T 1636/10 () of 4.12.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T163610.20121204
Datum der Entscheidung: 04 Dezember 2012
Aktenzeichen: T 1636/10
Anmeldenummer: 05007503.5
IPC-Klasse: F16F 1/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 100 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wellfeder mit definierter progressiver Federkennlinie
Name des Anmelders: Muhr und Bender KG
Name des Einsprechenden: Christian Bauer GmbH & Co.
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 83
Schlagwörter: Ausführbarkeit - bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0409/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die am 4. Juni 2010 zur Post gegebene Entscheidung über den Widerruf des Europäischen Patents Nr. EP 1 586 788 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr am 30. Juli 2010 Beschwerde eingereicht. Die Beschwerde begründung wurde am 27. September 2010 eingereicht.

II. Die Einspruchsabteilung war zu der Auffassung gekommen, dass die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart ist, dass sie ein Fachmann ausführen kann.

III. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Der erteilte Anspruch 1 lautet:

"Axial wirksame Wellfeder aus einem geschlossenen Ringkörper mit einer zentralen x-Achse, der über dem Umfang periodisch gewellt ist, wobei die Wellenlinie zwischen einer Mehrzahl gleich großer Minima und gleich großer Maxima jeweils monoton steigend oder fallend verläuft und wobei in Minima und Maxima der Wellenlinie Anlagepunkte des Ringkörpers gegenüber achsnormalen Anlageflächen gebildet werden, dadurch gekennzeichnet, dass der Ringkörper von jedem Minimum und Maximum aus gehend in jeder Umfangsrichtung jeweils zumindest zwei aneinander anschließende Wellen linien abschnitte aufweist, die bei zunehmender axialer Belastung einzeln nach einander flachgedrückt werden und mit den Anlage flächen zur Anlage zu bringen sind."

V. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Nach Auffassung der Einspruchsabteilung könne der Fach mann dem Streitpatents nicht entnehmen wie die erfindungs gemäßen zwei Wellenlinienabschnitte auszu gestalten seien, damit sie bei zunehmender axialer Belastung einzeln nacheinander flachgedrückt werden. Dies sei jedoch nicht richtig, da z. Bsp. die Figur 1 des Streitpatents die Wellenlinie einer Wellenfeder zeige, mit der dieser Effekt erreicht werde. Folglich offenbare Figur 1 des Streitpatents zumindest ein funktionsfähiges Ausführungs beispiel.

Da es gemäß der ständigen Recht sprechung der Beschwerde kammern ausreiche, dass das Patent einen Weg zur Aus führung der Erfindung zeigt, damit die Erfindung aus reichend offenbart ist, genüge das Streitpatent sehr wohl den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ.

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Das Streitpatent beschreibe zwar in Figur 1 eine Aus führungsform der Erfindung. Jedoch reiche ein einziges Ausführungsbeispiel nicht grundsätzlich dafür aus, die Erfindung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fach mann sie ausführen kann.

Da die Beschreibung nicht angebe, wie die die Wellen linienabschnitte abgrenzenden Anlagepunkte min1, min1' und max1 bzw. min2, min2' und max2 festgelegt werden sollen, könnten diese auch infini tesimal nahe aneinander liegend gewählt werden. Eine solche Wahl der Anlage punkte würde aber zu einer Wellenlinie führen, mit der das im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegebene Merkmal nicht erreicht werde. Folglich sei die Erfindung nicht über ihren gesamten Schutzumfang ausführbar, wie es z. Bsp. T 409/91 erfordere und genüge somit nicht den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Ausreichende Offenbarung

2.1 Entsprechend der gängigen Rechtsprechung der Beschwerde kammern (siehe Rechsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes, 6. Auflage, Juli 2010, II.A.3) ist eine Erfindung im Prinzip ausreichend offenbart, wenn dem Fachmann mindestens ein Weg zu ihrer Ausführung eindeutig aufgezeigt wird.

Im vorliegenden Fall ist in Figur 1 des Streitpatents die Wellenlinie einer erfindungsgemäßen Wellenfeder im Vergleich mit einer Wellenfeder aus dem Stand der Technik dargestellt. Diese Figur stellt eine Zeichnung mit den genauen Angaben der Abmessung der Feder dar, die den Fachmann in die Lage versetzt, ohne erfinderi sches Zutun eine erfindungsgemäße Feder nachzubauen. Folglich offenbart das Patent mindestens einen Weg zur Ausführung der Erfindung.

2.2 Die Beschwerdegegnerin vertritt die Ansicht, dass es mit der Lehre des Patents vereinbar wäre, die Lage der Anlagepunkte min1, min1' und max1 bzw. min2, min2' und max2 infinitesimal nahe aneinander zu wählen. Da aber eine solche Wahl zu einer Wellenlinie führe, die das Merkmal des kennzeichnenden Teils nicht erfülle, sei die Erfindung nicht über ihren gesamten Bereich ausführbar und folglich nicht aus reichend offenbart.

Es stimmt zwar, dass das Patent nicht ausdrücklich ausschließt, die Anlagepunkte infinitesimal nahe aneinander zu positionieren. Für den Fachmann - einen Maschinen bauer -, der das Patent mit der Bereitschaft auslegt, die erfindungsgemäße Wellenfeder funktionsfähig auszugestalten, ist es jedoch offen sichtlich, dass unter den im Anspruch 1 angegebenen Ab schnitten konkrete, messbare Bereiche zu verstehen sind und nicht in An lehnung an die Infinitesimalrechnung theoretische verschwindend kleine Abschnitte, mit denen die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 nicht zu erreichen sind. Vielmehr würde er nur solche Wellen linien abschnitte vorsehen, die bei zunehmender axialer Belastung einzeln nach einander flachgedrückt werden und mit den Anlage flächen zur Anlage kommen können. Aus gehend vom Beispiel nach Figur 1 und unter Berück sichti gung der übrigen Beschreibung ist der Fachmann aufgrund seines Fachwissens somit ohne weiteres in der Lage, die erfindungsgemäße Wellenfeder über einen sinnvollen, funktions fähigen Bereich auszuführen.

Folglich genügt das Streitpatent den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Die Sache wird zur weiteren Prüfung an die Einspruchsabteilung zurück verwiesen.

Quick Navigation