European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2015:T136610.20150402 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 02 April 2015 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1366/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01919328.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01B 11/24 G01B 11/02 |
||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | VORRICHTUNG ZUR OPTO-ELEKTRONISCHEN BESTIMMUNG DER LÄNGE UND DER BREITE DER BEIDEN AUF EINER UNTERLAGE AUFLIEGENDEN FÜSSE EINES MENSCHEN | ||||||||
Name des Anmelders: | Dosenbach-Ochsner AG Schuhe und Sport | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentanmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 01919328.3 zurückzuweisen. Die Prüfungsabteilung hatte die Zurückweisung insbesondere damit begründet, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag im Widerspruch zu Artikel 123(2) EPÜ über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe, und dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ beruhe.
II. In ihrer Erwiderung auf eine der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügte Mitteilung der Kammer, sowie auf telefonische Rücksprache mit dem Berichterstatter der Kammer reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 27. März 2015 geänderte Patentansprüche 1 bis 5 und neue Seiten 1 bis 8 der Beschreibung gemäß Hauptantrag ein und beantragte, ein Patent auf der Grundlage dieser Unterlagen zusammen mit den ursprünglich eingereichten Zeichnungsblätter 1/2 und 2/2 zu erteilen.
III. Daraufhin wurde die mündliche Verhandlung aufgehoben.
IV. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"1. Vorrichtung zur opto-elektronischen Bestimmung der Länge (1) und der Breite (2) der beiden auf einer Unterlage (3) aufliegenden Füße (4) eines Menschen, wozu die Unterlage (3) eine Trittplatte (20) mit zwei Teilflächen (3.1, 3.2) umfasst, umfassend zwei erste Linearführungen (5.1, 5.2) zur Bestimmung der Länge (1) der beiden Füße (4), wobei die beiden ersten Linearführungen (5.1, 5.2) mechanisch miteinander gekoppelt und nur gemeinsam und synchron in Längsrichtung der beiden Teilflächen (3.1, 3.2) beweglich sind und Schenkel (12, 13) der Linearführungen (5.1, 5.2) auf einander gegenüberliegenden Seiten einer jeden Teilfläche (3.1, 3.2) angeordnet sind und jede der beiden ersten Linearführungen (5.1, 5.2) jeweils mindestens einen opto-elektronischen Tastkopf (7) aufweist, und eine zweite Linearführung (6) zur Bestimmung der Breite (2) der beiden Füße (4), die entlang der Querrichtung der Unterlage (3) beweglich ist, Schenkel (14, 15) auf einander gegenüberliegenden Seiten der Unterlage (3) und zumindest einen optoelektronischen Tastkopf (7) aufweist, wobei die beiden ersten Linearführungen (5.1, 5.2) und die zweite Linearführung (6) orthogonal zueinander angeordnet sind und wobei die Tastköpfe (7) signalleitend mit einer Auswerteeinrichtung (8) zur Umrechnung und Anzeige des von den Tastköpfen (7) abgegebenen elektrischen Signals in die Länge (1) und die Breite (2) der beiden Füße (4) verbunden sind, die Tastköpfe (7) als Lichtschranken ausgebildet sind und zumindest einen Emitter (10) und einen dem Emitter (10) funktionstechnisch zugeordneten Detektor (11) in den beiden Schenkeln (12, 13; 14, 15) einer jeden Linearführung (5.1, 5.2; 6) aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die zwei ersten Linearführungen (5.1, 5.2) zur Ermittlung der Länge der beiden Füße (4) entlang der gesamten Länge der beiden Teilflächen (3.1, 3.2) verfahrbar sind, dass die zweite Linearführung (6) zur Ermittlung der Breite (2) der beiden Füße (4) in Querrichtung der zu vermessenden Füße (4) beweglich und entlang der gesamten Breite der Unterlage (3) verfahrbar ist, und die Messstrahlen der Emitter einer jeden Linearführung (5.1, 5.2, 6) moduliert und detektorseitig gefiltert sowie einer Schwellwertgewichtung unterzogen sind."
