European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T157510.20130920 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 September 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1575/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02700092.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | A47J 31/40 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Kaffeemaschine | ||||||||
Name des Anmelders: | ETNA Vending Technologies b.v. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Sanden Corporation | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Unzulässige Erweiterung Haupt- und Hilfsantrag (bejaht) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 4. Mai 2010, zur Post gegeben am 20. Mai 2010, das Europäische Patent Nr. 1 367 925 basierend auf dem während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrag gemäß Artikel 101(3)b) EPÜ zu widerrufen.
II. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hatte am 19. Juli 2010 Beschwerde eingelegt und am gleichen Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung war am 30. September 2010 eingegangen.
III. Mit Ladung vom 22. Mai 2013 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung in einem Bescheid gemäß Artikel 15(1) VOBK mit, wonach zur Frage der ursprünglichen Offenbarung des Gegenstandes des Anspruchs 1 gemäß neuem Haupt- und Hilfsantrag, wie eingereicht mit der Beschwerdebegründung, verschiedene Punkte zu klären seien. Ohne zu diesen Punkten Stellung zu nehmen, teilte die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 16. August 2013 mit, dass sie nicht beabsichtige, an der Verhandlung vor der Kammer teilzunehmen und beantragte eine Entscheidung nach Aktenlage. Daraufhin wurde der für den 11. September 2013 anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben, und das Verfahren schriftlich fortgesetzt.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents auf Grundlage der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Ansprüche gemäß Haupt- oder Hilfsantrag.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise eine mündliche Verhandlung.
V. Der unabhängige Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
Hauptantrag:
"1. Kaffeemaschine (10), umfassend eine horizontal herausnehmbare Brüheinheit (18), in welcher gemahlenes Kaffeepulver entlang einer Hauptachse (48) der
Brüheinheit (18) zwischen einem beweglichen Hubboden (28) und einem gegen den Hubboden (28) verfahrbaren Presskolben (32) in einer Brühkammer (29)
zusammengepresst, durch das zusammengepresste Kaffeepulver unter Druck heisses Wasser gepresst und anschliessend der zurückbleibende Filterkuchen durch
gemeinsames Verfahren des Hubbodens (28) und des Presskolbens (32) entlang der Hauptachse (48) aus der Brühkammer (29) herausgeschoben und quer zur Hauptachse
(48) ausgeworfen wird, wobei neben der Brüheinheit einer [sic] oder mehrere von weitere [sic] Funktionseinheiten aus einer Gruppe von Mahlwerk, Antriebseinheit, Wassererhitzungseinheit, Wasservorratsgefäss, Auffangbehälter für die Filterkuchen, Steuerelektronik in der Maschine untergebracht sind, dadurch gekennzeichnet, dass die
Brüheinheit (18) mit der Hauptachse (48) parallel zur Einschubrichtung horizontal von vorne nach hinten in die Kaffeemaschine (10) unabhängig von den einer [sic] oder mehrere [sic] weiteren Funktionseinheiten einschiebbar ausgebildet ist."
Hilfsantrag:
"1. Kaffeemaschine (10), umfassend eine horizontal herausnehmbare Brüheinheit (18), in welcher gemahlenes Kaffeepulver entlang einer Hauptachse (48) der Brüheinheit (18) zwischen einem beweglichen Hubboden (28) und einem gegen den Hubboden (28) verfahrbaren Presskolben (32) in einer Brühkammer (29)
zusammengepresst, durch das zusammengepresste Kaffeepulver unter Druck heisses Wasser gepresst und anschliessend der zurückbleibende Filterkuchen durch
gemeinsames Verfahren des Hubbodens (28) und des Presskolbens (32) entlang der Hauptachse (48) aus der Brühkammer (29) herausgeschoben und quer zur Hauptachse (48) ausgeworfen wird, wobei neben der Brüheinheit weitere Funktionseinheiten aus einer Gruppe von Mahlwerk, Antriebseinheit, Wassererhitzungseinheit,
Wasservorratsgefäss, Auffangbehälter für die Filterkuchen, Steuerelektronik usw. in der Maschine untergebracht sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Brüheinheit (18) mit der Hauptachse (48) parallel zur Einschubrichtung horizontal von vorne nach hinten in die Kaffeemaschine (10) unabhängig von den weiteren Funktionseinheiten einschiebbar ausgebildet ist, und dass der Antrieb des Hubbodens (28) und des Presskolbens (32) über einen in der Brüheinheit (18) in Richtung der Hauptachse (48) verschiebbar angeordneten Antriebsschlitten (27) erfolgt, welcher mit einem Mitnehmer (25) lösbar in Eingriff steht, der auf einer parallel zur Hauptachse (48) liegenden Gewindestange (21) sitzt und durch drehen [sic] der Gewindestange (21) entlang der Hauptachse (48) verfahrbar ist."
