass das Anzeigeelement (9) an einem der Abstandsstücke (7a) angeordnet ist."

d) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3:

" Vollintegriertes Einbauelektrogerät ... [mit den Merkmalen des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2], und dass das Anzeigeelement (9) zwischen einer versenkten Position und einer ausgefahrenen Position schwenkbar ist."

e) Anspruch 4

Die Anspruchssätze gemäß sämtlichen Anträgen der Beschwerdegegnerin weisen folgenden abhängigen Anspruch 4 auf (Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 4 sind durch Unterstreichen gekennzeichnet):

" Einbauelektrogerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es eine Geschirrspülmaschine ist."

V. Von der Beschwerdeführerin zitierte relevante Beweismittel:

Dl: JP-A- 02-230026, mit Deutscher Übersetzung (D1a)

D3: WO-A- 97/026486

D7: DE-C- 43 37 363

D8: DE-A- 198 59983

D9: DE-U- 72 16 918, in der Eingabe eines Dritten vom 16. August 2012 genannt.

VI. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

- Aufgrund des Weglassens besonderer, im Absatz [0009] des Patents definierter Befestigungsmaßnahmen stelle der geänderte Anspruch 4 eine nicht offenbarte Verallgemeinerung des im Absatz [0011] definierten Einbaugeräts und damit auch eine unzulässige Änderung im Sinne von Artikel 123(2) EPÜ dar. Ähnlicherweise sei das Adjektiv "vollintegriert" des Anspruchs 1 der Hilfsanträge nicht allgemein für Elektrogeräte, sondern stets im Zusammenhang mit Kühlschränken oder Geschirrspülern offenbart; die verallgemeinerte Anwendung dieses Begriffs sei demnach ursprünglich nicht offenbart und stelle eine unzulässige Erweiterung im Sinne von Artikel 123(2) EPÜ dar.

- Das beanspruchte Einbauelektrogerät gemäß Hauptantrag und Hilfsantrags 1 sei sowohl von der D1 als auch von der spät vorgebrachten, aber prima facie relevanten, -und daher auch in das Verfahren zuzulassenden -, D9 neuheitsschädlich vorweggenommen. Zum einen schließe der Wortlaut des Anspruchs 1 Elektroeinbauöfen, wie aus D1 bekannt, nicht aus. Zum anderen könne die Ofenglastür bei modernen Küchen durchaus identisch mit den restlichen Möbelfrontplatten ausgebildet sein, nämlich dann, wenn die Frontflächen der Küchenelemente und -schränke auch aus Glasplatten bestehen. Zudem sei es für den Fachmann aus den Zeichnungen der D9 entnehmbar, dass die Platte 4 eine auf die Kühlschranktür montierte Möbelfrontplatte darstelle und somit die D9 den Oberbegriff des Anspruchs 1 zeige. Ferner entsprächen die im Bereich des Griffes 9 angeordneten Anzeigen 5,6 gemäß der in den letzten zwei Absätzen der Seite 4 beschriebenen Ausführungsformen dem kennzeichnenden Merkmal des Anspruchs 1.

- Der im Anspruch 1 des Hauptantrags bzw. des Hilfsantrags 1 definierte Gegenstand beruhe außerdem auf keiner erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von der gattungsgemäßen Ausführungsform gemäss den Figuren 1 und 2 der Entgegenhaltung D8 stelle sich die aus dem Kennzeichen herleitbare technische Aufgabe, ein Elektroeinbaugerät zu schaffen, bei dem die Anzeige sichtbar sei. Der auf dem Gebiet von Kücheneinbaugeräten tätige Fachmann würde D7, D3, oder D9 heranziehen und in naheliegender Weise einen daraus bekannten, mit integrierten Anzeigen versehenen Griff auf die Möbelfrontplatte des vollintegrierten Elektroeinbaugeräts gemäß D8 montieren.

- Die Hilfsanträge 2 und 3 seien spät, nicht unmittelbar nach dem Ladungsbescheid eingereicht worden und daher nicht zuzulassen.

- Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 sei nicht erfinderisch. Die neu hinzugefügten kennzeichnenden Merkmale seien nämlich an sich aus D7, D3 und D1 bekannt und fügten dem im Hilfsantrag 1 definierten Gegenstand nichts Erfinderisches hinzu. Zudem könne die Auswahl aus lediglich zwei Möglichkeiten, die Anzeigen an den Griff anzubringen, nämlich entweder direkt auf die Griffstange oder auf einen Abstandshalter, keinen erfinderischen Schritt begründen.

