European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T149910.20131212 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 Dezember 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1499/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04703172.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 77/20 B32B 27/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Wiederverschliessbare Verpackung | ||||||||
Name des Anmelders: | Wipak Walsrode GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Nordenia Technologies GmbH 3A Technology & Management AG |
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Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Alternative Spät eingereichte Hilfsanträge - Anträge hätten bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden können |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent 1 590 260 zu widerrufen, Beschwerde eingelegt und die Aufhebung der Entscheidung und die Zurückweisung der Einsprüche, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Basis eines ersten oder zweiten Hilfsantrages, beantragt. Für den Fall, dass dem Hauptantrag nicht im schriftlichen Verfahren entsprochen werden kann, wurde hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt.
II. In der vorliegenden Entscheidung sind die folgenden Dokumente aus dem Einspruchsverfahren zitiert:
D2 = EP-A-1 053 952
D3 = EP-A-1 138 610
D6 = DE-A-100 05 038
D7 = EP-A-1 006 056
D8 = EP-A-0 118 060
sowie aus dem Beschwerdeverfahren das folgende Dokument:
D2' = DE-T2-600 00 220 (entspricht einer deutschen Fassung des Patents erteilt zu D2)
III. Zwei Einsprüche waren gegen das Streitpatent unter Artikel 100 (a) EPÜ, wegen mangelnder Neuheit (Einsprechende I) und erfinderischer Tätigkeit (Einsprechende I und Einsprechende II), sowie unter Artikel 100 (b) EPÜ, weil das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, als dass der Fachmann sie ausführen könne (Einsprechende I), eingelegt worden.
Die Einspruchsabteilung entschied, dass das Streitpatent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann und somit die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ erfüllt sind. Sie entschied weiters, dass der Gegenstand von Anspruch 1 in der erteilten Fassung neu ist, insbesondere gegenüber D2, aber dass es dem Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung an der notwendigen erfinderischen Tätigkeit gegenüber einer Kombination der Lehren von D3 mit D7 mangelt.
Die Patentinhaberin reichte in der mündlichen Verhandlung auch nach einer diesbezüglichen Rückfrage der Einspruchsabteilung keinerlei Hilfsanträge ein.
Das Streitpatent wurde darauf widerrufen.
IV. Mit Bescheid vom 10. Oktober 2013, als Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung vor der Kammer, teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung im Hinblick auf die Ansprüche 1?22 des Streitpatents in der erteilten Fassung gemäß dem Hauptantrag sowie den Ansprüchen 1-22 des ersten und zweiten Hilfsantrags mit.
V. Mit dem Schreiben vom 28. Oktober 2013 teilte die Beschwerdeführerin nur mit, dass sie nicht an der angesetzten mündlichen Verhandlung teilnehmen werde und ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückziehe; andere Ausführungen wurden nicht gemacht.
Daraufhin wurde der Termin zur mündlichen Verhandlung von der Kammer mit Entscheidung vom 21. November 2013 aufgehoben.
VI. Die Beschwerdegegnerin I (Einsprechende I) beantragte im schriftlichen Verfahren die Zurückweisung der Beschwerde.
VII. Die Beschwerdegegnerin II (Einsprechende II) hat im gesamten Verfahren, abgesehen von einer Namensänderung, keine Anträge gestellt und/oder Vorträge substantieller Art eingereicht.
VIII. Der unabhängige Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung hat folgenden Wortlaut:
"1. Wiederverschließbare Verpackung für verschiedene Güter, vorzugsweise Lebensmittel, bestehend aus
A) einem Deckel aus einer siegelbaren Mehrschichtfolie mit
a') einer dem Füllgut zugewandten Siegelschicht und
g') einer Trägerschicht
und
B) einer Verpackungsmulde hergestellt aus einer siegelbaren Mehrschichtfolie mit
a) einer dem Füllgut zugewandten Siegelschicht und
g) einer Trägerschicht,
wobei der Deckel A) mit der Verpackungsmulde B) über eine Siegelnaht im Randbereich der Verpackungsmulde B) verbunden ist,
dadurch gekennzeichnet, dass nur die Mehrschichtfolie, aus der die Verpackungsmulde B) durch Thermoformung hergestellt wurde, einen an die Siegelschicht a) unmittelbar anschließenden, vom Inneren der Verpackung nach außen gerichteten Schichtaufbau umfassend
b) eine Haftvermittlerschicht,
c) eine Migrationsbarriereschicht aus wenigstens 75 Gew% Ethylen/Vinylalkohol-Copolymerisat und einer Schichtdicke < 2 mym und
f) eine Schicht aus einem Haftklebestoff aufweist."
IX. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruches 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag unterscheidet sich von jenem des Hauptantrages durch das zusätzliche Merkmal ", und dass die Verpackung eine Globalmigration niedermolekularer Anteile aus dem Verpackungsmaterial, insbesondere aus dessen Haftklebeschicht f), in den Innenraum der Verpackung von weniger als 10 mg Globalmigrat/dm**(2) aufweist".
X. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruches 1 gemäß dem zweiten Hilfsantrag unterscheidet sich von jenem des Hauptantrages durch den Ersatz des bisherigen Merkmals des Oberbegriffes "für verschiedene Güter, vorzugsweise Lebensmittel" durch das neue Merkmal "für fetthaltige Lebensmittel".
XI. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Sofern man der Entscheidung folgt und D3 als nächstliegenden Stand der Technik betrachtet, so entnimmt man D3 eine wiederverschließbare Verpackung, welche in Figur 1 dargestellt und in den Absätzen [0012] bis [0019] beschrieben ist. Sie besteht aus zwei Verpackungselementen, nämlich einer Verpackungsmulde und einem wiederverschließbaren Deckel. Der Deckel besteht aus einer Mehrschichtfolie, die einen Trägerfilm, einen mehrschichtigen siegelbaren Film (26) und eine dazwischen liegende Schicht aus permanenten Haftklebstoff (28), welche für die Wiederverschließbarkeit der Verpackung verantwortlich ist, umfasst (siehe Figur).