VI. Für die vorliegende Entscheidung wurde insbesondere
folgendes Beweismittel berücksichtigt:
D5 = EP 0761 150 A1
VII. Die Parteien haben im Wesentlichen folgende Argumente vorgetragen:
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der geänderte Anspruch 1 des Hauptantrags eine Gruppe aus signifikanten Funktionseinheiten definiere, die in der Kaffeemaschine untergebracht werden könnten, und explizit festlege, dass die Brüheinheit unabhängig von irgendwelchen dieser Funktionseinheiten, falls diese Einheiten Bestandteile der Maschine bildeten, einsetzbar sei. Anspruch 1 des Hilfsantrags spezifiziere darüber hinaus einen in der Brüheinheit angeordneten Antriebsschlitten.
Die Beschwerdegegnerin erwiderte, dass in der Anmeldung nirgends erwähnt sei, welche eine oder mehrere Funktionseinheiten aus einer Gruppe von Einheiten zwingend Bestandteil der Kaffeemaschine seien, und sich dadurch auch keine explizite Offenbarung finde, wonach die Brüheinheit unabhängig von diesen weiteren Funktionseinheiten einschiebbar sei. Anspruch 1 sei daher unzulässig erweitert.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen Hauptantrag
(Artikel 123(2) EPÜ)
2.1 Anspruch 1 des Hauptantrags wurde gegenüber Anspruch 1 wie eingereicht insofern geändert, als im Kennzeichen die beschriebene Brüheinheit nunmehr unabhängig von "den einer oder mehrere weiteren Funktionseinheiten", also bei korrekter Schreibweise "unabhängig von der einen oder den mehreren" im Oberbegriff genannten weiteren Funktionseinheite(n), einschiebbar ausgebildet ist.
Der Wortlaut des Anspruchs 1 muss bei vernünftiger Lesart folglich so verstanden werden, dass die beschriebene Brüheinheit entweder unabhängig von jeder einzelnen, oder aber auch unabhängig von beliebig mehreren aus der Gruppe der im Oberbegriff genannten Funktionseinheiten einschiebbar ausgebildet ist: vgl. Punkt 1 des Kammerbescheids vom 22. Mai 2013, erster Absatz.
2.2 Wie von der Beschwerdegegnerin sinngemäß argumentiert, ist bei dieser Auslegung des Anspruchs 1 die Brüheinheit daher nun zwingend von einer (bzw. mehreren) ganz konkreten Funktionseinheit(en) der Kaffeemaschine, z.B. von der Steuerelektronik oder Wassererhitzungseinheit unabhängig einschiebbar. Daraus folgt, dass dann die anderen der im Oberbegriff genannten Bauteile offenbar auch auf der Brüheinheit angeordnet sein und mit dieser gemeinsam eingeschoben werden können: Beispielsweise genau so, wie in Figur 2 (links oben) und Figur 1 (links: Pfeil der Einschubrichtung) der D5 gezeigt, wo die Brüheinheit ("Extraktionsvorrichtung 20") zusammen mit einer Antriebseinheit ("Antriebsorgan 24") und einem Mahlwerk ("zwei Mühlen 22,23") horizontal eingeschoben wird.
Aus der Anmeldung sind jedoch nur zwei Varianten des Einschubs der Brüheinheit 18 in Bezug auf die Anordnung irgendwelcher weiteren Funktionseinheiten zu entnehmen: nämlich die zwei Ausführungsbeispiele nach Figur 3 und 4 in Zusammenhang mit Figur 2 und der zugehörigen Beschreibung. Die Kammer stimmt daher mit der Auffassung der Beschwerdegegnerin überein, wonach solcherart im Kennzeichen des Anspruchs 1 definierte verschiedenartige Brüheinheiten, welche von ganz bestimmten im Oberbegriff genannten einzelnen oder mehreren Funktionseinheiten unabhängig einschiebbar ausgebildet sind, keine Basis in der ursprünglichen Anmeldung finden.