VII. Die Beschwerdegegnerin stützt sich im Wesentlichen auf folgende Argumente:

- Artikel 123(2) EPÜ sei nicht verletzt, da sowohl die Ausführungsform des beanspruchten Einbauelektrogeräts als Geschirrspülmaschine als auch der Begriff "vollintegriert" ursprünglich offenbart seien.

- Das im Anspruch 1 des Hauptantrags bzw. Hilfsantrags 1 definierte Einbauelektrogerät sei neu, da weder D1 noch D9 ein Einbauelektrogerät für den Einbau hinter einer Möbelfrontplatte offenbare; die D1 betreffe einen herkömmlichen Ofen mit einer schwenkbaren Glastür und die D9 einen Gefrierschrank mit einem Korpus 1 und einer werkseitig montierten Tür 4.

- Der zuständige Fachmann, nämlich der Maschinenbauingenieur, der sich speziell mit der Entwicklung von vollintegrierbaren Elektroeinbaugeräten beschäftige, habe keinen Anlass, D3, D7 oder D9 heranzuziehen. Jedes der drei Dokumente D3 (Backofen), D7 (Küchenmöbel mit Klimafach) und D9 (Gefrierschrank) betreffe ein mit einem beim Haushaltsgerätehersteller werkseitig montierten Griff versehenes Gerät. Ganz anders sei es bei vollintegrierten Küchenmöbeln üblich, bei welchen die Griffe von dem Küchenmöbelhersteller anzufertigen und, anders als bei anderen Elektrogeräten, vor Ort auf die Möbelfrontplatte anzubringen seien. Der Hauptantrag und der Hilfsantrag 1 erfüllten daher die Erfordernisse des Artikels 52(1) EPÜ.

- Die Hilfsanträge 2 und 3 seien eine Reaktion auf die neu in das Verfahren gebrachte D9 und demnach zuzulassen.

- Die weiter einschränkenden Merkmale des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrags 2, welche weder trivial noch aus einer der zitierten Entgegenhaltungen an sich bekannt seien, fügten dem beanspruchten Gegenstand eine weitere erfinderische Unterscheidung hinzu.

VIII. Am Schluss der Verhandlung hat die Kammer ihre Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Anspruch 4 sämtlicher Anträge

Der Anspruch 4, welcher in der erteilten Fassung unabhängig war, wurde lediglich auf den Anspruch 1 rückbezogen und somit abhängig gemacht.

Der abhängige Anspruch 4 betrifft eine Ausführungsform des im Anspruch 1 allgemein angegebenen Einbauelektrogeräts, nämlich eine Geschirrspülmaschine. Die Offenbarung für dieses technische Beispiel findet sich im Absatz [0011] des Patents bzw. im letzten Absatz der Seite 1 der veröffentlichten Anmeldung WO-A-02/23106.

Die aus einem Rückbezug bestehende Änderung des Anspruchs 4 ist in dieser Form eindeutig offenbart.

Es bedarf hier keineswegs der Aufnahme sämtlicher Merkmale des Absatzes [0011] oder der im Absatz [0009] des Patents definierten speziellen Befestigungsmaßnahmen mittels Bohrungen in der Möbelfrontplatte, da diese Merkmale ganz offensichtlich nur fakultative, weiterbildende Maßnahmen für die den Merkmalen des Anspruchs 1 entsprechende Geschirrspülmaschine definieren.

Somit genügt der für sämtliche Anträge geänderte Anspruch 4 den Vorschriften des Artikels 123(2) EPÜ.

3. Hauptantrag und Hilfsantrag 1

3.1 Auslegung des Anspruchs 1 - Artikel 123(2) EPÜ

3.1.1 Die strittige, von den Parteien debattierte Frage betrifft die im Titel des beanspruchten Gegenstands Definition eines Einbauelektrogeräts für den Einbau hinter einer Möbelfrontplatte.

Die Kammer ist zur Überzeugung gelangt, dass ein derartiges Elektrogerät an sich komplett werkseitig hergestellt und bei der Montagearbeit des Küchenaufbaus vor Ort die Gerätetür mit einer Möbelfrontplatte abgedeckt wird, so dass das Gerät von den restlichen Küchenmöbel optisch nicht zu unterscheiden ist. In anderen Worten wird das Einbauelektrogerät "für den Einbau hinter einer Möbelfrontplatte" laut Anspruch 1 des Hauptantrags in die Küchenfront somit vollintegriert, wie es im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nochmals explizit angegeben wird. Folglich definieren die Ansprüche 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags von der Sache her denselben Gegenstand.