Außerdem enthält der mehrschichtige siegelbare Film (26) neben der Siegelschicht (36), die mit der Siegelschicht der Verpackungsmulde durch Versiegeln zu einer Verpackung verbunden wird, eine Barriereschicht gegen Gase und molekulare Migration. Diese Migrationsbarriereschicht weist eine Dicke von 2-15 mym, vorzugsweise 3 mym auf, und könne aus unterschiedlichen Polymeren, wie z. B. Ethylen/Vinylalkohol-Copolymeren, Polyvinylidenchlorid, Polyesterterephtalat, Polyvinylalkohol, Siliciumoxid oder Aluminiumoxid bestehen (siehe Absatz [0008]).
Nicht nur gemäß den Figuren 1 und 2 von D3, sondern auch gemäß dem in D3 zitierten Stand der Technik werde die wiederverschließbare Mehrschichtfolie, die den permanenten Klebstoff enthalte, nur für die Herstellung eines Deckels (d.h. eines nicht thermogeformten Verpackungselementes) zum Verschluss einer Verpackungsmulde eingesetzt (siehe Absätze [0011], [0012], [0019]; Figuren 1 und 2).
Die im Streitpatent beanspruchte Erfindung unterscheide sich daher von der in D3 beschriebenen Verpackung dadurch,
a) dass eine Verpackungsmulde mit Wiederverschluss vorliegt,
b) die Mulde durch Thermoformung (vorzugsweise Tiefziehen) aus einer Mehrschichtfolie mit einer Schicht aus permanenten Klebstoff und einer Barriereschicht gegen Migration hergestellt worden ist,
b) die Mulde durch Thermoformung (vorzugsweise Tiefziehen) aus einer Mehrschichtfolie mit einer Schicht aus permanenten Klebstoff und einer Barriereschicht gegen Migration hergestellt worden ist,
c) bei dieser Art von Verpackung das Füllgut mit der Verpackungsmulde bei der Aufbewahrung bis zum endgültigen Verzehr durch den Kunden praktisch immer in direkten Kontakt mit dem Boden und der Wand der Verpackungsmulde und dementsprechend mit der Mehrschichtfolie, aus der die Mulde hergestellt worden ist, steht und
d) die Migrationsbarriereschicht < 2 mym ist.
Basierend auf diesen Unterschieden sei die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe, eine wiederverschließbare Verpackung zur Verfügung zu stellen, deren die Wiederverschließbarkeit ermöglichende Schicht aus permanenten Klebstoff in dem mehrschichtigen Verpackungsfilm angeordnet ist, aus dem die Verpackungsmulde thermogeformt ist, die trotz direktem Kontakt des Verpackungsguts, vorzugsweise eines fetthaltigen Lebensmittels, bei Lagerung keine Geschmacks- und Geruchsbeeinträchtigung zeige.
Die erfindungsgemäße Lösung der Aufgabe bestehe darin, eine Verpackung gemäß Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung zur Verfügung zu stellen.
Entgegen den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung werde durch die Kombination der Offenbarung von D3 mit D7 diese erfindungsgemäße Lösung nicht nahegelegt.
Zunächst scheine es naheliegend, die Wiederverschließbarkeit einer Verpackung anstatt in den Deckel gemäß D3, in die Verpackungsmulde zu verlegen, indem eine Mehrschichtfolie mit einer Schicht aus permanentem Klebstoff zur Herstellung der Verpackungsmulde verwendet werde. Dies werde in D7 offenbart. Weiterhin gehe aus D7 hervor, dass gemäß einer bevorzugten Ausführungsform beide Verpackungselemente, bzw. die entsprechenden Mehrschichtfilme, aus denen diese Verpackungselemente hergestellt worden sind, mit einer Sauerstoffbarriereschicht ausgerüstet werden können (siehe [0044]). Dadurch solle das Eindringen von Sauerstoff in das Innere der Verpackung verhindert und die verpackten Lebensmittel oder Medikamente in ihrer Haltbarkeit bis zur Verwendung nicht beeinträchtigt werden.
Das Problem einer Migration von niedermolekularen Anteilen aus der Haftklebstoffschicht werde jedoch nirgends in D7 erwähnt und es werde auch keine Andeutung gemacht, dass dieses Problem ebenso zu einer Geschmacks- und Geruchsveränderung des verpackten Lebensmittels führen bzw. wie dieses Problem unterbunden werden könne.
Insbesondere könne kein Fachmann daraus herleiten, wie die gegenüber einem Deckel erhöhte Gefahr einer molekularen Migration aus der Haftklebstoffschicht, die bei einem direkten Kontakt eines Lebensmittels, insbesondere eines fetthaltigen Lebensmittels, mit dem Material der Verpackungsmulde besteht, unterbunden werden könne.
Bei dieser zwingenden Überlegung im Zusammenhang mit D7 sei es daher keineswegs selbstverständlich, zur Vermeidung der Gefahr einer Migration von niedermolekularen Anteilen und damit einer Vermeidung der Geschmacks und Geruchsbeeinträchtigung der verpackten Lebensmittel, insbesondere fetthaltigen Lebensmitteln, den Wiederverschluss und damit die Haftklebstoffschicht vom Deckel in die Verpackungsmulde zu verlegen. Das gelte umso mehr, da in D7 weder Polymermaterialien noch Dicken für die dort beschriebene Sauerstoffbarriereschicht angegeben seien. Eine Verlegung des Wiederverschlusses in die Verpackungsmulde werde daher durch die Kombination der Offenbarung von D3 auf D7 nicht nahegelegt.
Aber selbst wenn unterstellt werde, dass durch die Kombination von D3 mit D7 einem Fachmann die Anregung gegeben würde, den Wiederverschluss in die Verpackungsmulde trotz drastischer Erhöhung der mit dem Lebensmittel im direkten Kontakt kommenden Flächen und der damit verbundenen Erhöhung der Migrationsgefahr zu verlegen, würde er die erfindungsgemäße Lösung der Aufgabe nicht erhalten. Weder aus D3 noch aus D7 sei zu entnehmen, dass die Migrationsbarriereschicht eine Dicke unter 2 mym aufweisen solle. Die dahingehenden Ausführungen der Einspruchsabteilung in der Entscheidungsbegründung, die ein Naheliegen beweisen sollen, seien nicht überzeugend.
