T 1629/10 (Kommunikationsnetz/CLAAS) of 20.9.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T162910.20130920
Datum der Entscheidung: 20 September 2013
Aktenzeichen: T 1629/10
Anmeldenummer: 07104913.4
IPC-Klasse: H04L 29/08
A01B 79/00
A01B 79/02
A01D 41/127
A01D 43/08
H04L 29/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kommunikationsnetz mit einer Mehrzahl von Knoten, die auf mobilen Maschinen installiert sind, und Betriebsverfahren dafür
Name des Anmelders: CLAAS Selbstfahrende Erntemaschinen GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - bejaht (nach Änderung)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 07104913.4. Die angefochtene Entscheidung stützte sich darauf, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 eines am 10. Juni 2009 eingegangenen Anspruchssatzes nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte (Artikel 56 und 97(2) EPÜ).

II. Die Beschwerdeführerin beantragte in der Beschwerdebegründung sinngemäß, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen. Hilfsweise wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

III. In einer mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung ergangenen Mitteilung wies die Kammer auf die in der mündlichen Verhandlung zu erörternden Punkte hin, insbesondere, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die Druckschriften

D1: WO 00/58800 A1 und

D3: T. Adachi et al: "A Handoff Examination of a Hybrid System Using Cellular and Ad-Hoc Modes", IEICE Trans. Comm., Vol. E83-B, No. 11, November 2000, Seiten 2494 bis 2500

beruht.

IV. Mit einem am 17. September 2013 eingegangenen Fax reichte die Beschwerdeführerin weitere Anspruchssätze gemäß einem ersten und einem zweiten Hilfsantrag ein.

V. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 20. September 2013 statt.

Im Laufe der mündlichen Verhandlung ersetzte die Beschwerdeführerin alle bestehenden Anträge durch einen einzigen Antrag, dessen Anspruch 1 in der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit auf der Grundlage des neu eingereichten Anspruchs 1 sowie der am 10. Juni 2009 eingereichten Ansprüche 2 bis 12 zur weiteren Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

VI. Nach Schließen der Debatte und interner Beratung der Kammer wurde die Entscheidung verkündet.

VII. Anspruch 1 wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht lautet:

"Kommunikationsnetz mit einer Mehrzahl von Knoten (1, 4), die mit Sender-Empfängereinheiten (16; 5, 9) für leitungsungebundene Kommunikation ausgestattet sind, darunter als mobile Knoten (1) bezeichnete Knoten, die auf mobilen Maschinen (2a, 2b, 3a, 3b, 3c) installiert sind, dadurch gekennzeichnet, dass jedem Knoten (1, 4) ein Speicher (11) für Betriebsparameterprofile (P2a, P2b, P3a, P3b, P3c) mehrerer der mobilen Maschinen (2a, 2b, 3a, 3b, 3c) zugeordnet ist und dass jeder Knoten (1; 4) eingerichtet ist, in dem ihm zugeordneten Speicher gespeicherte Profile über seine Sender-Empfängereinheit (16; 5, 9) auszustrahlen und anhand eines von einem anderen Knoten (1; 4) her empfangenen Profils einer der mobilen Maschinen das in dem ihm zugeordneten Speicher (11) gespeicherte Profil dieser Maschine zu aktualisieren und wobei die Knoten (1) einen ersten Betriebsmodus (S7-S16) unterstützen, in welchem die Sender-Empfängereinheiten (16) wenigstens der mobilen Knoten (1) direkt miteinander kommunizieren und einen zweiten Betriebsmodus (S1-S5) unterstützen, in welchem jeweils zwei der mobilen Knoten mittelbar über einen ortsfesten Knoten (4) miteinander kommunizieren, wobei die Sender-Empfängereinheiten der mobilen Knoten jeweils ein Endgerät für zellularen Mobilfunk umfassen, und der ortsfeste Knoten (4) eine mit den Endgeräten kompatible Basisstation (6) umfasst, die einem stationären Server (5) als Sender-Empfängereinheit dient, wobei der Server (5) dazu eingerichtet ist, in einem Speicher des Servers Profile aller mobilen Maschinen (2a, 2b, 3a, 3b, 3c) jeweils in Verbindung mit einem den Zeitpunkt ihrer Erzeugung spezifizierenden Zeitwert zu speichern und jeden übermittelten Zeitwert mit dem der gleichen mobilen Maschine (2a, 2b, 3a, 3b, 3c) zugeordneten Zeitwert in seinem Speicher zu vergleichen, um festzustellen, welches Profil das aktuellere ist."

Entscheidungsgründe

1. Anspruch 1 - Grundlage der Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

Der Anspruch 1 beruht auf den Merkmalen der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 7 und 9 sowie der Beschreibung, Seite 12, Zeilen 17 bis 22 und Seite 13, Zeile 29 bis Seite 14, Zeile 7, und erfüllt somit das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ.

2. Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

2.1 Hinsichtlich des in Anspruch 1 beanspruchten Kommunikationsnetzes ist D1 der nächstkommende Stand Technik und offenbart ein Kommunikationsnetz mit mehreren, jeweils auf einer mobilen Maschine installierten Knoten 102-1 bis 102-N (vgl. Figur 2) mit Sender-Empfängereinheiten (108, siehe Figur 1). In jedem Knoten ist ein "swath manager" 106 mit einem diesem implizit zugeordneten Speicher vorgesehen, in dem die Positionen und Kurse der anderen mobilen Maschinen gespeichert sind (vgl. Seite 5, letzter Absatz). Diese Positionen und Kurse unterfallen dem Begriff "Betriebsparameter profile" gemäß dem Anspruch 1. Weiterhin ist jeder Knoten 102 dazu eingerichtet, in dem ihm zugeordneten Speicher gespeicherte Profile über seine Sender-Empfängereinheit auszustrahlen und anhand eines von einem anderen Knoten empfangenen Profils einer der mobilen Maschinen das in dem ihm zugeordneten Speicher gespeicherte Profil dieser Maschine zu aktualisieren (vgl. D1, Seite 11, Zeilen 22 bis 29 und die Ansprüche 20 bis 22).

2.2 Das beanspruchte Kommunikationsnetz unterscheidet sich von dem aus D1 bekannten Netz zumindest durch die Merkmale, dass die Sender-Empfängereinheiten der mobilen Knoten jeweils ein Endgerät für zellularen Mobilfunk umfassen, und der ortsfeste Knoten eine mit den Endgeräten kompatible Basisstation umfasst, die einem stationären Server als Sender-Empfängereinheit dient, wobei der Server dazu eingerichtet ist, in einem Speicher des Servers Profile aller mobilen Maschinen jeweils in Verbindung mit einem den Zeitpunkt ihrer Erzeugung spezifizierenden Zeitwert zu speichern und jeden übermittelten Zeitwert mit dem der gleichen mobilen Maschine zugeordneten Zeitwert in seinem Speicher zu vergleichen, um festzustellen, welches Profil das aktuellere ist.

Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, aufgrund der Ausstattung des ortsfesten Knotens mit einer Basisstation und einem Server seien aktuelle Betriebsparameterprofile aller mobilen Maschinen in dem ortsfesten Knoten vorhanden. Falls die mobilen Knoten nicht unmittelbar, d.h. über eine direkte Funkverbindung, miteinander kommunizieren können, gestatte der ortsfeste Knoten eine mittelbare Kommunikation zwischen den mobilen Knoten und trage dadurch zu einem sicheren Datenaustausch bei.

Die Kammer folgt dieser Argumentation der Beschwerdeführerin. Ausgehend von D1 besteht die objektive technische Aufgabe der Erfindung somit darin, einen sicheren Datenaustausch zwischen den mobilen Knoten zu gewährleisten.

2.3 Bei der Suche nach einer Lösung der genannten Aufgabe würde der Fachmann auch die Druckschrift D3 berücksichtigen, die sich ebenfalls mit der Kommunikation zwischen mobilen Knoten befasst. D3 offenbart ein System mit mobilen und ortsfesten Knoten, wobei die mobilen Knoten miteinander entweder über eine direkte Funkverbindung ("ad hoc", siehe die Figur 1) oder mittelbar über eine Basisstation eines zellularen Mobilfunksystems ("cellular", vgl. Figur 1) kommunizieren. Jedoch führt die Druckschrift D3 den Fachmann nicht zu dem weiteren Merkmal, wonach die ortsfeste Station einem stationären Server, in dessen Speicher die Profile aller mobilen Maschinen gespeichert sind, als Sender-Empfängereinheit dient. Vielmehr dient eine Basisstation in D3 lediglich als Relaisstation zwischen den mobilen Knoten. Hingegen ist nicht vorgesehen, dass die Betriebsparameterprofile in einem stationären Server ortsfest gespeichert werden. Die Basisstation in D3 ist daher nicht als Sender-Empfängereinheit eines stationären Servers, der die Betriebsparameterprofile aller mobilen Maschinen speichert, eingerichtet. Somit gelangt der Fachmann ausgehend von D1 auch unter Berücksichtigung von D3 nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.

2.4 In der angefochtenen Entscheidung wird unter Bezug auf den "802.11 Standard" ausgeführt, es sei allgemein bekannt, dass zwei Knoten miteinander entweder in einem "ad-hoc mode" oder einem "infrastructure mode" kommunizieren können (Punkt 1.3 der Entscheidungsgründe). Diese Tatsache ist jedoch bereits aus D3 bekannt, siehe Punkt 2.3 oben. Daher leitet auch das in der angefochtenen Entscheidung auf den "802.11 Standard" gestützte allgemeine Fachwissen den Fachmann nicht weiter als die Offenbarung von D3. Somit wird dem Fachmann auch durch dieses Fachwissen nicht nahegelegt, dass die Basisstation des ortsfesten Knotens einem stationären Server mit den Merkmalen des Anspruchs 1 als Sender-Empfängereinheit dient.

2.5 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

3. Zurückverweisung

Die angefochtene Entscheidung stützt sich lediglich auf den Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit gestützt auf die Druckschrift D1 sowie das allgemeine Fachwissen. Dieser Einwand ist aufgrund der vorgenommenen Änderungen nicht mehr aufrecht zu erhalten, so dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben ist.

Die Kammer hat jedoch nicht geprüft, ob die Anmeldung allen Anforderungen des Übereinkommens genügt. Daher macht die Kammer von ihrem Ermessen gemäß Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch und verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurück.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung neu eingereichten Anspruchs 1 sowie der am 10. Juni 2009 eingereichten Ansprüche 2 bis 12 zurückverwiesen.

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