3.1.2 Im Übrigen steht die Offenbarung des Adjektivs "vollintegriert" außer Zweifel, siehe die explizite Benennung in Spalte 1, Zeilen 21 und 48, Spalte 3, Zeile 49 und Spalte 4, Zeile 9 des Patents und die entsprechend korrespondierenden Textstellen der Anmeldungsveröffentlichung WO-A. Es liegt daher kein Verstoß gegen Artikel 123(2) EPÜ vor.

3.1.3 Es kann an dieser Stelle noch vermerkt werden, dass,

- wie von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung bestätigt -, die Definition eines vollintegrierten Einbauelektrogeräts die üblichen Elektroofen bzw. -herde, welche üblicherweise eine werkseitig montierte Glastür aufweisen, als Gegenstand des Anspruchs 1 gänzlich ausschließt.

3.2 Neuheit

3.2.1 Gegenüber D1

In Folge der oben festgelegten Bestimmung eines vollintegrierten Einbauelektrogeräts wird der beanspruchte Gegenstand von dem in D1 offenbarten Elektrokochapparat nicht neuheitsschädlich vorweggenommen.

Der Kochapparat gemäß D1 lässt sich zwar möglicherweise durch Einschieben in einem entsprechend angefertigten aufnehmenden Küchenmöbel einbauen, dies entspricht aber nicht der Definition eines vollintegrierten Einbaugeräts, da es für den Einbau hinter einer Möbelfrontplatte weder geeignet noch ausgebildet ist. Die gängigen Elektroöfen weisen eine werkseitig am Korpus befestigte Glastür auf, die bekanntlich allein aus Feuersicherheitsaspekten von keiner weitere Materialschicht verkleidet bzw. abgedeckt wird, schon gar nicht von einer herkömmlichen, in der Regel nicht hitzebeständigen und vor Ort durch die Küchenmonteure anzubringenden Möbelfrontplatte.

Die für die Ofentür eingesetzte Glasscheibe kann auch nicht als Möbelfrontplatte im Sinne des Streitpatents betrachtet werden, da die Glasscheibe per Definition die Ofentür bildet und somit ganz spezielle Eigenschaften hinsichtlich Hitzebeständigkeit, Bruchfestigkeit usw. aufweisen muss. Eine derartige Glasscheibe einer Ofentür ist vom Material her beschränkt und kann offensichtlich nicht an jedes beliebige Frontplattenmaterial von Küchenmöbeln optisch angepasst werden.

Das beanspruchte vollintegrierte Einbauelektrogerät ist somit gegenüber dem Kochapparat gemäß D1 neu.

3.2.2 Gegenüber D9

Die D9 wurde durch Eingabe eines Dritten vom 16. August 2012 genannt und von der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 18. September 2012 zur Frage der Neuheit herangezogen. Da die spät vorgebrachte D9 einen prima facie relevanten Stand der Technik darstellt, wurde sie von der Kammer in das Verfahren zugelassen.

Allerdings konnte eine detaillierte Analyse der D9 die prima facie Relevanz hinsichtlich der Neuheit nicht bestätigen; die diesbezüglichen Erwägungen der Kammer sind wie folgt.

Der Fachmann, der auf dem Gebiet von Küchenelektrogeräten, wie Gefrierschränken, tätig ist, wird bei objektiver Analyse der D9 lediglich einen herkömmlichen Einbaugefrierschrank mit einem Schrankkorpus 1 und einer den Gefrierraum abschließenden Schwenktür 4 erkennen, vgl. Seite 3, Zeilen 10 bis 12 des letzten Absatzes. Die von der Beschwerdeführerin genannten Beschreibungsstellen der D9, nämlich Seite 1, Zeilen 14 bis 17 und Seite 3, dritter Absatz, sind keine klaren und eindeutigen Angaben dahingehend, dass die Gefrierschranktür 4 eine darauf aufgesetzte Möbelfrontplatte aufweisen soll. Es kann daraus lediglich entnommen werden, dass nach dem Einbau des Gefrierschranks dessen Frontseite bzw. -fläche, also die Geräteschranktür 4, in gleicher Ebene mit benachbarten Geräten bzw. Möbelteilen der Küche liegen soll. Dabei verdeckt die Gerätetür die an den oberen und unteren Rändern des Schrankkorpus 1 angeordneten Belüftungsgitter 2,3 weitgehend, so dass sich der Gefrierschrank einheitlich in das globale Erscheinungsbild einfügt. Das Konzept

des einheitlichen Erscheinungsbilds betrifft also die optisch geschlossene, in einer Ebene liegende Möbel- und Gerätefront und nicht, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, eine die Tür 4 des Gefrierschranks verkleidende, separat aufgesetzte Möbelfrontplatte.