Sofern dazu in der Begründung ausgeführt werde, dass aus Kostenersparnissen ein Fachmann versuchen würde, die Schichtdicke der Barriereschicht, der in D3 als Deckel eingesetzten Mehrschichtfolie zu reduzieren, sei dies aus mehreren Gründen nicht haltbar.
Erstens sei eine angebliche Kostenersparnis patentrechtlich unerheblich, weil technisch nicht relevant. Dies gelte insbesondere schon deshalb, weil sich Kosten von Materialien wie Polymeren selbstverständlich ändern können, wie z.B. durch Überkapazitäten, so dass deren (momentaner) Kostenaufwand keineswegs entscheidungserheblich sein könne und somit für die Patentierbarkeit einer technischen Lehre irrelevant sei.
Im Übrigen gelte selbstverständlich auch - wenn man einer solchen Begründung folge - einem solchen Zwang zur Kostenersparnis für die Ausrüstung des Deckels mit einer Barriereschicht gemäß D3, wobei daher davon auszugehen sei, dass entsprechend der Begründung auch hier der einschlägige Fachmann eine Optimierung zur Kostenersparnis hinsichtlich der Barrierewirkung des Deckels vorgenommen habe und offensichtlich zu dem Resultat gekommen sei, dass eine Dicke von 2-15 mym, vorzugsweise 3 mym, für die Barrierewirkung notwendig wäre.
Dem gegenüber seien technisch relevante Gründe gegen eine Reduzierung der Dicke der Migrationsbarriereschicht, die auch vorgebracht worden sind, tatsächlich gegeben.
Wie bereits ausgeführt, können niedermolekulare Anteile aus der Haftklebstoffschicht in den Innenraum migrieren und damit vom Lebensmittel unter Beeinträchtigung dessen Geschmacks und Geruchs aufgenommen werden. Bei Verlegung des Wiederverschlusses in die Verpackungsmulde komme es zu einem direkten Kontakt zwischen dem Verpackungsgut und der Mehrschichtfolie, aus der die Verpackungsmulde hergestellt wird. Dadurch werde zumindest das Flächenverhältnis der von dem Lebensmittel berührten Verpackungsfläche zu den nicht berührten Verpackungsflächen drastisch erhöht, selbst wenn man unterstelle, dass gemäß D3 das verpackte Lebensmittel auch zumindest gelegentlich mit dem Deckel bei Lagerung in Berührung kommen könne.
Es verstehe sich daher von selbst, dass bei einer Verlegung des Wiederverschlusses in die Verpackungsmulde, die Migration niedermolekularer Anteile erhöht werde, da in aller Regel die Summe der Wand- und Bodenfläche der Verpackungsmulde im Vergleich zu der Fläche des Deckels größer sei und der direkte Kontakt des verpackten Gutes, wie z.B. eines fetthaltigen Lebensmittels, eine solche Migration deutlich begünstige.
In Summe bedeute dies, dass die Globalmigration drastisch erhöht werde. Um einer solchen erhöhten Gefahr von Migration niedermolekularer Anteile in das innere der Verpackung und damit in das Lebensmittel zu begegnen, sei es für einen Fachmann keineswegs naheliegend, die Schichtdicke der Barriereschicht zu verringern, sondern vielmehr zu erhöhen, um der erhöhten Gefahr einer Geschmacks- und Geruchsbelästigung des verpackten Lebensmittels durch Aufnahme niedermolekularer Anteile so weit wie möglich zu verhindern.
Sämtliche technische Überlegungen sprächen daher gegen eine solche Verringerung der Schichtdicke der in D3 eingesetzten Barriereschicht.
Umso überraschender sei es daher, dass - wie der beigefügte Versuchsbericht zeige - Verpackungsmulden mit Wiederverschluss, die durch Tiefziehen einer Mehrschichtfolie enthaltend eine Migrationsbarriereschicht mit einer Dicke von nur 1 mym, die beim Tiefzug noch um durchschnittlich 65 % reduziert werden, eine sehr geringe Globalmigration aufweisen.
Dieses unerwartete Ergebnis hätte kein Fachmann bei Kenntnis von D3 und D7 erwarten können.
Der Wert für die Globalmigration niedermolekularer Anteile von Anspruch 1 des ersten Hilfsantrages, insbesondere aus der Haftklebestoffschicht f), in das Innere der Verpackung wurde von Seite 3, zweiter Absatz von oben, der ursprünglich eingereichten Anmeldung (entsprechend der publizierten WO-A-2004/065255) entnommen.
Die Änderung gemäß Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrages durch Beschränkung der verpackten Güter auf fetthaltige Lebensmittel ist unter anderem den ursprünglich eingereichten Unterlagen auf Seite 2, vierter Absatz von oben zu entnehmen.
Die Änderungen der beiden Hilfsanträge entsprechen somit den Erfordernissen von Artikel 123 (2) und Artikel 123 (3) EPÜ und, da sie aufgrund der vorgebrachten Einspruchsgründe erfolgen, sind sie somit auch mit Regel 80 EPÜ konform.
XII. Die Beschwerdegegnerin I hat im schriftlichen Verfahren im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Das Streitpatent wurde zu Recht in vollem Umfang widerrufen. Der von der Beschwerdeführerin nun vorgelegte Versuchsbericht sei nicht geeignet, eine erfinderische Tätigkeit zu begründen.
Die Beschwerdeführerin argumentiere mit Merkmalen, die nicht Gegenstand des erteilten Anspruches 1 seien.
So solle gemäß dem Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung die Verpackungsmulde durch Thermoumformung hergestellt werden, allerdings werde die Thermoumformung selbst und insbesondere der Grad der Verformung in keiner Weise beschrieben oder eingeschränkt.