2.3 Darüber hinaus erhebt sich für die Kammer die Frage, welche Bauteile für den Fachmann in der Anmeldung eigentlich unmissverständlich der "Antriebseinheit" oder der "Steuerelektronik" zugeordnet werden müssen, vgl. Kammerbescheid vom 22. Mai 2013, Punkt 1, erster Absatz. So wird der Antrieb des Hubbodens 28 und des Presskolbens 32 in der Ausführungsform nach Figur 3 z.B. durch einen Zahnstangenmechanismus von einem in der Brüheinheit 18 verfahrbar angeordneten Antriebsschlitten 27 bewegt: siehe Anmeldung, Seite 9, zweiter Absatz, und Figur 2. In der Ausführungsform nach Figur 4 hingegen ist in der Brüheinheit 18 jedenfalls ein separater Kolbenantrieb 33 vorgesehen: siehe Anmeldung, Seite 10, erster Absatz. Zur Steuerelektronik schweigt sich die Anmeldung aus (außer einem nicht dargestellten Mikroschalter: siehe Anmeldung, Seite 9, letzter Absatz). Im Umkehrschluss lässt sich somit die ursprüngliche Offenbarung einer Unabhängigkeit der Brüheinheit von der "Antriebseinheit" bzw. der "Steuerelektronik" unmittelbar und eindeutig aus der Anmeldung nicht ableiten: vgl. wieder Punkt 1 des Kammerbescheids vom 22. Mai 2013.
Die Kammer kommt daher zum Ergebnis, dass eine Unabhängigkeit der Brüheinheit von konkreten im Oberbegriff genannten einzelnen oder weiteren Funktionseinheiten, insbesondere von der Antriebseinheit und der Steuerelektronik, jedenfalls für den Fachmann ursprünglich nicht offenbart ist.
2.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
3. Änderungen Hilfsantrag
(Artikel 123(2) EPÜ)
3.1 Nach Auffassung der Kammer geht aus der ursprünglichen Anmeldung für den Fachmann nicht unmittelbar und eindeutig hervor, welche "Funktionseinheiten ... usw." im Oberbegriff des geänderten Anspruchs 1 neben der Brüheinheit in Zusammenhang mit den Bauteilen der Kaffeemaschine tatsächlich angesprochen werden, ganz zu schweigen von einer Brüheinheit im Kennzeichen des Anspruchs, deren Einschub dann unabhängig von solchen "usw. Funktionseinheiten" ausgebildet sein soll: vgl. Punkt 1 des Kammerbescheids vom 22. Mai 2013, zweiter Absatz.
3.2 Die Problematik, dass sich zudem auch die Unabhängigkeit der Brüheinheit von der "Antriebseinheit" bzw. "Steuerelektronik" aus der Anmeldung nicht unmissverständlich ableiten lässt, gilt für Anspruch 1 des Hilfsantrags mutatis mutandis, siehe Punkt 2.3 dieser Entscheidung.
3.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag geht daher ebenfalls über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, im Gegensatz zu den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ.
4. Rechtliches Gehör
(Artikel 113 (1) EPÜ)
Die Beschwerdeführerin hatte auf den Kammerbescheid vom 22. Mai 2013 in ihrer Eingabe vom 16. August 2013 eine Entscheidung nach Aktenlage beantragt. Sie verzichtete in dieser Eingabe jedoch darauf, zu den in der Mitteilung von der Kammer erhobenen, entscheidungs-erheblichen Fragen Stellung zu nehmen. Da die Kammer, basierend auf dem bisherigen Vorbringen der Parteien und ohne rechtliche oder tatsächliche Fragen aufzuwerfen in der Lage war, diese Fragen zu entscheiden, war eine unmittelbare Entscheidung unter Wahrung des rechtlichen Gehörs beider Parteien seitens der Kammer möglich.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.