Das Aufbringen einer derartigen Möbelfrontplatte kann auch nicht von den Figuren entnommen werden. Die in den Figuren 2 und 3 mit Bezugsziffer 4 dargestellte Tür betrifft durchgehend in der Beschreibung die Tür des Gefrierschranks.

Die auf Seite 3 der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 18. September 2012 dargestellte Auslegung der Figuren 2 und 3 der D9, nämlich dass die auf der Innenseite des Teils 4 (Tür) angeordnete dünne Doppelplatte die Gerätetür und das Teil 4 die verkleidende Möbelfrontplatte darstellten, lässt sich weder aus den Figuren selbst, noch von der Offenbarung in der Beschreibung der D9 nachweisen. Die Interpretierung der Figuren und die daraus gewonnene Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin beruhen auf einer rückschauenden Betrachtung mit dem Versuch, Ähnlichkeiten mit dem beanspruchten Gegenstand zu konstruieren, da das Element 4 der Figuren 2 und 3 aufgrund des Dickenverhältnisses gegenüber der dünnen Doppelplatte, wenn vom Fachmann objektiv betrachtet, zweifellos die Gerätetür darstellt.

Somit unterscheidet sich der beanspruchte Gegenstand gegenüber der D9 zumindest durch das Merkmal eines Einbauelektrogeräts für den Einbau hinter einer Möbelfrontplatte.

3.2.3 Die anderen Entgegenhaltungen wurden nur zur Frage der erfinderischen Tätigkeit genannt und nehmen ganz offensichtlich die Neuheit des beanspruchten Gegenstands auch nicht vorweg.

Das im Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag 1 definierte Gerät erfüllt somit die Erfordernisse der Artikel 52(2) und 54(1) EPÜ.

3.3 Erfinderische Tätigkeit

3.3.1 Die Ausführungsform einer Haushalt-Geschirrspülmaschine gemäss den Figuren 1 und 2 der D8 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar.

An der schwenkbaren Frontklappe 5 ist eine Möbelfrontplatte 8 befestigt, an welcher ein Griff zum Schwenken der Frontklappe angebracht ist; die Geschirrspülmaschine 1 der D8 ist daher hinter einer Möbelfrontplatte 8 vollständig verdeckt, somit vollintegriert eingebaut (siehe Spalte 2, Zeilen 33 bis 35 und Spalte 3, Zeilen 9 bis 30).

3.3.2 Der Unterschied des in Anspruch 1 des Hauptantrags und auch des Hilfsantrags 1 definierten Einbauelektrogeräts besteht aus den kennzeichnenden Merkmalen, nämlich dass an dem Griff wenigstens ein Anzeigeelement zum Anzeigen eines Betriebszustandes oder einer Betriebsgröße des Einbauelektrogeräts angeordnet ist.

Die daraus herleitbare technische Aufgabe ist, im Einklang mit der im Absatz [0008] des Patents definierten Problemstellung, ein vollintegriertes Einbauelektrogerät zu schaffen, bei dem eine sichtbare Anzeige eines Betriebszustands oder einer Betriebsgröße möglich ist.

Der Fachmann, der sich mit dieser Aufgabe beschäftigt, ist nicht nur auf dem relativ engen technischen Gebiet der vollintegrierten Einbauelektrogeräte tätig, sondern verfügt auch über Kenntnisse bezüglich der handelsüblichen Haushalt-Elektrogeräte und verfolgt dabei auch die technische Entwicklung von Küchengeräten allgemein.

3.3.3 Der Fachmann würde demnach auch das Dokument D7 betrachten, welches ein in eine Küchenfront integrierbares Küchenmöbel mit Klimafach zum Erwärmen/Kühlen betrifft (siehe Anspruch 1; Beschreibung, Spalte 2, Zeilen 26 bis 42).

An der aus einer inneren Metallauskleidung 3 und einer Frontplatte 4 bestehenden Tür (vgl. Spalte 3, Zeilen 9 bis 13 und Anspruch 2) ist eine Griffstange 10 mittels Abstandshalterelementen befestigt (vgl. Figur 2 und 9; Spalte 3, Zeile 67 bis Spalte 4, Zeile 2).

In der Ausführungsform gemäß der Figur 9 (siehe Spalte 4, Zeilen 13 bis 15) ist die Griffstange 10 mit integrierten Schaltern 11 und Anzeigeelementen versehen; durch die Anzeigeelemente werden selbstverständlich entweder Betriebszustände oder Betriebsgrößen angezeigt.

Der Fachmann entnimmt daher die Lehre, Betriebszustände bzw. -größen auch bei geschlossener Tür eines Einbauelektrogeräts nach außen sichtbar anzuzeigen, nämlich konkret entsprechende Anzeigeelemente in den Türgriff zu integrieren.