In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass aus der Praxis wiederverschließbare Verpackungen mit sehr unterschiedlich tiefen Verpackungsmulden bekannt seien. Beispielsweise würden Wurst- und Käsescheiben, die auch in dem Streitpatent als mögliches Verpackungsgut genannt werden (siehe Spalte 7, Zeile 19), häufig in einer Reihe mit lediglich einer leichten gegenseitigen Überdeckung präsentiert, so dass neben einem verkaufsfördernden Erscheinungsbild auch die Anzahl der enthaltenden Scheiben sofort erkennbar sei. Die beschriebenen wiederverschließbaren Verpackungen seien durch Thermoumformung gebildet, wobei der Umformungsgrad aber äußerst gering sei. Eine wesentliche Veränderung der Schichtdicke werde nicht beobachtet. Bei einer Verwirklichung der weiteren Merkmale falle auch eine solche Verpackung ohne Einschränkung unter Anspruch 1 des Streitpatents.
Die Argumentation der Patentinhaberin, gemäß welcher das Tiefziehen zu einer erheblichen Reduzierung der Schichtdicke führen würde, sei vor diesem Hintergrund nicht durch den erteilten Anspruch 1 gestützt und deshalb belanglos.
Die Beschwerdeführerin vermöge auch nicht - ausgehend von dem zugrunde gelegten Stand der Technik D3 - eine geeignete zu lösende Aufgabe zu formulieren. Gemäß der Beschwerdebegründung würde dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde liegen, eine wiederverschließbare Verpackung zur Verfügung zu stellen, deren die Wiederverschließbarkeit ermöglichende Schicht aus permanentem Klebstoff in dem mehrschichtigen Verpackungsfilm angeordnet ist, aus dem die Verpackungsmulde thermogeformt ist, welche trotz direktem Kontakt des Verpackungsgutes (vorzugsweise eines fetthaltigen Lebensmittels) bei Lagerung keine Geschmacks- und Geruchsbeeinträchtigungen zeige.
Lediglich das Merkmal, in der Verpackungsmulde überhaupt eine Migrationsbarriereschicht vorzusehen, löse die genannte Aufgabe. Die Angabe der Schichtdicke von weniger als 2 mym trage jedoch nicht zur Lösung dieser Aufgabe bei, da diese Aufgabe nämlich selbstverständlich auch bei einer größeren Schichtdicke gelöst werde. Aus Sicht der Beschwerdeführerin komme es bei der Schichtdicke nicht auf eine Kostenersparnis an, aber es gelinge ihr auch nicht darzulegen, welche Aufgabe durch die angegebene Schichtdicke sonst gelöst werden solle.
Die Beschwerdeführerin verkenne auch, dass eine Kostenersparnis bei der Formulierung der Aufgabe selbstverständlich von patenrechtlicher Relevanz sei. So sei es häufig ein Bestreben des Fachmannes, bekannte Vorrichtungen und Verfahren zu vereinfachen und kostengünstiger zu gestalten, wozu dann als Lösung entsprechende technische Maßnahmen angegeben werden. Der Fachmann werde gerade bei vergleichsweise hochwertigen und teureren Rohstoffen wie EVOH (insbesondere im Vergleich zu den übrigen Materialien wie PE) eine Minimierung der eingesetzten Menge anstreben.
Der Fachmann könne dabei von der simplen und in der Praxis zutreffenden Annahme ausgehen, dass die Barrierewirkung mit zunehmender Schichtdicke zunehme. Je nach Anwendungsfall werde er deshalb stets einen geeigneten Kompromiss zwischen geringen Kosten (d.h. möglichst geringe Schichtdicke) und guter Barrierewirkung (d.h. Einhaltung einer entsprechenden Mindestdicke) wählen.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruches 1 ergebe sich in naheliegender Weise ausgehend von der D3, welche eine wiederverschließbare Verpackung offenbare, die aus einer Verpackungsmulde und einem Deckel bestehe.
Die in der D3 angegebene Aufgabe ähnle jener des Streitpatents. So sollten gemäß der D3 Geschmacksverschlechterungen des verpackten Lebensmittels aufgrund von Migration molekularer Bestandteile aus der Haftklebeschicht in den Verpackungsraum verhindert werden (siehe Absätze [0006] bis [0008]).
Gemäß der D3 werde die Wiederverschließbarkeit dadurch erreicht, dass der Deckel einen Schichtaufbau mit einer Siegelschicht, einer Haftvermittlerschicht, einer Migrationsbarriere aus EVOH, eine Haftklebeschicht und einer Trägerschicht aufweise. In dem Streitpatent sei eine entsprechend aufgebaute Folie zur Herstellung der Verpackungsmulde vorgesehen.
Wie in der Begründung der Einspruchsabteilung zutreffend dargelegt sei, unterscheide sich die Verpackung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents von der D3 dadurch, dass
1. die Haftklebeschicht und somit auch die Migrationsbarriereschicht sich in der thermogeformten Verpackungsmulde befinde und
2. die EVOH-Schicht eine Dicke < 2 mym aufweise.
Wie in der Begründung der Einspruchsabteilung zutreffend dargelegt sei, unterscheide sich die Verpackung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents von der D3 dadurch, dass
Gemäß der D2 oder alternativ der D7 waren zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatentes Verpackungen bekannt, bei denen die Schicht aus einem Haftklebstoff in der Mulde vorgesehen ist. Allein deshalb werde der Fachmann die Anordnung der Schicht aus Haftklebstoff und entsprechend auch der Migrationsbarriere ohne Einschränkung in dem Deckel oder in der Mulde in Betracht ziehen.
Darüber hinaus wäre dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt auch bekannt gewesen, dass sich durch die Anordnung der Haftklebstoffschicht die mechanischen Eigenschaften bzw. die Herstellung der wiederverschließbaren Verpackung verbessern ließen. Gemäß der D2' könne insbesondere die Verformung der Klebeschicht beim Verschweißen reduziert werden, da diese von der Heizquelle weiter entfernt angeordnet sei (siehe Seite 9, Zeilen 9 bis 19).
Ausgehend von der D3 ergebe sich also hinsichtlich der Anordnung der Klebeschicht an der Verpackungsmulde die Aufgabe, die mechanischen Eigenschaften zu verbessern und eine übermäßige Beeinträchtigung durch mechanische Belastungen zu vermeiden.