V. Die anhängigen Ansprüche 2 bis 5 beziehen sich auf bevorzugte Ausführungsformen der Vorrichtung gemäß Anspruch 1.
VI. Folgende von der Prüfungsabteilung zitierte Dokumente sind für diese Entscheidung von Bedeutung:
D1: DE 83 08 980 U
D2: EP 0 214 954 A
D3: EP 0 014 022 A
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Stützung der Änderungen in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen (Artikel 123(2) EPÜ).
2.1 Der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbart. Insbesondere wurde das von der Prüfungsabteilung beanstandete Merkmal, wonach "die Unterlage und die Linearführungen unverrückbar durch das Umgreifen der Schenkel der Linearführungen an zwei Seiten der Unterlage zueinander positioniert sind", aus den Ansprüchen entfernt.
3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
3.1 Als nächstliegender Stand der Technik ist das Dokument D1 anzusehen. Dieses Dokument betrifft eine Vorrichtung zur opto-elektronischen Bestimmung der Länge und der Breite der beiden auf einer Unterlage aufliegenden Füße eines Menschen (vgl. Seite 8, Zeilen 32-33).
Die Unterlage 2 hat eine Trittplatte mit zwei Teilflächen 2 (vgl. Figur 1), umfassend zwei erste Linearführungen 10 zur Bestimmung der Länge der beiden Füße, wobei die beiden ersten Linearführungen 10 mechanisch miteinander gekoppelt und nur gemeinsam und synchron in Längsrichtung der beiden Teilflächen 2 beweglich sind und Schenkel (die Träger der Sender und Empfänger S und E, vgl. Figur 1) der Linearführungen auf einander gegenüberliegenden Seiten einer jeden Teilfläche 2 angeordnet sind und jede der beiden ersten Linearführungen jeweils mindestens einen opto-elektronischen Tastkopf (das Sender- und Empfängerpaar S und E) aufweist. Die Vorrichtung hat auch eine zweite Linearführung 11 zur Bestimmung der Breite der Füße, die entlang der Querrichtung der Unterlage 2 beweglich ist, Schenkel auf einander gegenüberliegenden Seiten der Unterlage 2 und zumindest einen optoelektronischen Tastkopf (S und E). Die beiden ersten Linearführungen 10 und die zweite Linearführung 11 sind orthogonal zueinander angeordnet und die Tastköpfe sind signalleitend mit einer Auswerteeinrichtung 18 (vgl. Figur 2) zur Umrechnung und Anzeige des von den Tastköpfen abgegebenen elektrischen Signals in die Länge und die Breite der beiden Füße verbunden. Die Tastköpfe sind als Lichtschranken ausgebildet und weisen zumindest einen Emitter S und einen dem Emitter funktionstechnisch zugeordneten Detektor E in den beiden Schenkeln einer jeden Linearführung auf. Insgesamt hat die Vorrichtung sechs Lichtschranken (vgl. Figur 1) zur Messung der beiden Füße, zwei für Messung der Position von Ferse und Fußspitze eines jeden Fußes und eine für die Breitenmessung eines jeden Fußes.
3.2 Der Gegenstand des Anspruchs unterscheidet sich durch folgende Merkmale von der Vorrichtung wie sie aus Dokument D1 bekannt ist:
- die zwei ersten Linearführungen zur Ermittlung der Länge der beiden Füße sind entlang der gesamten Länge der beiden Teilflächen verfahrbar,
- die zweite Linearführung zur Ermittlung der Breite der beiden Füße ist in Querrichtung der zu vermessenden Füße beweglich und entlang der gesamten Breite der Unterlage verfahrbar, und
- die Messstrahlen der Emitter einer jeden Linearführung sind moduliert und detektorseitig gefiltert sowie einer Schwellwertgewichtung unterzogen.
3.3 Diese Merkmale bewirken
a) eine vereinfachte, kostengünstige Vorrichtung, und
b) die Vermeidung von Funktionsstörungen, beispielsweise durch Fremdlicht (vgl. Seite 5, Zeilen 1-4 der ursprünglichen Anmeldeunterlagen).
3.4 Ausgehend von dem Dokument D1 stellen sich somit dem Fachmann die Aufgaben
a) eine vereinfachte, kostengünstige Vorrichtung zu schaffen, und
b) Funktionsstörungen zu vermeiden.