Der Fachmann würde diese Maßnahme bei dem in den Figuren 1 und 2 der D8 dargestellten Einbaugerät ohne erfinderisches Zutun anwenden, zumal die damit zusätzlich gewonnenen Vorteile mit der Vorgabe einer vollverkleideten Gerätefrontfläche dadurch uneingeschränkt kombiniert werden. Er würde die in D7 angeregte Lösung gegenüber der in den Figuren 3 bis 8 der D8 dargestellten Variante der Geschirrspülmaschine zweifellos bevorzugen, da gemäss dieser alternative Gestalt die Anzeigen zwar auch sichtbar sind, aber dafür die Griff- und Anzeigeleiste den oberen Teil der Frontfläche des Elektrogeräts benötigt und daher keine vollständige Abdeckung durch die Möbelfrontplatte, also keine Vollintegrierung der Geschirrspülmaschine, mehr möglich ist.

3.3.4 Der beanspruchte Gegenstand wird also durch die Zusammenschau der D8 und D7 nahegelegt und beruht auf keiner erfinderischen Tätigkeit. Die Erfordernisse der Artikel 52(1) und 56 EPÜ sind nicht erfüllt.

4. Hilfsantrag 2

4.1 Zulässigkeit

Der mit Schriftsatz vom 11. September 2012 vorgebrachte Hilfsantrag 2 wird als Reaktion der Beschwerdegegnerin auf die mit Eingabe von Dritten vom 16. August 2012 genannte D9 angesehen und deshalb zugelassen.

Die vorgenommenen Änderungen erfüllen die formellen Kriterien, insbesondere des Artikels 123 EPÜ, da der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 auf der Kombination des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 und des abhängigen Anspruchs 9 wie erteilt beruht, und die abhängigen Ansprüche sowie die Beschreibung an den neu beanspruchten Gegenstand lediglich angepasst wurde.

4.2 Erfinderische Tätigkeit

Die Kammer kann der von der Beschwerdeführerin vorgetragene Begründung nicht zustimmen, im Wesentlichen deshalb nicht, weil die hinzugefügten Merkmale des Anspruchs 9 wie erteilt, welche die Lage der Anzeigeelemente in einem der für die Montage der Griffstange eingesetzten Abstandsstücke definieren, aus keiner der diesbezüglich zitierten Entgegenhaltungen D1, D3 und D7 bekannt sind.

Die Abstandsstücke gemäß dem Patent sind Bauelemente, mittels welcher der als Stange ausgebildete Türgriff mit Abstand an der Möbelfrontplatte befestigt wird; dieses Merkmal kann nicht so ausgelegt werden, als könnten darunter auch Ausführungsformen fallen, bei welchen Anzeigeelemente direkt am Griff, und zwar in einem näheren Bereich von, - im Sinne auf der Höhe von -, irgendwelchen Befestigungsbereichen angeordnet sind.

Die beanspruchte Lage der Anzeigeelemente am Abstandsstück der Griffstange ist weder mit der einstückig geformten Griffleiste 10 der D1, noch mit der die Anzeigeelemente 9 bzw. 11 tragende Griffstange 4 bzw. 10 der D3 bzw. D7 vergleichbar.

Diese Verlagerung der Anzeigeelemente im Vergleich zu der direkt im Griff integrierten Lage erbringt auch technische Effekte, wie eine größere Flexibilität bei der Auswahl des die Griffstange bildende Materials und auch einen Schutz der Anzeigeelemente vor Verschmutzung bzw. Verschleiß beim Türschwenken mittels Eingriff des Benutzers an der Griffstange.

4.2.1 Die Anordnung der Anzeigeelemente in ein Abstandsstück ist ohne Vorbild im zitierten Stand der Technik und liegt auch nicht im Rahmen der üblichen Maßnahmen, die der Fachmann ohne erfinderisches Zutun anwenden könnte.

Das beanspruchte vollintegrierte Einbauelektrogerät gemäß Hilfsantrag 2 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

Der Einspruchsgrund nach Artikel 100(a) EPÜ steht damit der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.

5. Hilfsantrag 3

Aufgrund der obigen Feststellung bezüglich des Hilfsantrags 2 erübrigt sich eine Entscheidung über den Anspruchssatz gemäß dem Hilfsantrag 3.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Patentansprüche 1 bis 9, während der mündlichen Verhandlung eingereicht;

- Beschreibungsseiten 2 bis 4, während der mündlichen Verhandlung eingereicht;

- Figuren 1 bis 5, wie erteilt.

Quick Navigation