Das weitere Unterscheidungsmerkmal, nämlich die Dicke der Schicht aus EVOH von weniger als 2 mym, sei in diesem Zusammenhang jedoch nicht von Bedeutung. Da die Reduzierung der Dicke der Migrationsbarriereschicht nicht zu einer Verbesserung der Diffusionsfestigkeit beitragen könne, sei die einzige sinnvolle objektive Aufgabe, welche durch dieses Merkmal gelöst werde, in einer Reduzierung der Kosten zu erkennen. Wie zuvor erläutert, sei die Beschwerdeführerin selbst auch nicht in der Lage, eine alternative Aufgabe anzugeben, welche durch das in Rede stehende Merkmal gelöst werden solle.
Vor diesem Hintergrund liege es aber im Ermessen des Fachmannes die Schichtdicke durch orientierende Versuche in einem gewünschten Maße einzustellen. Ausgehend von der D3 sei eine Schichtdicke von weniger als 2 mym zwar neu, jedoch ergäben sich bei der Unterschreitung dieses Wertes keinerlei überraschende Effekte. Es gehöre zum normalen fachmännischen Handeln, die Schichtdicke der Migrationsbarriereschicht zu optimieren, um eine, je nach Anforderung, noch ausreichende Barrierewirkung zu erzielen, so dass die Produktionskosten insgesamt möglichst gering gehalten würden können.
EVOH-Schichten seien sowohl als Sauerstoffbarriere als auch als Migrationsbarriereschichten (siehe D3) geeignet. Das Diffusionsverhalten sei dabei für unterschiedliche Medien vergleichbar. Aus dem Umstand, dass zur Bestimmung des Migrationsverhaltens entsprechende Prüfverfahren genormt seien, ergebe sich, dass entsprechende Überprüfungen und Messungen zum üblichen Handwerkzeug des Fachmannes gehören.
Die Einspruchsabteilung sei zutreffend von der D3 als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen. Allerdings sei das Zugrundelegen der D3 als nächstliegendem Stand der Technik nicht zwingend.
Stünden dem Fachmann nämlich mehrere gangbare Lösungswege offen, die die Erfindung nahe legen könnten, dann erfordere es die Ratio des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes, die Erfindung in Bezug auf alle diese Lösungswege zu prüfen, bevor ein die erfinderische Tätigkeit bestätigendes Urteil getroffen werde (T 967/97, T 558/00, T 970/00, T 172/03, T 323/03; alle nicht im ABl. EPA veröffentlicht). Wenn sich zwei Druckschriften als Ausgangspunkt eigneten, sei im Zweifel diejenige heranzuziehen, von der ausgehend sich die Lehre des Streitpatentes in naheliegender Weise ergebe (Grundsatz des "erfolgversprechendsten Sprungbrettes", T 824/05; idem).
Alternativ könne deshalb auch von der D2 oder D7 als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen werden, weil diese bereits eine Verpackungsmulde mit einer Klebstoffschicht offenbarten. So gelange der Fachmann auch in naheliegender Weise zu dem Gegenstand des geltenden Patentanspruches 1. Aus der D2 bzw. der D7 sei eine wiederverschließbare Verpackung mit einem Deckel aus einer siegelbaren Mehrschichtfolie und einer Verpackungsmulde bekannt, wobei eine Schicht aus einem Haftklebstoff an der Verpackungsmulde vorgesehen sei. Gemäß D2' (siehe Seite 24, Zeile 6 und Seite 27, Zeile 14) sei die Verpackung beispielsweise für fetthaltige Lebensmittel wie Käse- oder Schinkenscheiben vorgesehen. Wie auch in der D3 beschrieben, bestehe bei einer langfristigen Lagerung der beschriebenen fetthaltigen Produkte die Gefahr einer Geschmacks- und Geruchsbeeinträchtigung (siehe [0006] der D3). Unter Berücksichtigung der D3 werde der Fachmann deshalb die Anordnung einer Barriereschicht aus EVOH zwischen der Siegelschicht und der Barriereschicht in Betracht ziehen, wobei auch hier eine Reduzierung der Dicke allein aufgrund handwerklicher Maßnahmen in Betracht zu ziehen sei.
In diesem Zusammenhang sei darauf zu verweisen, dass gemäß der D2 und der D7 je nach Anwendungsfall auch wiederverschließbare Verpackungen mit einer Haftklebstoff in der Mulde einsetzbar seien, die keinerlei Barriere aufwiesen. Bei einer mittelfristigen oder langfristigen Lagerung könne dann der Fachmann die beschriebenen Geruchs- und Geschmacksbeeinträchtigungen feststellen und werde dadurch unmittelbar zu der Suche nach einer Lösung dieses Problems veranlasst. Jede Barriere, egal wie dick, verlängere die maximale Lagerdauer bis zu der Geschmacks- und Geruchsveränderungen nicht wahrnehmbar seien. Auch deshalb werde der Fachmann für jeden Anwendungsfall unter entsprechenden Versuchen eine geeignete Dicke der Barriereschicht festlegen, die auch ohne Einschränkung unter 2 mym liegen könne.
XIII. Mit ihrem Bescheid vom 10. Oktober 2013, als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung hatte die Kammer ihre vorläufige Meinung mitgeteilt, dass die Argumente der Beschwerdegegnerin überzeugender zu sein schienen.