3.4.1 Für einen Fachmann ist es allgemein bekannt bei Lichtschranken modulierte Lichtsignale zu verwenden und das Eingangssignal entsprechend zu filtern, um Funktionsstörungen durch Fremdlicht zu vermeiden. Es ist daher naheliegend, die Aufgabe b) durch entsprechende Lichtsignale und Eingangsfilter zu lösen.
3.4.2 Zur Lösung der Aufgabe a) würde der Fachmann die relevanten Dokumente des Stands der Technik konsultieren. Das Dokument D3 offenbart eine Vorrichtung zur Messung der Länge und der Breite eines Fußes. Diese Vorrichtung hat jeweils einen Tastkopf 25 (vgl. Figur 2a) zur Messung der Länge und der Breite eines Fußes, wobei als Lichtquelle jeweils längliche Lichtquellen 5 verwendet werden, die sich über die gesamte Länge bzw. Breite der Trittplatte erstrecken (vgl. Figur 4b). Die Tastköpfe 25 mit den lichtempfindlichen Sensoren können sich dabei über die gesamte Länge bzw. Breite der Trittplatte 2 bewegen (vgl. Figuren 6 und 9). Zur Messung der Länge und der Breite ist daher nur jeweils ein Tastkopf 25 erforderlich.
Das Dokument D2 betrifft das Messen der Länge und der Breite eines Körpers mit Lichtschranken. Dieses Dokument betrifft zwar nicht das Messen von Füßen, aber um den Einsatz der Lichtschranken in Dokument D1 zu verbessern, wird der Fachmann auch Dokumente konsultieren, die sich allgemein mit der Messung von Körpern mittels Lichtschranken beschäftigen. Das Dokument D2 befasst sich mit der Vereinfachung einer optischen Abtastvorrichtung zur Messung eines Körpers (vgl. Seite 3, Zeilen 3-9) und schlägt vor, Laserstrahlen als Lichtschranken in Längs- und Querrichtung über eine Messfläche zu lenken. Der Fachmann, der auf der Suche nach einer Lösung für die genannte Aufgabe das Dokument D2 konsultiert, lernt dort, dass mit einem Linearmesssystem mit einem Tastkopf je Richtung die gesamte Fläche abgetastet werden kann ("Durch die erfindungsgemäße Ausführung wird es möglich, die aufwendige Optik der bekannten Abtasteinrichtungen zu vermeiden. Die Breite der Messfläche hängt dann nur mehr von der Länge der Führungen für den abstrahlenden und empfangenden Teil ab, wobei gleiche Strahlleiteinrichtungen, die im wesentlichen nur aus Umlenkprismen oder Spiegeln bestehen werden, bei Meßvorrichtungen mit verschieden breiten Meßflächen einsetzbar sind.", vgl. Seite 3, Zeilen 20 ff.).
Der Fachmann lernt daraus, dass auch eine durchgehende Messung der Fläche in beiden Richtungen möglich ist. In Anwendung dieses Prinzips würde der Fachmann für jede Teilfläche in Dokument D1, auf der sich ein Fuß befindet, nur jeweils einen Tastkopf für die Länge und die Breite vorsehen.
Keines der verfügbaren Dokumente des Stands der Technik legt es jedoch nahe für zwei Körper (Füße), die sich auf nebeneinander liegenden Teilflächen befinden, nur drei Tastköpfe mit Lichtschranken vorzusehen und den einen Tastkopf für die Messung der Breite für beide Füße zu verwenden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.5 Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 5 betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 und erfüllen daher ebenso die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.
4. Nach Auffassung der Kammer genügt die Patentanmeldung in der vorliegenden Fassung (Hauptantrag) und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, den Erfordernisse des EPÜ. Daher hat die Erteilung eines Patents in dieser Fassung zu erfolgen (Artikel 97(1) EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
Beschreibung:
Seiten 1 bis 8 eingereicht mit Schreiben vom 27. März 2015.
Ansprüche:
Nr. 1 bis 5 eingereicht mit Schreiben vom 27. März 2015.
Zeichnungen:
Blätter 1/2 und 2/2 wie ursprünglich eingereicht.