Im Hinblick auf die zu führende Diskussion der erfinderischen Tätigkeit unter Anwendung des Aufgabe-Lösungsansatzes ausgehend vom nächstkommenden Stand der Technik (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage 2013, Kapitel I.D.4. und I.D.5) wies die Kammer unter anderem auf folgende Punkte hin:
Die Verpackung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags schien sich - entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin - von jener nach dem von der Kammer als nächstkommenden Stand der Technik betrachteten D3 nur durch die Merkmale:
i) die Haftklebeschicht und somit auch die Migrationsbarriereschicht befinden sich in der thermogeformten Verpackungsmulde, und
i) die Haftklebeschicht und somit auch die Migrationsbarriereschicht befinden sich in der thermogeformten Verpackungsmulde, und
ii) die EVOH Schicht weist eine Dicke < 2 mym auf,
ii) die EVOH Schicht weist eine Dicke < 2 mym auf,
Diese Merkmale schienen aber unterschiedliche Aufgaben zu lösen, so dass lediglich eine Aggregation dieser Merkmale vorlag, deren jeweilige Lösungen für den Fachmann durch die Kombination der Lehren von D3 und D2/D2' und Anwendung seines Fachwissens naheliegend erschien. Auch wurde ausgeführt, dass die erfinderische Tätigkeit ausgehend von D2 oder D7 unter Anwendung der Lehre der D3 zu beanstanden wäre.
Ungeachtet der Frage der Zulässigkeit der beiden Hilfsanträge führte die Kammer bezüglich deren erfinderischer Tätigkeit aus, warum die darin aufgenommenen zusätzlichen Merkmale keine erfinderische Tätigkeit zu begründen schienen.
Bezüglich der zu diskutierenden Frage der Zulässigkeit dieser erstmals im Beschwerdeverfahren eingereichten Hilfsanträge im Hinblick auf Artikel 12 (4) VOBK schien der vorliegende Fall der Kammer mit jenen der Entscheidungen T 144/09 und T 936/09 (beide nicht veröffentlicht im ABl. EPA; T 144/09 wurde von der Großen Beschwerdekammer in R 11/11 überprüft) ähnlich zu sein.
Entscheidungsgründe
1. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Hauptantrag
1.1 Unter Berücksichtigung der von den beiden Parteien im schriftlichen Verfahren vorgetragenen Argumenten, kommt die Kammer zum Schluss, dass es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist aufzuzeigen, dass die von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung gegebene Begründung im Hinblick auf eine mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 des Streitpatents falsch wäre.
1.2 Wie von der Kammer schon in ihrem Bescheid vom 10. Oktober 2013 dargelegt (siehe Punkt XIII oben), werden die Argumente der Beschwerdegegnerin 1 als überzeugender erachtet. Die Beschwerdeführerin hat bezüglich der in diesem Bescheid dargelegten Argumentation mangelnder erfinderischer Tätigkeit von Anspruch 1 des Hauptantrags keinerlei weitere Ausführungen gemacht (siehe oberen Punkt V), weshalb die Kammer keinerlei Grund sieht, von ihrer diesbezüglich ursprünglich nur vorläufigen Meinung abzuweichen, die nachfolgend wiederholt wird.
1.3 D3 wurde in der angegriffenen Entscheidung als nächstkommender Stand der Technik erachtet; dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt.
D3 offenbart eine wiederverschließbare Verpackung (10), die aus einer Verpackungsmulde (12) und einem Deckel (14) besteht.
Der Zweck der Verpackung nach D3, nämlich Geschmacksverschlechterungen der verpackten Lebensmittel aufgrund von Migration molekularer Bestandteile aus der Haftklebeschicht in den Verpackungsraum zu verhindern (siehe D3, Absätze [0006] bis [0008]), ist mit jenem des Streitpatents vergleichbar (siehe Absätze [0001] und [0003]).
Dieser Zweck wird durch das Vorsehen von Barrieremitteln zum Verhindern der Migration von Gasen und Molekülen erreicht, wobei die oder jede Barriereschicht ein Ethylen/Vinylalkohol-Copolymerisat (EVOH) enthält (bzw. daraus besteht) und in vorteilhafter Weise eine Schichtdicke zwischen 2 und 15 mym, insbesondere gleich 3 mym, aufweist (siehe Absätze [0009] und [0034] bis [0037]).
Die Wiederverschließbarkeit der Verpackung gemäß D3 wird durch den nachfolgenden Schichtaufbau des Deckels erreicht, der im Wesentlichen aus einem Trägerfilm (24), der Haftklebeschicht (28) und der darunterliegenden Siegelschicht (26) aus einem Mehrfachfilm besteht, wobei auf der Trägerschicht (24) über eine Kleberschicht (34) ein transparenter Film (30) mit Aufdrucken (32) aufgebracht sein kann (siehe Absätze [0016] und [0017]; und Figuren 1 und 2).
Die Mehrfachfilm-Siegelschicht (26) besteht (von innen - d.h. beginnend von dem verpackten Nahrungsmittel - nach außen) aus einer 10-20 mym dicken Siegelschicht (36) bevorzugt aus PE, einer vorteilhafterweise 2-15 mym dicken Migrationsbarriereschicht (37) bevorzugt aus EVOH, und einer 10-20 mym dicken Verbindungsschicht (38) bevorzugt ebenfalls aus PE, welche die 10-30 mym dicke Haftklebeschicht (28) kontaktiert, die an die 36 mym dicke Trägerschicht (24) aus Polyester anschließt, auf der über die Kleberschicht (34) der transparente Film (30) in einer Dicke von 12 mym aufgebracht ist (siehe Absätze [0020], [0022] bis [0043]). Zum Herstellen der Verpackung wird die Siegelschicht (36) des Deckels mit der Siegelschicht (18), die auf der Trägerschicht (16) der Verpackungsmulde aufgebracht ist, verschweißt (siehe Absätze [0014], [0015] und [0024]; Figuren 1 und 2).
1.3.1 Die Migrationsbarriereschicht gemäß D3 befindet sich somit zwischen der dem Verpackungsgut zugewandten Siegelschicht und der Haftklebeschicht des Deckels, um ihre Funktion zu gewährleisten.
1.3.2 Ein Thermoformen der Verpackungsmulde wird in D3 nicht explizit erwähnt. Aufgrund der in D3 offenbarten Materialien für die Trägerschicht der Mulde, z.B. PVC oder amorpher Polyester (APET, CPET) mit PE als Siegelschicht wird dies von der Kammer jedoch als inhärent erfüllt erachtet (siehe Absatz [0014]).
1.4 Die Verpackung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich somit - entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin - von jener nach D3 nur dadurch, dass:
i) die Haftklebeschicht und somit auch die Migrationsbarriereschicht sich in der thermogeformten Verpackungsmulde befinden, und
ii) die EVOH Schicht eine Dicke < 2 mym aufweist.
1.5 Dem Streitpatent ist kein Effekt oder Vorteil entnehmbar, der mit der Anordnung dieser beiden Schichten in der Verpackungsmulde bzw. dieser Schichtdicke der Migrationsbarriereschicht verknüpft wäre.
In der dem Streitpatent zugrunde liegenden Anmeldung wie ursprünglich eingereicht (entsprechend der veröffentlichten WO-A-2004/065255) wurde die Anordnung der Migrationsbarriereschicht in der Mulde oder im Deckel anscheinend gleichrangig betrachtet (siehe ursprüngliche Ansprüche 1, 10; Seite 3, Zeilen 24 bis 28; Seite 7, Zeilen 23 bis 25; Seite 7, Zeile 26 bis Seite 8, Zeile 4; Seite 8, Zeilen 28 bis 32; Seite 9, Zeilen 4 bis 10; Beispiele 1, 2 und 4: Mulde; Beispiel 3: Deckel).
1.5.1 Merkmal i) resultiert somit nur in einem Vertauschen der Mehrschichtfolien für den Deckel bzw. der Mulde. Somit besteht die von Merkmal i) zu lösende Teilaufgabe nur in der Bereitstellung einer alternativen wiederverschließbaren Verpackung.
1.5.2 Das Merkmal ii) kann durch die Verringerung der Dicke der Migrationsbarriereschicht nicht zu einer Verbesserung der Migrationsverhinderung (oder Barrierewirkung) im Vergleich zu den dickeren Schichten gemäß D3 beitragen, sondern führt zu einer kostengünstigeren Verpackung. Daher wird die von Merkmal ii) zu lösende Teilaufgabe in der Bereitstellung einer kostengünstigen wiederverschließbaren Verpackung gesehen, welche eine noch ausreichende Migrationsverhinderung aufweist.
Somit liegt lediglich eine Aggregation von den beiden Merkmalen i) und ii) vor, so dass zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit für die beiden Teilaufgaben zwei verschiedene Dokumente als zu berücksichtigender weiterer Stand der Technik herangezogen werden können (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage 2013, Kapitel I.D.9.2.2).
1.5.3 Wie von der Beschwerdegegnerin zutreffend argumentiert wurde, sind dem Fachmann von D2/D2' bzw. D7 Verpackungen bekannt, bei denen die Schicht aus einem Haftklebstoff in der Mulde vorgesehen ist. Deshalb ist für den Fachmann kein Vorurteil erkennbar, das ihn daran hindern würde, die Haftklebstoffschicht und entsprechend auch die Migrationsbarriereschicht alternativ in der Mulde anzuordnen.
1.5.4 Darüber hinaus lehrt die D2/D2' dem Fachmann, dass sich durch die Anordnung der Haftklebstoffschicht in der Verpackungsmulde die mechanischen Eigenschaften bzw. die Herstellung der wiederverschließbaren Verpackung verbessern lassen. Gemäß Seite 9, Zeilen 9 bis 19 der D2' kann insbesondere die Verformung der Klebeschicht beim Verschweißen reduziert werden, da diese von der Heizquelle weiter entfernt angeordnet ist. Wenn also angenommen wird, dass diese Anordnung einen solchen technischen Effekt bewirkt, scheint der Fachmann somit von D2/D2' den Anreiz zu erhalten, die Haftklebeschicht in die Verpackungsmulde zu verlegen, um die mechanischen Eigenschaften zu verbessern und eine übermäßige Beeinträchtigung durch mechanische Belastungen zu vermeiden. Damit gelangt der Fachmann zur Lösung der ersten Teilaufgabe, nämlich zu Merkmal i), ohne erfinderisch tätig zu werden.
1.5.5 Die Lösung der zweiten Teilaufgabe ii) liegt im normalen fachmännischen Handeln des Fachmannes, der die Schichtdicke der Migrationsbarriereschicht optimieren wird, um eine, je nach Anforderung, noch ausreichende Barrierewirkung zu erzielen, so dass die Produktionskosten insgesamt möglichst gering gehalten werden können. Im Übrigen ist dem Fachmann vom Stand der Technik bekannt, dass EVOH-Schichten mit einer Dicke von weniger als 2 mym als Migrationsbarriere geeignet sein müssten, da sie für Sauerstoff, Stickstoff oder Helium, also wesentlich kleinere Moleküle als Aromen, als Sperrschicht wirken (siehe D6, Seite 3, Zeilen 7 bis 11; sowie D8, Beispiele 1 bis 6).
Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach eine angebliche Kostenersparnis patentrechtlich unerheblich sei, kann nicht akzeptiert werden, da eine Verbesserung eines Produktes auch darin liegen kann, dass es kostengünstiger herstellbar als jenes des Standes der Technik ist.
Der von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerdebegründung eingereichte Versuchsbericht belegt, dass die tiefgezogenen Verpackungen mit einer Migrationsbarriereschicht von 1 mym noch die gewünschte ausreichende Barrierewirkung aufweisen. Diese Tatsache wird aber, im Hinblick auf die biaxial gereckte Folie mit EVOH-Barriereschichten im Bereich zwischen 0.8 mym und 1.6 mym gemäß D8, nicht als überraschend angesehen.
1.6 Die Lösung dieser beiden Teilaufgaben i) und ii) beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit, weil der Fachmann durch die Kombination der Lehren von D3 und D2/D2' unter Anwendung seines Fachwissens zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangt.
1.7 Wie zutreffend von der Beschwerdegegnerin argumentiert, muss die Erfindung auch ausgehend von einem anderen Stand der Technik, insoweit sie einen plausiblen Ausgangspunkt bildet (T 967/97, nicht im ABl. EPA veröffentlicht), erfinderische Tätigkeit aufweisen. In dieser Hinsicht kann der Fachmann auch von der D2 oder der D7 und deren wiederverschließbaren Verpackungen mit einer Haftklebeschicht in der Verpackungsmulde ausgehen, und wird dann bei der Lagerung von Lebensmitteln in diesen Verpackungen das dem Streitpatent zugrundeliegende Problem - nämlich, dass die Migration von niedermolekularen Bestandteilen der Haftklebeschicht in das verpackte Lebensmittel zu einer Geruchs- bzw. Geschmacksverschlechterung und eventuell zu gesundheitlichen Risiken führt, die zu vermeiden sind - feststellen.
Er wird dann nach einer entsprechenden Lösung für dieses Problem im Stand der Technik suchen und dabei D3 finden. Der Fachmann wird in Folge eine Migrationsbarriereschicht gemäß D3 entsprechender Dicke auswählen, welche den angestrebten Zweck erfüllt und dabei auch die Kosten dafür berücksichtigen. Auch auf diesem Wege wird der Fachmann zum Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrages gelangen, ohne erfinderisch Tätig zu werden.
1.8 Die von der Beschwerdeführerin definierte Aufgabe "eine wiederverschließbare Verpackung zur Verfügung zu stellen, deren die Wiederverschließbarkeit ermöglichende Schicht aus permanenten Klebstoff in dem mehrschichtigen Verpackungsfilm angeordnet ist, aus dem die Verpackungsmulde thermogeformt ist, die trotz direktem Kontakt des Verpackungsguts, vorzugsweise eines fetthaltigen Lebensmittels, bei Lagerung keine Geschmacks- und Geruchsbeeinträchtigung zeige" (Betonung von der Kammer hinzugefügt) ist nicht zulässig, da sie Lösungsansätze beinhaltet (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage 2013, Kapitel I.D.4.3.1).
1.9 Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt somit nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ. Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.
2. Zulässigkeit des ersten und zweiten Hilfsantrages (Artikel 12 (4) VOBK)
Das Beschwerdeverfahren ist keine Fortsetzung des Einspruchverfahrens mit anderen Mitteln, sondern dient in erster Linie der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage 2013, Kapitel IV.E.2.6.3; und G 10/91, ABl. EPA 1993, 420; G 9/92 und G 4/93, beide im ABl. EPA 1994, 875).
2.1 Gemäß Artikel 12 (4) VOBK hat die Kammer die Befugnis, Tatsachen, Beweismittel oder Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können oder dort nicht zugelassen worden sind, wobei das gesamte Vorbringen der Beteiligten gemäß Artikel 12 (1) VOBK von der Kammer berücksichtigt wird, wenn und soweit es sich auf die Beschwerdesache bezieht und die Erfordernisse nach Artikel 12 (2) VOBK erfüllt. Damit wird eine faire und zuverlässige Durchführung des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens gewährleistet, da die Verletzung der Pflicht zur Verfahrensbeschleunigung - nämlich einer unterbliebenen Mitwirkung durch Vorlage von Tatsachen, Beweismitteln oder Anträgen - vor der Erstinstanz sanktioniert wird (siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage 2013, Kapitel IV.E.4.3.1 und IV.E.4.3.2; T 23/10 und T 1165/10, beide nicht veröffentlicht im ABl. EPA).
2.1.1 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin kein Recht darauf hat, dass ein Antrag, der bereits vor der Erstinstanz hätte eingereicht werden können (oder müssen) und dann aber erst zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde, in das Beschwerdeverfahren zugelassen wird (siehe z.B. die Entscheidungen T 144/09 und T 936/09, beide nicht veröffentlicht im ABl. EPA; T 144/09 wurde von der Großen Beschwerdekammer in R 11/11 u.a. in dieser Hinsicht überprüft, siehe Punkt 9 der Begründung). Daraus folgt, dass eine Patentinhaberin, die einen derartigen Antrag zusammen mit der Beschwerdebegründung gestellt hat, ihr Patent im Beschwerdeverfahren nicht auf der Basis dieses Antrags verteidigen kann, wenn die Kammer diesen Antrag in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 12 (4) VOBK als nicht zulässig erachtet.
Dieses Ermessen muss pflichtgemäß ausgeübt werden, was bedeutet, dass die relevanten Faktoren unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles von der Kammer zu prüfen und abzuwägen sind.
2.1.2 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin gemäß dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung freiwillig darauf verzichtet, weitere Anträge stellen zu wollen und hat somit das Streitpatent nur in der erteilten Fassung verteidigt (siehe Seite 3, Punkt 5: "Da die Patentinhaberin keine weiteren Anträge stellen wollte, verkündete die Vorsitzende die Entscheidung ").
2.1.3 Dabei ist im vorliegenden Fall zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Einspruchsabteilung bereits in ihrem Ladungsbescheid zur mündlichen Verhandlung die erfinderische Tätigkeit in Frage gestellt hatte, so dass die letztlich negative Entscheidung am Ende der mündlichen Verhandlung für die Beschwerdeführerin nicht völlig überraschend kommen konnte, sie aber dennoch - freiwillig - auf mögliche Hilfsanträge verzichtet hat, welche von der Erstinstanz hätten geprüft werden können (siehe den oberen Punkte III).
2.1.4 Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung keinerlei Begründung gegeben, warum sie diesen ersten und zweiten Hilfsantrag erst im Beschwerdeverfahren eingereicht hat.
2.1.5 Weitere Argumente im Hinblick auf die Zulässigkeit der beiden Hilfsanträge wurden von der Beschwerdeführerin, insbesondere als Reaktion auf den Bescheid der Kammer (siehe oberen Punkt XIII), nicht vorgebracht.
2.1.6 Unter Berücksichtigung der oberen Ausführungen kommt die Kammer daher zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin die beiden Hilfsanträge bereits vor der Einspruchsabteilung hätte stellen können. Eine allfällige Zulassung dieser beiden Hilfsanträge stünde damit im Widerspruch zur gerichtlichen Natur des Beschwerdeverfahrens (siehe oberen Punkt 2.1).
2.1.7 Aus den vorgenannten Gründen entscheidet die Kammer, in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 12 (4) VOBK, den ersten und zweiten Hilfsantrag nicht in das Verfahren zuzulassen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.